Am Scharnier der Zweijahretür habe ich manchmal eine Glosse mit dem Titel „Wofür ich dankbar bin“ geschrieben.
Dieses Jahr tu ich’s nicht – aber nicht, weil ich für vieles, was ich habe und bin (bzw. nicht habe und nicht bin), nicht dankbar bin.
Dieses Jahr schreibe ich lieber über die Zeit.
Eigentlich meine ich „Zeit“, womit ich auf ein deutsches Wort hinweise, das einen Sinn und eine Geschichte hat.
Diese Vokabel „Zeit“ hat einen englischen Verwandten namens „tide“, das „Flut“ oder „Gezeit“ bedeutet. Wenn man über „Zeit“ erzählt, geht es immer um einen zählbaren Rhythmus. Das engl. Wort „time“ scheint zu einer sehr frühen…Zeit…mal den Sinn „Messung“ oder „Maß“ gehabt zu haben.
Man kann davon ausgehen, dass Tiere – sorry PETA – kein bewusstes Gefühl für die Zeit haben. Sie leben nach der Zeit – und zwar manchmal viel genauer danach als wir – doch all dies ist purer Instinkt.
Nur dem Menschen fällt es – bewusst – auf, dass alles um ihn einen Rhythmus hat, einen Takt, den man zählen kann. Und voilà! Bald hat man den Tag in Segmenten eingeteilt, die irgendwie auf die Bewegung von Sonne und Mond gegründet sind.
Dann geschah es: Die Menschen erachteten die Zahl zwölf als besonders wichtig. Dies geschah wohl in Babylon oder in Sumer…oder vielleicht viel früher. Irgendwie komisch: Man hat zehn Finger und zehn Zehen. Die Stunden des Tages hat man dennoch gezwölfteilt. Dito die Stunden der Nacht.
So zählten auch die Römer Es waren stets zwölf Stunden Sommer und Winter. Manchmal waren diese Stunden kürzer manchmal länger – je nach der Menge Licht und Dunkel.
Klar: Das mit der Zahl zwölf kommt daher, dass sich der Mondzyklus etwa zwölf Mal wiederholt, bis die Sonne genau da aufgeht, wo er am Anfang des Mondzyklus aufgegangen war. Ein Jahr also.
Komischerweise haben die Ägypter das Jahr in zehn Einheiten eingeteilt.
Und nach und nach hat man Messgeräte (s. Stonehenge) erfunden, um immer genauer die Zeit zu messen, zu zählen.
Aber halt! Es gibt auch die unzählbare Zeit. Womit ich die subjektive Zeit meine. Das ist die ganz persönliche Empfindung über die Länge der Zeit.
Als ich jung war, kam mir – manchmal – die Ereignisse eines Tages (oder ein paar Tage) wie ein Jahr vor. So viel geschah. Im Alter kommt mir – manchmal – ein ganzes Jahr wie ein Tag vor. Kaum hat man sich an eine Jahreszahl gewöhnt, ist sie schon vorbei, und man zählt ein neues Jahr. Wenn ich an das Jahr 2023 denke, scheint es mir, weit zurück zu liegen. Dieses Schicksal hat jetzt 2024 ereilt.
Da ich Liebhabermusiker bin, weiß ich die Zeit zu respektieren. Ich muss das nämlich. Denn wenn ich spiele, muss ich sie einhalten – vor allem, wenn ich mit anderen zusammenspiele. Sonst entsteht Chaos.
Dass man heute mit atomischen Uhren und sonstigen Messgeräten die Zeit in Bruchstücke einer Sekunde messen kann, ist Luxus oder vielleicht ein Fetisch oder vielleicht bloß eine Spielerei – außer vielleicht, wenn man nach Mars fliegt, wo die Zeit dann ganz anders wird. Doch das ist ja ein anderes Thema.
Keine Ahnung, wann Sie diese Glosse lesen werden. Dennoch wünsche ich Ihnen ein gutes Jahr – egal wie lang für Sie ein Jahr dauert – und egal welches Jahr.
Ihr Sprachbloggeur
Was haben Spam-Emails und Blogs gemeinsam?
Antwort: Weder die einen noch die anderen sind zeitgemäß!
Blogs sowieso nicht. Es handelt sich um ein Format aus der Steinzeit des Internets: womit ich das Internet von vor zwanzig Jahren meine. Damals konnten sich alle, die das Bedürfnis hatten, in einem Blog austoben. Dazu gab es genügend neugierige Leser.
Hier etwas Sprachgeschichte: ein gewisser Jorn Barger gilt als Erfinder dieses Kommunikationsbegriffs, der am 17. Dezember 1997 seine Premiere hatte – und zwar in der Form „Weblog“.
Zwei Jahre später, im Mai 1999, überraschte ein weiterer Pionier namens Peter Merholz in seinem Weblog „Peterme“ mit dem Wortspiel „We blog“ – also: „wir bloggen“. Bald wich der „Weblog“ dem „Blog“.
Und nun steht 25 Jahre später auch der Blog an der Kippe. Denn die meisten Blogs werden kaum mehr erachtet. Sie gelten als Digidinosaurier. Klar, es gibt Ausnahmen: diese Seite, zum Beispiel. Denn gewisse Schriftsteller, die sich des Blogs noch bedienen, finden immer Leser.
Manche Blogs haben sich inzwischen in Nachrichtenseiten verwandelt – oder in Seiten, die diverse Hobbys und sonstige Interessen ansprechen: Nähen, Mundharmonika spielen usw. Auch da gibt es weiterhin Internetverkehr.
Die meisten Surfer wenden sich aber lieber an Podcasts, YouTube-Videos, TikTok-Blitze, Instagram, „X“ usw.
Manche YouTube-Videos sind eigentlich altmodische Weblogs. Nur als Film präsentiert. Man muss also nix lesen, nur zuhören, wie die Blogistaner über ihre Ideen, ihre Probleme oder ihre Ideologien erzählen. Das kann manchmal lang dauern und bedeutet eine Zeitinvestition.
Wer Blogs liest, kann, wenn er will, einen Text schnell überfliegen. Wer ein Video sieht, weiß bereits im Voraus genau wie viele Minuten und Sekunden das Erlebnis in Anspruch nimmt. Man kann zwar auch ein Video überfliegen. Es ist aber anders als beim Text – umständlicher halt.
Manche Video-Bloggisten erkennen das Problem. Sie versuchen durch schöne (bzw. grausame) Bilder oder vermittels ein wenig nackter Haut die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu fixieren. Die Uhr tickt dennoch.
Ich persönlich finde die Lektüre eines Blogs entspannender als ein Video zu glotzen.
Aber halt! Ich wollte die Lage der Blogs mit der der Spam-Mails vergleichen. Vorsitzender Google informiert, dass ca. drei Komma etwas Millionen Mails jede Minute weltweit versendet werden, wovon 75% Spam sind.
„Spam“ als Begriff für Müll-Mails entspringt offensichtlich einem Monty Python Film. Ich habe vergessen, aus welchem. Ich kenne das Wort seit vielen Jahren in der Bedeutung von Dosenfleisch. Wie genau das Dosenfleisch via Monte Python zur Bezeichnung für Müllpost wurde, vermag ich nicht zu antworten.
Fest steht: Es gibt Berge von diesem digitalen Unzeug. Allerdings wird das meiste dank „Spamfiltern“ schnell unsichtbar gemacht. Wenn ich dennoch im Spamfilter nachschaue, entdecke ich meistens nur Nonsens: Mails, die so tun, als ob sie von DHL oder einem Supermarkt oder einem Elektronikladen, GMX, Web.de usw. usw. geschickt worden sind. Oder sie versprechen die große Liebe oder einen potenten sexuellen Genuss.
Da sie aber leicht zu erkennen sind, frage ich mich, weshalb sie überhaupt noch geschickt werden? Was verspricht der Aufwand den Spammers? Ich finde keine Antwort.
Anders freilich das „Phishing“, doch das ist wahres Gift – vor allem mit dem Zusatz der neuen künstlichen Dummheit. Das ist aber ein anderes Thema.
Ach ja: Und wie man gerade vom Aus-der-Zeit-fallen redet: Auch die Email scheint ein Auslaufmodell zu sein. Die meisten Kommunikationen finden heutzutage über Whatsapp und Co. statt. Oder?
Fazit: Liebe Bloggisten, Spammer und Emailer ziehen sie sich warm an.
Etwas stimmt nicht. Wie soll ich sonst meine Reaktion auf den totalen Ausfall meines „Kommunikationszentrums“ erklären?
Ich fange am besten am Anfang an.
Dieses Jahr möchte ich – zumindest was mein Leben betrifft – als das „Jahr der vier Router“ bezeichnen. Drei Stück sind bisher kaputt gegangen. Es war eine Router-Krankheit wie ein chronischer Schluckauf. Will heißen: Auf einmal war die Verbindung zum WehWehWeh weg. Paff! Weg! Nach fünf Minuten war sie wieder da. Dies passierte immer wieder. Ein „Aussetzer“ sagt man.
Netterweise bekam ich vom Telekom, meinem Kommunikationsprovider, jedes Mal zügig Ersatz. Mittlerweile kann ich die Dinge bestens selbst einrichten.
Nach dem Ausfall des dritten Routers hatte ich allerdings genug des Spiels und habe mit dem netten Telekom-Zufallsberater über Alternative gesprochen. Der freundliche Mitarbeiter empfahl, auf Glasfaser umzusteigen, der viel zuverlässiger und schneller sei als meine bisherige Kupferleitung.
Ich sagte zu und habe innerhalb kurzer Zeit die ganze Chose schnell wieder vergessen, da nun mit dem vierten Router, alles doch endlich zu funktionieren schien…
…bis dann eines Tages – es ist nicht lange her, deshalb sind die Emotionen noch frisch – um genau 12.03 hatte ich plötzlich einen totalen Kommunikationszentrumsausfall: kein Internet und auch keine „Telefonie“. Alles weg! Egal was ich machte, war die Verbindung nicht wieder herzustellen. Ein Leben plötzlich wie in einem anderen Zeitalter.
Nein. Stimmt nicht ganz. Ich hatte noch mein Handy. Doch es hat nur an einer Seite der Wohnung Empfang.
Und nun kehre ich zum Anfangssatz dieser Glosse zurück: zu meiner Reaktion auf diesen Ausfall.
Prompt habe ich übers Handy den vertrauten Telekom-Störungsdienst angerufen, um den Ausfall anzumelden.
Es stellte sich nun heraus, dass der Tag X gekommen wäre. Das heißt: Ich wurde auf Glasfaser umgestellt. Nur: Leider hatte ich keine Ahnung, wie man diese Glasfaser-Verbindung einrichtet. Vor allem deshalb nicht, weil mir das Telekom keine brauchbare Einleitung zukommen ließ.
Drei Stunden an der Strippe, und ich habe viel Dampf gelassen. „Ich will meine Kupferleitung wieder!“, brummte ich…oder habe ich gebettelt?
„Nein, sorry. Das ist unmöglich. Sie sind von der Kupferleitung abgekoppelt…“
Erst am Abend wurde die Sache endlich geregelt. Ich spare Ihnen lieber die Details. Sie sind hier ohnehin unwichtig. Denn was mir besonders auffiel, war meine Reaktion auf den Ausfall: eine totale Hysterie… zumindest am Anfang.
Halt, habe ich endlich gedacht. Lieber Sprachbloggeur: Ist es dir nicht aufgefallen – ja ich duze mich – , dass du – wie auch viele Menschen internetsüchtig bist? Du bist derart vom WehWehWeh abhängig, dass du scheinbar nicht ohne funktionieren kannst!
Grausamer Gedanke…aber – ach! – wahr.
Was tun?
Momentan reicht die Erkenntnis und das Wissen, dass wir just am Anfang des Digitalzeitalters harren. Künftig wird alles anders werden. Nein, kein Rückzug zum Analogen…aber anders, sehr anders. Warten Sie’s ab.
Ich stelle eine dumme Frage, eine, die beinahe unmöglich zu beantworten ist. Ich stelle sie dennoch. Denn sie ist vielleicht wesentlicher als (beinahe) alles, was man auf TikTok, YouTube, Instagram, Telegram usw. zu sehen bekommt. Sie lautet:
Wie klingt die Sprache der Toten?
Hab ich nicht gesagt?: eine dumme Frage. Denn viele Menschen sind der Meinung, dass die Toten keine Sprache haben, weil sie tot sind und weil, wenn man tot ist, es nichts zu fragen gibt und weil die paar übriggebliebenen Knochen nicht in der Lage sind, Fragen zu stellen.
Vielleicht ist es so. Oder vielleicht nicht. Denn diese Vorstellung ist nur möglich, wenn man das, was wir Leben nennen, zu einem blinden, mechanischen Prozess reduzieren. Das nennen die Wissenschaftler „Reduktionismus“.
Nur: Wenn das Leben auf ein Nichts zu reduzieren wäre, warum ist es so verdammt kompliziert? Alles wegen Nichts?
Und warum existiert neben der Dummheit und der Grausamkeit auch die Schönheit und die Liebe…vor allem die Liebe?
Und warum gibt es so viele Religionen? Zugegeben, ist jede Religion überzeugt, dass sie allein Quelle einer ultimativen Wahrheit ist. Wer nicht dazu zählt, ihm wird eine Hölle oder ein Nachleben zweiter Klasse nahegelegt.
Kein Wunder, dass manche eher glauben, dass es außer dem Jetzt sonst nix gibt und dass wenn man stirbt, man bleibt mausetot. Aus Äpfi amen.
Doch zurück zu meiner Frage über die Sprache im Jenseits.
Gesetzt den Fall, dass es sie gibt, wie klingt die Sprache der Toten?
Irgendwie müsste sie eine universale Sprache sein, die allerlei Seelen verstehen können – egal was sie auf Erden gesprochen haben. Dazu könnte man auch fragen, worüber man sich in einer solche Sprache unterhalten würde?
Huuu. Das sind heute mächtig komplizierte Gedanken, die ich jetzt auf den Bildschirm hinschmettere.
Doch dafür gibt es einen aktuellen Grund: Gerade traf ich auf meine Nachbarin und ihren Sohn. ihr Ehemann, so teilten sie mir mit, sei gerade eben im Krankenhaus gestorben. Er war 95. Sie waren 70 Jahre verheiratet.
Klar. Beim Sterben eines Menschen, den man kennt, kommt man beinahe automatisch auf Gedanken.
Komischerweise hatte ich ein paar Stunden zuvor an ihn gedacht. Vielleicht war er an mir vorbeigehuscht auf seinen Weg in eine andere Erlebensweise.
Was mich zu meiner Frage zurückbringt: Wie redet man miteinander in dieser anderen Erlebensweise?
Hier nun meine Antwort:
Die Sprache der Toten ist musikähnlich. D.h.: Sie ist höchst mathematisch aufgebaut und zugleich in der Lage alles Mögliche auszudrücken…wie halt die Musik ist. Noch dazu kann sie von allen verstanden werden – egal aus welcher Kultur man einst stammte. So ist die Musik.
Irgendwie logisch.
Logisch? Damit will ich sagen, dass hinter allem, was auf diesem manchmal sehr verrückten Planeten geschieht, eine Logik steckt. Ist ja logisch.
Nennen Sie diese Logik, was sie möchten.
Ohnehin findet jeder irgendwann mal selbst eine Antwort auf die Frage, die ich hier gestellt habe.
Meine Empfehlung: Schalten Sie Ihren Rechner, Ihr Phone, Ihr Tablett aus. Dann legen Sie alle diese Geräte – ohne Strom – in eine Schublade – vielleicht mit Ihren Strümpfen oder Unterwäsche zusammen. Nehmen Sie dann etwas Geld (falls Sie noch Bargeld vorrätig haben) und kaufen Sie sich ein Buch oder ein Musikinstrument.
Lesen Sie Ihre Bücher oder spielen Sie Ihr Instrument. Das wird Ihnen vielleicht auch Spaß machen. Falls Sie schwach werden, denken Sie nur daran: Die oben erwähnten Geräte bleiben weiterhin in der Schublade. Derweil gehen Sie ins Kino oder in die Gaststätte oder ins Restaurant. Verabreden Sie sich mit Freunden oder Freundinnen – oder mit beiden. Genießen Sie sich.
Nach fünf Jahren dürfen Sie, falls Sie möchten, die Geräte, die im Schubladen liegen, wieder rausholen. Was Sie dann mit ihnen machen, ist Ihre Sache. Vielleicht wird man in jener schönen neuen Welt ganz anders mit solchen Kommunikationsgeräten umgehen.
Warum mache ich heute diese – zugegeben – etwas radikale Empfehlung? Wie alles auf dieser Seite geht es auch hier um die Sprache. In diesem Fall – schon wieder leider – um ein sog. „Wort des Jahres“.
Bitte, fangen Sie nicht gleich an zu gähnen. Das habe auch ich beinahe getan, als ich erfahren habe, dass ein neues Wort des Jahres kundgetan wurde, zumal ich erst letzte Woche über die „enshittification“ geschrieben habe. Ich war fest davon überzeugt, dass das das neue Wort des Jahres sei.
Fehlansage. Diese Woche geht es plötzlich um ein anderes Wort des Jahres – diesmal vom ehrwürdigen Oxford Wörterbuch auserkoren.
Diese lautere Wortbestimmungsfabrik hat offenbar bestimmt, dass das Wort des Jahres – zumindest für sie – nunmehr „brain rot“ heißt. Eigentlich zwei Wörter – zumindest auf Englisch. Fairerweise sollte man folglich „Begriff des Jahres“ sagen. Auf Deutsch hingegen hieße diese Vokabel „Hirnfäule“ oder „Hirnfäulnis“ oder „Hirnschimmel“…also doch ein einziges Wort.
Hmm. Mir kommt es allmählich vor, als wären diese sog. „Wörter des Jahres“ fast ausschließlich englischsprachig.
Dennoch schreiben die dt. Medien eifrig darüber und merken sich das neue Modewort ein paar Tage, bis der Nervenkitzel vorüber ist.
„Brain rot“? Ja klar: Es handelt sich seitens der Oxford-Leutebestimmt um eine Art „Kulturkritik“. Nach dem Motto: Schaut, Leute. Ihr vermüllt euch täglich die Hirne mit dem Inhalt der sog. online Portalen, mit dem Resultat, dass ihr verdummt…oder so ähnlich.
Doch Hand aufs Herz: Braucht man ein Wort des Jahres, um zu wissen, dass wir uns mit dummem Zeug vermüllen? Denn schließlich leben wir im Zeitalter der „Informationsrevolution“.
Nein. Wir brauchen keinen Tadel aus Oxford.
Meine Frage: Gab es jemals eine Zeit, wo man sich mit Nonsens nicht vermüllt hat?
Beispiel: In den 1980er Jahren hat ein amer. Sozialkritiker, Neil Postman, ein damals kontroverses Buch geschrieben: „We’re Amusing Ourselves to Death“. Er griff den TV-Konsum an als Ursache einer „brain rot“.
Deshalb mein Vorschlag: Abschalten die nächsten fünf Jahre, nur wenn es Spaß macht. Aber wer weiß? Vielleicht wird dann mal alles anders werden. Doch Achtung: Natürlich würde das bedeuten, dass auch ich von Ihrem Bildschirm verschwinden würde. Nicht so tragisch. Mich finden Sie dann bestimmt woanders.
Achtung. Hier finden Sie kein Weltuntergangsgejammer bzgl. der Westlichen Zivilisation. Im Gegenteil. Ich behaupte – egal was die Unkenrufer kreischen –, dass die Westliche Welt kein Auslaufmodell ist. Sie erneuert sich ständig. War schon immer so.
Ich komme auf diesen Gedanken deshalb, weil ich heute zufällig auf das Wort „Enshittification“ gestoßen bin.
Womöglich haben Sie schon etwas davon erfahren. Ich bin nicht der erste, der darüber berichtet. In der FAZ, in der TAZ und in sonstigen Medien finden Sie allerlei darüber. Nebenbei: Ist es Ihnen jemals aufgefallen, dass sich „FAZ“ und „TAZ“ reimen? Daraus könnte man sicherlich ein schönes Gedicht machen! Muss darüber nachdenken.
Aber zurück zur Enshittification. Will heißen: Alles wird zu Scheiße.
Ein gewisser Cory Doctorow, kanadischer Science Fiction Autor und Journalist, hat diesen Begriff 2022 geprägt – und zwar bezüglich der „social“ Medien, die – seiner Meinung nach – je länger sie verwendet werden, desto ärger in die Versumpfung geraten.
Ich muss zugeben, dass mir der Begriff bis vor ein paar Tagen neu war.
Im Internet habe ich gesehen, dass ihn jemand mit „Verschlimmscheißerung“ übersetzt hat. Hübsch. Für mich aber ebenso neu als Begriff wie „Enshittification“.
Wie gesagt: Es geht um die Versumpfung, sprich: zunehmende „Dekadenz“ der sozialen Medien. Diese Online-Instanzen fangen erst mit einem gewissen Idealismus an und werden immer mehr zu rüden Geldgeschäften. Etwa „Twitter“, „Facebook“, „Instagram“, „TikTok“, „YouTube“ usw. Dazu kann ich eigentlich wenig sagen. Mit Ausnahme von YouTube schaue ich bei den anderen Adressen nie vorbei.
Stimmt der Vorwurf aber wirklich?
Braucht man ein Wort wie Enshittification, um festzustellen, dass es bei „Twitter“ (bzw. „X“),“TikTok“, „Tinder“ usw. – sagen wir es vornehm – nicht immer um Zuverlässiges handelt und dass diese digitalen Werkzeuge stets schlechter werden, weil der gemeinsame Nenner allseits „Gewinn“ heißt?
Nun wage ich etwas Dummes zu fragen: Sind die sozialen Medien, um die es hier geht, nicht letztendlich Popkultur wie früher mal Rudi Carrell, Bauer sucht Mäderl, und Th. Gottschalk – mit dem Unterschied, dass man selbst Akteur sein kann? Soll man Wunder erwarten, wenn man sich mit der Popkultur befasst? Immerhin: Bei YouTube kann man alles Mögliche lernen: wie man Kacheln sauber bekommt, wie man Gitarre spielt usw. usw.
Stehen wir wegen der Oberflächlichkeit der sozialen Medien wirklich vor dem Ende der dekadenten westlichen Zivilisation?
Denken Leute tatsächlich so, entgegne ich auf Englisch: „Get a life“ – etwa „reiß dich zusammen“.
Und nun ein schmutziges Geheimnis: Nicht die Westliche Zivilisation ist am Rande der Verschlimmscheißerung, sondern die autoritäre Welt. Damit meine ich – zumindest politisch – China, Russland, Indien, Iran und lauter arabische und afrikanische Staaten.
Ist es Ihnen nicht aufgefallen, dass der Einfluss unserer westlichen „enshittification“ massive Änderungen auf die restliche Welt ausüben? Vor allem deshalb, weil die sozialen Medien alle überall erreichen!
„Enshittification“? Nein. Bloß business as usual. Wir im Westen streiten seit jeher miteinander, treiben Blödsinn und vor allem: Wir experimentieren und erfinden. Umso mehr wird unsere Art und Weise mit der Realität umzugehen ansteckend.
Achtung: Das ist eine gute Nachricht.
Nun habe ich erfahren, dass ein Wörterbuch namens MacQuarie „Enshittification“ zum Wort des Jahres erklärt hat. Gratulierung.
Es lebe die Enshittification!
Heute möchte ich Ihnen ein Buch empfehlen. Das mache ich äußerst selten. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das das letzte Mal gemacht habe.
Lesen Sie die Zeitung, oder schauen Sie sich Nachrichten im Fernsehen oder in den Onlinemedien an? Oder vielleicht sind TikTok oder YouTube Ihre Nachrichtenquelle. Ist im Grunde egal, woher Sie übers Weltgeschehen informiert werden.
Denn, wenn die Medien recht haben, so leben Sie am Rande eines Vulkans, der bald in die Luft geht. Ist nicht neulich in Indonesien oder auf Island oder an beiden Orten so etwas geschehen?
Ja, Gefahr in der Luft. Mucho mucho. Vorsicht und ein leichtes Unbehagen dienen im Augenblick als tägliche Verzehrzugabe. In Deutschland (und anderswo) rechnen manche sogar mit einer Atombombe aus Russland – oder mit noch Schlimmerem: dem Zusammenbruch des Internets! O je.
Aber halt! Habe ich nicht oben gesagt, ich wollte Ihnen ein Buch empfehlen? Ja, und das werde ich jetzt auch tun. Es geht nämlich um eine Lektüre, die Ihnen wieder Hoffnung und eine vernünftige Perspektive beschert.
Nein keine Kitschlektüre. Auch kein Glaubenspamphlet. Das Buch, das ich Ihnen nahelegen will, wird Sie nicht nur erheitern, sondern auf eine Weise Ihre Gedanken erfrischen.
Aber genug des langen Hinauszögerns (übrigens: immer ein nützliches Instrument, wenn man Spannung erzeugen will. Nur ein Tipp für Erzählende).
Das Buch, dass ich hier vorstellen möchte, ist nicht einmal vollständig erhalten geblieben. Es wurde nämlich im 1. Jh n.Chr. geschrieben. Heute weiß kein Mensch, wie lang es ursprünglich war. Nicht einmal der Titel ist gewiss. Wir kennen es als „Satyricon“ (bzw. „Satyrikon“). Der Autor, ein gewisser Gaius Petronius Arbiter (manche sagen Titus Petronius Arbiter), war ein betuchter Partyboy im Hof Neros. Nach Auskunft des römischen Historikers Tacitus, musste er sich das Leben nehmen, weil ein Neider ihn vor dem Kaiser verleumdet habe. Letztendlich weiß man aber nichts über ihn.
Der Satyrikon erzählt die Abenteuer eines gebildeten jungen Mannes namens Encolpius (er ist auch der Erzähler), der mit seinem noch jüngeren Toyboy Giton irgendwo im heutigen südlichen Italienunterwegs ist. Die zwei treffen auf diverse Menschen und Situationen. Im Grunde bietet uns der Autor ein Bild von einem Rom, das man kaum kennt. Man ist auf den rauen Straßen des Imperiums: bei den Reichen, bei den Armen, bei den Hochstaplern, in den Bordells. Man hört den Straßenlärm und trifft ständig auf schräge Zeitgenossen. Die Bilder sind lebendiger als jeglicher Film aus Hollywood.
Ich habe aber gesagt: Es handelt sich um ein Fragment. Tatsache ist: Man weiß nicht, wie das Buch als Ganzes aussah. Wir haben lediglich ca. 100 Seiten davon. Es kann sein, dass es ursprünglich viel viel länger war. Ein wichtiges Motiv des Buches scheint die Impotenz des Erzählers Encolpius zu sein. Irgendwie hat er wohl einen Geheimritus des Fruchtbarkeitsgottes Priapus versehentlich gestört, was seine sexuelle Unfähigkeit verursachte. Die Probleme des Encolpius bereiten – zumindest für Leser – jedoch sehr unterhaltsame Szenen.
Nebenbei, und hier etwas Selbstwerbung: Der Sprachbloggeur hat Elemente dieses antiken Romans zu eigenen Zwecken in einem auf Englisch selbst geschriebenen Roman, „Winston Hewlett’s Impotence“, der dieses Jahr in den USA erschienen ist, nachempfunden. Auch dieses Buch ist eine Komödie.
Warum empfehle ich Petronius (und auch Blumenthal) gerade jetzt? Ganz einfach: Wenn es so scheint, als würde die Welt bald untergehen, ist es hilfreich, sich zu erinnern, dass die Gegenwart bloß ein Augenblick in der langen Geschichte der Menschheit ausmacht.
Petronius malt Ihnen eine Welt, die vor zweitausend Jahren existierte und sich für höchst modern gehalten hat. Blumenthal tut das gleiche über eine Welt, die vor 50 Jahren als Höhepunkt des Modernen galt.
Zweifeln Sie nicht: Ein Blick in die Vergangenheit ist durchaus erfrischend, wenn man den Stellenwert der eigenen Gegenwart überzubewerten neigt.
Endlich haben uns die Außerirdischen kontaktiert und eine Nachricht hinterlassen!
Wieso weiß ich das? Weil ich neulich einen Artikel darüber auf der CNN-Webseite gelesen habe. Ich habe sogar die Botschaft der Außerirdischen gesehen.
Hmm. Wie soll ich diese Nachricht beschreiben? Auf einem schwarzen Hintergrund waren diverse Lichtbündel zu sehen, die aus Lichtpunkten bestanden, manche heller als andere und ein Tick größer. In jedem Bündel waren jeweils fünf oder sechs helle Punkte erkennbar.
Das aber war längst nicht alles. Die hellen Lichtpunkte waren ständig in Bewegung, und zwar quasi von Bündel zu Bündel, wobei der neue Lichtpunkt den Platz eines anderen einnahm. So habe ich es jedenfalls in Erinnerung.
Insgesamt waren das vielleicht sieben oder acht Bündel. Habe ich leider vergessen.
Was ich auch leider vergessen habe, ist wo genau diese Botschaft der Außerirdischen gefunden wurde. Das ist natürlich ein sehr wichtiger Punkt. Vielleicht können Sie das selbst recherchieren.
Leider bin ich aber ein typischer Schnellleser – vor allem, wenn es um Zeitungsberichte oder Internetnachrichtenwebseiten geht. Man kann sonst endlos viel Zeit mit Informationen vergeuden. Und nach einem Tag interessiert sich ohnehin keiner mehr für das, was so wichtig erschien.
Fest steht – oder so habe ich es in Erinnerung: Ein Vater und Tochter – oder war das ein Bruder und Schwester? – kamen auf die Idee, dass hier eine Botschaft von Außerirdischen vorliegen könnte.
Mit anderen Worten: Man weiß nicht, ob es sich tatsächlich um eine Botschaft handelt oder nicht.
Wenn ich mich aber richtig entsinne, vermuteten die Entdecker, dass die Sache etwas mit dem Sinn des Lebens zu tun hatte. Ja, so war es. Klar: Auch dies war lediglich eine Vermutung ihrerseits.
Ich aber möchte nun eine ganz andere Theorie vorführen: Meiner Meinung nach haben die Außerirdischen – falls es tatsächlich um eine Botschaft aus fernster Zeit und fernstem Raum handelt – Anderes im Sinne.
Ich behaupte, dass sie uns eine Warnung geschickt haben. Ich bin sogar überzeugt, dass ich in diesen merkwürdigen Ansammlungen von Lichtpunkten die Wörter „rote Linie“ herausgelesen habe.
Ja, die Außerirdischen wollen uns lediglich auf eine von ihnen gezeichnete rote Linie aufmerksam machen, die wir ja nicht ohne ernste Konsequenzen überschreiten dürfen.
Dieser Begriff „rote Linie“ ist, wie jeder weiß, momentan – auch auf Erden – sehr beliebt. Falls Sie vergessen haben: Der US-Präsident Barack Obama hat ihn als erster in jüngster Zeit verwendet. Damals ging es um eine rote Linie in Syrien, die nicht überschritten werden durfte.
Die Syrer haben diese rote Linie dennoch überschritten, und damit hat Obama als Weltpolitiker gewissermaßen an Schärfe verloren.
Nun ist die Frage: Sind die Außerirdischen – falls sie tatsächlich Urheber dieser Botschaft sind –falls es sich überhaupt um eine Botschaft handelt – Lebewesen wie Obama…oder sind sie doch anders?
All dies wissen wir noch nicht.
Ich würde sagen Fortsetzung folgt…
Die Präsidentschaftswahl in den USA ist nun vorbei. Auf Neudeutsch gesagt: „Sie ist Geschichte“, was eigentlich bloß eine Lohnübersetzung aus dem Amerikanischen ist, die den gleichen Sinn ergibt.
Vor dieser Wahl entschloss ich mich, das Orakel zu fragen, wer als Sieger (bzw. Siegerin) dieses spannenden Zweikampfs hervorgeht. Auf das Risiko hin, dass Sie gleich skeptisch werden, werde ich das Ergebnis dieser Konsultation verraten:
Mein Orakel hat mir die richtige Antwort gegeben.
Notabene: Ich bin amer. Staatsbürger und darf in den USA wählen. Ich habe aber diesmal keinen Gebrauch dieses Rechts gemacht. Weder der eine noch die andere hat mich überzeugt.
Dies sage ich nur nebenbei. Meine Wahlentscheidung wäre ohnehin irrelevant. Hier geht es ausschließlich um die Aussage eines Orakels.
Was für ein Orakel?, denken Sie wohl. Es ging folgendermaßen:
Vorerst habe ich mein linkes Knie den Namen „Trump“, mein rechtes „Harris“ gegeben. Dann begann ich auf Englisch abzuzählen. Damit meine ich: Ich habe mich eines Abzählreims bedient, den ich seit der Kindheit kenne. Ich fing links an und wechselte dann Silbe für Silbe mit dem Zeigefinger die Kniee in dem ich rezitierte:
“Eenie meenie miney mo, catch a tiger by the toe. If he hol-lers let him go. My mo-ther said to pick this one.”
Nebenbei: Die Aussprache der ersten vier Wörter entspräche auf Deutsch „ienie mienie meinie mo“.
Wie dem auch sei. Das letzte Wort, die letzte Silbe also, endete am linken Knie.
Übrigens: In meiner Kindheit sagten wir nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Das war nämlich die alte Tradition. Heutzutage darf man das „N-Wort“ weder sagen noch schreiben (außer man ist selbst schwarz). Ich tue es hier lediglich aus wissenschaftlichen Gründen. Ich kann mich noch erinnern, dass einer uns Kindern eines Tages sagte, es sei nicht mehr zulässig, die alte Version zu verwenden. Ab dann sind wir auf „tiger“ umgestiegen. Eine schmerzlose Veränderung.
Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen, dass dieses „eenie meenie miney mo“ an etwas Deutsches erinnert.
Klar. „Ene mene mu und raus bist du.“
Es sollte selbstverständlich sein, dass beide Abzählreimformulierungen eng verwandt sind. Nur: Haben Deutsche die englische Fassung oder Engländer (und Amerikaner) die deutsche Fassung übernommen?
Das weiß leider niemand mehr. Übrigens: Auch auf Niederländisch findet man diesen Abzählreim. Es gibt jedenfalls verschiedene Theorien über dessen Ursprung.
Manche vermuten, es sei eine Verballhornung der biblischen Stelle im Buch Daniel, an der die Zauberworte „Menetekel“ an der Wand erscheinen.
Manche ahnen einen alten Zauberspruch – sowie „Hokuspokus“ oder „Abrakadabra“. Nebenbei: Erster könnte Nonsens-Lateinisch und zweiter Nonsens-Hebräisch sein.
Es gibt auch die Theorie, dass „ene mene mu“ auf keltische Zahlen zurückgeht – in verballhornter Form freilich. Was wiederum auf einen einstigen keltischen Zauberspruch hinweisen könnte – oder auf etwas schrecklich Alltägliches: das Abzählen von Schafen durch den Hirten.
Kein Mensch weiß jedenfalls Bescheid. Nur einst steht fest: Mit „eenie meenie miney mo“ habe ich triftiger als alle Medienkommentatoren den Wahlsieger in den USA erraten.
Die Präsidentschaftswahl in den USA ist nun vorbei. Auf Neudeutsch gesagt: „Sie ist Geschichte“, was eigentlich bloß eine Lohnübersetzung aus dem Amerikanischen ist, die den gleichen Sinn ergibt.
Vor dieser Wahl entschloss ich mich, das Orakel zu fragen, wer als Sieger (bzw. Siegerin) dieses spannenden Zweikampfs hervorgeht. Auf das Risiko hin, dass Sie gleich skeptisch werden, werde ich das Ergebnis dieser Konsultation verraten:
Mein Orakel hat mir die richtige Antwort gegeben.
Notabene: Ich bin amer. Staatsbürger und darf in den USA wählen. Ich habe aber diesmal keinen Gebrauch dieses Rechts gemacht. Weder der eine noch die andere hat mich überzeugt.
Dies sage ich nur nebenbei. Meine Wahlentscheidung wäre ohnehin irrelevant. Hier geht es ausschließlich um die Aussage eines Orakels.
Was für ein Orakel?, denken Sie wohl. Es ging folgendermaßen:
Vorerst habe ich mein linkes Knie den Namen „Trump“, mein rechtes „Harris“ gegeben. Dann begann ich auf Englisch abzuzählen. Damit meine ich: Ich habe mich eines Abzählreims bedient, den ich seit der Kindheit kenne. Ich fing links an und wechselte dann Silbe für Silbe mit dem Zeigefinger die Kniee in dem ich rezitierte:
“Eenie meenie miney mo, catch a tiger by the toe. If he hol-lers let him go. My mo-ther said to pick this one.”
Nebenbei: Die Aussprache der ersten vier Wörter entspräche auf Deutsch „ienie mienie meinie mo“.
Wie dem auch sei. Das letzte Wort, die letzte Silbe also, endete am linken Knie.
Übrigens: In meiner Kindheit sagten wir nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Das war nämlich die alte Tradition. Heutzutage darf man das „N-Wort“ weder sagen noch schreiben (außer man ist selbst schwarz). Ich tue es hier lediglich aus wissenschaftlichen Gründen. Ich kann mich noch erinnern, dass einer uns Kindern eines Tages sagte, es sei nicht mehr zulässig, die alte Version zu verwenden. Ab dann sind wir auf „tiger“ umgestiegen. Eine schmerzlose Veränderung.
Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen, dass dieses „eenie meenie miney mo“ an etwas Deutsches erinnert.
Klar. „Ene mene mu und raus bist du.“
Es sollte selbstverständlich sein, dass beide Abzählreimformulierungen eng verwandt sind. Nur: Haben Deutsche die englische Fassung oder Engländer (und Amerikaner) die deutsche Fassung übernommen?
Das weiß leider niemand mehr. Übrigens: Auch auf Niederländisch findet man diesen Abzählreim. Es gibt jedenfalls verschiedene Theorien über dessen Ursprung.
Manche vermuten, es sei eine Verballhornung der biblischen Stelle im Buch Daniel, an der die Zauberworte „Menetekel“ an der Wand erscheinen.
Manche ahnen einen alten Zauberspruch – sowie „Hokuspokus“ oder „Abrakadabra“. Nebenbei: Erster könnte Nonsens-Lateinisch und zweiter Nonsens-Hebräisch sein.
Es gibt auch die Theorie, dass „ene mene mu“ auf keltische Zahlen zurückgeht – in verballhornter Form freilich. Was wiederum auf einen einstigen keltischen Zauberspruch hinweisen könnte – oder auf etwas schrecklich Alltägliches: das Abzählen von Schafen durch den Hirten.
Kein Mensch weiß jedenfalls Bescheid. Nur einst steht fest: Mit „eenie meenie miney mo“ habe ich triftiger als alle Medienkommentatoren den Wahlsieger in den USA erraten.
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