Neuer Begriff für Sie der „Käfigkampf“? Für mich auch.
Dem Vorsitzenden Google zufolge wird diese Neudeutsch-Vokabel vom englischen „cage fight“ ins Deutsch übertragen. Es scheint ein Terminus aus der „MMA“-Szene zu sein – womit ich die „mixed martial arts“-Szene meine.
In einem MMA-Kampf vermengt man allerlei Kampfkünste: Judo, Karate, Tai Kwan Do usw., wobei der Käfig die Sahne auf dem Törtchen zu sein scheint. Denn diese Mischmasch-Kampfhandlung wird in einem Käfig ausgeführt – genauer gesagt in einem achteckigen Käfig.
Ich habe erst darüber erfahren – Sie wahrscheinlich auch –, nachdem Elon Musk Mark Zuckerberg zu einem solchen Käfigkampf herausgefordert hat. Oder war es umgekehrt? Hab die Details leider vergessen.
Was der Grund für einen solchen Kampf zwischen diesen zwei Multimilliardären sein sollte, weiß ich leider auch nicht. Hat einer der Kontrahenten den anderen beleidigt? Oder vielleicht dessen Mutter oder Frau oder Kinder?
Leider habe ich mich in der Sache nicht ausreichend vertieft.
Oder vielleicht geht es nur darum, etwas Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Als wären diese zwei Geldschwergewichte bereits nicht satt begafft worden!
Na na, lieber Sprachbloggeur, jetzt bitte mit der moralischen Keule zu schwingen aufhören!
Ach du lieber Mäuschen! Ja! Genau das tue ich. Wie peinlich! Ich bin genauso wie jeder andere. Ich meine: Hat man nix Vernünftiges zu sagen, so meckert man über die anderen.
Deshalb folgende Überlegung: Meiner Meinung nach soll der Käfigkampf zwischen den zwei steinreichen Wirtschaftslokomotiven doch stattfinden. Allerdings unter folgenden Bedingungen: Jeder soll eine Milliarde Dollar als Einsatz vorschieben müssen. Wer verliert, der muss dann noch zwei Milliarden blechen. Wer hingegen gewinnt selbst wieder fünf Milliarden obendrauf.
Was macht man dann mit diesem Geld? Immerhin geht es um neun Milliarden Dollar.
Gibt es etwas wofür neun Milliarden Doller gut wären?
Na klar, denken Sie. Man könnte mit so viel Geld zig Leben retten, mehrere Kriege beenden, drohende Hungersnot abwenden und die leidende Deutsche Bahn endlich wieder auf Vordermann bringen.
Nein ich träume nur. Von diesem Geld würde mit Sicherheit ein großer Batzen auf zwielichtige Kanäle umgeleitet werden und in fremde Taschen landen, wo es niemanden nutzen würde außer Gangstern, Politikern und einigen sehr reichen Weltbürgern.
Außerdem fällt mir ein: Musk ist bereits 51 Jahre alt. Ist er überhaupt noch fit genug, um sich gegen den drahtigen 39jährigen Zuckerberg durchzusetzen? Zwar ist ein Mensch mit fünfzig Jahren noch weit davon entfernt, alt zu sein. Zuckerberg ist aber immerhin nicht einmal vierzig! Und, soweit ich weiß, gut trainiert.
Ach! Ich habe vergessen zu erwähnen: So ein „cage fight“ wird, wie ich gelesen habe, stets vor einem Publikum ausgeführt. Man könnte also von jeder Zuschauerin fünfzigtausend Euro Eintrittsgeld verlangen. Stünden, zum Beispiel, fünftausend Sitzplätze zur Verfügung, käme eine hübsche Summe zusammen.
Nun fällt mir ein: Selbstverständlich könnte man noch mehr Geld für die Logenplätze oder für die ersten Reihen verlangen als für die sonstigen Plätze. Da käme was zusammen! Oder? Und immerhin um etwas billiger (und heilsamer) als eine haarrissige Reise zum Titanic-Wrack.
Doch Ende der Fantasie. Gerade erreichen mir Breaking News. Denn nun habe ich Folgendes erfahren: Musks Mutter Maye zufolge sei jetzt der Käfigkampf mit Zuckerberg abgesagt worden! Ach Schade! Hmm. Nun fällt mir ein: Wie wäre es mit Meghan und Harry als Ersatzteam? Auch sie wären bestimmt nicht abgeneigt, ein bisschen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Sie haben sich ein neues Phone oder Tablet erstanden oder vielleicht einen neuen Fotoapparat. Sicherlich haben Sie sich dabei, die IP-Höhe des neuen Kleinods eruiert. IP68? Oder wenigstens IP67?
Soll Ihnen dieser Begriff „IP“ fremd vorkommen: Es geht um die Wasserfestigkeit eines Geräts. „IP“ steht für „International Protection“. Schon wieder ein Fremdwort.
IP68 bedeutet übrigens, dass ein Gerät 30 Minuten eine Wassertiefe von 1,5 Meter aushält. Leider kenne ich die Messung für IP67 nicht. Fragen Sie den Vorsitzenden Google. Zum Vergleich: Bei Fotoapparaten reicht IP57 durchaus. So gilt ein Fotoapparat als „Spritzwasser geschützt“.
Ich erwähne dieses Thema lediglich deshalb, weil man beim Erwerb eines teuren Geschenks – ob Phone, Tablet, Fotoapparat usw. – das Gefühl haben will, der neue Liebling wird sehr sehr lange halten. Ist verständlich.
So eine Empfindung fängt bereits in der Kindheit an. Man wünscht sich ein Spielzeug, das nicht kaputt gehen wird.
Früher – und damit meine ich vor 10 oder 20 Jahren – hätte man vor dem Kauf gefragt: „Kann ich davon ausgehen, dass es robust (bzw. solide) gebaut ist?“
Das war damals. Heute interessieren wir uns für die „Nachhaltigkeit“.
Man könnte fast sagen: Die „Nachhaltigkeit“ ist die neue „Robustheit“. Nein. Stimmt nicht ganz. Diese Vokabeln stimmen bedeutungsgemäß nur zum Teil überein. „Robust“ bezieht sich auf den Wunsch, dass etwas nicht leicht kaputtgeht. „Nachhaltig“ ist zum Leitwort einer ideologischen Bewegung geworden, die mit der Umwelt zu tun hat.
Meinem fünfbändigen Duden von 1979 zufolge hat „nachhaltig“ folgenden Sinn: „sich auf längere Zeit stark auswirkend“. Es ist eine weitere Bildung des Verbs „nachhalten“, das „längere Zeit anhalten“ oder „bleiben“ bedeutet. Deshalb, so steht es im Duden, ist eine Suppe nicht „nachhaltig“. Sie sättige nur eine kurze Zeit. Wahrscheinlich wäre es früher der falsche Begriff gewesen, wenn ich mich über die Robustheit eines Kaufwunsches erkundigt hätte.
Nebenbei: In meinem alten Duden findet man auch das Wort „Nachhaltigkeit“. Es wurde aber ausschließlich in der Forstwirtschaft verwendet im Sinne von der Zukunftsträchtigkeit des Baumbestands.
Wie kam es dazu, dass die „Nachhaltigkeit“ zum Schlagwort der ökologischen Bewegung wurde? Meine Theorie: Es schien eine passende Übersetzung für das englische „sustainability“ zu sein, das unter amer. Umweltschützer en vogue wurde.
Dem WehWehWeh zufolge wurde seit Ende der 1980er Jahre der Begriff „sustainability“ zum Fanal für die amer. Umweltbewegung. Sagt Wikipedia: “sustainability is a social goal about the ability of people to co-exist on Earth over a long time…etc.”. Das heißt: Sie sei ein gesellschaftliches Ziel, das die menschliche Fähigkeit betrifft, langfristig auf Erden zusammenzuleben…etc.
Nebenbei: In meinem 5kg „Webster’s Unabridged Dictionary“ aus dem Jahr 1989 existiert das Wort „sustainability“ gar nicht – lediglich das Adjektiv „sustainable“ in der Bedeutung von „in der Lage, aufrechterhalten zu werden“. Das Verb „sustain“ bedeutet nämlich „aufrechterhalten“, „unterstützen“ usw.
Wenn Sie mich fragen, passt „Nachhaltigkeit“ als Übersetzung für „sustainability“ nicht besonders gut. Zwar gibt es Übereinstimmungen zwischen den zwei Begriffen aber nur zum Teil. Denn „sustain“ (unterstützen) und „nachhalten“ (länger anhalten) unterscheiden sich erheblich.
Hier übrigens – Wikipedia zufolge – die neuste Bedeutung der „Nachhaltigkeit“:
„Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip bei der Nutzung von Ressourcen. Hierbei soll eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung gewährleistet werden, indem die natürliche Regenerationsfähigkeit der beteiligten Systeme bewahrt wird, vor allem von Lebewesen und Ökosystemen.“
Nun wissen Sie so viel über dieses Thema wie ich. Möge unser Wissen stets auf IP68 zertifiziert bleiben!
Ich, ja ich der Sprachbloggeur bin ein Fremdwort! Mit Vornamen nennt man mich „PJ“, was die Anfangsbuchstaben meiner eigentlichen Vornamen sind. „PJ“ klingt auf Englisch wie „Pidschäj“. Manche Deutsche scheinen Schwierigkeiten mit der Aussprache zu haben. Sie sagen deshalb „Pidschi“ – reimt sich mit „Fidschi“.
Über Fremdwörter schwadroniert man gern und leidenschaftlich. Ein beliebtes Thema sowohl der Medien wie auch Leserbriefeschreiber. Dann heißt es: „O je! Die deutsche Sprache geht dem Bach runter! Alles für die Cat! Alle reden über ‚Lunch‘ und ‚Meetings‘ und ‚Computers‘ und ‚Sales‘ und ‚Managers‘! Wo sind das „Mittagessen“, die „Sitzung“ usw. geblieben?
Ja. Es stimmt tatsächlich. Englische Vokabeln (manche total überflüssig) schleichen sich immer häufiger in die deutsche Sprache. Und mit Sicherheit wird es – zumindest eine Zeitlang – nur noch schlimmer werden.
Deshalb von mir heute eine gute Nachricht: Machen Sie sich keine Sorge um die Zukunft Ihrer schönen Sprache. Sie wird nicht nur das Gendern, sondern auch den englischen Einfluss überleben.
Fakt ist: Nur Praktisches und Schönes aus der Fremde bekommt den dt. Pass. Voilà!
Voilà? Sagen Sie auch manchmal „voilà“? Ich öfter. Und nicht nur, wenn ich Deutsch spreche. Ebenso, wenn ich Englisch rede oder Italienisch oder Spanisch radebreche. Ich habe „voilà“ sogar in Lettland verwendet! Jeder kennt das Wort. Es ist eine jener Vokabeln, die multinational geworden sind – wie „okay“.
Neulich entdeckte ich ein zweibändiges Fremdwörterbuch. Es heißt: „Wörterbuch zur Erklärung fremder, aus andern Sprachen in die Deutsche aufgenommener Wörter und Redensarten, welche in Schriften und Büchern sowohl, als im täglichen Leben häufig gebraucht werden. Mit beygefügten Beyspielen und mit Anzeige ihrer Abstammung und richtigen Aussprache“.
Sie stellen schon fest, dass wir uns in einem anderen Zeitalter befinden, wo man sich noch gern sehr lange Titel ausgedacht hatte…wahrscheinlich, weil das lesende Publikum damals mehr Muße zum Lesen hatte als das heutige. Das Buch – zumindest die „zweyte, stark vermehrte und verbesserte Ausgabe“, die ich besitze, stammt aus dem Jahr 1811 und wurde in Zürich veröffentlicht. Der Herausgeber hieß Johann Conrad Schweizer (passender Name für einen Schweizer) und war Schul-Inspector und Pfarrer zu Birmenstorf im Kanton Zürich.
Die zwei Bänder haben ca. 900 Seiten. Stellen Sie sich vor: Schon 1811 gab es so viele Fremdwörter!
By the way: Man findet in dem Werk nirgends das heute so beliebtes „okay“ – auch nicht „voilà“. Dafür aber „Ohe! jam satis ist!“, was mit „Oho! es ist schon genug“ übersetzt wird. Heute sagen wir dies nicht mehr. Zumindest nicht in Bayern.
Doch hier noch einige Köstlichkeiten aus besagtem Werk:
Zum Beispiel „Comet“? Heute schreibt man dieses Wort mit „K“, und es ist, wie jeder bestätigen wird, längst zum ehrenwürdigen Bürger der deutschen Sprache geworden. Nebenbei: Wissen Sie, was Deutsche früher sagten, um „Komet“ auszudrücken? Sie redeten vom „Wandelstern“, „Haarstern“, „Schweifstern“. Alles heute, seufz, äußerst selten, bzw., ungebraucht.
Oder dann habe ich in diesem Wörterbuch „Jacht“ entdeckt. Ich habe stets gedacht, das sei mit Sicherheit eine urdeutsche Vokabel. Damals sagte man allerdings „Jacht-Schiff“, womit ein Schiff gemeint war, „welches sehr gut steuert und schnell segelt.“ Hatte damals nichts mit einem Seetransport von Oligarchen zu tun.
Oder wie wäre es mit „Perversität“? Herr Schweizer gibt dieses Wort als Übersetzung für „Verkehrtheit“ an. Schade, dass es heute keine „Verkehrtheit“ mehr gibt.
Andererseits haben auch viele Fremdwörter aus der damaligen Zeit ihr Verfallsdatum erreicht. „Baratterie“, z.B. 1811 sagt man dies für „Betrug“ oder „Unterschleif“ besonders bei der Seehandlung. Aus irgendeinem Grund hat man aber lieber „Betrug“ gesagt. Vielleicht war die Aussprache leichter. Schade aber, dass man gegenwärtig keinen „Unterschleif“ mehr hat.
Wie dem auch sei. Heute möchte ich, der ich selbst ein Fremdwort bin, die frohe Botschaft verkünden, dass die schöne dt. Sprache noch am Leben ist und weiterhin so bleiben wird!
Vielleicht werden Sie diesen Text kurz nach seiner Fertigstellung lesen oder auf ihn erst in ein paar Wochen oder Monate…oder gar Jahre… stoßen.
Egal. Die Gemütsregung, über die hier erörtert wird, die Zukunftsangst, wird es zu jeder Zeit gegeben haben auch in der tiefsten Vergangenheit.
Zum Beispiel Seneca. Wahrscheinlich kennen Sie den Namen. Er lebte von 4 v. Chr. bis 65 n. Chr. und war Schriftsteller und Philosoph. Wenn ich mich nicht täusche, lief in letzter Zeit ein Kinofilm übers Leben Senecas an. Ich habe den Film nicht gesehen. Ich glaube, der Filmemacher wollte mit seinem Film die Idee verbreiten, dass dieser Seneca so einer war, der Wasser predigt und Wein trinkt.
Er mag auch recht haben. Aber so what.
Seneca war nicht nur talentiert als Schriftsteller und Philosoph. Er war auch der Lehrer des Kaisers Nero und ging ein und aus in den kaiserlichen Hof wie Sie vielleicht bei Starbucks. Er hatte auch einen großen Einfluss auf Nero – der übrigens nicht nur Bösewicht war. Denn der komplizierte Nero war einerseits Reformer in Rom und bemühte sich als Kaiser, den althergebrachten Einfluss des Senats (sprich: der „Oligarchen“) zu bändigen; andererseits war er tatsächlich nicht ganz normal im Kopf. Kommt in den besten Familien vor.
Vielleicht deshalb hat sich Seneca während seiner letzten Lebensjahre zunehmend vom kaiserlichen Hof distanziert. Er war sogar Mitverschwörer bei einem Aufbegehren gegen den exzentrischen Nero, was ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Denn Seneca bekam den Befehl: Selbstmord zu begehen oder sich hinrichten zu lassen. Er entschied sich für Ersteres, was damals bei Menschen seines Standes üblich war.
Ich lese gerade ein Alterswerk Senecas: Moralische Briefe (Epistulae Morales). Das sind 124 zum Teil sehr lange Briefe, die der Autor an einen jüngeren Freund, einen Schriftsteller namens Lucilius, geschrieben hat. Die Themen sind bunt: Natürlich geht es meistens um philosophische Fragen. Doch zwischen den Zeilen erlebt man Rom durch Senecas Augen. Er erzählt viel aus dem täglichen Leben. Zum Beispiel, dass er seekrank wird und deshalb nicht mit dem Schiff fahren wollte. Wir erfahren, dass es im Erdgeschoss seines Hauses in Rom ein Fitness-Studio gegeben hat. Er beschreibt, wie es ist einem Konzert beizuwohnen und schildert sogar die blutrünstigen Gladiatorenkämpfe.
Auch die Zukunftsangst war bisweilen sein Thema. Einmal schrieb er: „Unglücklich ist, wer vor der Zukunft Angst hat.“ Ja, er war dagegen. Er war gegen jegliche Angst sogar und begründet dies mit dem Argument, dass man ohnehin über die Zukunft nichts wissen kann. Denn schließlich leben wir in der Gegenwart.
Nebenbei: Seneca war nicht der einzige Schriftsteller der Antike, der sich mit diesem Thema befasst hat.
Wie komme ich dazu, heute, über die Zukunftsangst zu schreiben?
YouTube hat mich auf die Idee gebracht. Ich mag YouTube, wenn es darum geht, Information über ein Lieblingsthema zu sammeln. Ich schaue mir, z.B., Videos über Fotoapparate, Musiktheorie, Mandoline Spielen, Info über elektronische Geräte, wenn ich etwas kaufen will, etc. Manchmal frage ich YouTube, wenn ich einen Tipp suche, wie man Fenster putzt oder Armatur sauber bekommt…usw.
In letzter Zeit stelle ich aber fest, dass YouTube irgendwie anders geworden ist.
Immer mehr finde ich mich mit einem Sammelsurium zeitverschwenderischen Infotainments konfrontiert, wo früher Videos, die meinen Interessen
entsprachen, dargeboten wurden. Die meisten dieser Videos wurden bereits zig Millionen Mal angeklickt. Beispiele: Einer erzählt, wie er fünf Jahre ohne Shampoo überlebt hat; oder will die Frage beantworten, wieso Mao nie Taiwan erobert hatte; oder man erfährt alles, was man wissen (oder nicht wissen) wollte, über die grausame Hinrichtung Robespierre usw. Noch dazu: Überall sind Videos von sog. „Influencern“, Menschen, die einen überzeugen wollen, etwas zu kaufen, und so tun, als wären sie unparteiisch, was sie nicht sind.
Was mich betrifft: Ich finde YouTube allmählich langweilig, und ich frage mich: O je. Wo führt dieser Nonsens hin? TikTok, YouTube, Instagram, Spotify. Die Info-Revolution wird zusehends zu einem Markt für multinationale Firmen. Und so bin ich bei der Zukunftsangst gelandet. In diesem Fall geht es um die Monetisierung der Kreativität.
Umso mehr Werbung in eigener Sache: Ja, auch ich – in Kollaboration mit meinem Sohn und einem Schauspieler aus London – habe ein YouTube Video veröffentlicht. Die gute Nachricht: Er ist kurz, und keine multinationale Firma ist mein Sponsor. Falls Sie Interesse haben, hier der Link:
https://www.youtube.com/watch?v=bHy90oIX6Rc
Nur wenn der „kleiner Mann“ (und die „kleine Frau“) bereit sind, weiter zu kreieren, entsteht etwas jenseits des big business. Machen Sie auch mit! Weg mit der Zukunftsangst! Das hätte auch Seneca bestimmt unterzeichnet.
Über die hässlichste Vokabel in der deutschen Sprache zu schreiben: das habe ich mir vorgenommen. Denn ich weiß, wie sie lautet.
Doch dann geschah es – wie ein Blitzschlag aus dem kollektiven Unterbewusstsein: Ich bin nämlich auf eine Leserzuschrift in der Münchener Abendzeitung gestoßen. Und siehe da: Jemand schien auf der gleichen Schiene zu seinawie ich!
Sie heißt Anneliese Niekamp. Ich kenn sie persönlich nicht und weiß sonst gar nicht über sie außer einer Sache: Wir sind wohl beide Leser der AZ…oder sollte ich lieber „Leser*Innen“ dieser Zeitung sagen?
Nein brauche ich wirklich nicht. Ich glaube, Frau Niekamp würden, sollte sie sich als Teil eines gegenderten Wortes entdecken, die Haare zu Berge stehen. Hier zum Beispiel ein Zitat aus ihrem Leserbrief, der in der Pfingst-Feiertagausgabe dieser Zeitung veröffentlicht wurde:
„Entweder wird gegendert oder nicht. Wenn ich schon mal dabei bin, die Anlieger-Schilder. Ich fühle mich als Frau ausgegrenzt und bitte darum, die Schilder mit „Anlieger*innen neu aufzustellen.“
Ja. So stand es im. „Leserforum“
Hmm. Wäre es eigentlich nicht korrekter – ich meine politisch korrekter – anstatt „Leserforum“ „Lesendeforum“ zu schreiben? Oder falls das zu blöd klingt, vielleicht „Leser*Innenforum“?
Kein Wunder, dass einer manchmal das Gefühl hat, dass die Genderist*Innen nicht wirklich konsequent genug durchgreifen. Eben das ist worüber sich Frau Niekamp beklagte, als sie sich ein Schild vorstellte, worauf „Anlieger*Innen frei“ oder so ähnlich stehen würde.
Aber ich wollte Ihnen heute eigentlich meine Wahl für das hässlichste Wort in der deutschen Sprache vorstellen und wurde dann abgelenkt, weil ich gemeint habe, dass Frau Niekamp über das gleiche Wort schwadroniert hatte wie ich. Das stimmte aber nicht, wie ich nun entdecke.
Jedenfalls: Mein Kandidat in diesem Wettbewerb heißt…“Studierendenschaft“.
Für einen Augenblick habe ich mir eingebildet, dass auch Frau Niekamp dieses Wort auf den Magen ging, aber ich habe mich geirrt. Frau N. hat vielmehr in ihrem Leserbrief („Leser*Innenbrief“?) Folgendes geschrieben:
„Was sind Sie dann nun, Studenten oder Studierende? Studierendenwerk – wie sich das anhört! Komisch, sehr komisch. Und dann die U-Bahn- und Bushaltestelle ‚Studentenstadt‘. Sofort, aber sofort plädiere ich dafür, dass sie ab jetzt ‚Studierendenstadt‘ heißt…“
Amen!
Nun muss ich selber überlegen, ob „Studierendenschaft“ wirklich das hässlichste Wort der deutschen Sprache ist. Vielleicht ist „Studierendenstadt“ ebenso hässlich oder noch mehr so. Bloß: „Studierendenstadt“ ist eine Fantasieschöpfung. „Studierendenschaft“ gibt es tatsächlich.
Oder vielleicht bin ich noch nicht aufs hässlichste Wort in der deutschen Sprache gekommen. Wahrscheinlich könnte man die Kandidatenliste erweitern. All diese Gedanken haben wir der sprachlichen Gleichberechtigung zu verdanken.
Jetzt muss ich also nochmals darüber nachdenken, ob auch andere frische Hässlichkeiten noch hässlicher sind. Arme deutsche Sprache. Sie war einst so schön.
Vielleicht haben auch Sie einen eigenen Lieblingskandidaten, die Sie vorschlagen möchten. Man kann es nie wissen.
Nebenbei: Hoffentlich werde ich von der AZ wegen irgendeiner Urheberrechtsverletzung nicht verklagt. Man weiß es heute nie. Immerhin habe ich die Quelle ordnungsgemäß angegeben.
Wir schreiben das Jahr 1581. Es ist Juli, und wir befinden uns nahe Pisa an der Mittelmeerküste, wohin wir Michel de Montaigne auf einer langen Reise begleitet haben.
Montaigne hatte im vorigen Jahr, d.h., 1580 seine heute berühmten Essays veröffentlicht. „Essay“ bedeutet auf Französisch „Versuch“ und stammt aus dem lateinischen „exagium“, das etwas wie „Erwägung“ bedeutet. Nun ist Montaigne auf Reise.
Genauer gesagt: Er nimmt auf sich die lange Strecke von seiner Kleinstadt namens Montaigne in der Nähe von Bordeaux nach Italien, wo er sich am Heilbad bei Lucca Linderung für seine schmerzhaften Nierenkoliken erhofft. Nebenbei: In seinen Essays pflegte der Leidende stets abschätzig über die Ärzte zu schwadronieren. Doch die Literatur und die Wirklichkeit sind, wie jeder weiß, zwei Paar Schuhe.
Übrigens: Dieses Tagebuch seiner Reise ist ein faszinierendes Werk. Man erfährt, wie es damals im täglichen Leben in Frankreich, Süddeutschland, in der Schweiz und in Italien ausgesehen hat. Kann ich nur empfehlen.
Aber zurück nach Pisa. Wir lassen Montaigne selbst berichten:
„Am zweiundzwanzigsten [Juli] landeten hier in der Nähe drei türkische Korsarenschiffe und entführten fünfzehn bis zwanzig Fischer und arme Schäfer als Gefangene.“
Ende des Zitats und weg waren sie. Die Piratenschiffe stachen auf nimmer wiedersehen wieder in See.
Was wollten diese Piraten von diesen italienischen Fischern und Schäfern? Ganz klar: Diese sollten im osmanischen Reich als Sklaven verkauft werden! Was sonst?
Ich weiß: Dies ist eine längst und gern vergessene Episode in der europäischen Geschichte. Doch fakt ist: Jahrhunderte lange verübten osmanische Freibeuter Menschenraubzüge in Europa. Darüber hat Mozart eine Oper komponiert: Die Entführung aus dem Serail.
Doch keine Sorge: Es waren nicht nur die Osmanen, die aus dem Menschenhandel einen profitablen Sport gemacht haben. Hier noch ein Zitat aus Montaignes Reisebericht:
„Am selben Tag [er meint hier den 14. Juli] flohen in der Nähe meines Hauses einundzwanzig türkische Sklaven aus dem Arsenal und bemächtigten sich eines voll ausgerüsteten Ruderschiffs…“
Das mit der Sklaverei schien damals eine weitverbreite Sitte zu sein. Zur gleichen Zeit waren auch arabische Freibeuter an der sog. „barbarei Küste“ Nordafrikas recht aktiv im Geschäft – und blieben so bis zum 19. Jh!
Ja so waren die Menschen damals: ob Türken, Araber, Europäer – auch übrigens Afrikaner. Trotz alledem bleibt uns am bekanntesten uns allerdings jener ominöse Handel europaseits vor allem der Handel mit Afrikanern, die in die Neue Welt als unfreiwillige Arbeitskräfte verfrachtet wurden. Vergessen Sie aber nicht: Das Wort „Sklave“ bezog sich ursprünglich auf gefangene Slawen, die von Magyaren an Byzantiner verkauft wurden.
Und auch nicht zu vergessen: Schließlich waren es Engländer, die schon Mitte des 18. Jh begannen, dieses Geschäft moralisch in Frage zu stellen, und sogar die ersten Gesetze gegen die Versklavung von Menschen verabschiedeten, was wiederum peu à peu das Ende der Sklaverei in Europa einläutete. In Nordafrika und im osmanischen Reich hat dies etwas länger gedauert, bis man diesen Handel einstellte.
Eigentlich war es ziemlich überraschend, dass auf die Sklaverei verzichtet wurde. Denn sie war seit der Antike in vielen Kulturen eine Selbstverständlichkeit. Vielleicht hat man dank der industriellen Revolution keine Sklaven mehr gebraucht!?
Ende der Geschichte? Nein, eigentlich nicht. Heute, so habe ich gerade eben in den Nachrichten gehört, leben ca. 50 Millionen Erdbürger in der Sklaverei. Schlagen Sie selbst beim Vorsitzenden Google nach. Er weiß alles, und wir werden zusehends zu Sklaven seines Allwissens…
Als ich vor vielen Jahren mit der kalten Sophie in Deutschland ankam, taten die Eisheiligen ihrem schauerlichen Ruf keinen Abbruch. Ja es war wirklich saukalt, grau und oft regnerisch.
Damals waren mir die Eisheilgen aber kein Begriff. Ich war frisch aus Kalifornien aufgetaucht, wo der Mai wirklich ein Wonnemonat ist. Doch das Wetter in dem Sinn ist heute nicht mein Thema.
Wir fangen lieber mit zwei Wörtern an, die im heutigen Deutsch jedem Neuling – wie mir damals – angehalten wird, unterscheiden zu lernen: schwül und schwul.
Ich habe diesen Unterschied in einer gewölbten Kellerkneipe kennengelernt. Dort war ich eines Abends mit meiner damaligen Lebensabschnittspartnerin und ihrer Freundin Dörte.
Meine Lebensabschnittspartnerin war gerade auf dem „Klo“ – auch das damals ein neues Wort für mich. Ich stand da mit Dörte unter einer Wölbung und schaute in die Welt hinein. Die Musik war laut und das Stimmenmeer beinahe unerträglich. Ich glaube nicht, dass man dort tanzte. Das hätte mir lärmmäßig gefehlt.
Dörte war ein liebenswerter Mensch, aber im Grunde hatten wir einander nicht viel zu sagen. Mein bescheidenes Deutsch und ihr bescheidenes Englisch hätten zwar ein Gespräch ermöglicht; dies fand aber nicht statt.
Plötzlich aber wollte ich im Gedränge doch etwas Wichtiges mitteilen: „Ich bin warm“, sagte ich.
Dörte lachte. „Nein, lieber David“ – sie sagte immer „David“ zu mir, weil sie nichts mit dem Namen „PJ“ anfangen konnte. Na ja. Auch daran musste ich mich gewöhnen – „Nein, lieber David. Du willst eigentlich ‚mir ist warm‘ sagen. ‚Ich bin warm‘ hat eine andere Bedeutung, nämlich dass du schwul bist.“
Dieses Wort „schwul“ kannte ich bereits. Meine Lebensabschnittspartnerin arbeitete im Filmgeschäft. Insofern hatte ich keine Schwierigkeiten Dörtes Satz zu verstehen.
Und nun folgte die zweite Belehrung. „Und noch dazu, lieber David. Achte darauf, dass du niemals ‚schwul‘ und ‚schwül‘ durcheinanderbringst. Damit wirst du dir diverse auftretende Peinlichkeiten ersparen.“
Ja. Es war wirklich eine Sprachlektion fürs Leben. Und bis heute denke ich an Dörte, wenn ich diese zwei Wörter – und ebenso das mit „warm“ in den Mund nehme. Fremde sind vor nix gefeit, wenn sie unvorbereitet in der Fremdsprache losplappern.
Gerade heute habe ich wieder an Dörte gedacht, und zwar deshalb, weil ich – endlich – nach etlichen Jahren auf die Idee gekommen bin, diese zwei Wörter, „schwul“ und „schwül“ sprachgeschichtlich zu untersuchen.
Die große Überraschung: Das Wort „schwül“ ist neueren Datums. Meinem Kluge „Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache“ zufolge, wurde diese heute übliche Vokabel „schwül“ durch die Nähe zu „kühl“ beeinflusst. Das heißt: Irgendwo in Deutschland begannen Menschen „schwül“ im Sinne von „heiß und stickig“ zu sagen anstelle der älteren Form, die „schwul“ lautete. Ja, genau. Ich weiß nicht, warum diese Änderung stattgefunden hatte. Vielleicht hatte man bereits damals „schwul“ im Sinne von homosexuell zu gebrauchen begonnen. Kluge sagt dazu nichts.
Fakt ist aber: „Schwul“ bedeutete ursprünglich – schlicht und einfach – „warm“ oder „heiß“ und ist mit „schwelen“ verwandt. Wann Homosexuelle zum ersten Mal als „warme Brüder“ bezeichnet wurden, weiß ich auch leider nicht. Mit Sicherheit hat Vorsitzender Google oder Meisterplapperer Chat-GPT die Antwort gleich parat.
Aber Sie sehen: „schwul“ und „warm“ sind auf beiden Fronten doppeldeutig: im Sinne von homosexuell und auch temperatur- und luftfeuchtigkeitsmäßig.
Vielleicht hätte Dörte mir vor zwei- oder dreihundert Jahren sagen müssen: „Nein, lieber David, ‚mir ist schwul‘, muss du sagen. ‚Ich bin schwul‘ hat bei uns eine andere Bedeutung.“
Seien Sie vorgewarnt: Will man eine Fremdsprache lernen, gerät man leichter in Schwulitäten als man denkt.
Es gibt auf dieser Seite eine Neuigkeit, die Ihnen wahrscheinlich gar nicht aufgefallen ist. Dennoch ist sie – wie man auf Englisch sagt – ein „game changer“, d.h., so etwas wie eine bahnbrechende Neuerung. Manche Leser werden aber mehr davon verstehen und darüber urteilen als ich.
Doch genug des Um-den-heißen-Brei-Redens: Diese Seite steht seit ca. einer Woche unter Naturschutz. Ach, schon wieder ein dummes Wortspiel! Genauer gesagt: Schauen Sie sich die Web-Adresse genau an. Wo früher „http“ zu lesen war, steht nunmehr „https“. Was bedeutet das?
Eigentlich weiß ich nicht ganz genau. Ich vermute aber, dass der Sprachbloggeur nun weniger interessant für Spammer geworden ist oder vielleicht, dass Sie sich jetzt nicht mehr befürchten müssen, dass ein Besuch auf dieser Seite damit enden könnte, dass Ihnen Ihre intimsten Geheimnisse durch dunkle Kräfte und Cyber-Geier verschnabuliert werden könnten.
Auf keinen Fall habe ich jedenfalls vor, Ihnen Dienste und Dinge zu verkaufen, wo ich dann https-mäßig Bezahlinfo von Ihnen verlangen würde. Letztendlich bleibt alles beim Alten – nur, wenn ich’s richtig verstanden habe, halt sicherer.
Außerdem, was sollte ich Ihnen verkaufen? Wörter? Geschichten über Wörter? So etwas bekommt man im WehWehWeh überall kostenlos. Fakt ist: Geschichten über Wörter zu erzählen, macht mich einfach Spaß.
Doch da wir beim Thema Geld und Internet gelandet sind, fällt mir Folgendes ein: Einst war das Internet nicht als Markt konzipiert, sondern als Zauberland der Informationsvermittlung. Können Sie sich noch erinnern? Können Sie sich noch erinnern, dass Sie früher alles, was Ihnen das Internet zu bieten hatte, mühelos haben konnten, und zwar kostenlos? Das galt auch für die nötige Software! Wer kam auf die Idee, Geld auszugeben für Signale aus Licht und manchmal Ton, die man „Information“ nannte?
Klar verlangten Microsoft und Co. schon damals Geld für ihre „Software“, schönes, frisch aus dem Boden gestampftes Wort, das an „Hardware“ erinnern sollte. „Die „Hardware“ waren die Dinge wie Rechner, Maus, Drucker usw., die man kaufen musste. Die „Software“ übersetzte „Bits“ und „Bytes“ in lesbare Information.
Microsoft und Co. haben damals Exorbitantes für „Programme“, wie man sagte, verlangt. Notabene: Das war einst ein neues Wort. Doch im Nu war auch die Rede von „Raubkopien“ (was ebenso eine neue Spracherfindung), die – fast – jeder benutzte, außer man war Profi, d.h., Zahnarzt, Steuerberater, Berufsfotograf usw. Solche Leute mussten (und müssen) tief in die Tasche greifen.
Doch jetzt zurück zu „https“, zu Deutsch „Hypertext Transfer Protocol Secure“, womit die sichere Übertragung von Daten vom Browser zu einer Webseite gemeint ist.
Bitte fragen Sie mich nicht, wie das funktioniert. Ich habe immer noch nicht verstanden, wie das Telefon funktioniert. Nur Folgendes weiß ich zu berichten: Da diese Seite namens Sprachbloggeur „secure“ geworden ist, also „sicher“, sind Sie irgendwie in einer risikofreien Zone gelandet.
Das heißt: Sie können davon ausgehen, dass hier keine digitale Wegelagerer Sie auflauern oder ausspionieren werden.
Und? Geht es Ihnen besser? Spüren Sie die Sicherheit wie eine lauwarme Brise?
Wenn Sie mich fragen: Man soll sich auch über kleine Sachen freuen, und wenn man nicht unbedingt weiß, wozu sie gut sind.
Als ich zwanzig Jahre alt war, überreichte ich die Miete für mein möbliertes Appartement wöchentlich meiner Wirtin. Bei diesen Gelegenheiten stand ich neben dem Käfig, wo ihr Papagei sein Dasein fristete, und plauderte mit der greisen Wirtin (Name vergessen). Einmal steckte ich einen Finger zwischen die Gitterstäbchen, um dem Papagei eine Streicheleinheit zu verpassen. Der Papagei hat gleich – und kräftig – zugebissen. Meine Wirtin lächelte hämisch.
Inzwischen weiß ich, warum der Vogel mich gebissen hat: Er war einsam und wahrscheinlich reichlich frustriert.
Der unspektakuläre Fakt ist: Papageien mögen gern Gesellschaft – am liebsten die von Artgenossen. Ein Mensch kann seinem Papagei nur so viel Zuwendung geben. Uns fehlen aber Federn, Flügel und sonstige Merkmale, die einen Papagei in den siebten Vogelhimmel katapultieren könnten. Für einen Papagei sind andere Papageien sympathischer als jeglicher Mensch. Ist irgendwie logisch.
Doch nun ist es einer Gruppe Wissenschaftlerinnen der Universität von Glasgow und der Northeastern Universität in Boston womöglich gelungen, eine konkrete Abhilfe für einsame Papageien zu verschaffen. Diese Tierforscherinnen haben Papageien die Kunst des Videogesprächs mit Artgenossen beigebracht. Und die Sache scheint wohl zu funktionieren!
18 Testvögel nahmen an diesem Experiment teil.
Als Erstes lernten die Papageien Mitvögel als Bilder auf dem Phone oder dem Tablet – wie bei einem Dating-Service – kennen. Wenn ein Papagei einen sympathischen Artgenossen unter den Fotos entdeckte, wurde der ausgewählte Vogel einfach angerufen. Es folgten dann ein „live“ Gespräch zwischen den zwei Vögeln.
Was heißt Gespräch? Papageien tun das, was Papageien – unter sich – immer tun: Sie kreischen, sie putzen sich in Synchro oder trillern einander Papageienlieder zu usw.
Wie gesagt. Es waren 18 Papageien. Und bald stellte sich heraus, dass die Tiere ihre Präferenzen im Punkto Freundschaft zum Ausdruck brachten. So ist es halt. Man (bzw. vogel) hat immer seine Vorlieben, was die Zuneigung betrifft. Bald wussten die Tiere genau mit welchen Artgenossen, sie „telefonieren“ wollten. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, so zeigten sie aufs Bild des Kumpels – wie eben bei einem Dating-App.
Darüber hinaus: Um den Wissenschaftlerinnen mitzuteilen, dass sie Lust hatten mit einem Artgenossen ein Gespräch zu führen, brachte das kontakthungrige Federvieh eine Glocke zum Bimmeln. Das diente als Zeichen. Und prompt kontaktierte die jeweilige Wissenschaftlerin den erwünschten Gesprächspartner.
Man möchte denken, dass diese Sache irgendwie liebenswürdig oder putzig ist. Ohnehin eine schöne Lösung, um einsame Papageien zu sympathischen Artgenossen zu führen.
Dem ist aber, wenn Sie mich fragen, nicht so. Mich hat diese traurige Geschichte ein wenig an eine Glosse erinnert, die ich im letzten Jahr auf dieser Seite veröffentlicht hatte. Die hieß „Brief eines letzten Überlebenden der Mars Mission“ (http://sprachbloggeur.de/node/837).
Mein sympathischer Raumschiffabenteurer – er heißt Bradley – schreibt an Elon Musk, und zwar mit der freundlichen Bitte, ihn, Bradley, nach Erden zurückzuholen. Ein vergeblicher Wunschtraum wohl, da – so wie wir im Brief erfahren – diese einst anspruchsvolle Mission längst auf Erden als gescheitert gilt. Und welcher Geschäftsmann schmeißt gutes nach schlechtem Geld nach?
Immerhin hat unser Gefangener auf dem Mars die Möglichkeit via „Interskype“ in Kontakt mit der Erde zu bleiben. Ebenso bekommt er Gitarrenunterricht (ohne allerdings die Möglichkeit Duetten zu spielen wegen der Entfernung, die die Signale durchqueren müssen). Bradley schaut sich auch Netflix Serien noch und nöcher an und wird ebenfalls mit Pornografie bei Laune gehalten. Dennoch ist er – wie jeder Papagei im Käfig – alles anders als glücklich.
Doch vielleicht hätte mich der Papagei meiner Wirtin nicht gebissen, wenn es damals einen Video Dating-Service für Papageien gegeben hätte. Etwas ist immer besser als gar nichts. Und wie jeder weiß: Papageien gelten ebenso wie Menschen als sehr intelligent.
Beinahe wollte ich über die künstliche Dummheit schreiben. KD ist zwar im Augenblick vielleicht nicht so bekannt wie KI; ich wage aber zu behaupten, dass sie viel verbreiteter ist als man denkt – Tendenz steigend.
Hier eine persönliche Begegnung: Letzte Woche habe ich auf dieser Seite die Frage gestellt, ob die KI Angst vor dem Tod hatte.
Die Frage ist berechtigt, und ich habe mich direkt an die KI-Programme gewandt und deren Antworten dann veröffentlicht.
Stellen Sie sich vor, was aber ein paar Tage später passiert ist. Offensichtlich hatten diverse Internetbots das Stichwort „KI“ im Titel meiner Glosse registriert, und prompt machten sie den Versuch, diese beliebte Seite namens „Sprachbloggeur“ zu bestürmen. Natürlich vergebens. Heutzutage hat man Schutzmaßnahmen, um solche Angriffe abzuweisen.
Denken Sie an eine Hornochsenherde, die im wilden Getrampel wie Lemminge in den Abgrund stürzen. Denn genau das haben meine KD-Bots getan. Es gab keine Möglichkeit, die Schutzmauer dieser Seite zu knacken, um sie mit Texten über gefälschte Antivirus-Programme, Penisvergrößerer, Pornografie, Phishing, etc. etc. zu verseuchen.
Wissen Sie, wieviel Energie es kostet, diese Bots in Gang zu setzen? Der CO2-Fußabdruck ist mit Sicherheit viel höher als der der ganzen Autoindustrie. Mein Vorschlag: Jedes Mitglied der Letzten Generation sollte sich mit Sekundenkleber an den Rechnerzentren ankleben, wo diese KD-Bots produziert werden.
Mein Administrator Herr P. meinte, als ich über diesen abgewehrten Angriff berichtete, dies wäre ein interessantes Thema für den Sprachbloggeur. Ich lehne das Thema aber ab. Denn heute möchte ich lieber über das Licht berichten. Genauer gesagt über die Geschichte des Fensters.
Neulich fand in München eine beeindruckende Ausstellung in der sog. Antiken Sammlung statt. Sie hieß „Neues Licht aus Pompeji“ und hat ein Thema wahrlich veranschaulicht, worüber ich bisher keinen einzigen Gedanken gemacht habe: über die Beleuchtung der Innenräume in Pompeji.
Möchten Sie wissen, wie es in diesen römischen Räumen ausgesehen hat? Ich kann die Frage mit einem Wort beantworten: düster. Und wissen Sie warum?
Ganz einfach: Weil man damals keine Fenster in den Häuserwänden gebaut hatte. Warum nicht? Weil man Angst vor Räubern hatte!
Das klingt beinahe wie heute, nicht wahr? Wir machen unsere Webseiten so fensterlos wie möglich, weil auch wir Angst vor Räubern – genauer gesagt „Phishern“ etc. – haben.
Eigentlich gab es doch so etwas wie Fenster in manchen Häusern in Pompeji. Sie waren aber winzig klein und ohne Glas, vielleicht groß genug, um einen Menschenarm zu umrunden.
Nebenbei: Fensterglas scheint ca. 60 n.Chr. eine neue – sprich „höchstmoderne“ Erfindung gewesen zu sein. Man nannte diese durchsichtigen Scheiben, die plötzlich der letzte Schrei waren – sie waren allerdings nicht allzu groß – „speculares“ – will heißen „durchschaubare Dinge“. Auch der römische Philosoph Seneca berichtet darüber.
Die Germanen nannten diese Öffnungen etwas wie „ougdura“, d.h. „Augentüre“. Die Angelsachsen und die Nordmenschen hatten ein ähnliches Wort, und noch dazu sagten manche „vindauga“, ein „Auge“ (sprich „lichtempfindlich“) für den Wind.
Zuerst waren sie ohne Glas; später mit.
Diese Fakten versteht die KD nicht. Kann sie nicht verstehen. Die KI wäre hingegen sicherlich in der Lage darüber zu berichten.
Hier nun ein Hoffnungsschimmer: Langfristig gibt es natürlich keine Zukunft für die KD, dafür aber eine lange Vergangenheit.
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