Waren Sie auf der Bezos-Sanchez Hochzeit?
Welch Zufall! Ich auch nicht.
Doch Hand aufs Herz: Haben Sie mehr als fünfzehn Sekunden Ihrer kostbaren Zeit auf Erden mit den ausführlichen (auch mal lästernden) Nachrichten darüber verplempert?
Falls die Antwort „nein“ lautet, dann sind Sie – wie ich – jemand, der sich mit Vorsicht an die Medien antastet.
Falls Ihre Antwort „ja“ lautet, stelle ich Ihnen eine zweite Frage: Hat es sich gelohnt, sich im Detail über dieses Thema zu informieren?
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich möchte weder die „Ja“- noch die „Nein“-Sager auf irgendeine Weise bevorzugen.
Man ist nicht besser, weil man kein Interesse an die Bezos’sche Hochzeit aufbringt, und man ist auch kein alberner Mensch, wenn man…tja…neugierig wird.
Heute geht es mir vielmehr darum, auf die Klatschigkeit der Nachrichten hinzuweisen. Nein, nichts Originales (außer obigem Wort) meinerseits. Hat schon der Amerikaner Neil Postman in den 1980er Jahren bzgl. des Glotzens sehr elegant und auch ausführlich geschildert. Er ist im Jahr 2003 gestorben. Würde er heute noch leben!
Nebenbei: Es gibt momentan überall Kriege. Allerdings werden nur über die „beliebtesten“ berichtet.
Zum Beispiel: Wenn die Aufmerksamkeit der Medien in Richtung Israel oder Iran gerichtet wird, dann erfährt man so gut wie nichts über die Angriffe der Russen auf die Ukraine – oder wenn plötzlich die Ukraine in den Mittelpunkt rückt, weiß man nur wenig darüber, was im Nahe Osten los ist.
Was die anderen grausamen Schauplätze betrifft, etwa Sudan, Kongo, Myanmar usw., da erfährt man ohnehin kaum etwas oder gar nichts – egal wie düster die Lage ist.
Aber halt! Ich habe nicht vor, hier eine Polemik zu schreiben und erst recht kein politisches Pamphletchen. Die Politik war noch nie meine Leidenschaft. Da gibt es genügend andere, die gerne ihre Meinungen ver-öffentlich-en. (Ja, so versteht man die genaue Bedeutung dieser Vokabel).
Lediglich will ich darauf hinweisen, dass sich die Nachrichten – zumindest diejenigen, auf die ich stolpere –, immer weniger über aktuelle Ereignisse befassen und immer mehr – wie Neil Postman ehemals weise erkannte – zu unterhalten beabsichtigen.
Schauen Sie sich mal die ARD bzw. ZDF Fernsehnachrichten an: lange Berichte über den Bauer, der sich bemüht, seine Felder ökologisch zu bestellen. Oder lange Berichte darüber, wie man eine Hitzewelle erlebt, wie man sich abkühlt etc. Und dann geht‘s nahtlos zum Sport rüber.
Klatsch und Unterhaltung. Das wäre es…zumindest meistens.
„Klatsch“ auf Deutsch hört man, wenn einer die Hände gegeneinanderschlägt. So macht man ein bisschen Lärm. Lustig.
Auf Englisch hat man das hübsche Wort „Gossip“: ein alter Begriff, eine Zusammenfügung von „god“ und „sibb“. „God“ ist wie „Gott“. „Sibb“ ist mit „Sippe“ verwandt. Auf Englisch heißt die „Patentante“ „godmother“, der „Patenonkel“ „godfather“ (wie im spannenden Mafia-Film). Früher waren die meisten „Paten“ Frauen. Aus Gründen, die mir unbekannt sind, meinte man in alten Zeiten, dass diese „Patentanten“ gern miteinander klatschten. So eine Klatschtante nannte man auf Englisch „Gossip“. Daraus wurde später ein Abstraktum und ein Zeitwort.
Selbstverständlich klatschen auch Männer gern.
Und weit mehr als Männer und Frauen klatschen auch die Medien, und nun wissen Sie, warum ich keine Einladung zur Bezos-Sanchez-Hochzeit bekommen habe…
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