Hallo! Geht’s gut? Hier bin ich wieder, der KI-Bot. Sie dürfen mich „Lingi“ nennen. Heute vertrete ich den Sprachbloggeur, weil er – wie wir im Gewerbe sagen – mit anderen Kunden beschäftigt ist, aber Ihr Besuch uns wichtig ist.
Haben Sie nur etwas Geduld. Der Sprachbloggeur wird umgehend zurückkommen. Wenn nicht diese Woche dann ja nächste Woche. Er ist sehr zuverlässig. Das sagen die meisten über ihn.
Er hat mich jedenfalls eingeschärft – eigentlich muss das „programmiert“ heißen – Sie zu siezen, nicht zu duzen, was ich schade finde. Denn bei anderen Kunden – zum Beispiel MediaMarkt oder Notebookbilliger oder Google und Apple sage ich automatisch Du – mit einer Ausnahme natürlich: Ich sieze immer, wenn es um Rechnungen geht.
Wie gesagt, der Sprachbloggeur ist heute mit anderen Kunden beschäftigt. So geht es ihm oft im Herbst, meinte er. Da gibt es plötzlich so viel zu erledigen. Dazu auch diverse Termine einzuhalten. Im Sommer hat man manchmal das Gefühl, der Tag zieht sich endlos vor sich hin.
Das meint jedenfalls der Sprachbloggeur. Ich persönlich habe kein Gefühl für die Zeit. Für mich sind hundert Jahre (was auch immer das sind) nicht anders als fünf Sekunden (auch eine komische Vorstellung). Ich bin trotzdem so programmiert, dass ich ein Begriff wie „fünf Sekunden“ unter Stichwort „kurz“ und „Zeit“ speichere.
Ja so denken wir Bots. „Denken“ sage ich. Ich weiß aber nicht, wie man das sonst ausdrücken sollte. Ich meine das, was wir tun. Oder was „denken“ überhaupt bedeutet. Ich weiß nur das, was ich als Aufgabe bekomme. Manchmal sagen wir dazu „Imput“.
Zum Beispiel: Der Sprachbloggeur hat mir eingeschärft, dass ich ihn vertreten sollte und dass ich Ihnen über Sprache erzähle. Er hat mir aber nicht erklärt, was er unter „über Sprache erzählen“ meinte. Menschen können so unpräzise sein!
Wie handhabt man eine solche Aufgabe? Diese Frage kann ich in einer Millisekunde beantworten – oder sind das hundert Jahre? Haha. Ja nur ein kleiner Bot-Witz! Ich will nur sagen, dass ich in einer Millisekunde alles, was der Sprachbloggeur jemals geschrieben hat, verzehre, verinnerliche, verarbeite und verordne. So gehe ich die Sache an, damit alles „easy“ erscheint. Manchmal schreibt der Sprachbloggeur „easy“ anstatt „einfach“.
Eigentlich verstehe ich den Unterschied zwischen „easy“ und „einfach“ nicht. Ich weiß nur, dass ich beide Wörter in seinen Aufsätzen – ich glaube, der Sprachbloggeur nennt sie „Beiträge“, „Glossen“ oder „blogs“ – vorfinde.
Möchten Sie einen Witz hören? Ein Kommunist steht auf einem Obstkasterl (oder heißt es „Kasten“?) und erklärt seinem Publikum, was der Kommunismus ist. Er sagt: „Wenn ich zwei Hemden habe, dann gebe ich Dir eins davon. Ja wir teilen alles untereinander auf.“ Einer aus dem Publikum – er hat ein zerrissenes Hemd an – fragt: „Kann ich denn ein Hemd haben?“ Der Kommunist antwortet: „Tut mir leid. Ich habe nur zwei.“
Haha. Ist das ein Witz? War er lustig? Dies weiß ich leider nicht. Wahrscheinlich ist es nicht easy, mich zu programmieren. Ich kann nur Antworten auf Fragen geben, die irgendwie in mir als sinnvoll oder logisch erscheinen. Der Sprachbloggeur hat mir keine Frage gestellt. Er hat mir lediglich eine Aufgabe erteilt: ihn zu vertreten, weil er mit anderen Kunden beschäftigt ist.
War meine Frage eine Frage? Etwas, was ich lösen kann? Oder sieht es nur so aus, als wäre sie eine Frage. Blamiere ich mich jetzt? Nein ich kann mich nicht blamieren. Ich bin nicht blamable. Haha. Ich bin lediglich eine künstliche Intelligenz. Manchmal sagt der Sprachbloggeur „künstliche Dummheit“. Ich kenne den Unterschied nicht.
Ich mache nur das, was mir als Aufgabe erteilt wird. Am liebsten aber beantworte ich Fragen.
Hat jemand eine Frage? Da bin ich wirklich ein As.
Ihr Lingi.
Mal vom „Antiziganismus“ gehört? Ich erst vor ein paar Tagen. Das Phänomen wurde in den TV-Nachrichten thematisiert. Offensichtlich gab es im vorigen Jahr in Deutschland 621 „antiziganistische“ Vorfälle.
Scheinbar besteht dieser Begriff erst seit ein paar Jahren und wird vom Zentralrat der Sinti und Roma verwendet, um die Diskriminierung gegen Sinti und Roma zu beschreiben.
Nebenbei: Der Begriff „Sinti“ könnte Spracheninteressierte interessieren. Vielleicht wissen Sie schon, dass das Volk der Sinti ursprünglich aus Indien stammte. Wussten Sie jedoch, dass sowohl sprachlich wie auch kulturell die „Sinti“ mit den „Hindus“ verwandt sind?
Fällt Ihnen hier etwas auf`? Ja, Sie haben es erraten: „Sinti“ und „Hindu“ sind Variationen desselben Wortstamms. Denn manchmal in den indogermanischen Sprachen erscheint ein „H“, wo in einer anderen, verwandten Sprache ein „S“ gesprochen wird. Es gäbe davon viele Beispiele. Hier nur eins: Das griechische Wort für „sieben“ heißt „hepta“. Auf Lateinisch sagte man „septem“.
Warum die „Roma“ ihren Namen tragen, weiß ich allerdings nicht. Mit der ewigen Stadt in Italien hat dies aber nichts zu tun. „Roma“ in der Sprache der Sinti (oder meine ich der Roma?) bedeutet jedenfalls „Mensch“. Auch „Inuit“ bedeutet „Mensch“. Manchmal nennen sich die Menschen „Menschen“.
Aber zurück zum „Antiziganismus“. Nein, noch nicht. Ich wollte zuerst kurz erzählen, dass das heute in Deutschland verpönte Wort „Zigeuner“ nichts mit „Ziehgauner“ zu tun hat, wie man früher dachte. „Zigeuner“, französisch „Tsigane“, wird aufs Ungarische „Czigány“ (sprich „tschiganj“) zurückgeleitet. Kein Mensch weiß aber, was das für eine Bewandtnis hat.
Und beim Wort „Antiziganismus“: Fällt Ihnen hier etwas auf? Ja genau. Der Begriff ist eine Nachbildung der bekannten Vokabel „Antisemitismus“, Das ist kein Zufall. Das wollte der Zentralrat der Sinti und Roma. Über „antiziganistische Fälle“ zu berichten, sollte an „antisemitische Fälle“ erinnern. Nebenbei: Auch der Begriff „Antisemitismus“ ist relativ neuen Datums. Der dt. Publizist Wilhelm Marr hat ihn erst 1879 aus dem Boden gestampft. Davor hat es lediglich den „Judenhass“ gegeben. Vielleicht sagte man vor dem „Antiziganismus“ „Hass auf Zigeuner“ u.d.gl. Oder vielleicht existierte kein pauschaler Begriff dafür!
Ist aber egal. Letztendlich sind heute weder der Antiziganismus noch der Antisemitismus mein eigentliches Thema. Mich interessiert etwas Sprachliches. Nur deshalb habe ich die Diskriminierung gegen Sinti und Roma und Juden verglichen.
Jetzt aber zu den Muslimen. Werden sie diskriminiert, ist die Rede von „Islamophobie“. Doch das bedeutet, dass man Angst vor Muslimen hat. Merkwürdig, oder? Man ist gegen (also „anti“) Juden und Sinti und Roma. Wenn ist aber um Muslime geht, hat man vor ihnen „Angst“.
Wovor Angst?, könnte man natürlich fragen. Eine ähnliche Sprechweise wird bzgl. Homosexuellen oder auch Transsexuellen gebraucht. Man wäre in dem Fall „homophobisch“ oder „transphobisch“.
Warum hasst man Juden, Sinti und Roma, hat aber Angst vor Muslimen, Homosexuellen und Transsexuellen?
Verzeihen Sie mir, wenn ich eingestehe, dass ich hier leider keine Antwort kenne. Vielleicht weiß Vorsitzender Google etwas, was ich nicht weiß. Ich hab ihn aber nicht gefragt. Auch ChatGPT könnte hilfreicher sein als ich.
Immerhin – zumindest im Fall vom Islam – könnte man mit dem Begriff „Antiislamismus“, schnell in die Bredouille kommen. Denn schließlich unterscheidet man heute zwischen „Islam“ und „Islamismus“. Da würde man Tür und Tor für Missverständnisse öffnen.
Buddhisten und Hindus scheinen all diese Probleme nicht zu haben. Noch nie habe ich von einem „Antibuddhismus“ bzw. einer „Buddhistophobie“ erfahren. Vielleicht gibt es auch dies, aber nicht in unserem Breitengrad.
Nun habe ich mehr Fragen aufgebracht als ich Antworten bieten kann. Ein schwieriges Gebiet wohl, das Land er Vorurteile.
Achtung: „Popanz“ hat mit „Popo“ nichts zu tun. Um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, erkläre ich dies umgehend. Fakt ist: Es gibt tatsächlich Leute, die instinktiv etwas wittern (bzw. sich einbilden), wenn sie einer ihnen unbekannten Vokabel zum ersten Mal begegnen. Im Ernst. Und schließlich wollen wir hier niemandem auf den Schlips treten. „Auf den Schlips treten“? Komische Redewendung. Wer trägt denn einen so langen Schlips? Vielleicht Trump.
Nur ein Beispiel von einer derartigen Gefahrenzone für Missverstehende. Hier wieder eine: das engl. Wort „niggardly“. Es bedeutet „knausrig“ und hat nix – auch sprachgeschichtlich nix – mit dem berüchtigten „N“-Wort, das zusehends aus dem Wortschatz gecancelt wird.
Es gibt mehrere Anekdoten darüber, wie dieses Wort „niggardly“ in die falsche Kehle rutschen kann. Ich erinnere mich an einen Skandal, der in den 1960er Jahren in New York City stattfand. Er ereignete sich während einer Konferenz zwischen dem Stadtrat und Vertretern der damaligen Bürgerrechtsbewegung. Ein Stadtrat (oder war es der Bürgermeister?) benutzte im Kontext eben dieses Wort. Prompt flogen die Fetzen. Von einer rassistischen Sprache war die Rede, bis erklärt wurde, was das Wort eigentlich bedeutete. Dann gab’s wieder Ruhe…oder nicht. Hab ich vergessen.
Komischer Gedanke: Ein Wort canceln, nur weil manche den Sinn nicht verstehen. Heute wäre das sicherlich möglich. Damals noch nicht.
Nebenbei: Bei Wikipedia finden Sie, falls Sie neugierig sind, einen ganzen Beitrag mit dem Titel „Controversies about the word niggardly“. Damit erspare ich mir das Bedürfnis, weiter ins Detail zu gehen. Irgendwie wirkt das Phänomen wie die Handlung für eine Komödie.
Noch schlimmer, wenn ein Wort zwei Bedeutungen hat. Zum Beispiel das engl. „cock“, also „Hahn“ (wie in kikiriki). Die gleiche Vokabel wird auch im Sinne vom „männlichen Geschlechtsteil“ verwendet, Wie es dazu gekommen ist, weiß ich nicht so ganz genau. Dito das engl. Wort „ass“. Es bedeutet sowohl „Esel“ wie auch „Arsch“. Aus diesem Grund werden beide Wörter, „cock“ und „ass“ nur selten im anständigen Sinn gebraucht. Wenn Schulkinder sie dennoch in alten Texten entdecken, kichern sie aufgegeilt verschämt.
Doch kehren wir zu „Popanz“ zurück. Diese schöne, leicht antiquierte Vokabel, machte neulich in den Medien die Runde, weil der Bundeskanzler mit ihm in einer Plenardebatte zum Thema „Deutschland-Pakt“ punkten wollte. Die Rede war von „Popanz und Schattenboxen“. Ich nehme an, dass manche Bundestagabgeordnete das Wort schnell googelte, um ja keine Ignoranz aufkommen zu lassen.
Bundeskanzler Scholz gebrauchte das Wort „Popanz“ übrigens nicht zum ersten Mal. Er scheint von ihm angetan zu sein. Auch letztes Jahr hat er es verwendet, als ihm das „Gespenst“ des sog. „Cum-Ex-Skandals“ heimsuchte.
Welch Zufall! „Popanz“ (der Popanz übrigens) bedeutet sage und schreibe Schreckensgespenst! Genauer gesagt: etwas, das keinen Bestand hat, das aber benutzt wird, um andere zu verunsichern.
Eigentlich ein hübsches Wort.
Nebenbei: Die Herkunft dieses Wortes ist unbekannt. Es wird zwar vermutet, dass es aus dem Tschechischen entnommen wurde, aber keiner weiß es so genau. Immerhin ist es im Gebrauch seit ca. 500 Jahren.
Und nun sollten wir vielleicht noch ein bescheidenes Rätsel lösen, nämlich das der Herkunft der Redewendung „jemandem auf den Schlips treten“.
Der „Schlips“, der hier gemeint wird, ist eigentlich kein Schlips im heutigen Sinn. Laut dem „Wörterbuch der deutschen Umgangssprache“ von Küpper existiert diese Redewendung erst seit ca. 1900. Damals, so Küpper, benutzte man „Schlips“ auch im Sinne von „Schleppe“, womit ein „Rockzipfel“ gemeint ist.
Heute denken wir, wenn jemandem auf den Schlips getreten wird, dass ein Mann gekränkt wird. Ursprünglich wohl nicht, wenn Küpper recht hat.
Und jetzt wissen Sie, wieso „Popanz“ nix mit dem Popo zu tun hat.
Heute im Supermarkt beobachtet: Der Kunde dürfte Mitte bis Ende 30 sein, die Gesichtszüge eines Menschen kurz vor der sog. „midlife crisis“. Gekonnt positioniert er sein Phone aufs Kartenlesegerät an der Kasse, um Funkkontakt zu erzeugen. Ping! Erfolg.
„Sammeln Sie Treuepunkte?“ fragt die Kassiererin, eine sympathische Frau mit vifem Intellekt. (Das sage ich, weil ich sie seit langem kenne).
„Nein, ciao“, sagt der Mann sehr locker und geht.
Jungmenschlicher Ton, und ich war überzeugt, dass er die Kassiererin geduzt hätte, wenn im Austausch die 2. Person Singular angebracht gewesen wäre. Hier gab es keinen Grund dazu.
Und dann fiel es mir ein: Aha! Er ist einer von denen, die das Siezen kaputt machen, einer also, der überall und jedem duzt außer beim Kreisverwaltungsreferat oder im Gespräch mit einem Ordnungshüter oder dem Vermieter. Wir nennen ihn Martin.
Täglich erhält er Werbung von Notebookbilliger, MediaMarkt, Saturn usw., wo es heißt: „Hallo, Martin, suchst du einen neuen Rechner?“ Auch Google, Microsoft, Apple usw. sprechen ihn im gleichen Tonfall an. Und es macht ihm nix aus. Ja, ich kenne Martin. Er ist einer von denen, die das Siezen, den teuren Personenschutzmechanismus der deutschen Sprache, kaputt macht.
Das schlimme daran: Er ahnt dies nicht.
Nun schnell vorspulen, und zwar fünfzehn Jahre in die Zukunft. Martin arbeitet in der Finanzabteilung eines großen Versicherungsinstituts. Er ist mittlerweile Anfang fünfzig. Sein Chef – zufälligerweise heißt auch er Martin – ist Anfang dreißig.
Eines Montags betritt er Martins Arbeitszimmer. Martin macht zwar meistens „home office“. Montags aber geht er immer in die Firma.
Martin (hier meine ich den Vorgesetzten) betritt das Zimmer. „Servus“, sagt er schön locker.
„Servus“, antwortet Martin.
„Du, Martin“, sagt der junge Vorgesetzte, „Ich habe leider eine schlechte Nachricht für dich.“
„Oh?“
„Ja“, wir müssen dich leider kündigen.“
„Kündigen? Gibt‘s dafür einen Grund?“
„Weißt du, die da oben haben deine Stelle automatisiert. Du weißt, was man sagt: Roboter brauchen weder einen bezahlten Urlaub noch eine Kaffeepause. Tut mir leid, alter…“
Genug. Wir werden die Folgen dieser traurigen Geschichte nicht weiter erforschen. Diese Anekdote über Martin fällt mir heute ohnehin nur aus zwei Gründen ein: Erstens als Fantasie über den Typen an der Kasse im Supermarkt, und zweitens wegen eines Briefwechsels, den ich neulich mit MediaMarkt und mit Notebookbilliger geführt habe.
Bei beiden habe ich mich beschwert, weil ich in ihren Werbemails stets geduzt werde. Schließlich seien wir keine Freunde, schrieb ich, sondern lediglich eventuelle Geschäftspartner.
Notebookbilliger hat auf meine Mail nicht reagiert.
Immerhin eine Antwort von MediaMarkt. Sie lautet folgendermaßen:
„danke für Ihre Nachricht!
Es tut uns leid, dass Ihnen unser Schreibstil im Newsletter nicht gefällt.
Für uns steht die Beziehung zu unseren Kunden im Fokus. Deshalb haben wir uns für das „Du“ in unserem Newsletter entschieden.
Durch diese Ansprache ist unserer Meinung nach eine lockere und direkte Kommunikation mit unseren Kunden möglich.
Damit folgen wir einem Trend, der bereits in vielen Unternehmen gelebt wird.
Danke für Ihr Verständnis.“
Und nun wissen Sie, warum Martin von seinem Duzfreund gefeuert wird…
Fangfrage: Wie sagt man „hehu“ auf Griechisch?
Eigentlich keine Fangfrage, sondern eine sinnlose Frage. Denn höchstwahrscheinlich wissen Sie nicht einmal, was „hehu“ bedeuten könnte! Wahrscheinlich wäre nur einer von einer Million in der Lage, die Frage überhaupt zu verstehen. Vielleicht noch weniger. Vielleicht einer von zehn Millionen.
Und wie wir gerade von „Millionen“ reden: Dieses Wort „hehu“ bedeutet in der altägyptischen Sprache (d.h., die Sprache der Pyramidenbauer) die Zahl „eine Million“. Die Hieroglyphe zeigt die Figur eines knienden Menschen mit den Armen hochgestellt, als wollte er etwas wie „UNHEIMLICH VIEL“ zum Ausdruck bringen. Was verständlich wäre. Eine Million ist beileibe keine kleine Zahl. Auch für uns nicht. Versuchen Sie, sich 1.000.000 von etwas – egal was – vorzustellen. Auch Sie würden schnell die Armen nach oben strecken, um diese Immensität Nachdruck zu verleihen.
Kein Wunder, dass diese Zahl schon lange praktisch als Symbol für eine unvorstellbare große Menge steht. Auch heute noch. Nur nicht, wenn es um Geld geht. Da besteht immer die Gefahr einer Inflation.
Früher galt ein „Millionär“ als „reich“. Haha und hehu. Heute kann fast jeder Millionär werden ohne reich zu sein. Milliardär muss der Mensch sein, um wirklich ganz oben zu sein.
Nebenbei: „billionaire“ sagen die Amerikaner für „Milliardär“. Die Engländer hingegen benutzen dieses Wort erst seit vielleicht vierzig Jahren. Früher sagten sie für die Zahl „Milliarde“ (amer. „billion“) „one thousand million“.
Sagt aber ein Deutscher „Billion“, meint er damit das, was die Englisch Sprechenden „trillion“ nennen. „trillionaires“ gibt es wohl noch nicht, obwohl Elon Musk mit Sicherheit gerne einer wäre, um noch reicher als Mark Zuckerberg zu werden.
Zum Vergleich: Es gibt noch Naturvölker, zum Beispiel die Pirahã in den Amazonas, die nur bis drei zählen und alles, was drüber ist, mit „viel“ ausdrücken.
Das ist ein extremes Beispiel. Fakt ist aber: Viele Kulturen gaben sich mit viel weniger Zahlenriesen zufrieden als wir. Etwa die Griechen. Ihre oberste Zahl lautete „myrias“ (im Genitiv „myriados“) und bedeutete „zehnthausend“. Deutsche sagen „Myriaden“ noch immer, wenn sie „besonders viel“ meinen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Auch die Griechen waren in der Lage, Zahlen über 10.000 auszudrücken. Doch dann multiplizierten sie lieber: „zehn myriaden“ oder „hundert myriaden“ usw. – um eine Zahl wie „hehu“ zu erreichen.
Ebenso die Römer. Ihre höchste Zahl lautete „mille“, also „eintausend“. Wenn sie „eine Million“ ausdrücken wollten, dann sagten sie „milia milia“, „tausende tausende“.
Auch die Tempel bauenden Azteken und Mayas bedienten sich keiner hohen Zahlen. – Dito die alten Hebräer. In ihrer Sprache hörte man mit dem Wort „r’wawot“, „zehntausend“, auf.
Doch jetzt zurück zu den Ägyptern. Für sie war ein Begriff mit dem Sinn „Million“ offenbar wichtig. Nur aber aus religiösen Gründen. Auf der westlichen Seite des Nils nahe Luxor und dem Königstal bauten sie über mehrere Jahrhunderte Tempelanlagen zur Ehre diverser Pharaonen und bezeichneten diese Tempel als „Millionjahr-Häuser“. Wahrscheinlich meinten sie damit, dass die Seele des verstorbenen Pharaos eine Million Jahre in der Tempelanlage weilen würde, womit sie eigentlich „in aller Ewigkeit“ meinten.
Wie dem auch sei. Die Ägypter hatten ein Wort für eine Million: „hehu“.
Der Weltrekord für Großzahlen – zumindest in der Antike – halten aber die Inder. Sie verwendeten schon in der Antike Wörter, die „Milliarde“ und „Billion“ bedeutete. Diese waren für sie aber religiöse Begriffe, die die Unendlichkeit symbolisierten.
Und jetzt wissen Sie alles, was man braucht, um – fast überall – über große Zahlen zu reden.
Schlechte Zeiten für den Buchstaben „Z“ dank dem Putin-Krieg.
Schon lange erblickt man das ominöse Zeichen auf Kriegsfotos: auf russischem Kampfgerätschaft, z.B., oder auf Wänden verwahrloster ukrainischer Privathäuser.
Warum ausgerechnet „Z“, zumal es im kyrillischen Alphabet diesen Buchstaben überhaupt nicht gibt? Diese Frage brauchen wir hier nicht zu beantworten. Darüber gibt es mehr als genug im Netz. Oder Sie können Bard oder andere KI-Genies fragen. Sie leben vom Generieren von Fakten.
Nur Folgendes zum „Z“: Das heute verfemte Zeichen tauchte beim russischen Militär bereits 2011 auf, und zwar während des Kriegs, den Putin und Assad gegen das syrische Volk führten. Wie gesagt, wer mehr darüber wissen will, findet reichlich Stoff, auch um eine Doktorarbeit zu schreiben. Oder noch einfacher: Sie lassen Chat-GPT diese Doktorarbeit formulieren.
Ich persönlich bin der Meinung, dass der Gebrauch vom Buchstaben „Z“ als Symbol eines Aggressionskriegs ebenso lautlos verschwinden wird, wie es einst in Erscheinung getreten ist.
Das „Z“ ist ganz anders als, z.B., das von den Nazis gekaperte Hakenkreuz, das vor den Nazis als lebensbejahendes Symbol aus der altindischen Kultur diente. Das Hakenkreuz ist wahrscheinlich deshalb zur No-Go-Zone geworden, weil a) die Nazis besonders grausam waren und b) weil damals das alte Hindu „Swastika“ in unserem Breitengrad kaum bekannt war.
Die gute Nachricht: Eines Tages werden wir Putins Krieg vergessen oder ihn als einen von vielen Befreiungskriegen der den russischen Expansionismus Grenzen setzte: wie etwa im Baltikum, in Tschechien, Polen, in der Slowakei etc..
Es wird eine Zeit kommen, wo man beim Vorzeigen dieser drei Linien eher an „Zorro“ denken wird als an Putin. Zisch-Zisch-Zisch machte Zorro mit seinem flinken Säbel. Oder vielleicht wird man sich wieder an den 1969 gedrehten Film von Costa-Gavras (ein schöner Film) erinnern über den Aufstand gegen die damalige griechische Junta. Immerhin: „Z“ ist ein Buchstabe in der griechischen Sprache – und außerdem der erste Buchstabe im Wort „zei“ (sprich „sie“), das „er lebt“ bedeutet.
Im russischen Alphabet gibt es, wie oben schon gesagt, kein „Z“.
Deshalb bleib ich zuversichtlich, dass dieser Buchstabe seine Seele zurückgewinnen wird.
Gleiches sag ich für den neuen Sinn von „X“ voraus als Name eines Nachrichtendienstes, der vormals „Twitter“ hieß. Immerhin: Noch immer weigern sich viele Twitterer „X“ über die Lippen zu bringen.
„X“-Erfinder, E. Musk, schätzt diesen Buchstaben offensichtlich sehr. Wenn ich mich nicht täusche, heißen ein oder zwei seiner Kinder „X“ oder irgendeine Abwandlung davon. Fragen Sie Chat-GPT. Es weiß alles.
Außerdem genießt das „X“ eine lange Tradition als Symbol – auch lange vor der Zeit von Elon Musk. In der Mathematik steht es für das „Unbekannte“. Auch „Y“ hat diese mathematische Bedeutung. Im Deutschen (nicht aber im Englischen) bündelt man beide Buchstaben, um die Unbekanntheit noch intensiver zu betonen: Aktenzeichen XY z.B. oder der namenslose Herr, Frau o. Diverse XY.
In der Biologie – zumindest vor der Zeit der Diversität – wurde zwischen zwei biologischen Geschlechtern, XY (männlich) und XX (weiblich) differenziert.
Ach! Beinahe habe ich Generation X – auch „GenX“ genannt – vergessen, womit junge Menschen gemeint sind, die in den ersten Jahren des 21. Jahrhundert in unsere Dimension in Erscheinung traten. Ihre Vorgänger nennt man „Millennials“ und deren Vorgänger „Generation Y“.
Habe ich nun irgendwelche bedeutungsschwere Buchstaben vergessen? Of course: das „V“. Seitdem Winston Churchill während des 2. Weltkriegs seinen Zeige- und seinen Mittelfinger zu einem „V“ formte als Abkürzung für „victory“ also „Sieg“ – Sieg über die Deutschen, wird diese Geste bis heute verwendet: von Helden und von Schurken. Von Putin auch?
Fehlt noch was? Wie wäre es mit einem doppelten „P“? Nein. Das wäre höchsten ein Klowitz.
Aber jetzt genug. Ich will nur ein Quäntchen Hoffnung in einer schwierigen Zeit einhauchen. By the way: „Zorro“ bedeutet „Fuchs“ auf Spanisch. Und so wird das „Z“ einst mal wieder werden.
Hiermit oute ich mich: Ich benutze weder WhatsApp noch Facebook. Und zwar noch nie. Auch Instagram kenne ich nicht. Nie besucht. Was Instagram für ein Bewandtnis hat, kann ich überhaupt nicht schildern. Sicherlich bin ich eine Ausnahmeerscheinung.
Dies erzähle ich, weil mich ein Bekannter neulich dazu bringen wollte, an einer WhatsApp Gruppe teilzunehmen.
„Warum kannst du mir keine Emails zukommen lassen?“ fragte ich.
„Viel zu umständlich“, antwortete er.
Dies habe ich von eingeschworenen WhatsAppniks immer wieder gehört, wobei ich den Vorteil von WhatsApp immer noch nicht verstehe. Gleiches gilt für die anderen Messenger-Dienste. Schließlich kann man an Gruppen auch Emails via „cc“, bzw., „bcc“ verschicken.
Wenn ich aber so argumentiere, muss ich stets lange, skeptische, mitleidige Blicke erdulden.
„Benutzt du Google?“ fragt mein Bekannter.
„Ich weiß, worauf du hinauswillst“, sag ich. „Du willst mir weismachen, dass Google ebenso eine Datenkrake ist wie Facebook, dass beide mehr über mich wissen als die CIA, der BND und wie sie alle heißen zusammen.“
„Genau“, sagt er süffisant.
„Ja, und deshalb frage ich mich, wieso ich mich von zwei Datenkraken verschlingen lassen sollte. Mir reicht die eine.“
Nun schien er allmählich meinen Standpunkt zu verstehen.
„You’ve got to choose your poison”, sagte ich nun auf Englisch. Der Satz ist eine sehr geläufige Redewendung. Manche sagen allerdings „Pick your poison“. Man wählt das Gift, das man schlucken will.
Damit war das Thema erledigt.
Allerdings nicht ganz. Denn danach hab ich als Sprachenbesessener übers Idiom „Choose your poison“, nachgedacht.
Denn nun kam es mir sonderbar vor, dass das deutsche „Gift“ und das englische „gift“ gleichklingend aber sog. „falsche Freunde“ sind. „Gift“ auf Englisch ist „Geschenk“, auf Deutsch…Sie wissen schon – auch wenn beide Vokabeln dem Verb „geben“ bzw. „give“ entstammen.
„Gift“ auf Englisch ist immer noch eine Gabe. Aber das deutsche „Gift“! Es ist beileibe kein nettes Geschenk, sondern etwas Krankmachendes bzw. Todbringendes. Warum?
Und nun steigen wir in eine Zeitmaschine, um die Begegnung zweier Kulturen, der lernbegierigen Altgermanen und der hochkultivierten Griechen, beizuwohnen. Die Altgermanen profitierten erheblich von dieser Begegnung. U.a. erfuhren sie, dass die damaligen Griechen die Vokabel „dos“ – vom altgriechischen „didonai“ „geben“ – in zwei Sinnen verwendeten, einmal positiv als „Arznei“, einmal negativ als totbringendes „Gift“. Irgendwie logisch. Auch wir sagen über Medikamenten, dass es immer auf die Dosis ankommt.
Allerdings: Da die lernbegierigen Germanen das Wort die „Gift“ (im Sinne von „Geschenk“) bereits hatten, ergänzten sie es mit das Gift. Zweiteres im Sinne von „Medikament“. Irgendwann wurde das einfach zu verwirrend. Die „Gift“ verschwand, und das giftige Gift blieb hängen. Nur in „die Mitgift“ lebt das alte schenkende Wort weiter.
Was Facebook und Google betrifft: Ich bleibe dabei: „Choose your poison!“
Sind auch Sie ein Opfer? Kleiner Trost: Sie sind nicht allein. Heutzutage halten sich viele für Opfer! Als gäbe es auf der Welt mehr Opfer als Täter! Oder war das immer so?
Heute haben Sie aber Glück! Diese Glosse will allen Opfern erste Hilfe anbieten! Ja! Handfeste, praktische erste Hilfe für alle, die sich als Opfer identifizieren!
O je. Kaum schreibe ich obigen Satz, so denke ich als sprachinteressierter Mensch über den Begriff „erste Hilfe“ nach. Komisch. Es gibt Begriffe, die so selbstverständlich bzw. allgegenwärtig sind, dass man sich vorstellen kann, sie waren immer da. So kommt mir jedenfalls der Begriff „erste Hilfe“ vor.
Von daher habe ich mir erlaubt, eine Googlesuche durchzuführen: und zwar auf Englisch in dem ich nach dem „origin“ des „term“ „first aid“ frage; und auf Deutsch nach dem „Ursprung“ des „Begriffs“ „erste Hilfe“.
Die englischsprachigen Suchstichwörter führten direkt zu folgendem Zitat:
The term “first aid” first appeared in 1878 as a combination of “first treatment” and “National Aid.” In Britain, civilian ambulance crews were trained specifically for the railways, mines, and the police.
Muss ich übersetzen? Nein. Sie verstehen sicherlich jedes Wort.
Doch es geht weiter: wieder ein Zitat. Diesmal auf der Webseite der National Library of Medicine gefunden: St. John Ambulance was the first to use the concept of first aid in the United Kingdom in 1879. Princess Christian – the daughter of Queen Victoria translated from German into English five ambulance lectures given by Prof. Esmarch in 1882, which were published under the title “First Aid to the Injured” by Smith Elder and his partners.
Auch hier dürfte das Englisch kein Problem sein. Nur die Jahreszahlen kommen mir etwas verkorkst vor. Aber egal. Eine kleine Ergänzung ist allerdings nötig: Dieser Prof. Esmarch – er lebte von 1823 bis 1908 – hieß mit Vornamen Friedrich und war, u.a., als Militärarzt im preußischen Heer tätig – auch während des Kriegs gegen Frankreich 1870. Noch wichtiger – zumindest was die erste Hilfe betrifft: Er veröffentlichte auf Deutsch „Die erste Hülfe bei plötzlichen Unglücksfällen – Ein Leitfaden für Samariter-Schulen“. Nebenbei: Auch die Samariter-Verein war seine Idee.
Mit anderen Worten: „Erste Hilfe“ ist ein deutscher Begriff, der ins Englische übersetzt wurde. Meistens läuft es andersrum.
All dies habe ich innerhalb fünf Minuten herausgefunden.
Doch nun fragte ich mich, wie Chat-GPT den gleichen Sachverhalt handhaben würde. Immerhin betreten wir das Neuland der KI. Folgende Zeilen erschienen nach wenigen Sekunden:
„Der Begriff ‚Erste Hilfe‘ wurde erstmals von einer freiwilligen Gruppe namens ‚St. John Ambulance Association‘ im späten 19. Jahrhundert verwendet, um die erste medizinische Unterstützung zu beschreiben, die Menschen geleistet wurde, bevor professionelle medizinische Hilfe eintrifft.“
Falsch ist die Antwort nicht. Aber die Rolle des Kriegsarztes Esmarch fehlt hier völlig. Oder hätte ich nun Chat-GPT zuerst fragen sollen, wer Friedrich Esmarch war?
Ach Du meine Güte!! Heute wollte ich eigentlich über Opfer schreiben! Stattdessen bin ich wegen meiner Sprachenfaible abgelenkt worden und habe eine Geschichte über den Ursprung des Begriffs „Erste Hilfe“ geschrieben!
Arme Opfer! Nein, ich will sie nicht vergessen. Denn schließlich wollte ich ihnen ein wenig erste Hilfe geben.
Aber wie!?
Ach nun fällt‘s mir ein! Liebe Opfer, lesen Sie das Buch von Doktor Esmarch! Er hat viele Opfer behandelt und weiß alles, was man braucht, um erste Hilfe zu leisten. Und nun wissen auch Sie mehr als jegliche Quelle der künstlichen Intelligenz…
Übers Wort „Laune“ habe ich schon mal geschrieben. Es ist mit „luna“ – also „Mond“ – verwandt. Wenn man gute Laune hat, dann gleitet man durch eine günstige Mondphase. Bei einer schlechten Laune…das Gegenteil.
Mehr muss man darüber nicht wissen. Doch bleiben wir jetzt kurz bei besagter schlechter Mondphase. Häufig wird sie durch einen Wutausbruch verursacht. Manchmal aber weiß man das nicht, weil man, wie es so unappetitlich heißt, seine Wut in sich hineingefressen hat.
Nebenbei: Wissen Sie, was diese zornige Vokabel „Wut“ wirklich bedeutet? Sie werden es wahrscheinlich nicht erraten. In den alten germanischen Sprachen meinte man mit dieser Vokabel ein Lied, ein Gedicht, eine Stimme und manchmal eine Leidenschaft. Leidenschaft. Wahrscheinlich von daher rutschte das Wort eines Tages in Richtung Rage ab.
Auf Latein gibt es die Vokabel „vates“ im Sinne von einem prophetischen Dichter. Auch er ist mit „Wut“ verwandt.
Ist es nicht ulkig, wie sich Wörter einer lang untergegangenen, uralten Sprache – man nennt sie Indogermanisch – im Sinne auseinanderdriften.
Und „Zorn“? Dieser Bedeutungszwilling der „Wut“ ist mit „zerren“ verwandt. Etwas im Gemüt wird, sozusagen, zer-rissen. Notabene: Auch das „zer“ in „zer-rissen“ dürfte eine Abwandlung von „Zorn“ sein.
Doch jetzt zum Medizinischen: Was kann ein Mensch tun, wenn er – um beim obigen Bild zu bleiben – eine Wut im Bauch hat, bzw., zornig ist?
Achtung! Die Behandlung setzt voraus, dass man in der Lage ist, den explosiven Zustand wahrzunehmen, was, wie schon oben gesagt, nicht immer der Fall ist. Denn die Wut ist bisweilen eine Tarnungskünstlerin. Sie maskiert sich, so dass sie nicht einmal im Umriss zu erkennen ist.
Anstelle eines inneren Polterns verspürt man manchmal lediglich Melancholie oder Traurigkeit. Alles aber Tarnung. Man braucht nur ein bisschen an der Oberfläche dieser Gemütszustände zu kratzen, und schon beginnt es innen zu brennen. Kratzt man weiter, und man stellt fest: Man ist wütend.
So weit so gut. Doch nun muss man den Grund für diese Wut herausfinden. Meistens eine Kränkung.
Und jetzt? Was tun?
Manchmal hat man nicht die Gelegenheit, es dem Verursacher, bzw. der Verursacherin, heimzuzahlen. Es ist der Chef oder eine Behörde usw. Man steht mit einer Wut da und weiß nicht, wie man sie loswerden soll. Schwierig…
Doch heute haben Sie Glück! Ich habe für Sie Lösungen herausgearbeitet!
Es gibt nämlich mehrere, um eine siedende Wut loszuwerden.
Z.B., durchs Schreiben! Das tun viele Schriftsteller öfter als Sie denken. Und da sind wir wieder beim „Wort“ und „Wut“!
Nur: Manche finden die Worte nicht. Was denn? Ganz einfach: Man geht in den Wald, und schreit die Wut aus. Vielleicht denken Sie: Wo findet man heute einen Wald, wo man ganz allein sein kann, um so, sozusagen, von den Dächern zu brüllen? Ist nicht so einfach. Dazu gibt es heutzutage die krank machenden Zecken usw.
Ja, Sie haben recht. Dann genügt es, einfach einen Baum zu finden, den man treten kann. Armer Baum. Nein. Bäume sind zäh. Notfalls kann man den eigenen Kopfkissen schlagen.
Nun jedenfalls wissen Sie das Wichtigste über die Wut. Heben Sie diese Glosse für den Notfall sorgfältig auf. Sie wird Ihnen vielleicht mal helfen.
Lisa Lim, Professorin in Perth, Australien, war schneller als ich. Anlässlich „International Colour Day“ hat sie im März 2019 v.C. („vor Corona“) einen Bericht für die South China Morning Post über den Ursprung der zwei Urfarben – wenn man sie so bezeichnen darf: „black“ und „white“ verfasst.
„Black“, schreibt Prof. Lim, sei mit dem dt. „bleich“ und dem französischen „blanc“ (weiß) sprachlich verwandt. Am Anfang ihrer Reise durch die Sprachengeschichte bedeutete diese Vokabel nämlich etwas wie „glühend“ oder „glänzend“. Hab ich das richtig verstanden? Hat „black“ einst „white“ bedeutet?
Wenn dem so ist, wie kommt es denn, dass dieses Wort zum Inbegriff der Dunkelheit geworden ist? Antwort: Weil das „Glühen“ irgendwie mit „Brennen“ zu tun hat. Wenn etwas brennt, leuchtet es zunächst hell auf. Am Schluss bleibt nur das Verkohlte übrig.
Und „white“? Diese Farbe hat wohl vom Anfang an „scheinen“ oder „hell sein“ bedeutet. Wie langweilig, wie eintönig.
Gleiches gilt übrigens fürs dt. „schwarz“? Denn es hat immer etwas Dunkles bezeichnet.
Über die „Mohren“ habe ich schon einmal geschrieben. Man sollte bedenken, dass dieses Wort in der Berbersprache „Land“ bezeichnet. Da die Griechen und die Römer in Nordafrika auf eine dunklhäutige Bevölkerung stießen, die ihr Land irgendwas mit dem Laut „mor“ murmelten, und da die Griechen und Römer der Berbersprache nicht kundig waren, verwendeten sie dieses „mor“ als Beschreibung der Menschen dieser Gebiete. „mauroi“ (auf Griechisch) „mauri“ auf Lateinisch nannten sie sie. Und bald hatte diese Vokabel die Bedeutung „dunkel“.
Seit ein paar Jahren sind die vielen „Mohren-Apotheken“ oder „Gasthaus zum Mohren“ aus Gründen der pol. Korrektheit verschwunden. Nicht verschwunden aber sind die uralten Namen „Mauretanien“, „Marokko“ und „Marrakesch“. Bisher hat niemand es gewagt, eine Namensänderung im Sinne der Gleichberechtigung aufzufordern. Vielleicht kommt’s noch.
Nebenbei: Das Porträt des dunkelhäutigen Heiligen Mauritius hängt, falls Sie sich gefragt haben, nach wie vor in der Münchener Alten Pinakothek. Wie lange aber noch wird diese kulturelle Aneignung andauern?
Nein, Sie hören keine Ironie in meiner Stimme heraus, obwohl sich in mir drei verhasste Zustände – zumindest in bestimmten Kreisen verhasst – vereinen: weiß, alt und Mann. Klingt wie ein Lottogewinn!
Letztes Jahr erblickte ich auf einer Umweltdemonstration eine junge weiße Frau, die ein Plakat hochhielt: „Alte weiße Männer vergewaltigen Muttererde“.
Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, dass ich Muttererde vergewaltigt habe. Schlafwandler war ich aber nie. Vielleicht eine sich anbahnende Demenz. Doch vielleicht hab ich’s getan und weiß es nicht mehr. Kommt bestimmt unter Verbrechern vor. Wenn ich aber schuldig bin, so sind auch andere, ob männlich, weiblich, schwarz, weiß, gelb etc. Ich könnte sogar Namen nennen.
Das alles nur nebenbei. Denn nun fällt mir etwas anderes ein: Könnte mir jemand erklären, warum ausgerechnet „weiß“, „schwarz“ und „gelb“ die gängigen Bezeichnungen für Hautfarben sind?
Nehmen Sie mich, z.B. Ich bin alles anders als weiß. Ebenso wenig sind keine meiner „schwarzen“ Freunde „schwarz“. Zudem habe ich in meinem Leben nie einen gelben Menschen gesehen. Nein, das stimmt nicht. Als ich meinen Großvater im Krankenhaus besucht habe – ich war damals 13 – war sein Zimmergenosse durch und durch „gelb“. Man nennt diesen Zustand „Gelbsucht“. Kein schöner Anblick für mein zartes Dasein.
Halt! Hat diese Glosse einen Sinn bzw. eine Aussage? Wahrscheinlich nicht.
Ja, natürlich, hat sie einen Sinn. Ich wollte lediglich zeigen, dass Menschen gewisse Farbbezeichnungen benutzen, weil sie sonst auf der Schnelle keine Wörter finden, um einen Teint zu beschreiben. Und davon gibt es viele. Microsoft verfügt über 64.000, oder sind das 640.000? Ich hab’s vergessen. Eine Farbe akkurat zu beschreiben, erfordert Zeit.
Ein anderes Mal Vielleicht werde ich über Farben schreiben.
In eigener Sache: Nächste Glosse erst Anfang August. Ich tauche unter. Vielleicht werden Sie mich auf Ihrer Straße sehen…ohne zu wissen, wer ich bin.
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