Fangen wir mit dem Kofferwort „Podcast“ an. Wie jedes Kofferwort, ist dies ein Mischprodukt zweier Wörter, die zu einem neuen Begriff zusammenschmelzen. Die bekanntesten sind wohl immer noch jene englischsprachigen Bildungen wie „smog“ („smoke“ und „fog“) und „brunch“ („breakfast“ und „lunch“).
Im Falle von „Podcast“ werden „ipod“ (antikes tragbares Musikgerät und Vorgänger des „ipad“) und „broadcast“, also Fernseh- bzw. Rundfunksendung vermischt.
Nebenbei: Der Erfinder dieses Wörterspiels und des Begriffs Kofferwortes – franz. „port-manteau“ – ist Lewis Caroll, genialer Pater von „Alice in Wunderland“. In einem der Alice-Werken erklärt Humpty Dumpty der vifen Alice, wie man Wörter miteinander vermengt, um neue Begriffe zu gebären. Diese Wörter werden Humpty Dumpty zufolge gleichsam gemeinsam in einen Koffer gelegt.
Nun wissen Sie alles, was über dieses Thema wichtig ist.
Doch mein Titel lautet: „Dies ist kein Podcast“.
Jeder weiß, was mit Podcast gemeint ist. Man läuft durch die Straßen mit „airpods“ usw. im Ohr herum, man erledigt lästige Hausarbeit, man sitzt im Bus usw. und lauscht dabei einer Diskussion bzw. einem Vortrag über irgendein spannendes Thema. Ob politisch, historisch, ist egal. Hauptsache unterhaltsam.
Auch ich höre manchmal – doch nur mitten in der Nacht, wenn ich nicht schlafen kann – Radio Podcasts. Meistens sind das politische Diskussionen zu den großen Themen.
Man hört zu, erfährt dies und jenes usw. Danach schlafe ich wieder ein. In der Früh habe ich – meistens – den Inhalt wieder vergessen. Manchmal vergesse ich überhaupt, worum es ging.
Demenz? Nein. Bloß ein natürlicher Vorgang, wenn man Informationen nur mündlich aufnimmt.
Falls Sie es vergessen haben: Das Vergessen ist das Normalste, was es gibt, wenn man Informationen nur mündlich empfängt.
Was? Sie sind mit dieser Aussage nicht einverstanden?
Neulich habe ich einen Bericht im Radio gehört. Es ging um ChatGPT und die Tatsache, dass Schüler viel geschickter mit diesem Werkzeug umzugehen vermögen als ihre Lehrer. Die Empfehlung des Berichterstatters: Die Lehrer müssen sich jetzt bemühen, diese neue Technologie sich selbst lehren zu lassen.
Ganz anders TikTok – so hieß es im Bericht. Zwar bietet die kurzen Videos auf TikTok neben pure Unterhaltung auch diverse Fakten und Infos an, welche viele junge Leute wie Würstl aufm Kirmes verschlingen.
Dennoch: Im Nu vergessen sie alles wieder.
Zufälligerweise weiß ich, warum dem so ist. Denn ich habe vor dem digitalen Zeitalter sehr viel über den Unterschied zwischen den sog. „mündlichen“ Kulturen und den Schriftkulturen recherchiert.
Die schriftlosen Kulturen unterscheiden sich von den Schriftkulturen nämlich in einem sehr wichtigen Punkt: Sie haben keinen zuverlässigen Zugang zur Vergangenheit. Sie leben stets in der Gegenwart.
Das klingt vielleicht erstrebenswert – insbesondere für klimarettende Träumer. Ist es aber im Grunde nicht: zumindest, wenn man technologischen Fortschritt als Ziel hat.
Die schriftlosen Kulturen sind vollkommen mythologische Kulturen. Alles, was diese Menschen wissen, erfahren sie von Mythen, also von Geschichten über Gottheiten, die vielleicht dies oder jenes erfunden haben (etwa Feuer).
Wenn hingegen in einer Kultur das Schreiben gelernt wird, passiert etwas wundersames im Hirn: Man beginnt logisch zu denken. Logik bedeutet: Tiere haben vier Beine, Katzen haben vier Beine – Katzen sind also Tiere.
In schriftlosen Gesellschaften ist ein solcher Syllogismus nicht unbedingt verständlich.
Ich halte mich heute kurz. Vielleicht schreibe ich wieder mal mehr zu diesem Thema.
Fest steht jedenfalls: Dies ist kein Podcast. Was ich hier mitteile, haben Sie gelesen. Nur deshalb wird der Inhalt intensiv verinnerlicht werden. Würden Sie diesen Text nur hören, wäre all diese Wörter im Nu wieder weg…
Wie fange ich nun an?
Mit dem englischen Wort „snuff“ selbstverständlich!
„Snuff“ ist, z.B., der gängige Begriff für das, was auf Deutsch „Schnupftabak“ heißt. „Snuff“ ist auch ein enger Cousin von „sniff“, deutsch „schnupfen“.
„Schnupfen“ bzw. „sniff“ macht der Hund, die Katze usw., um etwas zu eruieren. Ich bin überzeugt, dass das, was wir „denken“ nennen, bei Tieren – vor allem bei Säugetieren – mit dem „Schnupfen“ bzw. dem „Schnuffeln“, mit der Nase also, erforscht wird.
Komisch, das man eine gewisse gemeine virale Nasenkrankheit als „Schupfen“ bezeichnet. Aber so sind die Sprachen. Eine einzige Vokabel teilt sich wie ein eineiiges Tierchen in zwei und wird auch wiederum entzweit usw. usw.
Auf jedenfalls fixieren sich „schnuffeln“ und „schnupfen“ und „sniff“ aufs Einatmen.
Und jetzt schalten wir in den nächsten Gang um. „Snuff“, im Gegensatz zu den anderen Verwandten, wird verwendet, um mal ein Einatmen, mal ein Ausatmen darzustellen.
Zum Beispiel: Auf Englisch wird eine Kerze ausgelöscht, indem man es „snuff“(t).
Weil dem so ist, hat „snuff“ im Lauf der Zeit eine Nebenbedeutung gewonnen: „töten“.
Und nun wird diese Glosse ungemütlich…
Mal von „snuff films“ gehört?
Falls nicht: Mit diesem Begriff wird auf Filme hingewiesen, in denen das Töten eines Menschen gezeigt wird. In den frühen Tagen des Internets konnte man haufenweise Hinrichtungen begaffen. Das waren alte Filmaufnahmen vom Guillotinieren, Erhängen, Erschießen etc. Vielleicht gibt es sie noch. Keine Ahnung. Ich bin nicht auf der Suche.
Dennoch waren das aber noch keine „richtigen“ Snufffilme, sondern quasi „Dokumentaraufnahmen“.
Dafür gibt es aber offensichtlich ein kriminelles Geschäft, das auf Filme spezialisiert ist, die angeblich das wahrhaftige Töten von ahnungslosen Menschen zeigen.
Das sind die sog. „Snufffilme“. Manche mutmaßen, dass diese schrecklichen Aufnahmen eigentlich nur vorgetäuscht sind, also nicht echt seien. Ich habe da keine Ahnung, und ich habe ohnehin noch nie einen solchen Film gesehen, noch hätte ich Interesse, mir so etwas anzuschauen.
Was ich zufälligerweise doch in letzter Zeit als Augenfutter bekomme – und zwar auf YouTube – sind Tierfilme, die zeigen, wie Löwen, Hyänen, Leoparden usw. Zebras, Büffel etc. in den Tod jagen.
Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen war, dass ich solche Videos auf meinem YouTube „Feed“ bekommen habe. Eines Tages waren sie einfach da, und ich habe aus Neugier einige angeschaut. Ziemlich rapide stellte ich aber fest, dass ich kein Interesse hatte, zu glotzen wie Tiere Tiere töten.
Folglich: Habe ich stets auf „kein Interesse“ gedrückt. Bald waren die Videos wieder weg.
Naja. Nicht ganz. Google ist hartnäckig. Der heilige Algorithmus denkt: Vielleicht hat er sich das inzwischen anders überlegt. Vielleicht bereut er, dass er keine Gelegenheit hat, solche Videos zu begaffen. Gelegentlich tauchen sie jedenfalls als Angebot auf. Ich ignoriere sie.
„Tiersnuffpornos“ nenne ich diese Videos.
Ach ja, Sportfreunde. „Porno“, kurz für „Pornographie“, bedeutet auf Griechisch „Schriften („graph“) über „pornai“, also „Prostituierten“. Früher hat man solche Schriften als lustig empfunden. Das war aber eine andere Welt. Heute nimmt man beinahe alles todernst…und manchmal mit Recht…
Hmm. Welchen Wochentag haben wir? Welchen Monat? Welches Jahr?
Falls diese Fragen unsinnig klingen, nur deshalb, weil ich plötzlich das Bedürfnis habe, über das Unsinnigste der Welt zu schreiben: üben den „Nihilismus“.
Warum darüber schreiben? Weil ich neulich auf einen Artikel auf der CNN-Webseite gestoßen bin. Es ging darum, dass der Nihilismus momentan am Kommen ist.
Wie so oft habe ich auch diesen Nachrichtentext aus den Medien nur schnell und oberflächlich überflogen. Fest steht jedenfalls: Der Autor hat aus diversen ernstzunehmenden Büchern zum Thema „Nihilismus“ zitiert, bzw., den Inhalt kurz zusammengefasst. Ich bin ihm jedenfalls dankbar, weil er mir wieder etwas wachschütttelte, was ich sonst vielleicht verschlafen hätte: Der Nihilismus breitet sich jetzt rasend aus.
Nihilismus. Wissen Sie, was das bedeutet?
Es kommt vom lateinischen „nihil“, d.h., „nichts“ und ist mit „nullus“ und „non“ und „nein“ und „ne“ und „no“ verwandt. Ja, so viele „N“-Wörter gibt es!
Ein Wort also, dass man buchstäblich als „Negativum“ bezeichnen darf!
Aber Achtung! Kein Platz für falsche Rhetorik: Das „Nein“ ist im Leben ebenso wichtig wie das „Ja“.
Manchmal spielt das „Nein“ sogar eine unverzichtbare und schöpferische Rolle im Weltgeschehen.
Beispiel: In der griechischen Antike – zunächst in Ionien – waren es Menschen, manche sagen „Denker“ oder „Philosophen“, die, indem sie mal einfach „nein“ sagten, eine radikale Erneuerung auslösten.
Zur Erinnerung: Damals im 6. Jahrhundert v. Chr. musste man in den meisten Weltkulturen – z.B., Persien, Ägypten, Babylonien – mit der Vokabel „nein“ sehr sehr vorsichtig umgehen. Wenn – sagen wir – der König oder die Priester eine Meinung zu etwas hatten, und ein anderer wagte es, „nein“ oder „au contraire“ zu sagen, riskierte er nicht nur im übertragenen Sinn Kopf und Kragen.
In den dezentralisierten Städten Ioniens hingegen war alles damals anders. Da stand man nicht unter der Obhut eines mächtigen Priesters oder eines Königs. Menschen durften Sachen denken und sagen, die sie sonstwo mit dem Leben hätten bezahlen müssen. Zum Beispiel: an die Existenz der Götter zweifeln. Das tat – u.a. - ein gewisser Xenophanes. Er meinte: Wenn die Pferde und Löwen Götter hätten, würden sie aussehen wie Pferde und Löwen. Ein gewisser Demokritus hat sich damals eine Theorie ausgedacht, dass alles aus Atomen bestand - auch die Götter! Usw.
Das „Nein-sagen“ geht also mit der Geburt unserer westlichen Zivilisation einher. Zugegeben: Wir sind im Westen weit von perfekt. Es war schon immer so. Wir begehen recht oft arge Dummheiten. Trotzdem: Die Freiheit „nein“ zu sagen, hat uns weit gebracht.
Doch nun zurück zum „Nihilismus“. Das ist etwas ganz anders als das „Nein-“sagen. „Nihilismus“ geschieht, wenn man in nichts einen Sinn findet. Man will daher nur willkürlich zerstören und Chaos stiften, als würde nichts von Bedeutung sein (außer vielleicht das eigene Wohlergehen).
Denken Sie an den berühmten Spruch des zog. „islamischen Staats“ (IS) (oder war es Al-Kaida?): „Ihr liebt das Leben; wir lieben den Tod“.
Eigentlich dumm so etwas zu sagen – und beileibe keine Einstellung der meisten Muslime. Doch IS- und Al-Kaida-Anhänger sind halt Nihilisten!
Momentan scheint die Anbetung des Nichts eine Sternstunde zu erleben. Beinahe täglich ein neuer Amoklauf. Dazu die Ausbreitung von Ideologien, die nur auf Macht und Zerstörung aus sind. Denken Sie an die Randale in Paris nach dem PSG-Sieg, wo hunderte von Menschen an den Champs-Élysées statt zu feiern nur Lust aufs Zerstören und Plündern hatten. So was erinnert ans Phänomen des jagdtrunkenen Fuchses im Hühnergehege. Ja, die Opportunisten sind auf dem Vormarsch – und sie befinden sich nicht nur in der Meute, sondern auch in der Politik…
Hmm…vieles scheint momentan aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Und warum?
Meine Antwort: Wir leben in der Übergangszeit zwischen einem analogen und einem digitalen Zeitalter. Viele Menschen haben die Orientierung verloren. Eine günstige Zeit für Chaoten.
Was schlage ich vor? Gurt anschnallen und weiterfahren, bis der Spuk wieder vorbei ist. Keine Sorge. Auch diese Zeit kommt bestimmt.
Würden Sie gern eine Fremdsprache so lernen, so dass Sie richtige Gespräche führen könnten? Ich meine richtige richtige Gespräche. Nicht nur das übliche „ja“, „nein“, „wo ist“, „wie viel kostet“, „zu viel“ usw.
Wenn das Ihr Wunsch ist, dann sind Sie bei mir…ähmm…richtig!
Denn nun werde ich Ihnen etwas verraten, was die nobelsten Sprachschulen und besten Sprachlehrer nie sagen würden – obschon sie beteuern, sie könnten Ihnen eine Fremdsprache beibringen…
und zwar: Von wenigen Ausnahmenerscheinungen abgesehen, werden Sie nie nie nie die Fremdsprache Ihrer Wahl so beherrschen wie Sie Ihre Muttersprache tun.
Hab ich „beherrschen“ gesagt? Ein komisches, ja befremdendes Wort, das man gern über das gelungene Erlernen einer Fremdsprache verwendet. Als ich selbst in der frühen Lernphase (der dt. Sprache) steckte, vertraute ich Freund Herbert an – er war einer der ersten Deutsch Muttersprachler mit denen ich regelmäßig Kontakt hatte und der mit mir stur Deutsch sprach – , dass ich manchmal das Gefühl habe, ich werde diese Sprache nie beherrschen.
„Beherrschen?“, erwiderte er scharf. „Wieso sollst du die deutsche Sprache ‚beherrschen‘ können. Beherrschen tut der Sieger, wenn er einen Krieg gewinnt. Kein Mensch ‚beherrscht‘ eine Sprache. Nicht einmal der Muttersprachler. Man geht mit einer Sprache lediglich geschickt oder ungeschickt um, und das wäre es dann. Das gilt für jeden.“
Wahrscheinlich schwirrte mir diese Weisheit Herberts durch den Kopf, als ich mich entschloss mein – bisher – unveröffentlichtes Buch „Wie ich die deutsche Sprache eroberte“ zu nennen. Ironie war schon immer meine Stärke (oder Schwäche). Dies wäre jedenfalls denkbar.
Fakt ist: eine Fremdsprache wird man nie sprechen können wie die Muttersprache – egal wie fließend die Wörter der Fremdsprache über die Zunge wirbeln.
Der Grund: Im Erlernen der Muttersprache macht man zu jeder Zeit verschiedene Erfahrungen. Kinder reden, dem Alter entsprechend, auf eine Art, die man niemals als Erwachsene tun könnte bzw. sollte. Und es geht immer weiter so – bis in die erwachsenen Jahre.
Ist so etwas wichtig?
Jawohl.
Weil man Sprache zu jedem Alter auf eine andere Weise benutzt. Das gilt auch für die Witze, die Wortspiele, die Dummheiten und die Fehler, die einem im Lauf eines Sprechlebens lieb und teuer sind.
Nebenbei: Warum schreibe ich diese Glosse heute? Hmm. Keine Ahnung.
Eigentlich hatte ich ursprünglich vor, etwas über die Begriffe „Problem“ und „Problematik“ zu erzählen.
Ich kam darauf, weil ich persönlich, als Lernender lange nicht in der Lage war, zwischen diesen zwei Vokabeln zu unterscheiden. Inzwischen bin ich heimisch im Bereich der Probleme und der Problematiken geworden.
Englisch hat nur „problems“. Wenn etwas „problematic“ ist, kann das nur bedeuten, dass etwas für jemanden ein „problem“ ist.
Vor lange Zeit stellte ich fest, dass auch manche Deutsche Probleme mit Problem und Problematik haben. Genauer gesagt: Sie sagen „Problematik“, d.h., ein „Netzwerk von Problemen“, wenn sie lediglich „Problem“ meinen.
Es gibt natürlich einen Grund dafür: „Problematik“ klingt – wie soll man es sagen? – edler als „Problem“. Manche Leute möchten gern vornehm klingen.
Meine Theorie, um zum ersten Punkt zurückzukehren: „Problem“ und „Problematik“ durcheinander zu bringen, ist etwas, das man in der Kindheit bzw. in der Jugend lernt. Es ist letztendlich eine sprachliche Schlampigkeit der Muttersprachler.
Und nun wissen Sie erst recht, warum es unmöglich ist, jemals eine Sprache zu „beherrschen“.
Wie sagt man Bodyshaming auf Deutsch?
Klar: „Bodyshaming“! Das Bodyshaming natürlich. Gottseidank! Stellen Sie sich vor: es hieße „der“ oder „die“ Bodyshaming. Dann gäbe es dazu eine ganz andere Dimension der Kränkungshierarchie: die des Genders.
Denn heute zählt die Kränkungshierarchie zu den höchsten Tugenden – zumindest für manche (s. unten).
Was ist „Bodyschaming“? Das geschieht, wenn einer die körperlichen Eigenschaften eines anderen, bzw. einer anderen, hervorhebt: also dick, dünn, hässlich, klein, groß usw. Für manche gilt es sogar, solche Hinweise auch in der Literatur zu tilgen.
Lokalpatrioten, bzw., diejenigen, die es für wichtig halten, Fremdwörtern den dt. Pass auszustatten, haben bereits dem „Bodyshaming“ eine passende deutschsprachige Entsprechung aus dem Boden gestampft: „Körperbeschämung“.
Frage: Wie oft haben Sie in den letzten sechs Wochen den einen oder den anderen Begriff verwendet – bzw. über dieses Phänomen der Körperbeschämung nachgedacht? Falls Ihre Antwort lautet „kein einziges Mal“, dann sind Sie wahrscheinlich ein…darf ich’s sagen?...stinknormaler deutscher Mensch.
Fakt ist: Der Begriff „Bodyshaming“ ist viel weniger im Umlauf, als manche vermuten.
Eins steht fest: Dieser Begriff entstammt dem Wortschatz der Viktimologie made in USA. Doch auch da drüben, so bilde ich mir ein, wird er weniger gebraucht wird, als man denkt.
So ist es im Allgemein mit dem neuen politisch korrekten Wortschatz
Vor ein paar Tagen habe ich Frau K., die mir täglich meine Boulevardzeitung verkauft, meinen Sieger fürs hässlichste Wort der dt. Sprache anvertraut. Treue Leser dieser Glosse kennen dieses Wort längst: „Studierendenschaft“.
„Noch nie gehört“, erwiderte Fr. K.
„Im Ernst?“
„Im Ernst. Kenne ichs nicht.“
„Und ‚Studierende‘?“
„Aa noch nicht g‘hört.“
So eine Reaktion gibt zu denken. Die sorgfältige Neuartung der dt. Sprache scheint doch nicht so zu zünden, wie es die Spracherneuerer-sternchen-Innen erhoffen.
Nach wie vor sind es die Blattmacher, die Rundfunksprecher, die TV-Treibende und natürlich diverse kleine Gruppierungen von Diversitätsstifter-sternchen-Innen, die am eifrigsten von der Idee beseelt sind, dass man die dt. Sprache im Namen der Gleichheit und der Gerechtigkeit auf den Kopf stellen müsse, damit sich bloß niemand in seinen Gefühlen verletzt werden sollte.
O je. Halt. Bald fange ich an zu zetern.
Zurück also zu Bodyshaming.
Glauben Sie mir. Ich finde es nicht anständig, wenn Leute wegen ihres Aussehens verhöhnt werden. Es ist immer ein Zeichen, dass der Verhöhnende nicht ganz richtig tickt. Das weiß man meistens nicht, wenn man – um es lateinisch auszudrücken – einem „ad hominen“-Attacke ausgesetzt wird.
Würde aber der Angegriffene dies wissen, könnte er (oder sie) einfach fragen: „Sag mal, hast du alle Tassen im Schrank? Warum soll mein Aussehen dir was bedeuten? Hast du nichts Besseres zu tun?“
Das wäre die passende Antwort auf jegliche Körperbeschämung.
Meiner Erfahrung nach sind Körperbeschämer gar nicht auf solche Fragen vorbereitet. Der Schuss geht dann stets nach hinten.
Naja. Nur eine spontane Empfehlung meinerseits.
Sie würde aber dennoch viele Probleme lösen – und vielleicht müsste man dann die dt. Sprache (und auch andere Sprachen) eben nicht der Höflichkeit wegen auf den Kopf stellen.
Nebenbei: Haben Sie es gewusst, dass in Deutschland Bodyshaming gesetzlich geahndet wird? Das habe ich von KiKi, der gekünstelten Intelligenz Googles erfahren. Siehe da.
„Kunst“ kommt, wie jeder weiß, von „können“.
Will heißen: Die „Fähigkeit“ etwas zu tun, ist gleich einer schöpferischen Handlung. Stimmt das wirklich?
Z.B.: Wenn einer in der Lage ist, etwas Schreckliches anzustellen, dann müsste auch das als „Kunst“ bzw. eine „Kunsthandlung“ gelten. Oder?
Immerhin sagt man lobend über jemanden: „Er (bzw. sie) kann was.“ Damit meint man eindeutig Positives.
Was lernen wir daraus? Wahrscheinlich, dass es gute und schlechte, hohe und kitschige Kunst gibt.
So viel also zu „Kunst“.
Und jetzt weiter, liebe Freunde der deutschen Sprache. Denn nun sind wir nach obiger Einführung in der Lage, d.h., wir können – also wir haben die nötige Kunstfertigkeit, um über eine weitere Vokabel nachzusinnen: „künstlich“.
Woran denken Sie, wenn Sie dieses Wort „künstlich“ hören? An etwas Gutes oder an etwas, sagen wir, „weniger gut“?
Ich meine, dass man das Wort „künstlich“ mit etwas „Unechtes“ assoziiert. Und üblicherweise, wie man weiß, hat das Unechte weniger Wert als das Echte. Oder?
Komisch. „Künstlich“ ist mit „Kunst“ verwandt, und dennoch genießt die Kunst einen viel höheren Stellenwert als das „Künstliche“.
Zum Beispiel ein Weihnachtsbaum. Die echten Weihnachtsbäume wirken (zumindest für die meisten Menschen) allemal edler als die künstlichen. Oder?
Meine Nachbarin liebte allerdings ihren künstlichen, weißfarbigen Kunststoff (notabene: „Kunst“+„Stoff“) Weihnachtsbaum tierisch. Doch warum sollte man nicht eine Vorliebe fürs Kitschige haben? Auch kitschige Dinge können ja einen Reiz haben!
Viel Palavern bisher in dieser Glosse, aber wahrscheinlich haben Sie längst erraten, worauf ich hinauswill.
Ja, es geht um den momentan sehr umstrittenen digitalen Popstar: die künstliche Intelligenz.
Haben Sie Angst davor?
Benutzen Sie sie?
Vermeiden Sie sie?
Ich zum Beispiel komme täglich mit Kiki in Kontakt. Auf meinem Phone, z.B., jedesmal , wenn ich nach der Wettervorhersage schaue. Bei Google heißt es übrigens „KI Wetterbericht“.
Oder neuerdings, wenn ich einen Begriff „googele“, bekomme ich immer häufiger anstatt einer Liste geeigneter Webseiten bzgl. meines Begriffs zuerst eine knappe Zusammenfassung der Inhalte besagter Webseiten, die ich dann wahrscheinlich nicht mehr anklicken werde, weil ich bereits genug zum Thema erfahren habe. Will heißen: Ich werde, wenn ich mich nur auf Kiki verlasse, letztendlich weniger informiert, als wenn ich den möglicherweise differenzierteren Bericht, der von Kiki ausgeplündert wurde, konsultieren würde.
Worauf will ich hinaus?
Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass Kiki zwar nützlich sein kann: leider aber auf Kosten anderer.
Und jetzt zurück zum Unterschied zwischen „Kunst“ und „künstlich“: Was Kiki tut, heißt nicht von ungefähr „künstliche Intelligenz“ und nicht etwa „Kunst Intelligenz“ bzw. „kunstvolle Intelligenz“.
Um es auf den Punkt zu bringen: Wir betonen falscherweise die Vokabel „Intelligenz“ im Begriff „künstliche Intelligenz“. Das ist falsch.
Die gerechte Betonung dieses neuen Begriffs sollte vielmehr auf „künstlich“ liegen. Und nun siehe wieder die ersten Sätze dieser Glosse.
Haben Sie schon vom „D“-Wort gehört? Ich gehe nicht davon aus. Denn es steht, soweit ich weiß, noch nicht auf der Liste der mit einem Buchstaben wiedergegebenen verbotenen Wörter. Das vermute ich jedenfalls.
Diese Fixierung mit Buchstabenkürzeln, um „gecancellte“ Begriffe zu tilgen, ist, wie jeder weiß, ein Import aus den Vereinigten Staaten (und wohl sekundär aus dem Vereinigten Königreich). Nun schlägt sie auch in Deutschland Wurzeln.
Es handelt sich stets um Begriffe, die man nicht mehr sagen oder gar ausschreiben darf, weil sie als verletzend erachtet werden.
So die Theorie.
In den USA kennt man bereits den Beruf des „sensitivity reader“. Das ist eine Person, die uns vor solchen Begriffen zu schützen hat. Leider habe ich vergessen, wie man „sensitivity reader“ auf Deutsch sagt. Vielleicht „Sensitivity-Reader*in“.
Ich erzähle Ihnen gewiss nichts Neues. Wörter wie „dick“, „kleinwuchsig“,
„zurückgeblieben“, „häßlich“ usw. werden entweder durch akzeptable Synonyme ausgetauscht, oder ein Text wird wohl abgelehnt bzw. entsprechend geändert.
Es gibt genügend Beispiele dieses Phänomens. Und Sie kennen sie ohnehin längst selbst. Am bekanntesten ist bestimmt das Hickhack um Mark Twains Figur „Nigger Jim“ in „Huckleberry Finn“. Leider habe ich vergessen, was man für eine Lösung gefunden hat. Auch Kinderbuchautor Roald Dahl wurde wegen seiner Dicken und Hässlichen u.v.a.m. als politisch äußerst unkorrekt eingestuft. Beispiele finden Sie im WehWehWeh zur Genüge.
Ich komme nun auf dieses Thema nur deshalb, weil sich in NRW, so erfahre ich, 12.000 sehr empfindliche Menschen, wahrscheinlich Abiturienten, wegen einer Abi-Prüfung-Frage beschwert haben. Der Grund: Sie sind auf das „N“-Wort in einem zu prüfenden Text von der amer. Schriftstellerin Mary-Alice Daniel gestoßen.
Folgendes aus dem „Spiegel-Online“:
„Die Verwendung des N-Worts rechtfertigte das Schulministerium damit, »dass dieser von der – selbst schwarzen – Autorin im Rahmen der Schilderung ihrer Erlebnisse bewusst selbst verwendet wird«, zudem sei er in Anführungszeichen gesetzt. »Den Begriff wegzulassen hätte die Intention der Autorin unangemessen verfälscht«, ist das Schulministerium überzeugt.“
Dennoch wurden innerhalb einer Woche 12.000 Unterschriften gesammelt und abgegeben.
By the way: In der amer. Zeitschrift “New Yorker” – sie gilt als prima-Adresse für Zeitgeist und neue Literatur – habe ich vor ein paar Jahren eine Kurzgeschichte von einem schwarzen – oder wie man heute sagt: „afro-amerikanischen“ Autor – gelesen, dessen Text mit dem Wort „nigger“ bzw. „niggah“ nur wimmelte. Das „New Yorker“-Magazin wird allerdings nicht von empfindlichen Abiturienten aus NRW gelesen, sondern von „hippen“ Literaturmenschen. Da der Autor selbst schwarz war (wie auch Mary-Alice Daniel) und die Sprache die einer schwarzen Umwelt wiedergibt, gab es auch hier keinen richtigen Bedarf, dass der Sensitivity Reader Alarm schlagen sollte.
Nebenbei: Im selben Text stößt man immer wieder auf das Schimpfwort „Whitey“, also „weißer Mensch“. Dies würde wohl in NRW nicht auffallen.
Naja. So eng sehe ich die Sache nicht. Meiner Meinung nach: Wenn eine Vokabel sinnvoll ist – und nicht die Absicht hat – andere zu verletzen, dann warum sollte man sie nicht verwenden?
Aber nun zurück zu dem oben versprochenen „D“-Wort. Wird auch er bald auf der schwarzen Liste landen? Upps! Ist es noch erlaubt, „schwarze Liste“ zu sagen? Werden wir bestimmt bald sehen.
Das „D“-Wort, falls Sie es selbst noch nicht erraten haben, steht für „dumm“.
Übersetzen. Komisches Wort, mal trennbar: man setzt über – so wie bei den alten Griechen der Bootsmann Charon, der die Seelen der Toten über den Fluss des Vergessens, Lethe, übergesetzt hat; mal untrennbar – und darum geht es in dieser Glosse. Man übersetzt einen Text oder einen Satz aus einer Sprache in eine andere.
Im zweiten Sinn ist „übersetzen“ keine Vokabel der alten Germanen. Erst im 15. Jh. wurde sie in die dt. Sprache übergesetzt. Es war eine Zeit, als die Gelehrten die dt. Sprache eifrig mit vielen verdeutschten lateinischen Vokabeln aufhübschten. „Übersetzen“ ist letztendlich die dt. Version des lateinischen „traducere“, „überführen“.
Was hat man früher gesagt, wenn man etwas aus einer Fremdsprache in dt. Sprache wiedergeben wollte? Wahrscheinlich „verdeutschen“. Auch heute verdeutscht man. Oder man konnte – ab dem 13. Jh. „dolmetschen“. Notabene: Dieses Wort haben Deutsche von den slawischen Sprachen abgeguckt. Eigentlich ein türkischer Begriff für „Vermittler: „dilmaç“. Auch Luther benutzte ihn.
Doch warum berichte ich jetzt übers „Übersetzen“?
Fakt ist: Ich bin momentan dabei, einen Text aus dem Deutschen ins Englische zu „übertragen“, zu „übersetzen“… zu „verenglischen“ aber nicht zu „dolmetschen“. Denn heute sagt man „dolmetschen“ nur, wenn „live“ (sprich „leiw“) übertragen wird. Es geht hier nicht um irgendeinen Text, sondern einen eigenen…was selten vorkommt.
Und zwar um eine Novella, „Hierons Gastmahl – oder das Wort als Ware“. Den Prolog dazu findet man übrigens auf der Sprachbloggeur-Seite unter der Rubrik „Wer bin ich?“. Sie wird jetzt verenglischt, weil mein amer. Verleger sie sehen möchte.
Es geht also um ein Kunstwerk. So was zu übersetzen, erfordert eine besondere Aufmerksamkeit, bzw., Sprachgefühl: Man will nämlich, dass die Übersetzung eine ähnliche Wirkung in der Fremdsprache hat wie im Original.
Klar: Man kann Texte nie ganz eins zu eins übertragen. Das ist eine Eigenart von Sprachen. Sie drücken das gleiche oft sehr unterschiedlich aus. Die dt. Sprache, z.B., liebt Wörter wie „doch“, „noch“, „schon“, „zwar“, „mithin“ usw., wofür man dann englische Lösungen finden muss. Englisch unterscheidet zwischen „I think“ und „I am thinking“, „I was thinking“, „I thought” usw. Oder Idioms. „Er lügt wie gedruckt“, „it’s raining cats and dogs“. Man ist immer auf der Suche nach Lösungen.
Eine harte Arbeit. Ich habe über die Jahre viele Texte – mal literarische mal sachliche – übersetzt. Es waren allerdings immer die Texte anderer. Meine Vorgehensweise war aber stets gleich: erster Schritt – eine wörtliche Übertragung, zweiter Schritt – der Versuch Fehler auszuräumen. Erst dann habe ich das Original beiseitegelegt und in einem dritten Schritt, ohne das Original anzusehen, habe ich alles gnadenlos ins idiomatische Englisch verfeinert.
Komischerweise finde ich es noch schwieriger, mein eigenes Werk ins Englisch zu übertragen. Zumindest dieses Werk. Vielleicht liegt es daran, dass die Sprache, da das Buch im alten Griechenland spielt, sehr schlicht gehalten wird, d.h. frei von Idioms, die in der Zeit nicht passen. Der Leser ist angehalten, sich vorzustellen, er lese Griechisch und befinde sich in der Antike. Das erfordert die Einhaltung einer heiklen sprachlichen Gratlinie: sowohl im ursprünglichen deutschen Text wie auch im Englischen.
Früher hatte ich als Übersetzungswerkzeuge nur Wörterbücher und Synonymwörterbücher. Heute stehen mir lauter digitale Werkzeuge zur Verfügung. Ich verwende persönlich: dict.cc, Leo, Google Übersetzer, DeepL, Linguee. Bisweilen auch mein altes Synonymwörterbuch und mein altes, dickes engl. Wörterbuch.
Bisher habe ich zweimal den deutschen Text und den englischen Satz für Satz miteinander verglichen. Beim dritten Mal, d.h., im Augenblick, tue ich das weniger. Ich versuche mich vielmehr auf den Ton des Englischen zu konzentrieren und ziehe das Deutsche nur manchmal zum Vergleich.
Wahrscheinlich werde ich in der vierten Fassung ganz auf die dt. Version verzichten und nur noch schleifen. Dann wird es eine fünfte Lesung geben: Mit diesem Schritt lasse ich mir meine Übersetzung von Word vorlesen. Das finde ich immer hilfreich.
Und somit habe ich Ihnen ein wenig über die Kunst der Übersetzung verraten – zumindest wie ich sie verstehe.
Wie so oft schreibe ich über etwas, wovon ich keine direkten Kenntnisse habe. In diesem Fall ein Buch, das ich nicht gelesen habe: „Der große Sprachumbau – Eine gesellschaftliche Katastrophe“ von einem gewissen Matthias Heine. Ich glaube nicht, dass er mit Heinrich H. verwandt ist, aber was weiß ich?
Ich habe eine Rezension über dieses Buch in der Schweizer Weltwoche gesehen. Haben Sie gewusst, dass auch ich manchmal für die Weltwoche geschrieben habe? Wahrscheinlich nicht. Ich bin meistens viel zu dumm (oder faul), um Werbung in eigener Sache zu machen. Deshalb wissen Sie wohl auch nichts von meinem englischsprachigen Roman „Winston Hewlett’s Impotence“, der vor beinahe einem Jahr erschienen ist und bisher keine einzige Rezension bekommen hat – obwohl es sich um ein sehr unterhaltsames und auch tiefschlürfendes Buch handelt.
Ich wäre froh gewesen, wenn einer über mein Buch schreiben würde, auch wenn er es nicht gelesen hat, wie ich es hier mit einem Buch mache, das ich nicht gelesen habe. Freilich aber nur wenn er etwas Positives zu berichten hätte.
Im Fall von Matthias Heines neuem Buch, das in der Weltwoche von Wolfgang Koydl besprochen wird, gibt‘s jedenfalls einiges zu sagen.
Der Titel des Heine Buches sagt schon alles. Nämlich: das, was er als „Sprachumbau“ bezeichnet, ende in einer Katastrophe für Sprache und Gesellschaft.
Was meint er mit „Sprachumbau“? Es geht bei ihm um den „Genderismus“, um die sprachliche politische Korrektheit u.v.a.m.
Manchmal fehlt diese Seuche nicht auf, weil sie bereits allgegenwärtig geworden ist. Will heißen: Immer öfters wird streng um eine sprachliche Gerechtigkeit zwischen Männlein und Weibchen bemüht. Sie kennen das schon: „alle Lehrerinnen und Lehrer“ oder „alle Lehrer*innen“ (bzw. „LehrerInnen“). Im Rundfunk, vernimmt man, wenn man genau hinhört, einen „Glottisschlag“. Etwa: Lehrer – hikk! – Innen. Somit weiß man, falls MAN es noch nicht erraten hat, dass ein Begriff allumfassend zu verstehen ist – zumindest gendermäßig.
Soldatinnen und Soldaten eines neuen Sprachkriegs rufen zu den Waffen. Ja ladies first – auch wenn es meistens die Männer sind, die in einem Krieg sterben oder töten. Lediglich werden „Täter“, „Einbrecher“, „Räuber“ und dergleichen nicht vergegendert.
Vergessen Sie auch die „Lesenden“ und die „Radfahrenden“ nicht. Oder die „Studierendenschaft“, das Wort, das ich in der dt. Sprache am meisten hässlich finde!
Doch was tut MAN, wenn man die Bisexualität betonen will, und das zu gendernde Wort in der Einzahl ist? Für diese Frage finde ich bisher keine Antwort. Darf man, wenn man allgemein redet, „der Lesende“ sagen? Etwa: „Der Lesende wird dieses Buch spannend finden.“ Denn möglicherweise ist „der“ Lesende in Wirklichkeit eine Frau (was übrigens, bzgl. Bücher meistens der Fall ist). „Die Lesende“ klingt aber in diesem Zusammenhang nicht ganz richtig.
Vielleicht müsste man „der oder die Lesende wird dieses Buch spannend finden“ sagen. Ja, der Satz ist allemal länger als „der Leser wird dieses Buch spannend finden“, aber so ist es mit der sprachlichen Gerechtigkeit.
Die gute Nachricht: Der neue Genderismus findet man – bisher – fast ausschließlich in der Sprache der Medien. Auf der Straße reden die (meisten) Menschen noch immer recht normal. Doch wie lange noch?!
Naja, es könnte alles viel schlimmer sein. Auf Englisch sagen manche „they“, wenn sich der Subjekt eines Satzes als „binär“ versteht – also keinem Geschlecht zugehörend. Auch die New York Times erlaubt sich diesen Pronomen, um solche Menschen zu kennzeichnen.
Kurze Zwischenfrage: Wie viele binäre Menschen gibt es in der Gesamtbevölkerung? Genug um die Sprache auf den Kopf zu stellen?
Noch eine kleine Verrücktheit im Englischen: Die Vokabeln „actress“ (Schauspielerin) und „poetess“ (Lyrikerin) werden neuerdings in den angelsächsischen Medien nicht mehr verwendet. Es gibt nur mehr „actors“ und „poets“. Aufs Deutsche übertragen würde das ade Gendersternchen bedeuten!
Ja, ein Sprachkrebs ist am Wuchern. Findet FRAU eine Impfung dagegen?
Manchmal wird es mir zu viel, und dann kommen die bösen Gedanken.
So ist es in letzter Zeit wegen der Spammer, die sich täglich an der Pforte dieser Glosse, um Eingang bittend, so tun, als wollten sie „Kommentare“ abgeben.
Klar. Ich lese deren Erzeugnisse nie. Im Gegenteil. Ich lösche sie sofort. Zag! Weg! Am nächsten Tag hat sich aber schon wieder einiges um Eingang bittend an der Pforte gesammelt.
Ja, wie jeder Ladenbesitzer, kehre auch ich täglich vor dem Ladeneingang, damit echte Kundschaft den Eindruck bekommt, ich führe einen ordentlichen Laden.
Es sind momentan regelmäßig zwischen drei und zehn „Kommentare“, aller in kyrillischen Buchstaben geschrieben, die ich vorfinde. Sie tun so, als wollten sie diverse Glossen des Autors kommentieren.
Das wollen sie selbstverständlich nicht. Da ich etwas Russisch lesen kann, vermag ich manchmal in der Überschrift den Inhalt zu entziffern. Es geht meistens um Nonsens, Sex oder manchmal um echte Produkte (zumindest das bilde ich mir ein) aus einem wohl falschen Internetladen.
Komisch: Ich schreibe über Sprache; die Spammer bedienen sich eher der Unsprache.
Es könnte allerdings viel schlimmer sein. Früher bekam ich eine Zeitlang täglich mehr als 100 solcher Spams – auch meistens auf Russisch geschrieben. Mein Blogmeister, Herr P., hat dann etwas Technisches gezaubert, und der Dreck war weg. Er meinte damals: „Sie werden schnell aufgeben, weil jede Bitte, einen Kommentar abzugeben, viel Handarbeit erfordert.“
Es hat tatsächlich gut geklappt.
Das war aber damals. Inzwischen haben wir die KiKi, also die k. Intelligenz.
Meinem Sohn zufolge vermögen „Bots“ indes komplizierte Anmeldeverfahren im Handumdrehen zu umgehen. Man habe also keine Chance mehr.
Vielleicht muss ich doch endlich die neue Software, auf die Herr P. schon lange pocht, installieren. Bin aber so faul. Außerdem bekommt der Sprachbloggeur dadurch einen neuen Look. Wie sehr viele Menschen, vertrage auch ich nur sehr begrenzt Veränderungen.
Derart irritiert werde ich aber allmählich vom neuen täglichen Angriff der Spammer, dass ich vorhatte – auf Russisch – als Titel dieses Beitrags etwas wie „Spammer, ihr werdet bald impotent!“ (mit Hilfe von Google Translate) zu schreiben und veröffentlichen.
„Hilft nicht“, meinte mein Sohn. „Den Bots wäre jeglicher beliebige Titel egal. Sie lesen nicht, sie agieren.“
Trotzdem habe ich mit obigem Titel (siehe da) etwas probiert. Er lautet – transkribiert: „Spammeri umirajut molodimi“ und bedeutet „Spammer sterben jung“.
Ob das wirklich stimmt, vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls werde ich vielleicht herausfinden, ob der Bot Russisch liest oder nicht.
Mein Sohn meint, nein. Außerdem behauptet er, die Spammer, bzw., die Bots könnten überall ihren Sitz haben. Myammar, z.B. Was weiß ich?
Jedenfalls, heute ein Experiment und bald vielleicht doch ein neuer Look beim Sprachbloggeur.
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