Letztes Jahr, nachdem in meinem Arbeitszimmer vier wuchtige und in Doppelreihen beladene Bücherregale innerhalb von zehn Sekunden einstürzten, habe ich mich gleich versprochen, und zwar Rilke zitierend: „Du musst dein Leben ändern“, was ich auch getan habe. Dennoch ein Schock.
Innerhalb vier Wochen entsorgte ich ca. 1200 Bücher auf Nimmerwiedersehen. Bis jetzt trauere ich so gut wie keinem nach – auch wenn viele sehr gute Bücher waren.
Ich erzähle dies, weil ich neulich an eins dieser Bücher gedacht habe, ein Wörterbuch der dt. Schweinereien, das ich seinerzeit im Nachlass meines Schwiegervaters mitgenommen habe. Es war ein dickes Werk, und wie ein wahrhaftiges Wörterbuch organisiert – zumindest so habe ich es in Erinnerung – voll mit ganzen Listen Synonymen für Geschlechtsverkehr, Genitalien und dergleichen.
Eigentlich habe ich in dieses Nachschlagwerk nur selten geschmökert. Vielleicht hätte ich es heute für diese Glosse konsultiert. Oder vielleicht eben nicht.
Aber egal. Anlass für diese Glosse ist eine Beobachtung, die ich seit einiger Zeit mache: Mir fällt nämlich auf, dass diverse Schimpfwörter und sonstige Schweinereien immer häufiger in der Tagespresse, der Wochenpresse und selbstverständlich in den social Medien zu lesen sind. Oft werden sie allerdings mit Sternchen versehen. Ja, mit dem gleichen Sternchen, das man verwendet, um Wörter gendergerecht zu gestalten.
Beispiel „F*ck“ oder „sh*t“, „Sch*ße“ u.v.a.m.
Als ich vor vielen Jahren nach Deutschland gekommen bin, stellte ich fest, dass die meisten Deutsche viel entspannter mit derben Vokabeln umgingen als damals die Mensch*innen in der angelsächsischen Welt. Auch im Fernsehen war das der Fall. „Scheiße“ hat man nicht selten gehört. Klar, nicht in der Tagesschau oder bei Dalli Dalli oder Aktenzeichen XY aber sonst ja doch.
Heute ist alles anders – vor allem in den prüden USA. Zum Beispiel folgende Aussage des US-Vizepräsidenten Vance, als er neulich in Grönland ankam. Er stieg aus dem Flugzeug aus und sagte vor laufender Kamera: „It’s p*ss cold here.“ „P*ss“ bedeutet natürlich „piss“.
Hmm. Eine komische Redewendung. Warum sollte Urin kalt sein? Eher warm bis heiß würde ich denken. In meiner Jugend sagte man in den USA übrigens „colder than a witch’s tit“.
Der Gebrauch des Anstandssternchens ist dennoch – zumindest in den Medien de rigueur. Das gilt sowohl für die anglosächsische Presse wie auch die deutsche. Eigentlich komisch. Früher waren, wie oben gesagt, die Deutschen weniger prüde. Vielleicht liegt es an den social Medien. YouTube (amer. Firma) ist voller Sternchen…und „Sternchen“. Dieses Zeichen ist gewissermaßen eine Erinnerung, dass die Sittenwächter stets wachsam bleiben.
Kleine Abwandlung: Sprachgeschichtlich sind „fuck“ und „fick“ nicht im geringsten miteinander verwandt. „Ficken“ ist ein altes germanisches Wort für „reiben“. „Fuck“ ist mit dem lateinischen „futuere“ („Geschlechtsverkehr haben“) verwandt. Und: „Fuck“ und „futuere“ sind letztendlich mit dem „fu“ in „future“ verwandt! Die ursprüngliche Bedeutung lautet „entstehen“.
Ach ja, und noch etwas: In der dt. Sprache hat man ein „Du“ und ein „Sie“ um zwischen intim und höfflich zu unterscheiden; auf Englisch macht man das gleiche mit derben Wörtern. Will heißen: Man verwendet Schweinereien nur dann, wenn man den anderen so zu sagen „duzt“. In allen anderen Situationen gelten diese Wörter als Ausdruck einer Aggression.
Aber egal. Nun werde ich plötzlich neugierig zu wissen, wie viele Synonyme für Geschlechtsverkehr es gab im entsorgten Wörterbuch meines Schwiegervaters. Sch*ße nachzuschlagen wäre noch interessant gewesen, oder vielleicht doch nicht. Um mit Rilke zu reden: Ich habe mein Leben schon geändert.
Komische Frage. Und gleich denkt man an reißerische YouTube-Video-Titel, die einem ein großes „Geheimnis“, verraten wollen.
Ich meine es aber mit dieser Frage ernst. Hier kein Leserköder, und gleichwohl keine Propaganda, keine Ideologie und ebenso wenig irgendwelche seichte „social media“ Unterhaltung.
Ich bleibe also bei der Frage: Welche Sprache sprechen die Toten?
Klar, so eine Frage setzt voraus, dass die Toten überhaupt über eine Sprache, bzw., über so etwas wie ein eigenes Bewusstsein verfügen könnten.
Keine Sorge. Ich werde Sie aber mit solchen Spekulationen nicht bemüßigen, außer zu sagen, dass die Toten sehr wohl ein Bewusstsein haben. Aus äpfi amen.
Zugegeben: Viele Menschen erhoffen sich so ein „Leben nach dem Tod“. Doch meistens, weil sie Angst vor dem Tod haben, was auch den Eifer vieler erklärt, die sich für religiös im konventionellen Sinn halten.
Manche sagen aber: Es gäbe kein Leben nach dem Tod, wenn es kein Leben vor der Geburt gibt. Alles sonst wäre ohnehin nicht logisch. Ich stelle es mir folgendermaßen vor: Es ist als hätte man in einer anderen Wirklichkeit eine Fahrkarte gekauft – aus Gründen, die ich leider nicht erklären kann – und zack! Auf einmal flutscht man mit einem blinden, empörten Geschrei in diese lichte Welt. Es dauert zwar eine Weile, bis man in der Lage ist, all dies rational zu verarbeiten. Dazu braucht man aber erst eine Sprache.
Ja, ich weiß. All dies klingt meinerseits sehr spekulativ, wenn nicht rundum doof oder anmaßend. Oder Sie denken: Heute will uns der Sprachbloggeur nur verarschen.
Schon gut. Um die Sache ein wenig einfacher zu machen, kehre ich wieder in die uns bekannte Welt zurück. Außerdem werde ich meine Eingangsfrage ein wenig verändert stellen.
Nun lautet sie: In welcher Sprache denken Sie?
Wenn Sie deutschsprachig sind, sagen Sie: Klar! Auf Deutsch! Und Sie denken: Hmm, dieser Sprachbloggeur tickt heute nicht so ganz richtig.
Aber halt! Denken Sie wirklich deutsch, wenn Sie denken? Vielleicht manchmal, aber…immer? Oder vielleicht denken Sie manchmal…ohne Worte?
Verstehen Sie, wie ich das meine? Fakt ist: Manchmal verzichten wir auf Worte, wenn wir Denken. Wir sehen etwas, oder wir haben eine Idee, aber der Kopf drückt diese Vorstellung nicht in Worten aus, sondern in etwas anderes, was wir trotzdem verstehen.
Oder bedenken Sie die Gedankenübertragung.
Das kennt jeder…oder? Man sitzt mit einem anderen homo sapiens zusammen. Auf einmal sagt man: „Mensch, ich würde so gern jetzt eine Pizza essen.“ Wobei der andre darauf antwortet: „He! Gerade hab ich dasselbe gedacht!“ Oder vielleicht denken Sie an eine Pizza, und der andre spricht plötzlich davon.
Manchmal kann man kaum feststellen, wer der Urheber des Gedankens war.
Es gibt viele Beispiele von der Gedankenübertragung, manche komplexer als andere. Ich gehe aber davon aus, dass jeder gelegentlich so eine Erfahrung macht.
Aber Achtung: Hört man den übertragenen Gedanken in Worten? Oder auf eine andere Weise? Das ist die Frage.
Wenn auf eine andere Weise, kann man davon ausgehen, dass man bereits jetzt die Sprache der Toten beherrscht hat.
Englisch Unterricht schon wieder beim Sprachbloggeur! Schließlich bin ich auf diesem Gebiet Experte.
Es geht um „hack“, und zwar in allen dessen Abwandlungen.
Sie kennen das Wort – längst in Deutschland eingebürgert – hauptsächlich im Sinne dessen, was jene Untoten treiben, um sich Ihrer kostbaren Rechner zu bemächtigen oder ihn (aus Gründen, die ich nicht verstehe) wenigstens außer Gefecht zu setzen.
Früher (und wahrscheinlich noch heute) sagte man „Hack“ auf Englisch, um einen mittmäßigen Schriftsteller, Schauspieler usw. zu bezeichnen. Dict.cc bietet hier als Übersetzung „Schmierfink“ an. Da bin ich aber nicht ganz überzeugt. Ein journalistischer „hack“ kann auch Harmloses schreiben. „Schmierfink“ mutet negativ an.
Übrigens: Dieser Gebrauch der Vokabel „hack“ wird vom Eigenschaftswort „hackneyed“ abgeleitet, das „abgedroschen“ bedeutet.
Und nun wird die Sache mysteriös. „Hackney“ ist eine alte Bezeichnung für das, was auf Deutsch „Droschke“ heißt. Hmm. „Hackney“, „hackneyed“, „Droschke“, „abgedroschen“. Ahne ich hier eine merkwürdige Verbindung?
Sorry. Nur der Zufall spielt hier verrückt. „Hackney“ wird nach einem Pferd genannt, das …tja…„Hackney“ heißt. Genannte Transportkutsche wurde ursprünglich von so einem „Hackney“ gezerrt. „Droschke“ hingegen ist ein russisches Wort für „Kutsche“. „Abgedroschen“ hingegen stammt von „dreschen“. Jetzt wissen wir’s.
Aber zurück zum „Hack“. Als Verb sagt man „Hack“, um das, was man tut, wenn man Dauerhusten hat, zu beschreiben.
„Hack“ als Verb wird aber auch anders verwendet. Man sagt: „I can hack that“, also: „Das schaffe ich.“
Wahrscheinlich hat all dies mit dem ursprünglichen Sinn von „hack“ zu tun. Wie auf Deutsch bedeutet auch „hack“ ursprünglich das, was man mit Holz tut, um ihn zu entzweien. Nur: Im Englischen kann man sich im übertragenen Sinn mittels einer gewissen Hartnäckigkeit durch etwas durchhacken: „to hack away at something.“ D.h.: durch harte Arbeit erreichen.
Was uns zur Informatik zurückführt. So weit ich informiert bin, hat man in der Computer-Wissenschaft schon immer nach Kniffen gesucht, um Programme zum Laufen zu bringen. Diese Tricks bzw. „Kniffe“ nennt man „hacks“.
Die „hacks“ der „Hacker“, also der Untoten, beziehen sich lediglich auf üble Abwandlungen solcher Kniffe. Der „Hacker“ im heutigen Sinn ist also zum Gegenbild des Informatikers geworden.
Aber in letzter Zeit bin ich auf einen nagelneuen Gebrauch dieses Wortes gestoßen, und er scheint in der angelsächsischen Welt ziemlich verbreitet zu sein. Ich sage „neu“, aber irgendwie ist er alt:
Immer wieder lese ich über Menschen, die sich einen „hack“ ausgedacht haben, um etwas zu schaffen, das früher nicht möglich war.
Will heißen: Der „hack“ hat sich schon wieder noch weiter und weiter vom Pferd, von der Axt, vom Husten und jetzt von der Informatik entfernt. Ein „hack“ ist heute schlichtweg eine „Weise“, besser gesagt, ein „schlauer Kniff“ geworden.
Nun habe ich meines Erachtens alles ziemlich ausgehackt, was es über diesen Begriff auszuhecken gibt. Und somit wissen Sie und ich beinahe alles zum Thema.
Nicht das erste Mal, das ich über Algorithmen schreibe. Allerdings habe ich den damaligen Inhalt längst vergessen. So ist das Schicksal des Vielschreibers. Mit Sicherheit habe ich aber etwas über die Herkunft besagter Vokabel erzählt.
Hmm. Beinahe reimt sich „Algorithmus“ mit „Logarithmus“, obwohl die Kombination etwas hoppelig wirkt.
„Logarithmus“ ist jedenfalls ein griechisches Wort. Da schmeißt die Laus keine Maden ab. Griechisch vielleicht, aber erst 1614 von einem schottischen Mathematiker namens John Napier erfunden. Da wurden schlicht und einfach „logos“ (Wort) und „arithmos“ (Zahl) zusammengefügt. Wieso? Weiß ich leider nicht. Das wüsste aber bestimmt jeder Mathematiker.
Auch „Algorithmus“ scheint – zumindest auf erstem Blick – irgendwie Griechisch zu sein. Hat etwas mit „arithmos“ zu tun. So jedenfalls haben es die europäischen Mathematiker im Mittelalter verstanden, obwohl das „al-“ eindeutig arabisch anmutet, was auch stimmt. Der „Algorithmus“ wurde nämlich nach einem gewissen persischen Mathematiker Al-Chwarismi genannt. Er lebte ca. 780-850 und hat auf Arabisch geschrieben. Damals hatten die Araber Persien erobert und islamisiert.
Der Algorithmus hatte – soweit ich es verstanden habe – etwas mit einer Dezimalrechenart zu tun. Herr Google weiß vielmehr als ich darüber.
Wictionary zufolge bedeutet Algorithmus: „Vorgehensweise zum Lösen eines Problems in endlich vielen und eindeutig beschriebenen Schritten.“
Alles klar?
Mir nicht. Denn heute scheint „Algorithmus“ eine ganz andere – und vielleicht ominösere – Bedeutung zu haben.
Es scheint, dass sich Webseiten gewisser „Algorithmen“ bedienen, um etwas über SIE zu erfahren. Um dies zu bewerkstelligen, verwenden sie, soweit ich das als völliger Laie erklären kann, tatsächlich eine Vorgehensweise, um ein Problem in endlosen Schritten zu lösen.
Was für Problem(e)? Zum Beispiel, um SIE (als Problem quasi) dazu zu bringen, Ihre kostbare Zeit auf einer beliebigen Webseite zu vertrödeln, wo SIE mit seichten bzw. blöden Inhalten berieselt werden.
Ich bin aber mit meinem Latein lange nicht zu Ende. Nihil nisi. Bei weitem nicht. Fakt ist: Ich möchte nun noch eine Definition für diesen hehren Begriff Algorithmus geben, der, wie gesagt, nach einem persischen Gelehrten aus dem 9. Jh. genannt wird, der auch auf Arabisch geschrieben hat.
Diese Definition haben SIE ja bereits oben gelesen. Sie steht im Titel: „Was ein Algorithmus ist…? SIE sind ein Algorithmus!“. So steht es, und ich bin fest überzeugt, dass ich recht habe.
Ist IHNEN dies noch nie aufgefallen?
Beispiel: Ich stöbere ein wenig auf YouTube herum und siehe da: Ich schaue mir ein Video an, das zeigt, wie ein großer Schäferhund mit einem kleinen harmlosen Kätzchen kuschelt. Süüüüßß. Doch dann geschieht es: Beim nächsten Besuch auf YouTube werden mir mehrere solche Videos angeboten, die diverse süße Kleintiere zeigen, die sich in innerer Harmonie mit großen Tieren zusammentun.
Mit Sicherheit läuft die Chose es genauso bei TikTok (oder noch schlimmer)…und wie sie sonst alle heißen.
Oder: Kaum habe ich etwas über Handys gegoogelt, finde ich, wenn ich Amazon besuche, Angebote für neue Handys!
Das sind nur kleine, harmlose Beispiele. Fakt ist aber: Für die digitale Welt sind SIE ein gefundenes Fressen. IHRE Fußstapfen werden genau beobachtet. Man will SIE einordnen, damit SIE weiterhin irgendwo lange weilen…Langeweile…
Vielleicht habe ich nun freundlich geschrieben, aber das Problem, liebe Algorithmen, ist ernster als SIE denken…
In eigener Sache: Nächste Glosse Mitte März. Bin auf Geheimexpedition…
Wahrscheinlich haben Sie sie gesehen: diese Texte, manchmal als Kleber, manchmal auch als Wandschmierereien: FCK NZS“ oder „FCK MSK“ bzw. „FCK TRP“ etc. Man erblickt sie überall – außer vielleicht in den entlegensten Dörfern.
Nein, das „FCK“ steht in diesem Fall nicht für FC Kaiserslautern, falls Sie daran denken.
Und ja, mit „NZS“ meint man „Nazis“. Mit „MSK“ meint man „Musk“; mit „TRP“ natürlich „Trump“.
Klar, es gibt auch andere. Vielleicht bin ich neulich auf einen „FCK MRZ“- Kleber gestoßen.
„FCK“ steht selbstverständlich fürs englische Wort „fuck“. „Fick“ wohl weniger.
Und letztendlich geht es hier um derbe politische Meinungsäußerungen. Der Punkt ist aber: Das angelsächsische „fuck“ scheint momentan Wahlschweinerei in der dt. Sprache geworden zu sein.
Das war aber nicht immer so. Vielleicht erinnern Sie sich (falls Sie alt genug sind).
Als ich, vor sehr langer Zeit frisch aus den USA nach Deutschland – damals BRD genannt – kam, waren Scheiße und Co. die bevorzugten Vulgaritäten in der dt. Sprache. Wer diese Vokabeln umschiffen wollte, bediente sich des vornehmeren „Scheibenkleister“ oder Ähnliches. Auch „Arsch“ und sein anatomisches Epizentrum „Arschloch“ waren sehr beliebt.
„Scheiße“, „Arschloch“ wiesen – so die Experten – auf eine gewisse anale Fixierung. Keine Ahnung, und ich schreibe hier keine Doktorarbeit.
Auch heute sind die Wörter aus dem Popogebiet beliebt. Mit Konkurrenz allerdings: Denn die neue Generation – heißen sie jetzt Millennials, GenX oder GenAlpha? – bevorzugt nunmehr jene angelsächsische Vokabel, die sich wörtlich mit Geschlechtsverkehr befasst: „fuck“ also.
Und jetzt sind wir wieder bei „FCK“ gelangt. Ich denke, dessen Gebrauch ist erst ein paar Lenze alt – und vor allem als Aussage im politischen Bereich ein Renner. Wieso es so ist, weiß ich nicht.
Während meiner ersten Jahre in der BRD sagte man häufig: „Fick mich ins Knie“. Komisches Bild habe ich damals gedacht, wie sieht das in der Wirklichkeit aus? Manche sagten auch „abgefackt“ bzw. „abgefuckt“. Das war natürlich Jugendsprache und wohl eine Lehnübersetzung des engl. „fucked up“.
Die wahre Krönung des angelsächsischen „four letter word“ fand in Deutschland allerdings erst in den letzten Jahren statt. Oder so kommt es mir jedenfalls vor. Auch in den Zeitungen liest man es manchmal – oder als Buchtiteln usw.
Doch Achtung: Der Gebrauch dieser Vokabel im Deutschen ähnelt mitnichten dem Gebrauch in der angelsächsischen Welt. Bis heute gehen wir Muttersprachler viel vorsichtiger mit „fuck“ und Co. um als ist der Fall in Deutschland. Wie soll ich’s sagen? Der Gebrauch des „four letter word“ verrät etwas Intimes. Wenn Menschen (vor allem Männer) unter sich dieses Wort verwenden, ist das ein klares Zeichen, dass sie per Du sind.
Mein Latein Professor auf der Uni in den USA sagte mir einmal: „Die four letter words stellen die einzige Magie dar, die wir in unserer Sprache noch besitzen. Deshalb muss man sie behutsam verwenden.“ Das hat mich beeindruckt…bis heute.
Neulich sah ich einen Werbespruch auf einem Wagen: Es hieß: „Just A Fucking Good Magician“. Offensichtlich war der Besitzer des Wagens ein Zauberer.
Ich habe ein Foto des Wagens gemacht und an einen Freund in den USA mit der Bemerkung geschickt: „Stell dir vor, man bringt so einen Spruch an einem Wagen in deiner Gegend an.“ Unmöglich natürlich.
Mir war das nur eine Bestätigung, dass die meisten Deutschen immer noch nicht verstehen, dass dieses Wort – und andere – auf Englisch in der Tat noch immer voller Zauberkraft sind.
Ja ja, denken Sie: FCK SB…
Ich fürchte, ich muss es als Erster sagen. Ich wollte nicht. Wenn ich aber muss, dann mache ich es…
Eigentlich wollte ich heute über den „Hybridenkrieg“ schreiben. Kennen Sie den Begriff? Dumme Frage. Natürlich kennen Sie ihn! Er zählt momentan zu den Lieblingswörtern der Medien und ist Goldwert.
Aber zum „Hybridenkrieg“: zum Beispiel in der Ostsee, wo die sog. „Schattenflotte“, mit russischem Öl beladen, dahintuckert, wo man das Öl – trotz Embargo – verkaufen kann.
Derweil schleifen die Anker dieser Schattenflotteschiffe am Meeresboden entlang und trennen die Unterwassserkommunikationskabel diverser Länder.
Schlaue Idee.
Oder die Spionagedrohnen. Sie fliegen überall herum und machen Bilder.
All dies heißt jetzt „Hybridenkrieg“. Eigentlich ein hübsches Wort.
Vor sehr langer Zeit habe ich eine Firma in Kalifornien besucht, der ein Hybridenwagen entworfen hatte. Damit meine ich einen Wagen, der sowohl mit Strom wie auch mit Benzin betrieben werden kann. Diese Art gibt es auch heute. Der Vorteil: Er ist – spritweise – viel leistungsfähiger als ein normaler Benziner – und – strommäßig – weniger kompliziert und anfällig wie ein Elektrovehikel.
Der Motor, von dem ich hier erzähle, war aber anders als die heutigen Hybriden. Denn er wurde nicht mit einem traditionellen Kolbenbetrieb ausgerüstet, sondern mit einer einzigen Turbine – wie ein Düsenflugzeug.
Man konnte damit sehr weite Strecken fahren – ohne dass man viel Sprit verbrauchte. Und: In Benzinermodus, wurde der Elektromotor wiederaufgeladen. Andersseits: Während er auf der Schnellstraße sauste, war er 100%ig elektrisch.
Wie genau das funktioniert hat, weiß ich leider nicht. Oder ich hab’s vergessen.
Tolle Idee? Ja. Aber der „Start-up“, der dieses Auto entworfen hatte, konnte aber damals die Autoindustrie dafür nicht begeistern. Ich weiß nicht, warum nicht. Der Wagen ist also nie in Serie gegangen. Ein Fehler? Vielleicht doch. Denn – wie man weiß – die Autoindustrie ächzt und krächzt momentan.
Aber genug der Vergangenheit. Nun zurück zur Vokabel „Hybride“. Wissen Sie, woher dieses Wort kommt?
Es ist ein lateinischer Begriff für die Mischung zweier Dinge – vielleicht waren es damals Hunde. Erst im 16. Jh. hat man das Wort wiederentdeckt und zwar als Bezeichnung für eine Mischung zwischen einer Sau und einem Wildschwein.
Doch nun was Seltsames: Dieses Wort „hibrida“ oder „hybrida“ ist eigentlich mit dem griechischen Begriff…„Hybris“ sehr eng verwandt!
„Hybris“ kennt jeder. Es bedeutet „Hochmut“ oder „Überheblichkeit“. Für die alten Griechen galt sie als eine sehr wichtige moralische Fehlleistung.
Wie aus „Hybris“ „Hybride“ wurde, weiß leider keiner.
Doch nun kehre ich zum Anfang dieses Textes zurück. Da ging es um etwas, was ich leider sagen muss: Mir ist nämlich neulich jemanden eingefallen, der besonders voller Hybris ist: den Präsidenten von Russland. Er ist clever, wie jeder weiß, und er versteht es gut, „Hybridenkriege“ zu führen.
Seine Hybris besteht vielleicht darin, dass er siegen will, koste, was es wolle. Er hat allerdings eine Schwäche, eine sehr große Schwäche: Er nimmt zwar den Tod anderer in Kauf, hat aber selbst schreckliche Angst vor dem Tod, dem eigenen Tod. Komisch.
Was würde geschehen, ist mir eingefallen, wenn er plötzlich einen Schlaganfall bekäme? Er würde leben und doch außer Gefecht gesetzt werden. Ich denke, das wäre ein Ereignis mit großen Folgen. Mehr weiß ich nicht darüber zu berichten. Oder vielleicht weiß ich gar nichts, fantasiere nur und habe schon zu viel gesagt.
Hmm. An wen könnte man sich wenden, um auf folgendes Problem aufmerksam zu machen?
Es geht darum, den letzten Rest des sprachlichen Patriarchalismus zu tilgen. Endgültig!
Ich bin nämlich auf einer reichen Quelle des Restpatriarchalismuses gestoßen. So unsichtbar wie die eigene Nase!
Irgendwie verstehe ich nicht, wie man ihn so lange hätte unentdeckt währen lassen.
„Letzter Rest“ habe ich gesagt? Nein, es ist viel mehr. Es wird ein ganzes Leben dauern, um ihn restlos zu tilgen. Vielleicht genügt nicht einmal eine Lebenszeit.
Zur Sache:
Es ist wohl den Genderist*Innen nie aufgefallen, dass man das dt. Wörterbuch – und jetzt meine ich etwas wie den Großen Duden – von A bis Z durchkämmen müsste, um den geschlechtlichen Egalitarismus endlich vollständig durchzusetzen.
Genauer gesagt: Es geht um Adjektive. Zum Beispiel „groß“. „dünn“, „fein“, „schön“ etc. etc. etc.
Adjektive werden entweder als Attribute oder als Prädikate verwendet. Beispiele der Attribute: „schöne“ Frau, „großer“ Mann usw. Mit Prädikat meint man, dass das Adjektiv hinter dem Verb (meistens ist das Verb „sein“ gemeint) steht, z.B., „Die Frau ist schön“, „der Mann ist groß“ usw.
Nur: Wenn man nach einem Adjektiv im Wörterbuch sucht, findet man stets die Prädikatform. Meine Frage: Ist das fair?
Denn die Prädikatform – so kommt es mir jedenfalls vor – erinnert eher ans Maskulinum als ans Femininum. Das behaupte ich, weil beim Prädikatadjektiv die weibliche Endung fehlt.
Wäre es, so frage ich, nicht gerechter im Wörterbuch, Adjektive so einzutragen, dass man die Gendergleichheit hervorhebt? Zum Beispiel „große*r“, „schöne*r“ usw.? Ich sage, ja.
Vielleicht könnte die KI diesen Sexismus beseitigen. Ich weiß aber leider nicht, ob die KI auf Anhieb hundertprozentig zu erkennen vermag, welche Vokabeln in der dt. Sprache Adjektive sind.
Ja, ich weiß, was Sie denken: Herr Sprachbloggeur, heute haben Sie sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Sie scheinen vergessen zu haben, dass die dt. Sprache über drei „Geschlechter“ verfügt: männlich, weiblich und sachlich. Im Wörterbuch steht wohl etwas wie die sachliche Form.
Wirklich, liebe*r Herr/Frau Kriktiker*in? In der dt. Sprache endet das dt. Neutrum mit „es“. „großes Haus“, „schönes Mädchen“ usw. Oder stimmt das nicht?
Ich bleibe dabei: Etwas verfault im Wörterbuch. Von daher fordere ich Duden usw. auf, diese Ungerechtigkeit zu korrigieren.
Nebenbei: Die Sache ist wohl in anderen Sprachen noch ärger. Bedenken Sie: Warum steht in einem spanischen (oder auch italienischen) Wörterbuch „caro“, also „teuer“, „lieb“ und nicht „cara“. „Caro“ ist die männliche Form, „cara“ weiblich. Ist das gerecht? Vielleicht schreibt man lieber „carx“.
Das mit den Adjektiven ist nicht das einzige Problemgebiet der sprachlichen Gleichheit.
Bedenken Sie folgenden Satz: „Ein fleißiger Lehrer steht auf verlorenen Posten, wenn er versucht, den Schülern Disziplin beizubringen.“
Der Satz ist als Verallgemeinerung formuliert – also quasi geschlechtsneutral – zu verstehen. Ist er aber? Natürlich nicht! Man sollte lieber: „Eine/r fleißige/r Lehrer*In steht auf verlorenen Posten, wenn er/sie versucht den Schüler/Innen Disziplin beizubringen“. Oder nicht?
Nebenbei: Warum gibt es noch immer kein passendes, gleichstellendes Wort für „Schüler“ wie es eins für „Studenten“ gibt? Ist es nicht höchste Zeit, dass die dt. Sprache auf Vorderfraumann gebracht wird?
Ich hätte über diese Sachen noch viel mehr zu berichten. Ein anderes Mal…
Warum will ich das neue „künstliche Intelligenz“- Programm der Chinesen „Deep Sleep“, also „Tiefschlaf“ nennen, anstatt „DeepSeek“, also „Tiefe Suche“, wie es eigentlich heißt?
Vielleicht weil ich selbst heute müde bin. Seit zwei Tagen schlafe ich schlecht. Kommt mal in den besten Familien vor. Würde ich mehr Begeisterung für „DeepSeek“ aufbringen, wenn ich nicht so müde wäre?
Nein, wahrscheinlich nicht.
Fakt ist: Ich habe mich bisher wenig für die sog. KI-Programme begeistert. Wozu auch? Ich meine, was haben sie für einen Zweck? Ist eine Google-Suche nicht bereits eine auf sehr raffinierte Weise „künstliche Intelligenz“? Was auch immer mit diesem Begriff gemeint ist.
Freund R. in den USA schreibt jedes Jahr ein Weihnachtsgedicht. Ordentliche Gedichte sind das. In diesem Jahr ließ er sein Gedicht durch zwei KI-Programme aufhübschen.
Fragen Sie bitte nicht, welche KI-Programme es waren. Ich weiß lediglich, dass eins davon das preisgünstige Modell war; das zweite die vornehme – sprich schlauere – Version.
Ergebnis: Die billige Variante schaffte es, träge, sehr sehr langatmige und langweilige Sätze zu schreiben. Lyrik im üblichen Sinne – also Frische, Straffe usw., war gar nicht vorhanden. Es war mir sofort klar, dass das das Werk einer Maschine oder eines Liebhaberlyrikers war.
Der teuren Alternative war es zwar gelungen, knappe Verse zu komponieren. Die Sprache war aber nicht im geringsten originell. Dumme, willkürliche Bilder.
Dies hab ich Freund R. mitgeteilt. Er war mit meiner Meinung nicht glücklich.
Nach dem neusten Update meines Word-Programms stellte ich fest, dass plötzlich eine buchförmige Ikone meinen Kursor Zeile für Zeile mitverfolgte. Ich setzte nun die Spitze des Mauspfeils auf diese Ikone. Es erschien das Wort „co-pilot“. Co-pilot? Noch nie davon gehört. Nun stellt es sich heraus, dass Microsoft künstliche „Intelligenz“ in mein Word-Programm hineingeschmuggelt hatte.
Besagtes „co-pilot“ machte mir nämlich das Angebot, meine Sätze neu (originell?) umzuformulieren. Ich hab nun sogleich die MS-Word Einstellungen aufgerufen und „co-pilot“ deaktiviert.
Aber zurück zu „DeepSeek“. Nachdem die Welt erfuhr, dass „DeepSeek“ viel billiger herzustellen sei als „Chat-GPT“ und Co. und dazu viel weniger Strom verbrauche, brach weltweit eine Panik auf der Börse aus. NVIDIA hat, z.B., an einem Tag 600 Billionen Dollar an Wert verloren – der höchste Verlust in der ganzen Geschichte der Börse. Das wissen Sie aber bestimmt. Ich hab jedenfalls ein wenig gegähnt, als ich das gelesen habe. Vielleicht weil ich müde bin.
Nun erfahre ich, dass das neue kluge Dosenköpfchen aus China einiges nicht kann. Zum Beispiel über Ereignisse aus der chinesischen Geschichte – etwa von der Niederschlagung der Studentenbewegung („Studierendenbewegung“ klingt doof…oder?) 1989 am Platz des himmlischen Friedens – erzählen. Ebenso wenig weiß „DeepSeek“ über die Behandlung der Uiguren und Tibetaner im heuten China zu berichten. Das Wort „Pu Bär“, unbeliebter Spitzname für Vorsitzenden Xi, ist ebenso im „DeepSeek“ Dosenhirn unbekannt.
Meine Vermutung: Die KI – egal ob chinesischer oder amerikanischer Gattung – wird sich letztendlich als Rohrkrepierer erweisen. Jawohl. Das glaube ich. Mit Ausnahme allerdings von zwei Nutzgebieten. 1.) um an „Deepfakes“ und Lügenpropaganda zu basteln, und 2.) um die bisher raffinierteste Pornographie, die es jemals gegeben hat, zu erzeugen.
Hand aufs Herz: Fällt Ihnen ein sonstiges Nutzen für die KI ein?
Neulich habe ich erfahren, dass das Jahr 536 n.Chr. das allerschlimmste Jahr in der Geschichte war. Upps! Hab ich „n.Chr.“ geschrieben? Darf man das noch? Heißt es nicht „u.Z.“, also „unserer Zeit“.
Wenn aber „n.Chr.“ zu unserer Zeit geworden ist, was sagt man über die vorchristliche Zeit? Vielleicht „i.Z.“. Also „ihrer Zeit“. Wäre ja möglich.
Nein. Natürlich nicht! Viele Leute schreiben mittlerweile „v.u.Z.“. anstatt „v.Chr.“ Doch warum eigentlich? Wird auf jemanden Rücksicht genommen? Und wenn schon, auf wen?
Sicherlich nicht auf Juden. Auf Muslime vielleicht? Oder auf Menschen, die sich mit dem Christentum nichts mehr anfangen können?
Leider habe ich dazu keine Antwort, vermute aber, dass all dies mit der momentanen Beliebtheit der sog. „Säkularisierung“ zu tun hat.
„Säkular“ und „religiös“. Das sind Gegensätze wie Pfeffer und Salz. Im Augenblick ist dieses Unterscheiden – vor allem im säkularen Westen – sehr beliebt. Doch wie lange noch?
Denn es kann jederzeit geschehen, dass sich mal wieder der Wind plötzlich aus einer anderen Richtung bläst. Aufpassen. Die Zeiten sind weniger stabil als man allgemein wähnt. Schauen Sie sich die heutigen Fünfjährige an. Sie führen etwas im Schilde. Und sie sagen es…noch…nicht.
Wenn ich mal schlaflos in der Nacht Radionachrichten lausche, höre ich Formulierungen wie „Flüchtlinge und Flüchtlinginnen“ (bzw. „Flüchtlinginnen und Flüchtlinge“ – denn ladies first) oder „Soldatinnen und Soldaten“ oder „Deutsche und Deutschinnen“. Nein. Haha. Ich mache da nur einen Witz. Sie verstehen aber, was ich meine.
Diese Formulierungen sind praktisch selbstverständlich geworden. Denn wir stehen momentan unter dem Einfluss der sog. „politischen Korrektheit“ – auch „PC“ genannt.
Komisch. Man verwendet den Begriff PC immer seltener. So sehr hat sich wohl das Konzept in uns eingedrungen. Dennoch: Durch diese sprachliche „Korrektheit“ ist die deutsche Sprache immer unhandlicher – holpriger – geworden. Das stellt man insbesondere in den Medien fest. Ist dies Ihnen auch aufgefallen? Vielleicht nicht, weil wir im täglichen Leben die PC kaum beachten. Die Menschen reden nach wie vor ohne Rücksicht auf Korrektheit. Was die Kinder in der Schule lernen, ist aber eine andere Sache. Doch wie gesagt: Aufpassen. Erwähnte Fünfjährige werden einmal groß werden.
Eigentlich wollte ich heute nicht über die PC-Sprache erzählen, sondern über das katastrophale Jahr 536 n.Chr.
Ich habe nämlich vor kurzem in YouTube ein sehr kurzes Video – nur anderthalb Minuten! – zu diesem Thema gesehen. Es hatte den reißerischen Titel: „Das schlimmste Jahr in der Weltgeschichte“ oder so ähnlich. Ich glaube, der Text war auf Englisch. Doch leider weiß ich das nicht mehr.
Egal. Besagtes Jahr sei aber so schrecklich gewesen, weil, wie man erfährt, drei heftige Vulkane beinahe zeitgleich in die Luft aufgegangen waren. Ich habe leider vergessen, wo. Die Wirkung sei jedenfalls verheerend gewesen. Bald habe sich eine riesige Rauchwolke ausgebreitet, so riesig, dass – ich glaube, es war in der Türkei – der Sommer ausgeblieben war. Das Wetter sei darüber hinaus vielerorts so miserabel gewesen, dass nichts mehr gewachsen sei und die Menschen infolge wie die Dodos gestorben seien. Eine kleine Eiszeit war wohl das Ergebnis, ebenso– so der Sprecher – ein Pestausbruch in Byzanz, wo noch mehr Menschen dahingerafft wurden.
Justinian I war damals Kaiser. Auch er erkrankte, habe die Seuche aber überlebt. Ja und auch andere schreckliche Dinge seien wegen der Ereignisse im Jahr 536 passiert. So viel kann man aber in anderthalb Minuten nicht erzählen.
Warum fällt mir diese Geschichte ein? Keine Ahnung. Vielleicht will ich damit nur sagen, dass alles anders werden kann als man erwartet.
Das wissen die heutigen Fünfjährigen aber besser als ich.
Ich – wie sicherlich auch viele andere Sprachbegeisterte – habe den Wettbewerb für das sog. „Unwort des Jahres“ nicht gerade entgegengefiebert. Man nimmt die Sache zur Kenntnis und kehrt dann ins Alltägliche zurück.
Hand aufs Herz: Wissen Sie noch, wie das Unwort des Jahres 2023 lautete? Ich leider auch nicht. Im Zeitalter des Googelns ist man zwar ein Fingerschnappen entfernt, um dies herauszubekommen; ich mache mir aber die Mühe nicht.
Übrigens: Wozu die Wahl eines Unwortes des Jahres? Klar! Ein Geschenk an die Medien!! Was sonst? Man hat etwas, worüber man schreiben kann, was besonders vorteilhaft ist in Zeiten der Infodörre, wenn im Weltgeschehen oder in der Politik nicht viel los ist, was gegenwärtig allerdings nicht der Fall ist.
Jugendwort, Unwort oder Wort des Jahres. Immer hat man ein dankbares Publikum im Mediengeschäft.
Ich weiß, was Sie denken. He, Herr Sprachbloggeur, dasselbe machen auch Sie! Oder?
Naja. Es stimmt und es stimmt nicht. Immerhin habe ich vor etlichen Monaten eine Glosse über das künftige Wort des Jahres und eine über das künftige Unwort des Jahres – genauer gesagt: über meinen Vorschlag diesbezüglich – veröffentlicht.
Falls es Ihnen nicht mehr geläufig ist, habe ich als „hässlichstes Wort der deutschen Sprache“ (naja, nicht so ganz „Unwort des Jahres“ aber beinahe) „Studierendenschaft“ auserkoren. Dieser Meinung bin ich noch immer. Mir wird’s mulmig zumute, wenn ich überhaupt einer Vokabel begegne, die mit „Studierend…“ beginnt.
Aber zurück zum diesjährigen Unwort des Jahres. Huch! Beinahe wollte ich „Umwelt des Jahres“ schreiben! Vielleicht bin ich meiner Zeit voraus. Vielleicht wird es eines Tages so etwas wie eine „Umwelt des Jahres“ – geben? Weiß man nie.
Doch warum soll „biodeutsch“ ein Unwort sein? Ich persönlich kenne es erst seit ein paar Jahren. Wikipedia erzählt mir, dass es diese Vokabel schon seit den 1990er Jahren gibt. Wo war denn ich die ganze Zeit? Verträumt wie üblich wohl. Ich sollte hier hinzufügen, dass ich auch noch nie eine Folge von „Tatort“ oder „Traumschiff“ geglotzt habe.
„Biodeutsch“ habe ich übrigens erst von meiner Frau erfahren. Irgendein Gespräch wohl im Büro war der Anlass. Um ehrlich zu sein: Ich fand den Begriff lustig.
Gestern im Radio erzählte ein Journalist – er war entweder von der FAZ oder von der Frankfurter Rundschau, habe ich vergessen – dass er zwar gegen jeglichen Rassismus sei (welcher vernünftiger Mensch wäre das nicht?), aber dass er „biodeutsch“ nicht als diskriminierend empfinde, sondern vielmehr als deskriptiv. Vielleicht hat er auch gefragt, wie man sonst knapp zum Ausdruck bringen sollte, dass einer eine lange Tradition im Lande hat? Eine faire Frage.
In den USA gibt es einen Verein mit dem Namen DAR, d.h.: „Daughters of the American Revolution“. Mitglied darf nur ein weibliches Nachkommen derer, die in Amerika lebten, als der Befreiungskrieg gegen England wütete. Darüber hinaus spricht man von den „Mayflower families“. Das sind diejenigen – boys and girls –, die ihre Familiengeschichte bis zur Zeit des „Mayflower“, des Segelschiffs, das 1620 in Neuengland vor Anker ging, zurückzuverfolgen vermögen… wie zum Beispiel die Familie meiner Jugendfreundin.
Der Autor der Frankfurter Zeitung, der den Begriff „biodeutsch“ zumindest einigermaßen gutheißen wollte, stellte auch fest, dass keiner sich aufregt, wenn zwischen „Biobutter“ und sonstiger Butter unterschieden wird. Ob das ein brauchbares Argument ist, vermag ich nicht zu sagen. Dennoch habe ich, ehrlich gesagt, nichts dagegen, liebe Biodeutsche, wenn Sie sich Bio nennen.
Ich bleibe ohnehin bis Ende meiner Tage lediglich ein gut assimilierter Ausländer – und bin sogar stolz darauf!
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