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Die Nilgans, der Mastodon und der Untergang des römischen Reiches (dazu auch Twitter)

Womit soll ich heute aufwarten? Mit der Nilgans? Mit dem Untergang des römischen Kaiserreichs oder mit Mastodon? Mit allen! Wir fangen mit der Nilgans an.

Wissen Sie, was eine Nilgans ist? Ich habe es erst erfahren, als ich neulich zwei vor mir an einem Teich grasen sah. Wikipedia bezeichnet dieses Federvieh als „afrotropischer Entenvogel“, bzw., als Vertreter der Gattung der „Halbgänse“. Die Farbe ist eine Mischung aus hell- und dunkelbraun mit etwas grün. Der Hals ist etwas länger als der einer Ente, erscheint ein bisschen gansartig. Und die Augen sind mit Dunkelorange umkreist, so dass das Tier irgendwie übernächtigt aussieht oder als wäre es vielleicht im Drogenrausch.

Es ist kleiner als eine Gans und ein Tick größer als eine Ente. Aus der Entfernung denkt man an eine kostümierte Möwe.

Was macht ein heutiger Mensch, wenn er eine ihm unbekannten Vogelart – wie z.B. mir die Nilgans – erspäht? Früher hätte er vielleicht einen Ortskündigen gefragt: „Entschuldigung, wissen Sie, was das für ein Vogel ist?“ Oder er hätte auch ein Foto machen können, um später mit dieser Vorlage in einem Buch über Vögel nachzuschlagen.

Heute richtet man das Phone auf das Tier, drückt auf die „Google Lens“-Ikone und zack! Nach ca. eine Sekunde, hat man die Antwort: unzählige Bilder von genau dieser Art Federviehs und dazu auch diverse Texte, die Näheres schildern.

Und genau das habe auch ich gemacht, um die Nilgans zu identifizieren. „Nil“, da der Vogel möglicherweise aus diesem Gebiet stammt, „Gans“, weil das Tier als „Halbgans“ gilt.

Und nun kommen wir nahtlos weiter zu „Mastodon“. Nein, hier spielt „Google Lens“ keine Rolle, vielleicht eher die Google Suchfunktion. Außerdem ist besagter „Mastodon“ kein wirkliches Tier, sondern der Name einer open source Social-Medium-Plattform, die momentan als Ersatz für den digitalen Vogel, „Twitter“ rege gehandelt wird.

Seitdem Egon Musk, der reichste Mensch auf Erden (oder so wird behauptet), „Twitter“ für 44 Milliarden Dollar erworben hat und gleich für Chaos gesorgt hat, flattern diverse Zwitscherer in Richtung „Mastodon“, um dort das Social-Medium-Gespräch fortzufahren.

Obwohl ich nie ein Zwitscherer war – dafür habe ich weder die Zeit noch die Geduld – habe ich mich nun bei Mastodon angemeldet. Allerdings nur, um als „Follower“ eines Londoner Kollegen, der seine Gefolgschaft in die Höhe treiben möchte. Bisher erlebe ich „Mastodon“ als umständlichen Irrgarten voller Geschwätz. Dazu: Ich weiß gar nicht, wieso die Seite „Mastodon“ heißt!

Das ein Vogel „Nilgans“ genannt wird, ist nachvollziehbar. Aber eine Kommunikationsseite „Mastodon“, will sagen: nach einer ausgestorbenen Elefantenart, zu benennen, leuchtet nicht ein. Zumindest mir nicht.

Doch nun habe ich meine Mastodon-Präsenz und bin unter dem Namen „P.J. Blumenthal“ mit der Adresse – was sonst?: @sprachbloggeur! – zu finden. Ich habe diese Seite aber noch nicht eingerichtet, und vielleicht tue ich es nie. Momentan wirkt sie wie eine leere Wohnung, die man gerade bezogen hat. Falls ich sie jemals in Anspruch nehme, werden meine Beiträge teils Englisch teils Deutsch erscheinen. Denn schließlich will ich mit meinem Beitritt meinen Kollegen in London ein bisschen unter den Arm nehmen.

Und was hat der Untergang des römischen Reiches mit all dem zu tun? Wahrscheinlich nichts. In letzter Zeit mache ich mir aber Gedanken über diesen Untergang. Meine kurze Schlussfolgerung lautet: Weil die alten Römer weder Antibiotika noch Internet hatten und von daher nicht in der Lage waren, für Gesundheit und Ordnung zu sorgen. Es gab aber noch einen Grund. Die Römer waren stets dabei, das Imperium zu vergrößern. Damals bedeutete diese Politik: alles, was nicht gerade niet- und nagelfest war, mit nach Hause zu verfrachten. Das römische Reich funktionierte also nach dem Prinzip einer Ameisenkolonie!

Meine Theorie: Hätten die Römer anstatt nur Raffgier im Sinne gehabt, Handel mit den Nachbarn jenseits der bereits etablierten Grenzen getrieben, wäre das römische Reich nie untergegangen, und wir würden noch heute alle Lateinisch sprechen!

Ich müsste darüber nachdenken, was das mit der Nilgans, mit Mastodon und mit Twitter zu tun hat. Sicherlich finde ich eine Verbindung.

Schuldzuweisen auf Englisch

„Blame“. Sprich „bläjm“. Eine hübsche Vokabel aus dem reichen Wort-Schatz (ja Schatz) meiner Muttersprache. Notabene: Es hat nix mit „blamieren“ zu tun. Man kann auf Deutsch einen anderen „blamieren“ im Sinne von „bloßstellen“. Oder man verwendet das Wort reflexiv: „sich blamieren“.

Wer „bloßgestellt“ wird (man macht ihn „bloß“, also „nackt“). Er – oder sie – erleidet eine „Blamage“.

By the way: Wissen Sie woher das Wort „blamieren“, „Blamage“ und Co. stammt? Die Antwort hat mich überrascht. „Blamieren“ ist sprachgeschichtlich mit „Blasphemie“ verwandt. Eine „Blasphemie“ war ursprünglich eine ganz normale Verfemung eines anderen. Will heißen: Man redet hämisch über jemanden.

Das Wort ist griechischen Ursprungs. Erst später wurde die gemeinte Verfemung ausschließlich auf Gott beschränkt.

Die Römer machten aus diesem griechischen Begriff „blaspheme“ das Verb „blasphemare“, und dies wiederum wurde ins Deutsche als „blasphemieren“ und später – wahrscheinlich übers Französische – als „blamieren“ versimplifiziert.

Auch hier das Gesetz der Mundfaulheit am Werk.

Aber zurück zu „blame“. Dieses Wort hat weder mit „Blamage“, „blamieren“ oder gar „Blasphemie zu tun.

„Blame“ wird ausschließlich transitiv verwendet. Das heißt mit einem Objekt. Man hat das Bedürfnis (oder die Lust) jemanden oder etwas zu…“blame“.

Dict.cc, eine Webseite, die den Gebrauch von dicken Sprachwörterbüchern – beinahe – überflüssig macht, bietet die folgenden Übersetzungen für „to blame“: „jdn. beschuldigen“, „vorwerfen“, „tadeln“, „jdn. rügen“, „jdn. verantwortlich machen", „jdm. die Schuld zuschreiben“. Man kann sich auch „selbst die Schuld geben“. „I blame myself“.

Ja, auch das kommt manchmal – wenn auch selten – vor: dass man sich die Schuld gibt. Meistens aber ist es der – oder die – andere.

Und nun ein paar engl. Idioms: Die eine heißt „blame and shame“. Das heißt: Nicht nur ist sie – oder er – für etwas Schreckliches verantwortlich. Noch dazu kann sie – oder er – nur sich selbst Vorwürfe machen und sollte sich deshalb schämen.

Hmm. Wie könnte man „blame and shame“ auf Deutsch ebenso knapp und schlüssig formulieren? Vielleicht haben Sie eine Idee… So etwas wie „Krach und Schmach“ vielleicht?? Nein. Ist nicht dasselbe. Nur vom Klang her.

Doch nun eine besonders schöne und oft verwendete Redewendung: „the blame game“.

„Linguee“ – auch eine sehr nützliche Internet-Nachschlagquelle – übersetzt „blame game“ mit „gegenseitige Schuldzuweisungen“. Vom Sinn her passt dies wie der Faust aufs Gretchen. Nur leider ohne die Sprachmusik.

Vielleicht ein anderes Bild fürs dt. Äquivalent. Z.B.: Man schiebt sich einander etwas in die Schuhe. Auch das ist irgendwie ein Spielchen, ein „game“. Denn wenn man jemandem etwas in die Schuhe schiebt, dann nur deshalb, um ihn – ganz klar – mit „blame“ zu blamieren.

Hoppla! Nun haben wir den Kreis geschlossen. Irgendwie ist es uns doch gelungen, „blame“ und „blamieren“ zu verlinken, wenn auch nicht ganz. Denn durch „blame“ wird ein anderer „bloßgelegt“ – also „blamiert“. Trotzdem handelt es sich bei „blame“ und „blamieren“ um zwei Paar Schuhe, womit wir beim Bild bleiben.

Wenn Sie es mit der Lektüre dieser Glosse bisher geschafft haben, dann werden Sie sich vielleicht fragen: Was soll dieses Traktätchen über Schuldzuweisungen?

Ganz einfach: Es geht um ein Phänomen, das seit Urzeiten Geschichte schreibt. Mit „blame“ und „Blamage“ umfasst man beinahe die ganze Geschichte dieser Welt.

In eigener Sache: Kein Beitrag nächste Woche. Bin schon wieder auf Geheimmission.

„Nazis“ und Schulhof-Politik

Ich war zwölf Jahre alt. Das Nachbarskind wollte sich an mir rächen. Ich war nämlich zugegen, als er seinen Hund, einen Welpen, ziemlich heftig verdroschen hat, weil das Tier sein belegtes Brötchen gefressen hat. Das Tier hat elend gewinselt, und ich habe dem Jungen gesagt, er soll damit aufhören. Diese Rüge hat er mir übelgenommen, und prompt hat er die Freundschaft gekündigt. Kinder bezeichnen sich als „Freunde“, auch wenn sie es nicht sind.

So der Hintergrund. Bald hatte sich das Nachbarkind mit einem anderen Kind „befreundet“. Dieser war älter und größer als ich.

Einmal bin ich auf dem Heimweg den Zweien begegnet. Der Große rempelt mich an. Und dann passiert es.

„He! Warum hast du mich angerempelt?“ sagt er.

„Ich? Ich hab dich nicht angerempelt. Du mich.“

„Lügner! Du hast mich angerempelt.“

Nun war mir klar. Er will Ärger. Er ist aber größer und stärker als ich. Erster Impuls: Ich gehe einfach weiter. Fehlanzeige. Er folgt mir und tritt mich in den Hintern. Ich gehe trotzdem weiter. Wieder das gleiche. Und wieder einmal.

Dann wird’s mir zu viel. Ich erreiche mein Limit. Er hebt das Bein, um mich nochmals zu treten. Stracks packe ich ihn ans Bein, ziehe jäh nach oben. Er dreht sich in der Luft wie eine Windmühle und fällt prompt auf die Nase. Ich bin zufrieden, doch ich mach mich schleunigst aus dem Staub, auch wenn er noch da liegt. Ich denke: Er könnte wieder aufstehen. Derweil hole ich meinen Bruder, der älter und stärker ist als ich und der andere.

Wenn wir ihn einholen, hat er sich wieder aufgerafft. Sogleich packt ihn mein Bruder am Kragen und droht ihm Schläge, wenn er ja wieder wagen solle, seinen kleinen Bruder zu ärgern. Brav nickt der Rüpel. Und siehe da. Ab dann macht er stets um mich einen Bogen.

An diese Geschichte habe ich neulich gedacht, nachdem ich ein Interview mit dem russischen General Surowikin gehört habe.

Surowikin ist, falls Ihnen der Name nicht geläufig ist, der Raufbold, der in Aleppo und – wenn ich mich nicht täusche – in Afghanistan für Grausamkeit und Verwüstung gesorgt hat. Er soll jetzt das Los der russischen Armee bei der sog. „militärischen Spezialoperation“ zum Positiven umpolen.

In jedem zweiten Satz, den der General sprach, ging es um die „Nazis“, die in der Ukraine bekämpft werden. Putin spricht seit Anfang des Krieges ähnlich.

Der Grund für diese Rhetorik ist offensichtlich: Der Geist eines anderen Zeitalters, als man gegen echte Nazis gekämpft hatte, sollte – zumindest in der Fantasie – wieder ins Leben gerufen werden, um den jetzigen sinnlosen Krieg zu rechtfertigen. Mit anderen Worten: Man tut so, als gäbe es einen rationalen Grund für diesen Krieg.

Denn was bedeutet „Nazi“ in diesem Zusammenhang außer „Feind“. In diesem Fall jedoch wird das Opfer zum Täter verwandelt in der Hoffnung, man wird vergessen, wer der wahre Aggressor ist.

Und so komme ich auf den Jungen zurück, der behauptet hat, ich rempele ihn an, wenn es in Wirklichkeit umgekehrt war.

Kann es sein, dass das, was momentan in der Ukraine abspielt, Schulhof-Politik ist? Wird der Raufbold auf die Nase fallen? Man kann’s nur hoffen. In diesem Schulhof werden aber erst abertausende Menschen sterben oder vor der Ruine ihres Lebens stehen müssen. Und all dies, weil ein Junge auf seinen Hund, der ein Brötchen gefressen hat, gedroschen hat und dann gemaßregelt wurde.

„Promi“ sein

Möchten Sie berühmt sein? Mittelpunkt des Interesses von Ihnen fremden Menschen? Ein Name sein, den jeder kennt…wie Lady Gaga, Thomas Gottschalk, Vladimir Putin?

Ich war jedenfalls schon da, und zwar einige Male, bin also in der Lage, Sie über dieses Thema zu beraten. Hier ein paar Beispiele aus meiner Karriere als bisweilen berühmter Mensch.

Zuerst ein unverdienter Moment der Aufmerksamkeit…

Ich bin auf dem Radl in der Münchener Maxvorstadt unterwegs, und zwar auf der Ludwigstraße, falls Sie München kennen. Rechts von mir an der Ampel hält ein Wagen. Ein Mann – ein gestandenes Mannsbild könnte man sagen – schaut mich staunend an. Ich habe das Gefühl, er wird gleich ohnmächtig werden. Seine Lippen zittern, und er sagt: „Ach du lieber, Paul Breitner neben mir auf dem Rad!“ Entschuldigung, liebe Lesende. Nun hab ich vergessen. Hat er „Paul Breitner“ oder „Gerd Müller“ gesagt? Fakt ist: Breitner, Müller und Blumenthal hatten damals alle drei dunkle Locken.

Wie dem auch sei. Das gestandene Mannsbild im Auto ist in dem Augenblick ziemlich durch den Wind. „Nein, so heiß ich nicht“, antworte ich mit erkennbarem amerikanischem Akzent. Fakt ist: Mir dem Frischling in München waren damals die Namen P.B. und G.M. unbekannt.

„Ach so“, sagt mein Gesprächspartner. „Da ist aber eine Ähnlichkeit.“ Nach ein paar Sekunden fahren wir beide weiter auf unsere jeweiligen Abenteuerreisen durch das Leben. Soweit ich weiß, sind wir uns nie wieder begegnet.

„Promi“ sagt man auf Deutsch für jemanden, der allgemein bekannt ist und über den man in der Zeitung lustvoll (oder hämisch) schreibt. Kurz für „Prominent“, ein Wort, das wörtlich „hervorragend“ bedeutet – „hervorragend“ im wörtlichen Sinn – wie wenn, z.B., ein Vorbau hervor-ragt.

Prominente Menschen gibt es auch auf Englisch. Allerdings wird diese Vokabel im Sinn von „bekannt“ benutzt. Ein Naturwissenschaftler, ein Chemiker, ein Autor und auch Räuber*Innen können „prominent“ sein.

Gleichbedeutend mit „Promi“ ist das englische „celebrity“. Ein „celebrity“ ist, genau genommen, jemand, den man „zelebriert“, jemand quasi, der gefeiert wird. Das war jedenfalls die ursprüngliche Bedeutung dieses Wortes. Heute hat es den gleichen Sinn wie „Promi“. Oft sind „Promis“ eine billige Abwandlung dessen, was man einst unter „gefeierten Menschen“ verstand.

Aber halt. Eigentlich wollte ich über einige meiner Erfahrungen mit dem Promi-Leben berichten:

Das erste Mal war ich vielleicht 19 Jahre alt. Ich habe an einem Lyrikabend in der alten Heimat in New York teilgenommen. Der Saal war voll, und ich habe meine Lyrik vorgetragen. Am Schluss sprach mich eine junge Frau an – ich denke sie war etwas älter als ich – und wollte von mir wissen, wie ich es geschafft hatte, ein bekannter Lyriker zu werden. Ich war aber kein bekannter Lyriker. Meine Fangemeinschaft bestand damals aus einem einzigen Menschen: dieser Frau.

Mir war die Sache jedenfalls peinlich, und ich wollte so schnell wie möglich die Flucht ergreifen. So ist mein Empfinden immer, wenn ich berühmt bin.

Noch ein Beispiel. 1998 kehrten wir, d.h., ich mit Familie, nach München zurück nach einem vierjährigen Aufenthalt in den USA. Ich habe in dieser Anfangszeit einen Text für die Münchener Abendzeitung über meine Eindrücke als Rückkehrer geschrieben. Der Artikel wurde mit einem Foto von mir geschmückt. Wahrscheinlich wurde der Text eifrig gelesen. Er war jedenfalls recht unterhaltsam geschrieben. Mit dem Resultat, dass ich tagelang beim Einkaufen von fremden Menschen angesprochen wurde, weil sie meinen Artikel gelesen und mich durch das Foto wiedererkannt hatten.

Was soll dies?, habe ich gedacht. Wir kennen uns nicht, und ich wollte mich schleunigst verstecken. Natürlich antwortete ich immer höflich. Zum Glück war der Spuk nach ein paar Tagen wieder vorbei.

Noch ein Ereignis. Nachdem mein Sachbuch, „Kaspar Hausers Geschwister – auf der Suche nach dem wilden Menschen“, 2003 zum ersten Mal erschienen war, war ich einmal in einer großen Münchener Buchhandlung. Eine Frau – oder war es ein Mann? – erkannte mich – offensichtlich durch das Autorenfoto. Denn Sie (oder er) hatte ein Exemplar meines Buches in der Hand und bat mich um ein Autogramm. Klar habe ich eingewilligt. Der Verlust meiner Anonymität machte mir aber wie immer Angst. Ich fühlte mich plötzlich sehr verwundbar.

Na ja. Diese nur ein paar Anekdoten. Denken Sie gut darüber nach, falls Sie auf einmal Lust verspüren, eine Berühmtheit zu werden. Fakt ist: Jede Zielscheibe hat einen Mittelpunkt.

Gute Laune schlechte Laune

Heute habe ich schlechte Laune. Dazu habe ich gute Gründe.

Der erste: Nachdem ich meine Zeitung am Kiosk bezahlt hatte, wollte ich über die Straße, um dann in die Apotheke zu gehen. Um dies zu bewerkstelligen, musste ich zuerst den Fahrradweg, der auf dem Bürgersteig ist, kreuzen.

Die Ampel stand auf Grün. Als ich den zwei Meter entfernten Fahrradweg annäherte, schnitt mir plötzlich ein Radler den Weg und bremste direkt vor mir. Er meinte wohl, dass er an dieser Stelle stehen musste, weil für ihn die Ampel rot war. Eigentlich hätte er problemlos ein bisschen weiter fahren oder erst warten können, bis ich über den Fahrradweg zur Straße gegangen wäre. Aber nein. Er blockierte meinen Weg.

„Sie blockieren mir den Weg“, sagte ich.

„Ich stehe auf dem Fahrradweg“, antwortete er.

„Aber trotzdem. Sie blockieren mir den Weg.“

„Ich stehe auf dem Fahrradweg“, wiederholte er.

Es war mir klar, dass dieser Mensch, er dürfte ca. 40 gewesen sein, meinen Einwand nicht verstehen wollte.

Es gibt solche Tage, und es gibt solche Menschen. Man möchte aber in einer solchen Situation, wenn möglich, wenigstens für Klarheit sorgen. Ich war aber sicher, dass dies mir nicht gelingen würde. Zu dumpf sein Blick. Es blieb mir nichts anderes übrig. „Ich verstehe“, sagte ich. „Sie möchten das Klima retten…auf meine Kosten.“

Doch nun hatte ich rot und er grün. Er trat in die Pedale und weg war er. Ich musste auf grün warten.

Leider keine schlagfertige Retourkutsche meinerseits. Eins war jedenfalls sicher: Nun hatte ich schlechte Laune.

Der zweite: Post von ARD/ZDF. Ich fand sie, als ich nach obigem Ereignis zuhause war und las: Ich habe es versäumt, meine Rechnung rechtzeitig zu bezahlen, hieß es. Nun müsse ich den Betrag zuzüglich acht Euro Säumniszuschlag überweisen. Wie bitte? dachte ich. Prompt schaute ich in meine Kontoabzüge und stellte fest, dass ich am Ende Juni meine Rechnung bezahlt hatte und dass seitdem keine Rechnung mehr ins Haus geflattert war.

Was machte ich? Ich rief den Kundendienst von ARD/ZDF an (20 Cent pro Anruf) und wollte wissen, warum ich keine Rechnung mehr bekommen habe. Verlorengegangen? Die Post ist, wie jeder weiß, nicht mehr ganz so zuverlässig wie früher.

„Nein. Man bekommt keine Rechnungen mehr“, sagte die unbarmherzige Stimme am anderen Ende der Leitung. „Den neuen Bestimmungen zufolge sind Sie verpflichtet, im Alleingang und ohne Rechnung, über Ihre Gebühren fürs Fernsehen zu kümmern.“

Nun fiel mir ein, dass ich tatsächlich ein solches Schreiben von ARD/ZDF erhalten hatte.

„Wer denkt an so was?“ fragte ich. „Ein dummes System.“

„Ihre nächste Rechnung ist am 15. November fällig. Das sollen Sie sich merken.“

„Ein dummes System“, sagte ich wieder, „und jetzt will ich meinen Vertrag kündigen.“

„Dürfen Sie nicht.“

„Noch dummer.“

„Das ist irrelevant.“

„Nein. Ihr System ist irrelevant.“

usw.

Jetzt hatte ich wirklich schlechte Laune. Schlechte Laune? Was ist das?
Wissen Sie, woher das Wort „Laune“ kommt? Vielleicht nicht. Es ist eine altdeutsche Version des lateinischen „luna“, sprich: „“Mond“, und wurde im deutschen Mittelalter in der Astrologie verwendet. Luna? Schon seit ewigen Zeiten glauben viele Menschen, dass die monatlichen Phasen des Mondes, irgendwie eine Art Messlatte für wechselnden Stimmungen darstellen, was erklären soll, dass Menschen mal schlechte – mal gute – Laune haben können.

Ich hatte jedenfalls an diesem Tag schlechte Laune und mit gutem Grund. Aber nun habe mich ein bisschen ausgetobt. Künftig muss ich mir merken, dass mit Klimarettern und öffentlichen Fernsehanstalten nicht zu spaßen ist.

Gute Laune schlechte Laune

Heute habe ich schlechte Laune. Dazu habe ich gute Gründe.

Der erste: Nachdem ich meine Zeitung am Kiosk bezahlt hatte, wollte ich über die Straße, um dann in die Apotheke zu gehen. Um dies zu bewerkstelligen, musste ich zuerst den Fahrradweg, der auf dem Bürgersteig ist, kreuzen.

Die Ampel stand auf Grün. Als ich den zwei Meter entfernten Fahrradweg annäherte, schnitt mir plötzlich ein Radler den Weg und bremste direkt vor mir. Er meinte wohl, dass er an dieser Stelle stehen musste, weil für ihn die Ampel rot war. Eigentlich hätte er problemlos ein bisschen weiter fahren oder erst warten können, bis ich über den Fahrradweg zur Straße gegangen wäre. Aber nein. Er blockierte meinen Weg.

„Sie blockieren mir den Weg“, sagte ich.

„Ich stehe auf dem Fahrradweg“, antwortete er.

„Aber trotzdem. Sie blockieren mir den Weg.“

„Ich stehe auf dem Fahrradweg“, wiederholte er.

Es war mir klar, dass dieser Mensch, er dürfte ca. 40 gewesen sein, meinen Einwand nicht verstehen wollte.

Es gibt solche Tage, und es gibt solche Menschen. Man möchte aber in einer solchen Situation, wenn möglich, wenigstens für Klarheit sorgen. Ich war aber sicher, dass dies mir nicht gelingen würde. Zu dumpf sein Blick. Es blieb mir nichts anderes übrig. „Ich verstehe“, sagte ich. „Sie möchten das Klima retten…auf meine Kosten.“

Doch nun hatte ich rot und er grün. Er trat in die Pedale und weg war er. Ich musste auf grün warten.

Leider keine schlagfertige Retourkutsche meinerseits. Eins war jedenfalls sicher: Nun hatte ich schlechte Laune.

Der zweite: Post von ARD/ZDF. Ich fand sie, als ich nach obigem Ereignis zuhause war und las: Ich habe es versäumt, meine Rechnung rechtzeitig zu bezahlen, hieß es. Nun müsse ich den Betrag zuzüglich acht Euro Säumniszuschlag überweisen. Wie bitte? dachte ich. Prompt schaute ich in meine Kontoabzüge und stellte fest, dass ich am Ende Juni meine Rechnung bezahlt hatte und dass seitdem keine Rechnung mehr ins Haus geflattert war.

Was machte ich? Ich rief den Kundendienst von ARD/ZDF an (20 Cent pro Anruf) und wollte wissen, warum ich keine Rechnung mehr bekommen habe. Verlorengegangen? Die Post ist, wie jeder weiß, nicht mehr ganz so zuverlässig wie früher.

„Nein. Man bekommt keine Rechnungen mehr“, sagte die unbarmherzige Stimme am anderen Ende der Leitung. „Den neuen Bestimmungen zufolge sind Sie verpflichtet, im Alleingang und ohne Rechnung, über Ihre Gebühren fürs Fernsehen zu kümmern.“

Nun fiel mir ein, dass ich tatsächlich ein solches Schreiben von ARD/ZDF erhalten hatte.

„Wer denkt an so was?“ fragte ich. „Ein dummes System.“

„Ihre nächste Rechnung ist am 15. November fällig. Das sollen Sie sich merken.“

„Ein dummes System“, sagte ich wieder, „und jetzt will ich meinen Vertrag kündigen.“

„Dürfen Sie nicht.“

„Noch dummer.“

„Das ist irrelevant.“

„Nein. Ihr System ist irrelevant.“

usw.

Jetzt hatte ich wirklich schlechte Laune. Schlechte Laune? Was ist das?
Wissen Sie, woher das Wort „Laune“ kommt? Vielleicht nicht. Es ist eine altdeutsche Version des lateinischen „luna“, sprich: „“Mond“, und wurde im deutschen Mittelalter in der Astrologie verwendet. Luna? Schon seit ewigen Zeiten glauben viele Menschen, dass die monatlichen Phasen des Mondes, irgendwie eine Art Messlatte für wechselnden Stimmungen darstellen, was erklären soll, dass Menschen mal schlechte – mal gute – Laune haben können.

Ich hatte jedenfalls an diesem Tag schlechte Laune und mit gutem Grund. Aber nun habe mich ein bisschen ausgetobt. Künftig muss ich mir merken, dass mit Klimarettern und öffentlichen Fernsehanstalten nicht zu spaßen ist.

„Kaiser“, „Karl“, „König“ und das Gesetz der Mundfaulheit

Freund Karl ist vor sechs Jahren gestorben und fehlt sehr. Und zwar deshalb: Erstens, weil er ein guter Kumpel war und zweitens, weil er über ein unvorstellbar breites Wissen verfügte.

Ich denke, er hätte bestimmt gewusst, was das tschechische Wort für „König“ für eine Bewandtnis hat.

Das tschechische Wort für „König“ lautet nämlich „Kral“ und ist mit dem Namen „Karl“ verwandt. Doch warum?

Vor vielen Jahren habe ich gelesen, dass die Alttschechen ihre Könige nach Karl dem Großen (Tschechisch: Karel Veliký) nannten. Aus „Karel“ wurde dann „Kral“.
Soweit ich weiß, ist diese Theorie umstritten, aber so what.

Falls es aber doch stimmt, wäre es nicht das erste Mal, dass ein Privatname zum Begriff fürs Staatsoberhaupt eines Landes oder Volkes umdisponiert wurde.

„Kaiser“, zum Beispiel. Diese Vokabel ist vom Namen „Caesar“ hergeleitet – wie in „Gaius Julius Caesar“, der 44 v. Chr. im römischen Senat von seinen Feinden umgebracht wurde, weil sie ihn für übermäßig machthungrig hielten. Es folgte ein langer, blutiger Bürgerkrieg, und am Schluss siegte ein Neffe Julius Caesars namens Octavian.

Er benutzte den Namen seines berühmten Verwandten, um die eigene Legitimität zu betonen. Man nannte ihn Augustus Caesar. Bald wurde der Gebrauch des Nachnamens „Caesar“ für die Nachfolger des Augustus gang und gebe, bis dieser Name „Caesar“ kein Familienname mehr war, sondern als Synonym für das lateinische „Imperator“ diente.

Nebenbei: Julius Caesar wird im heutigen Deutsch „zäsar“ genannt. Im Lateinischen des Vatikans heißt er „tschäsar“. Damit wissen wir, dass die Aussprache dieses Namens im Wandel begriffen war. Zu Lebzeit hieß er aber „Julius Keisar“ oder vielleicht „Keissar“.

Und dann kamen die Germanen, die bald im römischen Kaiserreich den Ton angaben. Auch sie nannten den „Imperator“ ein „Kaiser“, obwohl sie in ihrer Sprache ein eigenes Wort für „Oberhaupt“ hatten: „König“, was so etwas wie „aus einem adligen Geblüt“ bedeutete. „Kaiser“ klang für sie aber wie etwas mehr als „König“.

Auch der Germane Karl wurde zum „Kaiser“ gekrönt.

Der letzte dt. Kaiser dankte vor ca. 100 Jahren ab und starb im Exil.

Szenenwechsel: nach Russland. Als die Altrussen in Berührung mit dem „Heiligen römischen Reich deutscher Nation“ kamen, lernten auch sie das Wort „Kaiser“ als Bezeichnung für einen mächtigen Herrscher kennen, und bald nannten sich auch ihre Oberführer „Kaiser“.

Es gibt aber ein Sprachgesetz, das ich mal vom oben erwähnten Freund Karl gelernt habe. Es heißt „das Gesetz der Mundfaulheit“. „Kaiser“ war für die alten Russen wohl ein zu langes Wort. Sie machten daraus“ ein „Ksar“. Irgendwann ist der „Ksar“ dann zum „Tsar“ geworden. Der letzte Zar wurde 1917 in den einstweiligen Ruhestand geschickt, um später hingerichtet zu werden.

Dennoch: Der „Zar“ ist nie ganz aus der russischen Sprache verschwunden. Wenn ein Russe heute Gott anbetet, sagt er manchmal, „Gott o König“. Auf Russisch heißt das „Bog Zar“.

Und nun wissen Sie es: Karl der Große und Julius Caesar wurden beide zu Namensstiftern eines Amtes, dass einem nicht nur Macht beschert, sondern mitunter auch große Probleme.

Freund Karl wurde nie zum Kral, dafür war er aber ein netter Kerl. Denn „Karl“ ist auch mit „Kerl“ verwandt. Karl war nett, ein Kral muss nicht unbedingt ein guter Kerl sein.

Ein anderes Mal wenden wir uns der Königin zu.

In eigener Sache: Nächste Woche keine Glosse. Bin auf Geheimmission.

Schauspieler*Innen oder actors?

Welches ist das hässlichste Wort der deutschen Sprache?

Falls Sie sich überfragt fühlen, bin ich gern bereit, meinen preisverdächtigen Vorschlag zu machen: „Studierendenschaft“.

Oder ich stelle die Frage anders. Welches Wort finden Sie schöner: das altmodische „Studentenschaft“ (igittigitt! Baba!) oder das nagelneue „Studierendenschaft“ (endlich Gleichberechtigung!)?

Gern würde ich jetzt auf dieser Seite einen Stimmzettel zur Verfügung stellen, damit Sie ohne Umstände entscheiden und abstimmen könnten! Leider weiß ich nicht, wie das technisch geht. Würde ich einen Twitterauftritt haben, wäre dies vielleicht einfacher. Sie könnten sogleich zurücktweeten und Ihre Meinung kundtun.

„Ja, aber, Herr Sprachbloggeur“, sagen Sie vielleicht. „Wie würden Sie die geschlechtliche Gleichheit auf sprachlicher Ebene handhaben? Oder denken Sie, dass „Student*Innenschaft“ schön klingt?“

Natürlich müsste ich meinem imaginären Sprachpartner recht geben. „Student*Innenschaft“ ist – zumindest nach meiner Auffassung – nicht schöner als „Studierendenschaft“.

Worum geht es hier? Man will mittels der Sprache zum Ausdruck bringen, dass Männlein und Weiblein gleichwertig sind. „Student“, Mehrzahl „Studenten“ ist in der deutschen Sprache de facto ein männliches Wort. Das scheint momentan manchen zu irritieren.

Das mit dem Gender ist freilich kein deutsches Sprachproblem. In vielen – zumindest – europäischen Sprachen, ist in jüngster Zeit eine gewisse Empfindlichkeit diesbezüglich entstanden.

Neulich habe ich eine Rede von E. Macron gehört. Der hat sich am Anfang seiner Darstellulng an „chacun“ und „chacune“ („jeden“ und „jede“) seiner Zuhörer (dt. „Zuhörender“) gewandt. Früher hätte er aus sprachökonomischen Gründen lediglich „chacun“ angesprochen.

Doch nun eine andere Frage: Wie sagt man auf Englisch „Schauspieler“? Das weiß jeder: „actor“!

Und wieder eine Frage: Wie sagt man auf Englisch „Schauspielerin“? Das weiß (fast) jeder ebenfalls: „actress“. Leider ist die Antwort falsch.

Haben Sie gewusst, dass das englische Wort „actress“ immer mehr im sprachlichen Giftschrank verschwindet? Ja. So ist es. Denn man – genauer gesagt „frau“ – hält die weibliche Form des Wortes für ausgesprochen diskriminierend. Auch Frauen möchten als „actors“ gelten! Warum nur die Männer? So heißt es.

Dieser Protest gegen eine eigene als diskriminierend empfundene weibliche Form des Hauptwortes begann in den 1970er und 1980er Jahren als Auswuchs der Frauenbewegung. Inzwischen gilt „actress“ in der anglosächsischen Welt als no no!

Bedenken Sie: Das wäre, als würden deutsche Frauen Wortformen wie „Studentin“, „Schauspielerin“ und noch einige zehntausende mehr mit der Endung „-in“ als diskriminierend erachten!

Verkehrte Welt, oder?

Ist es also diskriminierend in einer Sprache zwischen Mann und Frau zu differenzieren, oder ist es diskriminierend, zwischen Mann und Frau nicht zu differenzieren? Na? Wagt jemand dies zu beantworten? Es gibt auch Sprachen – zum Beispiel Ungarisch und Türkisch –, die gar kein Pronomen kennen, wie „er“ und „sie“. Ein Pronomen gilt für beide Geschlechter. Ist das gut oder schlecht? Herrscht mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern in der Türkei und in Ungarn? Oder weniger?

Die gute Nachricht: Irgendwann mal wird diese Verwirrung verschwinden. Meine innigste Hoffnung: Dass das Wort „Studierendenschaft“ u.v.a.m. eines Tages als Sprachphänomen in die Geschichtsbücher verschwindet.

Schauspieler*Innen oder actors?

Welches ist das hässlichste Wort der deutschen Sprache?

Falls Sie sich überfragt fühlen, bin ich gern bereit, meinen preisverdächtigen Vorschlag zu machen: „Studierendenschaft“.

Oder ich stelle die Frage anders. Welches Wort finden Sie schöner: das altmodische „Studentenschaft“ (igittigitt! Baba!) oder das nagelneue „Studierendenschaft“ (endlich Gleichberechtigung!)?

Gern würde ich jetzt auf dieser Seite einen Stimmzettel zur Verfügung stellen, damit Sie ohne Umstände entscheiden und abstimmen könnten! Leider weiß ich nicht, wie das technisch geht. Würde ich einen Twitterauftritt haben, wäre dies vielleicht einfacher. Sie könnten sogleich zurücktweeten und Ihre Meinung kundtun.

„Ja, aber, Herr Sprachbloggeur“, sagen Sie vielleicht. „Wie würden Sie die geschlechtliche Gleichheit auf sprachlicher Ebene handhaben? Oder denken Sie, dass „Student*Innenschaft“ schön klingt?“

Natürlich müsste ich meinem imaginären Sprachpartner recht geben. „Student*Innenschaft“ ist – zumindest nach meiner Auffassung – nicht schöner als „Studierendenschaft“.

Worum geht es hier? Man will mittels der Sprache zum Ausdruck bringen, dass Männlein und Weiblein gleichwertig sind. „Student“, Mehrzahl „Studenten“ ist in der deutschen Sprache de facto ein männliches Wort. Das scheint momentan manchen zu irritieren.

Das mit dem Gender ist freilich kein deutsches Sprachproblem. In vielen – zumindest – europäischen Sprachen, ist in jüngster Zeit eine gewisse Empfindlichkeit diesbezüglich entstanden.

Neulich habe ich eine Rede von E. Macron gehört. Der hat sich am Anfang seiner Darstellulng an „chacun“ und „chacune“ („jeden“ und „jede“) seiner Zuhörer (dt. „Zuhörender“) gewandt. Früher hätte er aus sprachökonomischen Gründen lediglich „chacun“ angesprochen.

Doch nun eine andere Frage: Wie sagt man auf Englisch „Schauspieler“? Das weiß jeder: „actor“!

Und wieder eine Frage: Wie sagt man auf Englisch „Schauspielerin“? Das weiß (fast) jeder ebenfalls: „actress“. Leider ist die Antwort falsch.

Haben Sie gewusst, dass das englische Wort „actress“ immer mehr im sprachlichen Giftschrank verschwindet? Ja. So ist es. Denn man – genauer gesagt „frau“ – hält die weibliche Form des Wortes für ausgesprochen diskriminierend. Auch Frauen möchten als „actors“ gelten! Warum nur die Männer? So heißt es.

Dieser Protest gegen eine eigene als diskriminierend empfundene weibliche Form des Hauptwortes begann in den 1970er und 1980er Jahren als Auswuchs der Frauenbewegung. Inzwischen gilt „actress“ in der anglosächsischen Welt als no no!

Bedenken Sie: Das wäre, als würden deutsche Frauen Wortformen wie „Studentin“, „Schauspielerin“ und noch einige zehntausende mehr mit der Endung „-in“ als diskriminierend erachten!

Verkehrte Welt, oder?

Ist es also diskriminierend in einer Sprache zwischen Mann und Frau zu differenzieren, oder ist es diskriminierend, zwischen Mann und Frau nicht zu differenzieren? Na? Wagt jemand dies zu beantworten? Es gibt auch Sprachen – zum Beispiel Ungarisch und Türkisch –, die gar kein Pronomen kennen, wie „er“ und „sie“. Ein Pronomen gilt für beide Geschlechter. Ist das gut oder schlecht? Herrscht mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern in der Türkei und in Ungarn? Oder weniger?

Die gute Nachricht: Irgendwann mal wird diese Verwirrung verschwinden. Meine innigste Hoffnung: Dass das Wort „Studierendenschaft“ u.v.a.m. eines Tages als Sprachphänomen in die Geschichtsbücher verschwindet.

Alles was Sie immer über „Nylon“ wissen wollten

Woher kommt das Wort “Nylon”? Weiß es jemand?

Zugegeben: Es gibt momentan wichtigere Themen als dieses. Doch lassen wir solche heute – ausnahmsweise – beiseite und wenden wir uns dem „Nylon“ zu.

Erst letzte Woche wurde ich aufs Nylon (hier gehört eigentlich eine Copyright-Ikone, d.h., ein eingekreistes „R“; auf der Schnelle, weiß ich nicht, wie man das macht) aufmerksam, und zwar durch Freund M.

„Hast du gewusst“, sagte er zu mir, „dass das Wort ‚Nylon‘ eine Zusammensetzung aus „NY“ für New York und „LON“, für London ist?!“

Nein, ich hatte es nicht gewusst, und ich war überrascht, dies zu erfahren. Daraufhin habe ich die Vokabel „Nylon“ auf einen Briefumschlag, der zufällig auf meinem Schreibtisch lag – vielleicht war es eine Rechnung – gekritzelt mit dem Gedanken im Hinterkopf, diese Woche vielleicht darüber zu schreiben.

Aber dann wurde ich vom Zeitgeschehen überrumpelt.

Fakt ist: Als M. mir diese Info über „Nylon“ mitgeteilt hatte, lebte die Queen noch, und die Russen saßen noch immer fest in den Dörfern um Charkiw.

Auf einmal zack! Die Queen war tot (bzw. „verstorben“) und die Russen haben sich vom Gebiet um Charkiw zurückgezogen (bzw.: „sie sind abgehauen“).

Sowohl die Queen wie auch die russische Besetzung vom Gebiet um Charkiw sind beide inzwischen – wie man sagt – „Geschichte“, also aus der Zeit gerissen, haben sozusagen ausgedient. Notabene. Die dt. Vokabel „Geschichte“ ist mit „geschehen“ verwandt. Es ist also, könnte man sagen, um sie (Queen u. russische Truppen) „geschehen“.

Übrigens: Vor langer Zeit habe ich über den Gebrauch des dt. Wortes „Geschichte“, im Sinne von „vorbei“ oder „vorüber“, geschrieben. Kann man googeln. Kurz gesagt: Dieses neudeutsche Wort wurde direkt aus dem neuenglischen „history“ ins Deutsche übernommen. „Oh, he’s history“, will heißen: es ist mit ihm vorbei.

Ich weiß nicht mehr, wieso „history“ im neuen Sinn zum Idiom wurde. Es wäre aber easy, der Frage im WehWehWeh nachzugehen.

Doch zurück zu „Nylon“. Hat Freund M. recht? Haben die Erfinder dieser beliebten chemischen Textilienfaser, der eigentlich „Polyamid“ heißt, den Spitznamen „New York London“, also „Nylon“ gegeben?

Die Antwort lautet eindeutig: nein.

Allerdings: Die Erfinder – und jetzt reden wir übers Chemiegigant Dupont – haben 1938 diese Kunststofffaser erfunden, und sie haben ihn tatsächlich „Nylon“ genannt.

Warum?

Wir fangen mit dem „Cotton“ an. Entschuldigen Sie: ich meine natürlich „Baumwolle“. In vielen Sprachen heißt „Baumwolle“ „Cotton“ oder „Coton“ (fr.) oder „algodon“ (sp.)…halt! Wieso „algodon“? Weil das spanische Wort eigentlich arabisch ist. Denn die Araber haben Spanien jahrhundertelang besetzt – so wie die Russen die Ukraine jahrhundertelang einverleibt hatten. „Al“ auf Arabisch heißt „der/die/das“. Auf Arabisch wird der Artikel viel öfters verwendet als, z.B., im Deutschen. So übernahmen die Spanier das arab. „al-qutn“ ins Spanisch als „algodon“.

Baumwolle, Cotton usw. – egal wie man diesen Rohstoff nennt – wird seit uralten Zeiten zur Herstellung von Textilien verwendet. Als die Chemiker im 20. Jh auf die Idee kamen, künstliche Textilien zu erfinden, wollten sie, dass die Namen der neuen Produkte irgendwie an „Cotton“ denken ließen. Marketing halt. Die erste Faser dieser Sorte nannten sie deshalb „Rayon“, also Kunstseide“. Auf „Ray-“ haben die Marketingleute das „-on“ von Cotton hinzugefügt.

Dann wurde 1938 „Nylon“ erfunden. Schon wieder wurde ein „-on“ angehängt. Aber warum das „Nyl-“? Das ist eine gute Frage, für die ich leider keine gute Antwort habe. Vielleicht weiß es das WehWehWeh.

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