Das Betteln ist auch eine Arbeit.
Eigentlich hätte ich das wissen müssen. Einmal erzählte mir Ladi – von ihm kaufe ich „Biss“ – eine Zeitschrift, die von Obdachlosen bzw. Schwerbehinderten verkauft werden, sie werden sogar angestellt…wo bin ich stehengeblieben? Ach ja! Einmal erzählte mir Ladi – der übrigens seit seinem Schlaganfall schwerbehindert ist –, er sei von einem der örtlichen Bettler angesprochen worden, weil dieser dem Ladi seinen Verkaufsstandort am Eingang des Supermarkts strittig machen wollte.
„Er meinte“, so Ladi, „dass mein Standort sehr günstig sei, und er würde ihn für sein Leben gern haben. Ich hab den Neid in seinen Augen wuchern sehen. Ich war mir in dem Augenblick nicht sicher, ob er Gewalt anwenden wollte oder nicht. Dann sagte er mir: ‚Schließlich muss auch ich schwer arbeiten!‘ Ja, das hat er gesagt… dass auch er schwer arbeite.“
„Und meinst Du, dass der schwer arbeitet?“ fragte ich.
„Na ja. Gewissermaßen schon. Er steht da von morgens bis abends mit Papierbecher in Hand und wartet, bis sich einer seiner erbarmt. Irgendwie doch eine Arbeit.“
„Das bringt aber nicht allzu viel ein, oder? Ich zum Beispiel gebe all diesen Bettlern nie etwas. Ich mag die…die…wie soll ich’s sagen?... die Ausstrahlung nicht. Die stehen da auf Krücken gestützt, sind unrasiert, sehen schmutzig aus. Und dann siehst Du sie manchmal abends, wie sie mit Krücke über der Schulter geschwungen wie Tänzer heimwärts tänzeln.“
„So ist es. Aber dieser Typ – und das hat mich geärgert – meinte, ich sei einer wie er, wohingegen ich wirklich arbeite. Ich verkaufe eine Ware, diese Zeitschrift, an die Kundschaft, und es ist keine leichte Arbeit. Von morgens bis abends wartest und wartest du auf Kundschaft – wie jeder Ladeninhaber. Bloß, mein Laden ist nur eine kleine Ecke am Eingang eines Supermarkts.“
Natürlich hatte Ladi recht. Er arbeitet wirklich schwer. Denn er bietet ein Produkt feil: eine Zeitschrift, die übrigens sehr lesenswert ist. Zwar verkauft er nur eine einzige Ware, aber Zeitschrift ist Zeitschrift. Außerdem zu Weihnachten schenkt er seinen Kunden Schokoladenherzen. Das tun manche Ladeninhaber ebenso.
Und die Bettler? Was verkaufen sie? Die Antwort fällt mir schnell ein: nix. Sie ziehen sich so an, um möglichst viel Mitleid zu erregen. Manche haben sogar richtige Gebrechen, die sie auf unappetitliche Weise zur Schau stellen, manche simulieren halt. Und der Kunde? Er legt ein paar Münzen in den Papierbecher und bekommt dafür – zumindest für eine kurze Zeit – ein reines Gewissen – oder wenigstens ein gutes Gefühl, dass er – oder sie – etwas Konkretes gegen die Armut dieser Welt geleistet hat.
Eigentlich könnte man sagen, dass die Bettler – ich rede von denen in München – auch irgendwie Angestellte sind – allerdings ohne bezahlten Urlaub oder Krankenkasse. Denn sie arbeiten stets für einen Chef. (Sie glauben nicht im Ernst, dass diese Bettler das Geld, dass sie erbetteln, für sich behalten…oder?).
Dieser Arbeitgeber macht sich durch die Arbeit seiner „Angestellten“ ein schönes Leben. Als Lohn füttert er seine Mitarbeiter und bietet ihnen eine warme Schlafstelle. Dafür müssen sie aber von morgens bis abends irgendwo im Freien stehen und mithilfe ihres schäbigen Aussehens Münzen erbetteln. Manchmal hab ich den Chef gesehen. Er kommt im Auto vorbei, ist chic angezogen und sammelt die Münzen seiner Arbeiter ein. Das Geschäft muss wohl profitabel sein, sonst gäbe es es nicht…
Und jetzt kurz etwas Sprachliches. Schließlich sind Sie beim Sprachbloggeur! Bedenken Sie, wie ideenreich vor vielleicht tausend Jahren die Sprecher dieser dt. Sprache waren. Sie haben sich das Wort „betteln“ ausgedacht, und zwar als Verkleinerungsform von „bitten“. Noch dazu kannten sie ein Wort „Beten“, dass irgendwie mit den anderen zweien verwandt war. Alles irgendwie mit der Idee von „verlangen“ verwandt.
Doch was ist mit „bieten“? Sieht den anderen ähnlich aus, hat aber eine ganz andere Bedeutung. Das eine Wort weist auf ein Habenwollen, das andere auf ein Geben! Komisch. Oder?
Fakt ist aber: „bieten“ und „bitten“ sehen zwar ähnlich aus, sie sind jedoch sprachlich überhaupt nicht verwandt. Würde man das nicht wissen, könnte man allerlei verkorkste Theorien übers Geben und Nehmen aus dem Boden stampfen. Und jetzt wissen es auch Sie!
Heute wenden wir uns den Veganern zu.
Wissen Sie, woher das Wort „Vegan“ kommt? Es ist eine Schöpfung des Engländers Donald Watson, der 1944 – also mitten im Zweiten Weltkrieg –, die „Vegan Society of England“ mitgründete. Die Vokabel „Vegan“ hat er aus den ersten drei und letzten zwei Buchstaben des englischen „VEGetariAN“, sprich Vegetarier, hervorgezaubert.
1979 beschrieb die Vegan Society in England den Begriff folgendermaßen:
„Veganismus ist eine Lebensweise, die versucht - soweit wie praktisch durchführbar - alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren für Essen, Kleidung und andere Zwecke zu vermeiden; und in weiterer Folge die Entwicklung und Verwendung von tierfreien Alternativen zu Gunsten von Mensch, Tier und Umwelt fördert. In Bezug auf die Ernährung bedeutet dies den Verzicht auf alle Produkte, die zur Gänze oder teilweise von Tieren gewonnen werden.“
Veganer verzichten also auf Eier, Milch, Wolle usw. Das tun Vegatarier hingegen nicht.
Watson war nicht der erste, der auf diese radikale Idee gekommen ist. Bereits 1933 plädierte der Deutsche Bruno Wolff, Vorsitzender des 1892 gegründeten Vegetarierbundes Deutschlands – „VEBU“ genannt – für eine rein pflanzliche Ernährung.
Diese Idee Wolffs erntete damals seitens des Obervegetariers Deutschlands Adolf Hitler kein Wohlwollen. Vielmehr ließ der Obernazi den VEBU 1935 dichtmachen. Begründung: Der Vegetarianismus verwandle Menschen in Pazifisten, was ihn nicht behagte, aber was offensichtlich nicht immer stimmt. Siehe Hitler (ich glaube Himmler auch).
Den Engländer Donald Watson hingegen schon. Er blieb – auch im Krieg gegen Nazideutschland – ein eingefleischter Pazifist. Eingefleischt? Hmm, vielleicht muss ich nach einem anderen Wort suchen. „Eingepflanzerlt“? „Bodenständig“? Der 1910 geborene Watson starb übrigens 2005.
Watson begründete seine Abneigung gegen das Schlachten von Tieren folgendermaßen:
„Ich war umgeben von interessanten Tieren. Sie ‚gaben‘ alle etwas: Ein Pferd zog den Pflug, ein anderes zog den Einspänner, die Kühe gaben Milch, die Hennen gaben Eier und der Hahn war eine nützliche Alarmanlage – zu dieser Zeit hatte ich noch nicht erkannt, dass er auch noch eine andere Funktion innehatte. Die Schafe gaben Wolle. Ich konnte nie verstehen, was die Schweine hergaben, aber sie waren so freundliche Kreaturen – immer froh, mich zu sehen.“
Der Clou: Die freundlichen Schweine trugen nichts zum Wohlergehen der Menschheit außer durch das Aufopfern des eigenen Fleisches. So begann in Watson ein Umdenken.
Wenn ich ganz ehrlich bin: So verstehe ich bis heute nicht, warum die Veganer so vehement gegen den Verzehr von Milch und Eier sind – oder was ihnen am Gebrauch von Wolle so juckt.
Und noch eine Frage an die Veganer: Wieso finden Sie es in Ordnung Pflanzen zu essen? Was Watson und Wolff vielleicht nicht wussten: Auch Pflanzen haben Gefühle. Noch dazu: Sie wehren sich heftig, um von Fressfeinden – unter ihnen dem Mensch – nicht konsumiert zu werden.
Und zwar dadurch, dass sie Gifte produzieren, die den Fressfeind durchs Krankmachen eine Lektion erteilen sollten. Was für Gifte? Zum Beispiel Fruktose, Laktose, Gluten. Das habe ich neulich in einem Buch mit dem Titel „Ist es wirklich Reizdarm?“ vom Mediziner Maximilian Ledochowski gelesen. Ebenfalls produzieren viele Getreidesorten sog. ATIs (Amylase-Trypsin-Inhibitoren). Das sind Enzymblocker, die das Verdauen von Pflanzen (sprich: von sich selbst) erschweren. In Menschen verursachen diese ATIs, so Ledochowski, Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall – auch „Reizdarm“ genannt.
Beinahe hört man den Schrei der Halme, als sich der Drescher nähert!
Douglas Watson lebte zwar 95 Jahre. Hat er aber vielleicht jahrelang unter Reizdarm gelitten? Die Rache der Pflanzen gegen ihre Mörder kennt keine Gnade!
Vor vielen Jahren hat mir Freund Graham Mackintosh (Gott hab ihn selig) mitgeteilt, er wolle ein Buch über Indianer-Foltermethoden schreiben. Hier ein paar Beispiele aus seinen Recherchen:
Eins: Die Apachen pflegten nackte Gefangene mit Honig zu beschmieren, um sie dann auf einem Ameisenhügel, an Hand- und Fußgelenken an Pflöcken zu befestigen und von den Ameisen bei lebendigem Leib fressen zu lassen. Am Schluss blieben nur noch Knochen übrig.
Zwei: Jedem Irokese Jüngling wurde ein Lied eingeprägt, das er für den Fall zu singen hatte, sollte er vom Feindesstamm gefangen genommen werden. Gefangene wurden nämlich vom Feind (leider den Namen des Feindesstammes vergessen) zu Tode gefoltert. Sie wurden an einem Pfahl festgebunden und dann stundenlang misshandelt, bevor man sie sterben ließ. Der ganze Stamm nahm an dieser argen Grausamkeit teil: Männer, Frauen, Kinder und Greise. Während der scheinbar endlosen Tortur, hielt sich der Gefolterte stets mittels seines Folterlieds zumindest einigermaßen bei Sinnen. Er brüllte das Lied wacker und lautstark in die Welt hinein.
Leider habe ich die anderen Torturen, die er gesammelt hatte, vergessen. Ich glaube, er kam nie dazu, sein Buch zu schreiben. Schade. (Nebenbei: Er war ein begnadeter Drucker und Verleger der damals neuen Literatur).
Wieso fällt mir Graham Mackintosh ein? Klar! Stichwörter Winnetou und Ravensburger Verlag.
Zur Erinnerung: Als Begleitliteratur zum Marketing des neuen Kinderfilms, „Der junge Häuptling Winnetou“, hat der Ravensburger Verlag ein Kinderbuch zum Thema an den Tag gelegt. Normaler Vorgang. Keiner hatte mit dem „Shitstorm“ in den Sozialmedien wegen des Buches gerechnet. (Notabene: Über das Wort „Shitstorm“ habe ich schon mal ausführlich geschrieben. Bitte googeln).
Die aufgebrachten Gegnermasse sind aber schnell auf die Barrikaden gegangen. Die gängigsten Beschimpfungen lauteten: „kolonialistisch“, „rassistisch“ und selbstverständlich: „kulturelle Aneignung“.
Wie die Ameisen um den Honig schwärmten diese „Gerechten“ umher, um die Rechte der vermeintlichen Unterdruckten bzw. Diskriminierten einzufordern.
Der Ravensburger Verlag zog die Konsequenzen umgehend: Zuerst die bußfertige Entschuldigung, dann folgte der Einzug der Bücher. Projekt gekippt.
Ende der Story? Nein, wahrscheinlich erst der Anfang. Fortsetzung folgt mit Sicherheit…
Nun eine ganz andere Story. Diesmal aus den USA. Diese Geschichte fängt ebenso harmlos an wie ein Karl May Roman: Junge Eltern in San Franzisko stellten fest, dass ihr zweijähriger Sohn eine Schwellung am Penis hatte, die auch wehtat. Es war während eines Corona-Lockdowns. Sie machten sich natürlich Sorgen und riefen den Kinderarzt an. Der Arzt, der sie nicht empfangen konnte, schlug vor, dass man ein Foto der entzündeten Stelle knipse, um dies an ihn via Internet zukommen zu lassen.
Gesagt, getan und zwar mit dem Telefon des Vaters. Nach wenigen Tagen wurde das G-Mail-Konto des Vaters – wie auch alle sonstige Google Dienste – gesperrt. Warum: Weil – so Google – der Mann habe kinderpornografische Inhalte via Google verschicken wollen. Bald wurde auch die Polizei eingeschaltet. Die Familie bekam offiziellen Besuch.
Großes Hickhack. Aber zum Glück nur kurz. Ein Bericht des Arztes hat die Sache geklärt. Geschwind erkannte die Polizei die Schuldlosigkeit des Vaters an. Google blieb jedoch stur. Was heißt „blieb“? Bis heute bekommt dieser Mann, Mark mit Vornamen, so die New York Times, kein Google-Konto mehr. Begründung: Solche Bilder dürfen über Google nicht geschickt werden. Aus Apfel Amen.
Fakt ist: Dank des Fortschritts in der künstlichen Intelligenz ist Google längst in der Lage, alles Mögliche inklusive Kinder Pornografie bereits unterwegs abzufangen – was einerseits gut ist. Nur: Die Software kann zwischen harmlos und kriminell nicht unterscheiden. Einmal erwischt, gibt es kein Pardon mehr von Google – auch nicht wenn einer unschuldig ist!
Diese Geschichte gibt natürlich Grund zur Sorge: Erstens, weil Google so viel über uns weiß und zweitens, weil Google praktisch uneingeschränkte Macht besitzt.
Nebenbei: Apple führt ein ähnliches System ein.
Was haben Winnetou und Google gemeinsam? Eigentlich wenig. Nur zwei Storys aus dem ersten Viertel des 21. Jahrhunderts. Glauben Sie mir: Es kann nur bunter werden, bis alles wieder gut ist.
Sprachbloggeur: Möchten Sie wirklich meinen Presseausweis sehen?
Kurator: Sehr gern, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Man weiß nie…
SB: Wie meinen Sie, man weiß nie?
Kurator: Tja. Ich verstehe. Sie fühlen sich vielleicht…sagen wir…vor den Kopf gestoßen, als würde ich quasi an Ihrer Identität zweifeln. Das wollen wir auch nicht, nicht wahr?
SB: Sie meinen also…ich könnte mich deshalb als Opfer fühlen…
Kurator: Sie haben es gesagt. Natürlich habe ich eine Antenne für eine solche Reaktion. Schließlich bin ich Kurator des größten Museums der Viktimologie auf der Welt – zumindest der westlichen Welt. Es gibt sehr wohl erhebliche Konkurrenz aus anderen Kulturkreisen.
SB: Zum Beispiel.
Kurator: Sagen wir so: Im Grunde sind wir die einzigen, die den Namen „Museum der Viktimologie“ verwenden. In anderen Kulturkreisen ist die Rede oft von „historischen Museen“. Da wird quasi die Geschichte einer jeweiligen Kultur bzw. eines jeweiligen Volkes mit Schwerpunkt Leiden erzählt – Opferbewusstsein halt.
SB: Ich verstehe. Vielleicht würden Sie mir netterweise verraten, warum Sie den Fachausdruck „Viktimologie“ verwenden? Kein Mensch benutzt diesen Begriff, der eine Vokabel „Viktim“ voraussetzt, die es in der deutschen Sprache eigentlich nicht gibt.
Kurator: Eine sehr gute Frage. Nur: Darf ich Ihre Frage mit einer Frage beantworten?
SB: Selbstverständlich…
Kurator: Wie würden Sie unser Museum nennen wollen, wenn Sie nach einer Gesamtthematik suchten? Bitte antworten Sie nicht mit „Historisches Museum“ oder dergleichen wie es bei den anderen üblicherweise der Fall ist. Schließlich – und dies bitte nicht zu vergessen – verfügen wir über die größte Sammlung von Gegenständen und Zeugnissen des Opferbewusstseins auf der ganzen Welt. Oder meinen Sie, dass „Museum des Opferbewusstseins“ etwa schöner bzw. aussagekräftiger klingt wie „Museum der Viktimologie“?
SB: Na ja, ich habe bloß gedacht, dass es vielleicht schön wäre, den Namen des Museums mit einem Begriff zu formulieren, den jeder auf Anhieb versteht.
Kurator: Einspruch, lieber Herr Sprachbloggeur! Überlegen Sie: Was wäre das Schlimmste, der „GAU“ sozusagen, würde ein Mensch das Wort „Viktimologie“ nicht verstehen?
SB: Tja. Wahrscheinlich würde ihn das irritieren. Oder vielleicht denkt er: Man nimmt mich nicht ernst. Man gibt dem Museum einen Namen, den ich nicht verstehe, damit ich mich dumm und minderwertig fühle…
Kurator: Eben! Jetzt haben Sie verstanden! Und so gelingt es uns quasi als Stimmungsmacher eine…wie soll ich sagen?... passende „Schwingung“ gleich zu erzeugen. Demzufolge betritt einer unser Museum mit einem bereits vorprogrammierten Unwohlsein! Verstehen Sie?
SB: Verstanden. Hut ab. Alles prima durchdacht. Ach, nicht zu vergessen: Sie haben mir eine private Führung durch die scheinbar endlosen Ausstellungsräume des Museums versprochen...
Kurator: Na ja, „endlos“ ist etwas übertrieben. Wobei wir eine Art Vollständigkeit doch erstreben – insoweit das überhaupt möglich ist. Ich muss Sie dennoch um ein bisschen Geduld bitten, wissen Sie.
SB: Selbstverständlich. Müssen Sie zuerst etwas erledigen?
Kurator: Jaaa, gewissermaßen. Es geht nur um Ihren Presseausweis. Wir müssen ihn noch etwas detaillierter kontrollieren. So sind hier die Regeln. Nur eine Formalität…
SB: Sie meinen, dass Sie nicht überzeugt sind, dass ich ICH bin?
Kurator: Nein, um Gottes willen, so was unterstelle ich Ihnen keinesfalls. Wie gesagt. Es handelt sich lediglich um eine kleine Formalität. Und dafür bitten wir um ein Quäntchen Geduld. Es könnte allerdings ein wenig dauern. Vielleicht möchten Sie sich hinsetzen. Ich werde Ihnen das Wartezimmer zeigen…
Desdemona ist der Name einer Roboterin und wurde im US-Bundesstaat Washington von einem Informatiker namens Ben Goertzel, der seit 25 Jahren Recherchen in der künstlichen Intelligenz betreibt, gebastelt. Goertzel ist allerdings nicht nur Informatiker, sondern auch Musiker. Kein Wunder, dass die von ihm programmierte Desdemona neulich als Sängerin in seiner Band auftrat. Keyboard, Gitarre, Saxofone und…Desdemona.
Ich habe über dieses Ereignis in der New York Times gelesen. Der Autor des Textes, Cade Metz, ist selbst Spezialist für Robotik. Ein Foto von Desdemona ist in der Zeitung zu bewundern: lila Haare, schwarzes Kleid und leerer Barbiedoll-Look – irgendwie das Aussehen einer Sexpuppe.
Dr. G. war beim Desdemona-Auftritt wahrhaftig wie aus den Socken gehauen. Diese Maschine könne richtig grooven, sein erster Gedanke, und dann: Hmm. Kann es möglich sein, dass diese künstlich intelligente Figur so etwas wie ein…eigenes Bewusstsein habe, dass sie also empfindungsfähig sei?
Man könnte diese Frage auch anders formulieren: Sind Roboter nunmehr in der Lage, quasi selbstständig zu empfinden? Haben wir jetzt durch unseren Erfindungsgeist begonnen, uns überflüssig oder zum Sklaven von Maschinen zu machen?
Zur Erinnerung: Erst vor wenigen Wochen behauptete ein Ingenieur namens Blake Lemoine, der bei Google arbeitete, dass die Firma eine Software entwickelt habe, die selbstständig Wörter erzeugte. Sein Fazit: Diese Software sei seines Selbst bewusst…empfindungsfähig also.
Die Story hat überall große Schlagzeilen gemacht. Google leugnete schnell, und Blake Lemoine wurde bald von seinem Arbeitgeber fristlos vor die Tür gesetzt. Fertig. Ende der Geschichte oder erst der Anfang?
Doch nun zurück zu Dr. Goertzel. Nach dem beeindruckenden Auftritt seiner Sängerin, überlegte er etwas nüchterner über die Maschinenintelligenz seiner Desdemona und kam zur folgenden Schlussfolgerung. Nein, Desdemona war eben kein neues Sternchen am Popstar-Himmel. Seine poppige Roboterin war letztendlich nichts anders als die Gesamtheit der Musikalität, die er in der Maschine einprogrammiert hatte.
Fehlanzeige also? Doch keine empfindungsfähigen Roboter? Nun ein Zeitsprung:
Bereits in den 1960er Jahren hatte der amer. Informatiker Joseph Weizenbaum eine künstliche Psychotherapeutin namens „Eliza“ zusammengebastelt. „Eliza“ wurde so programmiert, dass „sie“ eine Art Gesprächstherapie durchzuführen vermochte.
Hier ein kurzer Ausschnitt aus einem Gespräch zwischen einer Patientin und „Eliza“:
Eliza: Stört Sie etwas?
Patientin: Männer sind alle gleich.
Eliza: Wie meinen Sie das?
Patientin: Sie ärgern uns immer mit irgendetwas.
Eliza: Haben Sie ein Beispiel?
Patientin: Mein Freund wollte, dass ich zu Ihnen komme.
Eliza: Ist es Ihnen wichtig, dass ihr Freund wollte, dass Sie zu mir kommen?
Patientin: Er meint, ich sei meistens deprimiert.
Eliza: Das tut mir leid, dass Sie deprimiert sind…
Etc.
Vielleicht erinnert Sie dieses Gespräch an etwas? Im Grunde sind die Gespräche, die Sie mit der Bank, der DB, dem KVR usw. führen, nicht viel anders. Sie stellen eine Frage. Die Maschinenstimme gibt Antwort oder stellt eigene Fragen. Heute nennen wir das eine „Chatbox“. Manche Informatiker halten Weizenbaum für den Erfinder der „Chatbox“.
Nebenbei: Weizenbaum stellte zu seinem Entsetzen fest, dass die meisten „Patienten“ gern mit „Eliza“ redeten. Sie waren jenseits von aller Vernunft überzeugt, dass das Gespräch, dass sie mit „Eliza“ führten, echt war. Diese Leichtgläubigkeit bezeichnete Weizenbaum als „wahnhaftes Denken“. Heute spricht man in gewissen Kreisen vom „Eliza-Effekt“.
NY Times Reporter Cade Metz fragt sich, wohin diese Chatbox-Technologie führen könnte, und er bekommt Angst. Denn die Leichtgläubigkeit mache es möglich, dass bald ausgeklügelte Chatboxen das Internet in eine Lügenfabrik verwandeln und unbrauchbar machen.
Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie Desdemona, was sie davon hält.
Nachricht von DHL: Man (oder frau) will mir ein Paket zustellen und verlangt eine „Beschtetigung“. Was mache ich? Ich lösche die Mail natürlich. Das Irrwitzige: Diese Mail erreicht mich zeitgleich mit einer authentischen Zustellankündigung von DHL. Denn ich erwarte wirklich ein Paket.
Wie soll ich diese Gleichzeitigkeit der Mails bewerten? Zufall? Oder haben Verbrecher die DHL-Seite längst gehackt? Schon möglich, oder? Kommt immer wieder vor – auch wenn man bisher in der Zeitung bzgl. DHL nix darüber gesehen hat. Fest steht jedenfalls. Die DumpfköpfInnen, die von mir die „Beschtetigung“ abverlangt haben, waren sicherlich SchulschwänzerInnen.
Wahrscheinlich arbeiten sie auch mal als falsche PolizistInnen, die alten Damen und Herren um ihren Schmuck und ihr Bargeld bringen.
Die gute Nachricht: Am Schluss landen solche GaunerInnen unter der Brücke, oder sie sterben jung.
Aber die Gerechtigkeit ist heute nicht mein Thema. Obwohl es sie gibt, ob man daran glaubt oder nicht. Heute warte ich lieber – wie oben angekündigt – mit einer kurzen Abhandlung über die Sprache der Tiere auf.
Ich komme momentan auf dieses Thema, weil ich neulich etwas über die Tiersprache in den Medien gestoßen bin. Wissenschaftler haben festgestellt, so hieß es, dass Tiere in der freien Natur – in diesem Fall waren es Schimpansen – „kooperativ“ miteinander kommunizieren. Ich habe den Text nur schnell überflogen. Denn das Thema ist mir schon lange bekannt.
Natürlich geht man davon aus, dass sich weder Schimpansen noch andere Tiere übers Wetter oder über die Börse oder über spannende Bücher unterhalten. Genauer gesagt: Sie kennen nur zwei Themen: 1.) Bedürfnisse befriedigen und 2.) Gefahr hinausposaunen.
Jeder weiß, dass sich manche Tiere, z.B. Wölfe, Löwen, auch Krähe, Elefanten, Affen etc., zusammentun, um auf der Jagd strategische Infos auszutauschen. Jeder spielt seine Rolle bei der Attacke. Sie tun dies allerdings nur, wenn sie unbedingt auf die Hilfe ihrer Mittiere angewiesen sind. Sonst vermeiden sie tunlichst die anderen, um eine ergatterte Mahlzeit für sich allein zu schnabulieren.
Eine Gefahrsituation erfordert ebenfalls Kooperation. Denn es geht ums Überleben der Gesamtheit. Da hilft es dann, wenn alle wissen, der Feind ist nahe. Grad dies habe ich vor ein paar Tagen beobachtet. Vom Fenster aus sah ich unten eine Amsel. Sie war sehr aufgeregt und hat unentwegt lauthals gezwitschert. Der Ton klang ausgesprochen ätzend – beinahe aggressiv. Es war klar, dass etwas im Busch war. Nicht nur etwas, denn nun nahm ich die bedrohliche Katze, die auf der Straße herumschlich, wahr. Das Gezwitscher hat die Katze in der Tat verunsichert. Vor allem, weil auch andere Amsel an diesem unheimlichen Chor teilnahmen, bis die Katze endlich die Botschaft verstand und die Weite suchte.
All dies ist eindeutig die Sprache der Tiere.
Wenn allerdings keine Kooperation nötig ist, kennen Tiere – alle Tiere – nur ein einziges Wort, egal wie sie es „sagen“ – ob gezwitschert, gewauwaut, miaut oder gebrüllt: Das Wort heißt: ICH. Genauer gesagt: ICH! ICH! ICH! ICH! ICH! usw.
Ich weiß dies, weil ich mal ein Buch über sog. Wolfskinder veröffentlicht habe – in drei Fassungen sogar. In diesem Buch habe ich auch ein paar Kapitel über die Sprache der Tiere gewidmet. Insbesondere habe ich mich auf jene Tiere fokussiert – sprich: Schimpansen und Gorillas –, denen der Versuch gemacht wurde, die Menschensprache beizubringen. Allerdings in Form von einer Gestensprache.
Folgendes habe ich festgestellt: Ein Gespräch mit einem Tier kann schnell langweilig werden. Hier zum Beispiel eine Unterhaltung zwischen Koko dem Gorillaweibchen (inzwischen an Altersschwäche gestorben) und ihrer Pflegerin, Penny Patterson:
Frage: Was willst du zu Weihnachten?
Koko: Süßigkeiten, Medizin-Süßigkeiten [d.h. Vitamin C], Apfel.
Frage: Bist du glücklich?
Koko: Ich gut.
Frage: Wie ist das Leben unter Menschen für dich?
Koko: Menschen gut. Ich durstig.
Frage: Willst du einen Hund?
Koko: Süßigkeiten
Etc.
Und jetzt kehren wir kurz zu jenen LoserInnen, die von mir eine „Beschtetigung“ für die „Zustellung“ eines Pakets verlangt haben. Nun wissen Sie es: Auch Menschen reden manchmal nur die Sprache der Tiere.
Erinnern Sie sich an Julius Cäsar? Es wäre ein Wunder, wenn nicht. Schließlich befinden wir uns momentan in einem Monat namens Juli. Auf Ungarisch heißt dieser („dieses“ in Österreich) Monat sogar „július“ (sprich „juliusch“). Es geschieht äußert selten, dass ein Eigenname zum Monatsnamen wird. Genauer gesagt: Es ist nur zweimal der Fall gewesen: im Juli und im „August“. Zweiteres nach Augustus Cäsar genannt.
Wetten, dass Hitler, Mao, Stalin und vielleicht Putin gerne als Monate in die Geschichte eingegangen wären. Aber warten wir’s ab. Was noch nicht ist, kann immer werden.
Doch zurück zu Julius Cäsar. Er ist nicht nur als Namensgeber eines Sommermonats zum Ruhme gekommen, sondern auch als fleißiger Feldherr – insbesondere, weil er Gallia, das für ihn dreiteilig war und das heutige Frankreich ist, erobert hat.
Damals als Julius C. noch lebte, bewohnten die Gallier wohl beide Seiten der Alpen. Aus diesem Grund differenzierte Julius C. – wie auch andere Römer – zwischen „Gallia cisalpina“ und „Gallia transalpina“. Zu Deutsch: Gallien auf dieser Seite der Alpen“ und Gallien jenseits der Alpen.
Diese Feinheit der europäischen Geographie ist heutzutage vielleicht nicht mehr so geläufig wie ehemals, als die Hörsäle der Unis und die Klassenzimmer der Gymnasien vor Lateinisch lernenden… ähm… Studierenden… nur wimmelten. Die Zeiten ändern sich ebenso wie die Sprache.
Aber nochmals zu den Alpen, die, wie gesagt, sowohl als „cis“ (diesseits) wie auch als „trans“ (jenseits) betrachtet werden können.
Haben Sie schon erraten, wohin unsere Alpenreise führt? Davon gehe ich aus. Denn diese Präpositionen, „cis-“ und „trans-“ feierten vor wenigen Jahren ihre Wiedergeburt, und zwar als wichtige Begriffe im Bereich des heutigen Genderismus.
Jetzt wird diese kurze Abhandlung, so fürchte ich, kompliziert. Denn es obliegt uns seit dieser Wiedergeburt, tunlichst zwischen „Geschlecht“ und „Gender“ zu unterscheiden. (Notabene: zweiter Begriff, „Gender“, ist eigentlich kein dt. Wort). Das, was wir unter „Geschlecht“ verstehen, entpuppt sich, so die Genderisten, als schnöder biologischer Terminus. Wird ein Mensch mit einer Art „Pendelding“ zwischen den Beinen geboren, bezeichnet (bzw. bezeichnete) man sein biologisches „Geschlecht“ traditionell als „männlich“. Kommt hingegen ein Mensch quasi mit einer Art Vertiefung zwischen den Beinen auf die Welt, verwenden wir, so die Genderisten, die biologische Kategorie „weiblich“. Alles klar?
So viel zu „Geschlecht“. Altmodisches Zeug. Jetzt wenden wir uns dem frischen Wind des „Gender“ zu. Früher bedeutete „Geschlecht“ und „Gender“ irgendwie das gleiche. Und „Gender“ – genauer gesagt „Genus“, war der gängige Begriff in der Grammatik, um Sachverhalte wie „der“, „die“ und „das“ zu beschreiben. Das gleiche Wort gibt es auch auf Französisch: „genre“. Es bedeutet „Typus“ und wird gern in der Kunst gebraucht, um die verschiedenen…ja…“Genres“…zu unterscheiden. Auf Lateinisch bedeutet „genus“ „Typus“ und auch „Familienstamm“.
Heute ist alles plötzlich anders. Denn seit einigen Jahren taugt das sog. „biologische“ Geschlecht wenig für diejenigen, die sich „Genderisten“ (oder muss das „Genderist*Innen“ heißen“?) nennen.
Für sie ist man „cis“ oder „trans“. Fertig. Genauer gesagt: Eine „cis-Frau“ beschreibt einen Menschen, der mit oben erwähnten „Vertiefung“ auf die Welt gekommen ist und sich deshalb als „Frau“ (d.h. Mensch, der menstruiert) versteht. Beim „cis-Mann“ ist es ähnlich. Er hat jenes Pendelding zwischen den Beinen und will als „Mann“ anerkannt werden, der auf „cis-Frauen“ steht.
Doch nun gibt es auch die „trans“-Menschen. Darüber muss ich nicht näher eingehen. Wer sich in den Massenmedien auskennt, weiß schon Bescheid. Es genügt zu sagen: Das sind die Menschen, die sich – egal wie es zwischen den Beinen aussieht – nach Gutdünken als „Mann“ oder „Frau“ bezeichnen. Will heißen: als „trans-Mann“ bzw. als „trans-Frau“.
Nebenbei: Diese neue Terminologie ist wohl die Erfindung eines dt. Sexologen Volkmar Sigusch und erschien in einem 1998 veröffentlichten Werk "The Neosexual Revolution". Sigusch hat den Terminus erstmals in einer 1991 erschienenen Abhandlung "Die Transsexuellen und unser nosomorpher Blick" verwendet. Diese Info habe ich übrigens Wikipedia entnommen.
Und nun wissen Sie warum, die Bestimmung der Sexualität in Menschen irgendwie eine Art abenteuerliche Reise über die Alpen ist.
Erinnern Sie sich an Julius Cäsar? Es wäre ein Wunder, wenn nicht. Schließlich befinden wir uns momentan in einem Monat namens Juli. Auf Ungarisch heißt dieser („dieses“ in Österreich) Monat sogar „július“ (sprich „juliusch“). Es geschieht äußert selten, dass ein Eigenname zum Monatsnamen wird. Genauer gesagt: Es ist nur zweimal der Fall gewesen: im Juli und im „August“. Zweiteres nach Augustus Cäsar genannt.
Wetten, dass Hitler, Mao, Stalin und vielleicht Putin gerne als Monate in die Geschichte eingegangen wären. Aber warten wir’s ab. Was noch nicht ist, kann immer werden.
Doch zurück zu Julius Cäsar. Er ist nicht nur als Namensgeber eines Sommermonats zum Ruhme gekommen, sondern auch als fleißiger Feldherr – insbesondere, weil er Gallia, das für ihn dreiteilig war und das heutige Frankreich ist, erobert hat.
Damals als Julius C. noch lebte, bewohnten die Gallier wohl beide Seiten der Alpen. Aus diesem Grund differenzierte Julius C. – wie auch andere Römer – zwischen „Gallia cisalpina“ und „Gallia transalpina“. Zu Deutsch: Gallien auf dieser Seite der Alpen“ und Gallien jenseits der Alpen.
Diese Feinheit der europäischen Geographie ist heutzutage vielleicht nicht mehr so geläufig wie ehemals, als die Hörsäle der Unis und die Klassenzimmer der Gymnasien vor Lateinisch lernenden… ähm… Studierenden… nur wimmelten. Die Zeiten ändern sich ebenso wie die Sprache.
Aber nochmals zu den Alpen, die, wie gesagt, sowohl als „cis“ (diesseits) wie auch als „trans“ (jenseits) betrachtet werden können.
Haben Sie schon erraten, wohin unsere Alpenreise führt? Davon gehe ich aus. Denn diese Präpositionen, „cis-“ und „trans-“ feierten vor wenigen Jahren ihre Wiedergeburt, und zwar als wichtige Begriffe im Bereich des heutigen Genderismus.
Jetzt wird diese kurze Abhandlung, so fürchte ich, kompliziert. Denn es obliegt uns seit dieser Wiedergeburt, tunlichst zwischen „Geschlecht“ und „Gender“ zu unterscheiden. (Notabene: zweiter Begriff, „Gender“, ist eigentlich kein dt. Wort). Das, was wir unter „Geschlecht“ verstehen, entpuppt sich, so die Genderisten, als schnöder biologischer Terminus. Wird ein Mensch mit einer Art „Pendelding“ zwischen den Beinen geboren, bezeichnet (bzw. bezeichnete) man sein biologisches „Geschlecht“ traditionell als „männlich“. Kommt hingegen ein Mensch quasi mit einer Art Vertiefung zwischen den Beinen auf die Welt, verwenden wir, so die Genderisten, die biologische Kategorie „weiblich“. Alles klar?
So viel zu „Geschlecht“. Altmodisches Zeug. Jetzt wenden wir uns dem frischen Wind des „Gender“ zu. Früher bedeutete „Geschlecht“ und „Gender“ irgendwie das gleiche. Und „Gender“ – genauer gesagt „Genus“, war der gängige Begriff in der Grammatik, um Sachverhalte wie „der“, „die“ und „das“ zu beschreiben. Das gleiche Wort gibt es auch auf Französisch: „genre“. Es bedeutet „Typus“ und wird gern in der Kunst gebraucht, um die verschiedenen…ja…“Genres“…zu unterscheiden. Auf Lateinisch bedeutet „genus“ „Typus“ und auch „Familienstamm“.
Heute ist alles plötzlich anders. Denn seit einigen Jahren taugt das sog. „biologische“ Geschlecht wenig für diejenigen, die sich „Genderisten“ (oder muss das „Genderist*Innen“ heißen“?) nennen.
Für sie ist man „cis“ oder „trans“. Fertig. Genauer gesagt: Eine „cis-Frau“ beschreibt einen Menschen, der mit oben erwähnten „Vertiefung“ auf die Welt gekommen ist und sich deshalb als „Frau“ (d.h. Mensch, der menstruiert) versteht. Beim „cis-Mann“ ist es ähnlich. Er hat jenes Pendelding zwischen den Beinen und will als „Mann“ anerkannt werden, der auf „cis-Frauen“ steht.
Doch nun gibt es auch die „trans“-Menschen. Darüber muss ich nicht näher eingehen. Wer sich in den Massenmedien auskennt, weiß schon Bescheid. Es genügt zu sagen: Das sind die Menschen, die sich – egal wie es zwischen den Beinen aussieht – nach Gutdünken als „Mann“ oder „Frau“ bezeichnen. Will heißen: als „trans-Mann“ bzw. als „trans-Frau“.
Nebenbei: Diese neue Terminologie ist wohl die Erfindung eines dt. Sexologen Volkmar Sigusch und erschien in einem 1998 veröffentlichten Werk "The Neosexual Revolution". Sigusch hat den Terminus erstmals in einer 1991 erschienenen Abhandlung "Die Transsexuellen und unser nosomorpher Blick" verwendet. Diese Info habe ich übrigens Wikipedia entnommen.
Und nun wissen Sie warum, die Bestimmung der Sexualität in Menschen irgendwie eine Art abenteuerliche Reise über die Alpen ist.
Sie kennen den Begriff „Ghosting“? Wenn ja kann ich Ihnen wahrscheinlich nix Neues erläutern. Oder vielleicht doch. Denn dies ist nur der Anfang unseres Abenteuers mit dieser Vokabel.
Das Wichtigste vorweg – und zwar in Form eines Bekenntnisses: Bis vor ein paar Tagen war mir besagter Begriff so gut wie unbekannt. Freund O. war bei uns zu Besuch. O. ist bildender Künstler. Ich bin Schriftsteller. Wir haben im Lauf des Nachmittags Erfahrungen darüber ausgetauscht, wie manchmal eine Anfrage bei einem Verlag oder bei einem Galleristen oder Museum unbeantwortet bleibt. O. hat dieses Phänomen als „Ghosting“ beschrieben…als hätte man quasi bei den Geistern angefragt.
Sie sehen schon: der „Ghost“ und der „Geist“ sind Verwandte. Aber das wäre es.
Diese Sprachcousins sind längst getrennte Wege gegangen. Seit Jahrhunderten bedeutet das englische „ghost“ lediglich das, was man auf Deutsch „Gespenst“ nennt. Klar. Auch das dt. „Geist“ bezeichnet zuweilen ein richtiges „Gespenst“.
Nebenbei: Früher war „Gespenst“ das gängige Wort für „Trugbild“ (etwa „das Gespenst der Freiheit“). Entstanden ist es aus dem alten Verb „spanen“, das den Sinn „verlocken“ hatte. „Einspannen“ ist bestimmt damit verwandt. Allerdings: Ich fände es passender, wenn das „Gespenst „spinnen“ als Vorfahre gehabt hätte. Wer weiß? Vielleicht hab ich recht.
Doch zurück zum „ghost“. Der berühmteste „ghost“ der englischen Sprache war bestimmt der Vater von Hamlet. Zweiten Platz bekommen die Weihnachts-„Ghosts“ in der Charles Dickens Novella „Christmas Carol“. Gute Lektüre. Kann ich nur empfehlen.
Der „Geist“ hingegen ist mehr als ein „Ghost“. Zugegeben: Auch er spukt mal rum. Anders als der „Ghost“ hat er aber auch eine edle Seite. Denn er ist das Denken schlechthin. Die Gedanken einer ganzen Generation nennen wir sogar den „Zeitgeist“! Okay. Manchmal rutscht er in die „Geisteskrankheit“ hinab. Aber nur, wenn er wirklich krank wird.
Der „Geist“ will Tiefe und Verklärtes vermitteln. Er kann sogar zum „heiligen Geist“ werden – was sich übrigens auf Englisch mit „holy ghost“ wiedergeben lässt. Das ist aber antiquiertes English.
Bisher wurde der „Geist“ noch nicht gegendert. Kann aber mal in die Mode kommen. Dann wird die Rede von (der? die? das?) „Geist*In“ sein. Fair ist fair. Der Theorie des Sprachbloggeur Lesers Esperantistimo nach wird es „das Geistit“, mit Mehrzahl „die“, heißen.
Aber egal. Der dt. Geist bleibt im Vergleich zu seinem verarmten englischen Cousin immer etwas Hehres. Und deshalb bin ich der Meinung, dass eine Entsprechung zu „Ghosting“ (etwa „Geistung“) für die dt. Sprache unmöglich wäre. Der Geist strebt vielmehr nach der „Vergeisterung“, oder der „Begeisterung“ oder der „Vergeistigung“. Sogar die „Vergeistung“ wäre möglich. Doch niemals nach einer „Geistung“.
Und nun sind wir wieder beim „Ghosting“ gelandet. Schon jetzt zählt diese Vokabel in gewissen Kreisen als dt. Wort. (Sonst hätte es mir Freund O. nicht beigebracht).
„Ghosting“, wie oben gesagt, geschieht, wenn eine Anfrage – z.B. bei einem Verlag oder einem Museum oder einer Galerie ignoriert wird. Reine Unhöflichkeit also.
Es ist quasi, als hätte man ein Gespenst angefragt. Funkstille. Ein gespenstiges Gefühl für einen Künstler.
Von all dem, was ich zu diesem Thema oberflächlich gelesen habe, erfahre ich, dass dieser Begriff zum ersten Mal ca. 2015 ins sprachliche Bewusstsein auftaucht. Das gebe ich aber nicht verbindlich an. Vielleicht möchten Sie dies tiefgreifender im WehWehWeh selbst nachschlagen.
Was ich aber bisher weiß, ist Folgendes: Der Begriff bezog sich ursprünglich nicht auf die schlechten Manieren der Kunstindustrie, sondern auf den Bereich der gescheiterten Liebesbeziehungen. Will heißen: Wenn er oder sie oder es eine Beziehung beenden wollte, ohne den Mut aufzubringen, dies dem oder der Angebeteten direkt mitzuteilen, gilt dieses unerträgliche Schweigen als „ghosting“…als wäre das Gewesene praktisch nie da gewesen.
Man kennt es, dass ein/e Korbgebende mal ein SMS oder eine Email oder ein Emoji verschickt, um den Schlussstrich zu machen. Auch das ist nicht feinste Art.
Wenn jedoch nix mitgeteilt wird, wird man geghostet.
Nun wissen Sie alles über dieses gespenstige Thema, was Sie zu wissen brauchen. Mögen wir alle im Sinne des Geistes und nicht des Ghostes unser Glück in dieser Welt finden.
Sie kennen den Begriff „Ghosting“? Wenn ja kann ich Ihnen wahrscheinlich nix Neues erläutern. Oder vielleicht doch. Denn dies ist nur der Anfang unseres Abenteuers mit dieser Vokabel.
Das Wichtigste vorweg – und zwar in Form eines Bekenntnisses: Bis vor ein paar Tagen war mir besagter Begriff so gut wie unbekannt. Freund O. war bei uns zu Besuch. O. ist bildender Künstler. Ich bin Schriftsteller. Wir haben im Lauf des Nachmittags Erfahrungen darüber ausgetauscht, wie manchmal eine Anfrage bei einem Verlag oder bei einem Galleristen oder Museum unbeantwortet bleibt. O. hat dieses Phänomen als „Ghosting“ beschrieben…als hätte man quasi bei den Geistern angefragt.
Sie sehen schon: der „Ghost“ und der „Geist“ sind Verwandte. Aber das wäre es.
Diese Sprachcousins sind längst getrennte Wege gegangen. Seit Jahrhunderten bedeutet das englische „ghost“ lediglich das, was man auf Deutsch „Gespenst“ nennt. Klar. Auch das dt. „Geist“ bezeichnet zuweilen ein richtiges „Gespenst“.
Nebenbei: Früher war „Gespenst“ das gängige Wort für „Trugbild“ (etwa „das Gespenst der Freiheit“). Entstanden ist es aus dem alten Verb „spanen“, das den Sinn „verlocken“ hatte. „Einspannen“ ist bestimmt damit verwandt. Allerdings: Ich fände es passender, wenn das „Gespenst „spinnen“ als Vorfahre gehabt hätte. Wer weiß? Vielleicht hab ich recht.
Doch zurück zum „ghost“. Der berühmteste „ghost“ der englischen Sprache war bestimmt der Vater von Hamlet. Zweiten Platz bekommen die Weihnachts-„Ghosts“ in der Charles Dickens Novella „Christmas Carol“. Gute Lektüre. Kann ich nur empfehlen.
Der „Geist“ hingegen ist mehr als ein „Ghost“. Zugegeben: Auch er spukt mal rum. Anders als der „Ghost“ hat er aber auch eine edle Seite. Denn er ist das Denken schlechthin. Die Gedanken einer ganzen Generation nennen wir sogar den „Zeitgeist“! Okay. Manchmal rutscht er in die „Geisteskrankheit“ hinab. Aber nur, wenn er wirklich krank wird.
Der „Geist“ will Tiefe und Verklärtes vermitteln. Er kann sogar zum „heiligen Geist“ werden – was sich übrigens auf Englisch mit „holy ghost“ wiedergeben lässt. Das ist aber antiquiertes English.
Bisher wurde der „Geist“ noch nicht gegendert. Kann aber mal in die Mode kommen. Dann wird die Rede von (der? die? das?) „Geist*In“ sein. Fair ist fair. Der Theorie des Sprachbloggeur Lesers Esperantistimo nach wird es „das Geistit“, mit Mehrzahl „die“, heißen.
Aber egal. Der dt. Geist bleibt im Vergleich zu seinem verarmten englischen Cousin immer etwas Hehres. Und deshalb bin ich der Meinung, dass eine Entsprechung zu „Ghosting“ (etwa „Geistung“) für die dt. Sprache unmöglich wäre. Der Geist strebt vielmehr nach der „Vergeisterung“, oder der „Begeisterung“ oder der „Vergeistigung“. Sogar die „Vergeistung“ wäre möglich. Doch niemals nach einer „Geistung“.
Und nun sind wir wieder beim „Ghosting“ gelandet. Schon jetzt zählt diese Vokabel in gewissen Kreisen als dt. Wort. (Sonst hätte es mir Freund O. nicht beigebracht).
„Ghosting“, wie oben gesagt, geschieht, wenn eine Anfrage – z.B. bei einem Verlag oder einem Museum oder einer Galerie ignoriert wird. Reine Unhöflichkeit also.
Es ist quasi, als hätte man ein Gespenst angefragt. Funkstille. Ein gespenstiges Gefühl für einen Künstler.
Von all dem, was ich zu diesem Thema oberflächlich gelesen habe, erfahre ich, dass dieser Begriff zum ersten Mal ca. 2015 ins sprachliche Bewusstsein auftaucht. Das gebe ich aber nicht verbindlich an. Vielleicht möchten Sie dies tiefgreifender im WehWehWeh selbst nachschlagen.
Was ich aber bisher weiß, ist Folgendes: Der Begriff bezog sich ursprünglich nicht auf die schlechten Manieren der Kunstindustrie, sondern auf den Bereich der gescheiterten Liebesbeziehungen. Will heißen: Wenn er oder sie oder es eine Beziehung beenden wollte, ohne den Mut aufzubringen, dies dem oder der Angebeteten direkt mitzuteilen, gilt dieses unerträgliche Schweigen als „ghosting“…als wäre das Gewesene praktisch nie da gewesen.
Man kennt es, dass ein/e Korbgebende mal ein SMS oder eine Email oder ein Emoji verschickt, um den Schlussstrich zu machen. Auch das ist nicht feinste Art.
Wenn jedoch nix mitgeteilt wird, wird man geghostet.
Nun wissen Sie alles über dieses gespenstige Thema, was Sie zu wissen brauchen. Mögen wir alle im Sinne des Geistes und nicht des Ghostes unser Glück in dieser Welt finden.
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