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Rote Linien und müssen müssen

Fangen wir mit Aktuellem an: Vor ein paar Tagen wurde Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident wieder bestätigt! Ich gratuliere!

Falls Sie seiner Dankesrede nicht gelauscht haben, möchte ich Ihnen folgenden wichtigen Satz ins Gedächtnis rufen:

„Diese rote Linie müssen wir halten.“

Es folgte Applaus.

Was war hier wichtig? Es ging in diesem Satz des neuen alten Bundespräsidenten um Pandemie-Hooligans. Der Buprä wollte darauf hinweisen, dass Protest gegen etwas in Ordnung sei. Wie man aber protestiere, sei eine andere Sache. Noch präziser: Es gebe Regeln, genauer gesagt Grenzen fürs anständige Protestieren usw.

Das mag alles stimmen. Mich hat aber dieser kurze Satz – er zählt lediglich sechs Wörter – aus sprachlichen Gründen interessiert, und zwar aus zwei Gründen:

Erstens wegen der Floskel „rote Linie“. Dieser Begriff wurde erst seit zehn Jahren in die deutsche Sprache eingebürgert. Davor gab es lediglich rote Linsen.

Anlass für die schnelle Aufnahme: Der damalige US-Präsident Barack Obama hatte 2012 an die Adresse Syriens eine Drohung gerichtet: Falls die Regierungstruppen des Diktators Assad die Zivilbevölkerung einmal wieder mit Giftgas angreifen sollten, haben die Assadisten, , so Obama, eine „red line“ überschritten. Mit anderen Worten: Die USA würde mit „Maßnahmen“ antworten. Leider folgten damals seitens Amerika diese Worte keinen Taten. Dennoch hat das Idiom Eindruck gemacht und ging in diverse Sprachen über – inklusive ins Deutsch.

Nebenbei: Dem Vorsitzenden Google zufolge, wurde die erste rote Linie 1928 aus dem Boden gestampft. Damals gierten sowohl die USA, wie auch das UK und Frankreich nach profitablen Ölrechten im ehemaligen osmanischen Kaiserreich. Man machte sich Gedanken, wie man die Landkarte gerecht aufteilen könnte. Zu diesem Zweck konsultierten sie einen gewissen Calouste Gulbenkian, einen Geschäftsmann, der einen roten Stift in die Hand nahm und in einem Handumdrehen eine „rote Linie“ um das begehrte Gebiet zog. Erst später bekam diese Redewendung ihre neue Bedeutung.

Früher übrigens sagte man „eine Linie im Sand ziehen“. Dies hat, so die Historiker, der hellenistische König Antiochus IV bereits 164 v.Chr. gesagt. Weshalb habe ich vergessen.

Heute findet man überall die roten Linien. Auch Vladimir Putin hat neulich bezüglich der Ukraine mit einer „rote Linie“ gedroht, die man nicht überschreiten dürfe.

Die Franzosen bleiben allerding bei einer „gelben Linie“. Wieso, weiß ich nicht.

Aber genug. Ich wollte nämlich auch einen zweiten Punkt im oben zitierten Satz des Bundespräsidenten ansprechen: Er hat ebenfalls gesagt „wir müssen…“.

Wissen Sie, was es bedeutet, wenn man – nicht nur der Bundespräsident – einen Satz mit „wir müssen“ bildet? Es bedeutet, dass wir eben das nicht tun. was wir müssen!

Denken Sie an die Zehn Gebote in der Bibel. Wenn man diese zehn Gebote liest, erfährt man, wie die Wirklichkeit der damaligen Gesellschaft aussah. Will heißen: Alles, was verboten wird, wird nur deshalb verboten, weil es praktiziert wird!

Falls Sie nicht bibelfest sind, darf ich Sie auf Levitikus 18 aufmerksam machen. Dort werden Sie alles erfahren, was Sie über das Sexleben der alten Hebräer (und auch das der anderem antiken Völker im Nahen Osten) erfahren wollten. Die Liste ist so lang wie Sex in der City.

Fassen wir kurz zusammen: Jedes „wir müssen“ weist konkret auf sein Gegenteil, zeigt also die Wirklichkeit, wie sie leibt und lebt. Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal müssen. Das „müssen“ ist die einzige „rote Linie“, die es wirklich gibt.

Englisch für Streber und StreberInnen (etc.)

Schon lange habe ich meine pädagogische Ader vernachlässigt. Echt schade. Dafür zeige ich Ihnen heute einen Trick, damit Sie besser Englisch reden als die meisten Muttersprachler!

Oh-oh. Nun bin ich gleich ins Fettnäpfchen getreten. Schon wieder hab ich vergessen, dass wir im 21. Jh. leben! Darf man noch immer von Muttersprachlern“ reden? Oder ziemt es sich auch hier lieber „MuttersprachlerInnen“ bzw. „Muttersprachler:innen“ oder so ähnlich zu schreiben?

Halt! Wieso immer die Rede von der „Muttersprache“? Warum nicht „Vatersprache“? Auch Ehemänner bekommen Vaterschaftsurlaub! Oder? Und sie reden mit dem Frischling im Haus ebenso wie die Mütter. Oder? Und dann habe ich mal Bilder gesehen von einem Typen mit Bart und Brusthaaren und noch dazu einem Babybauch. Er sei ein Mann, hieß es, aber als Frau geboren und von seiner Frau (als Mann geboren) geschwängert worden. Meine Frage: Ist das mit der „Muttersprache“ vielleicht endgültig überholt? Man muss mit der Zeit mitmarschieren! Oder?

Oder bedenken Sie dies: Unsere Kinder, ich meine, die von meiner Frau und mir, haben als Säuglinge sowohl eine Mutter- wie auch eine Vatersprache gelernt. Will heißen: Meine Frau hat stets und konsequent Deutsch mit den Kindern geredet und ich ebenso stetig und konsequent Englisch. In dem Fall ist Englisch – was sonst? – die Vatersprache meiner Kinder!

Und wenn eine Frau Geschäftsführerin einer großen Firma oder Ministerin in Berlin ist, während der Vater mit den Kindern als Hausmann werkelt, haben solche Kinder eine Mutter- oder eine Vatersprache? Hoffentlich verstehen Sie, wie kompliziert der Sachverhalt ist.

Aber jetzt endlich zum eigentlichen Thema. Manchmal lass ich mich leicht vom Weg abbringen. Wie gesagt: Es geht hier heute um Englischunterricht – und zwar der gehobenen Klasse, damit Sie, liebes Lesendevolk besser Englisch zu sprechen vermögen werden als viele Mutter- und Vatersprachler dieser Sprache!

Eigentlich geht es um Kleinigkeiten, „Fliegendreck“ sagen manche. Aber der Anmut steckt meistens in den Details. Oder? Genauer gesagt: Es geht ums Zählen im Englischen. Nein nicht das one two three four usw.

Fakt ist: Es gibt auf Englisch zwei Klassen von Nomen: die zählbaren und die unzählbaren. Den Unterschied erkennt der Elternsprachler ebenso automatisch wie der Deutsche sein der/die/das. „Apple“ ist zählbar. Ganz logisch. Ebenso „pencil“, „worry“, „footstep“ „tooth“ usw. usw. Alles was man stückweise zählen kann gilt als zählbares Nomen. Unzählbar hingegen sind Wörter wie „victory” oder “health” oder “information” (notabene: auf Deutsch zählbar) oder „soup“. Auch „mail“ (zu Deutsch „Post“) ist unzählbar. „Der Postbote bringt der Kundschaft „letters“ oder „postcards“, zählbare Dinge, oder die „mail“ (unzählbar).

Nun fällt mir die „e-mail“ ein. Schade, dass dies auf Deutsch nicht „E-Post“ heißt. „E-mails“ (auf Englisch) kann man zählen. Aus diesem Grund klang das Wort fürs engl. Ohr ursprünglich sehr fremd.

Ich erinnere mich, dass die New York Times damals eine Befragung durchgeführt hat, darüber, wie man „elektronische Post“ nennen sollte. Mein Vorschlag war „e-letter“. Wahrscheinlich war das zu aufwendig. „E-Mail“ hat jedenfalls gesiegt…und ist – auf Englisch – zum zählbaren Nomen geworden.

Wenn etwas auf Englisch zählbar ist und man ausdrücken will, dass man viel oder wenig davon hat, benutzt man „a few“ oder „many“., „A few“ (oder „many“) „footsteps“, „teeth“, „worries“, „pencils“, „apples“ etc.

Ist etwas unzählbar, verwendet man als Mengenbeschreibung “a little“ oder „much“. Man verfügt über „a little information” oder „much information“ usw. Die Sache ist eigentlich viel komplizierter. Ich vereinfache hier ein bisschen.

Fakt ist aber: Viele Mutter- und Vatersprachler werden, wenn sie reden, faul. Ist normal in der Sprachgeschichte. Von „Mundfaulheit“ ist die Rede. Deshalb sagen manche „a little“, wo sie eigentlich „a few“ meinen. „I’ll have a little beans, thank you.“ Das ist falsch. Es muss heißen “I’ll have a few beans.“ Es gibt viele solche Beispiele. Der Wink mit dem Zaunpfahl soll aber hier reichen.

Halten Sie jedenfalls die Ohren spitz, wenn Muttersprachler reden. Sie werden diesen Fehler oft vernehmen. Mein Vorschlag: Machen Sie es ihnen nicht nach! Sprechen Sie Englisch besser als die Muttersprachler!

PS - Noch ein Beispiel vergessen: "fewer" und "less". "Fewer" zählt man, "less" nicht. Korrekt: "We had fewer problems this year than last year." Falsch wäre "less". Fakt ist: Die Muttersprachler machen diesen Fehler ständig! Machen Sie es besser!

Mord und Gender

Das Beispiel ist unanständig, aber ich darf es – der Sprache zuliebe – nicht verschweigen. Es geht um die sinnlose Ermordung zweier Polizisten in Kusel, eines 29jährigen Polizisten und seiner 24jährigen Kollegin, die noch auf der Polizei-Hochschule studierte.

Über die Mörder darf man sich grausame Strafen ausdenken. Sie verdienen alle.

Doch zum Sprachlichen. Und abermals möchte ich mich hier entschuldigen. Ich wünschte, ich könnte hierfür ein harmloses Beispiel finden.

Folgendes will ich aber vorab hervorheben: Ich möchte allen Reportern meinen beherzten Dank aussprechen, dass sie bei der Berichterstattung über diese Tragödie – wohl aus Gründen der aufrichtigen Pietät – auf jeglichen Genderismus verzichtet haben.

Die Opfer dieses Verbrechens – wie jeder weiß – waren ein Polizist und eine Polizistin. In den Medien werden sie kollektiv als „Polizisten“ bezeichnet.

Was sonst, könnte man meinen? Doch wir leben im Zeitalter des Postkolonialismus und der Genderrelativität, und der gute Ton wird überall überarbeitet auch im obigen Fall. Dennoch wage ich zu fragen: Wie hätte man die zwei sonst bezeichnen können – ich meine, um tunlichst politisch korrekt in Erscheinung zu treten? Fest steht: Man bedarf in diesem Fall einer Pluralform. „Polizist/In“ geht nicht. Es klingt zu sehr verallgemeinernd. Man denkt vielmehr an ein „entweder oder“. Bei „Polizist/Innen“ schwebt einem eine große Anzahl von Polizisten beider Geschlechter vor. Sie sehen: Die Genderisten – wohl „GenderistInnen“ – haben ihre Sache nicht ganz durchgedacht.

Fakt ist: Die Suche nach jener erträumten sprachlichen Neutralität lässt seltsame Blüten sprießen. Beispiel „Studierendenschaft“! Manche werden meinen: „Wo ist denn das Problem? Man gewöhnt sich schnell daran, und bald klingt es auch schön.“

Mitglieder des Deutschen Journalistenverbands erhalten monatlich eine Zeitschrift, die, wenn man im Briefkasten schaut, entweder „Journalistin“ oder „Journalist“ heißt – alles wird nach dem Zufallsprinzip verschickt. Wenn mein Exemplar der „Journalistin“ ins Haus flattert, denke ich immer: Seit wann bekomme ich „Elle“ oder „Frau im Bild“ usw.?

Die Seuche der grammatikalischen Sprachgerechtigkeit breitet sich – zumindest in der westlichen Welt – schneller aus als das Omicron-Virus, und die Unlogik wächst zusehends. Hier ein schönes Beispiel: Während wir in Deutschland strebsam zwischen Männlein und Weiblein unterscheiden, tun es die Briten und die Amerikaner umgekehrt. In der angelsächsischen Welt werden jene Vokabeln, die auf die Eigenständigkeit der Frau hinweisen, gnadenlos in den Giftschrank eingesperrt.

Früher unterschied man zwischen „actor“ und „actress“. Heute gibt es auf Englisch nur noch die „actors“. Die weibliche Form gilt aus Gründen, die ich nicht verstehe, als „sexistisch“.

Genau das Gegenteil von der dt. Praxis! Komisch, nicht wahr. Die dt. Schauspielerin besteht auf ihr „in“! Stellen Sie sich vor: Es gäbe für diesen Schauspielerberuf eine Zeitschrift wie für die dt. Journalisten. Es müsste also „Actors“ heißen! Die „Actresses“ spielen keine Rolle mehr.

Auch andere weibliche Begriffe verschwinden aus der englischen Sprache. Früher sagte man „poet“ und „poetess“. Nun gibt es nur noch „poets“.

Ja, Sie brauchen mich nicht darauf hinzuweisen. Ich merke, dass ich heute sehr schwadroniere. Ich verspreche aber. Das nächste Mal kehre ich zu einem anderen Ton zurück.

Ich bin jedenfalls dankbar, dass das Feingefühl der Journalisten und Journalistinnen so weit gediehen ist, dass sie die Ermordung zweier jungen Polizisten respektvoll angegangen sind. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für die dt. Sprache?

PS Zu schnell aus der Hüfte geschossen. Auf YouTube fand ich beim Sender Phoenix als Untertitel zu einem Beitrag übers Attentat Folgendes: „Thomas Meyer zur Tötung von zwei Polizist:innen bei Kusel“. Fazit: Jetzt wird’s gefährlich…ich meine natürlich für die dt. Sprache als Stilelement…

Mord und Gender

Das Beispiel ist unanständig, aber ich darf es – der Sprache zuliebe – nicht verschweigen. Es geht um die sinnlose Ermordung zweier Polizisten in Kusel, eines 29jährigen Polizisten und seiner 24jährigen Kollegin, die noch auf der Polizei-Hochschule studierte.

Über die Mörder darf man sich grausame Strafen ausdenken. Sie verdienen alle.

Doch zum Sprachlichen. Und abermals möchte ich mich hier entschuldigen. Ich wünschte, ich könnte hierfür ein harmloses Beispiel finden.

Folgendes will ich aber vorab hervorheben: Ich möchte allen Reportern meinen beherzten Dank aussprechen, dass sie bei der Berichterstattung über diese Tragödie – wohl aus Gründen der aufrichtigen Pietät – auf jeglichen Genderismus verzichtet haben.

Die Opfer dieses Verbrechens – wie jeder weiß – waren ein Polizist und eine Polizistin. In den Medien werden sie kollektiv als „Polizisten“ bezeichnet.

Was sonst, könnte man meinen? Doch wir leben im Zeitalter des Postkolonialismus und der Genderrelativität, und der gute Ton wird überall überarbeitet auch im obigen Fall. Dennoch wage ich zu fragen: Wie hätte man die zwei sonst bezeichnen können – ich meine, um tunlichst politisch korrekt in Erscheinung zu treten? Fest steht: Man bedarf in diesem Fall einer Pluralform. „Polizist/In“ geht nicht. Es klingt zu sehr verallgemeinernd. Man denkt vielmehr an ein „entweder oder“. Bei „Polizist/Innen“ schwebt einem eine große Anzahl von Polizisten beider Geschlechter vor. Sie sehen: Die Genderisten – wohl „GenderistInnen“ – haben ihre Sache nicht ganz durchgedacht.

Fakt ist: Die Suche nach jener erträumten sprachlichen Neutralität lässt seltsame Blüten sprießen. Beispiel „Studierendenschaft“! Manche werden meinen: „Wo ist denn das Problem? Man gewöhnt sich schnell daran, und bald klingt es auch schön.“

Mitglieder des Deutschen Journalistenverbands erhalten monatlich eine Zeitschrift, die, wenn man im Briefkasten schaut, entweder „Journalistin“ oder „Journalist“ heißt – alles wird nach dem Zufallsprinzip verschickt. Wenn mein Exemplar der „Journalistin“ ins Haus flattert, denke ich immer: Seit wann bekomme ich „Elle“ oder „Frau im Bild“ usw.?

Die Seuche der grammatikalischen Sprachgerechtigkeit breitet sich – zumindest in der westlichen Welt – schneller aus als das Omicron-Virus, und die Unlogik wächst zusehends. Hier ein schönes Beispiel: Während wir in Deutschland strebsam zwischen Männlein und Weiblein unterscheiden, tun es die Briten und die Amerikaner umgekehrt. In der angelsächsischen Welt werden jene Vokabeln, die auf die Eigenständigkeit der Frau hinweisen, gnadenlos in den Giftschrank eingesperrt.

Früher unterschied man zwischen „actor“ und „actress“. Heute gibt es auf Englisch nur noch die „actors“. Die weibliche Form gilt aus Gründen, die ich nicht verstehe, als „sexistisch“.

Genau das Gegenteil von der dt. Praxis! Komisch, nicht wahr. Die dt. Schauspielerin besteht auf ihr „in“! Stellen Sie sich vor: Es gäbe für diesen Schauspielerberuf eine Zeitschrift wie für die dt. Journalisten. Es müsste also „Actors“ heißen! Die „Actresses“ spielen keine Rolle mehr.

Auch andere weibliche Begriffe verschwinden aus der englischen Sprache. Früher sagte man „poet“ und „poetess“. Nun gibt es nur noch „poets“.

Ja, Sie brauchen mich nicht darauf hinzuweisen. Ich merke, dass ich heute sehr schwadroniere. Ich verspreche aber. Das nächste Mal kehre ich zu einem anderen Ton zurück.

Ich bin jedenfalls dankbar, dass das Feingefühl der Journalisten und Journalistinnen so weit gediehen ist, dass sie die Ermordung zweier jungen Polizisten respektvoll angegangen sind. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für die dt. Sprache?

PS Zu schnell aus der Hüfte geschossen. Auf YouTube fand ich beim Sender Phoenix als Untertitel zu einem Beitrag übers Attentat Folgendes: „Thomas Meyer zur Tötung von zwei Polizist:innen bei Kusel“. Fazit: Jetzt wird’s gefährlich…ich meine natürlich für die dt. Sprache als Stilelement…

Fremdschämen auf Deutsch

Manchmal freut man sich, wenn ein gewisser Kandidat bzw. eine gewisse Kandidatin, den ersten Preis erhält. Man denkt: Ja, er (oder sie) hat Talent und hat die verliehene Auszeichnung verdient.

Das, z.B., ist meine Meinung bzgl. der Wahl des dt. Jugendwortes fürs Jahr 2021: „cringe“. Diese knapp zu sprechende Vokabel wird im Sinne von „peinlich“ benutzt. Ein verdienter Sieg! Hut ab!

Nur eins stört mich: Das Wort ist – wie so oft im oben genannten jährlichen Wettbewerb – keine deutsche Vokabel. Weshalb ich mich manchmal frage: Finden deutsche Jugendliche (bzw. das Jury) keine Wörter in der Muttersprache, die als Alltagsbegleiter durch die Peinlichkeiten, Schmerzen und Freuden des Lebens dienen könnten?

Das Wort „Cringe“ ist mir als englischer (bzw. amer.) Muttersprachler selbstverständlich seit meiner Kindheit bekannt. Früher wurde es allerdings anders verwendet als heute. Zufällig besitze ich noch mein Webster’s Dictionary aus den 1950er Jahren. Damals wurde „cringe“ in zwei verschiedenen Sinnen benutzt: 1.) sich aus Angst zusammenzucken. Beispiel: „He saw the monster and cringed. D.h.: Bibberbibberbibber.“ und 2.) sich arschkriecherisch benehmen. Beispiel: „When he saw the rock star, he cringed as if ready to lick his boots. Seufz! Du bist mein Held!” Notabene: “Cringe” wurde damals nur als Verb verwendet.

Von diesen zwei Bedeutungen ist heute wenig übriggeblieben – zumindest nicht in der dt. – aber auch nicht in der amer. – Jugendsprache.

Heute wird „cringe“ im Sinne von „Oh wie peinlich!“ benutzt, also nicht als Verb, eher als Ausruf oder manchmal als Adjektiv. Sie sehen etwas oder jemanden in einer peinlichen Situation, und Sie zucken zusammen (you cringe), als wollten Sie Ihr Mitgefühl (oder Ihr Hohn) zum Ausdruck bringen.

Dieser Gebrauch des Wortes ist, wie gesagt, neu und in den englischsprachigen Foren bzw. in den „social media“ bekannt geworden. Wenn Millionen von TikTok-Fans das Wort „cringe“ hören, überspringt es geschwind die Sprachgrenze.

Ich finde das Wort geradezu perfekt, um das Empfinden der Peinlichkeit auszudrücken. „Krindsch“. Lauter Konsonanten umzingeln ein einsames kurzes „i“. Das „kr“ klingt wie wenn man ein Stück Papier zusammenknautscht. Und dann folgt „ndsch“, und hört sich an, als würde man mit dem bereits zusammengeknautschten Papierball eine dichte Papierpille machen.

Wie gesagt, ich kenne das Wort von früher nur als Verb. Neulich nahm ich – Corona sei Dank – an einer Zoomkonferenz in den USA teil. Alle Mitwirkende – auch ich - waren Amerikaner. Unser Thema war die Schreibkunst. Eine Autorin hat von einer peinlichen Situation erzählt und betonte, dieses Ereignis sei „cringeworthy“, also „cringe-würdig“. Als Muttersprachler habe ich sofort verstanden, worauf sie hinauswollte – obwohl mir der Ausdruck neu war.
Inzwischen erfahre ich, dass „cringeworthy“ ein weitverbreiteter Begriff ist.

„Cringe“ sagt man übrigens meistens, wenn man die Peinlichkeit eines anderen und nicht die eigene peinliche Handlung kommentieren will. Für diese Situation gibt es übrigens auch einen deutschen Begriff: „Fremdschämen“.

Schönes Wort, nicht wahr?

Dazu ist „Fremdschämen“ – kaum zu glauben – ein neues Wort. Ich habe in meinem sechsbändigen Duden von 1978 danach gesucht. Damals gab es noch kein „Fremdschämen“. Was hat man bloß gesagt?

Doch nun frage ich mich, wieso „fremdschämen“ nicht so populär ist wie „cringe“? Zugegeben, man kann es nicht als Ausruf verwenden, und es ist bei weitem nicht so kompakt und klingt nicht so, wie wenn man ein Stück Papier zusammenknautscht. Dafür ist es aber ein hübsches Wort – und elegant auf eine Weise, die „cringe“ niemals werden wird.

Und jetzt habe ich alles zu diesem Thema gesagt, was mir einfällt.

„Doxxing“ und Boxing

Sie wären, zum Beispiel, eine Transsexuelle… Stopp! Heißt es die oder der Transsexuelle? Der Duden schreibt „die“ vor und meint damit einen biologischen Mann, der sich zu einer Frau werden lässt. Aber wie ist es mit Frauen, die zu Männern werden? Was bekommen sie für einen Artikel in der dt. Sprache? Eine Frage an Frau Duden…

Doch zurück zum Thema. Sie sind transsexuell und möchten sich an J.K. Rowling rächen. Sie möchten sich rächen, weil sich J.K. Rowling ihrer Meinung nach unflätig über das Phänomen der Transsexualität, geäußert hat.

Nun die Frage: Wie würden Sie diese Sache angehen?

Zu bemerken: Im vorliegenden Beitrag geht es nicht um die Transsexualität als Phänomen. Wir richten unsere Aufmerksamkeit lediglich aufs Sprachliche, will heißen, auf die Dinge, die man braucht, um Konkretes oder Abstraktes in Worten bzw. Metaworten zu fassen. Meine Frage über die Rache ist hier also nicht politisch zu verstehen.

Lange Leitung kurzes Kinn. Unmittelbarer Anlass für diese Fragestellung: Gestern habe ich in der „Guardian“ einen Artikel zur Causa Frau Rowling gelesen.

Vielleicht erinnern Sie sich noch: 2020 hat J.K. Rowling einen Essay veröffentlicht, in dem sie den Verlust des Wortes „Frau“ im transsexuellen Wortschatz zum Ausdruck gebracht hat.

Seitdem ist sie zur Buhfrau der transsexuellen Bewegung geworden. Neulich haben „transsexuelle Aktivistinnen“ (Guardian) vor ihrem Haus in Edinburgh Fotos geknipst. Weil diese Fotos alsbald samt Anschrift im Internet aufgetaucht sind, reichte die Erfinderin von Harry Potter bei der Ortspolizei eine Beschwerde ein.

Die Polizei in Edinburgh winkte aber ab. Der Grund: man sehe in der Aktion der Aktivistinnen keine „Kriminalität“. So die „Guardian“.

Ob die Polizei richtig gehandelt hat oder nicht, lassen wir auf sich beruhen. Ich kenne mich in der schottischen Gesetzgebung nicht aus.

Aber zurück zum Sprachlichen. Das, was Frau Rowling aufgebracht hat, hat einen Namen: doxxing. Reimt sich mit „Boxing“. Die Autorin fühlte sich „gedoxt“.

Notabene: Manchmal wird der Begriff mit einem „x“, manchmal mit zwei „x’e“ geschrieben. So neu ist die Sache, dass die Schreiber noch immer nicht einig worden sind.

„Doxing“ oder „Doxxing“ lässt sich vom Internetbegriff „.doc“ ableiten, das wiederum eine Abkürzung des englischen Worts „document“ ist.

Wenn jemand Dokumente über einen anderen Menschen ansammelt, um diese im Internet anderen zugänglich zu machen, ist die Rede von „doxxing“. Lange war dieses Vorgehen nicht strafbar.

Vorsitzender Google zufolge ist das Doxxing, will heißen, „das Gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten“ seit dem 22.09.2021 gemäß § 126a StGB verboten. Ob dieses Verbot für ganz Europa gilt, weiß ich nicht.

Ebenso wenig weiß ich, wie es in Schottland mit dem „doxxing“ steht.

Dieser Begriff „doxing“ bzw. „doxxing“ kursiert seit dem 1990er Jahren und wurde zuerst in der Hackerszene gebraucht: damals im Sinne von „dropping docs“ (Dokumente vorfallen lassen) mit dem Zweck, jemandem seiner Anonymität zu berauben. Neonazis, immer ihrer Zeit voraus, haben bereits vor zehn Jahren „gedoxte Feindeslisten“ im Netz veröffentlicht. Mittlerweile hat sich die Kraft dieser Waffe vervielfacht.

Aber jetzt wissen Sie so viel über „doxing“ wie ich. Passend, dass sich „doxing“ mit „Boxing“ reimt. Nur: Der Gedoxte ist ständig dabei, gegen einen Schatten zu kämpfen. Vorteil „Boxing“, wo man seinen Kontrahenten immerhin sieht.

Die Metawelt rückt an

Können Sie diesen Satz lesen? Dumme Frage. Natürlich können Sie ihn lesen. Sonst wären Sie nicht auf dieser Seite gelandet, wo es weit und breit weder Bilder zu glotzen noch Musik zu lauschen gibt. So eine Seite wird übrigens immer mehr zu einer Seltenheit.

Die gute Nachricht: Sie werden, weil Sie lesen können, weiterhin ein lesender Mensch bleiben. Das Lesen ist wie das Fahrradfahren. Man vergisst es nie – es sei denn Sie sind Chinese. Im Ernst. Wenn ein Chinese über Jahre keine Texte seiner Zeichensprache vor Augen gehabt hat, kann es vorkommen, dass er nicht mehr oder kaum zu lesen vermag.

Daher der Vorteil der Alphabetisierung der Sprache. War echt ein guter Einfall.
Das Alphabet ist so praktisch, dass auch die Ägypter und die Babylonier ihre Zeichensprache mit zig-tausende Zeichen peu à peu alphabetisiert haben. Na ja, nicht ganz. Ihr Schriftsystem bezeichnet man vielmehr als Silbenschrift. Es gab also ein Schriftzeichen für die die Silbe „scha“, eine für „sche“, eine für „schu“, für „la“, „li“, „lo“ etc., Ich glaube es waren am Schluss um die fünfzig oder sechzig Zeichen.

Wissen Sie, was das Lesen bewirkt, wenn ein Mensch es lernt?

Wenn ein Mensch zu lesen lernt, geschieht etwas in seinem Hirn. Er lernt nämlich automatisch logisch zu denken. Im Ernst. Wahrscheinlich habe ich Ihnen diese Info schon mehrmals mitgeteilt. Doch mehrmals hält immer besser.

Zuerst aber eine Frage: Was versteht man unter logisch denken? Hier ein Beispiel:

Alle Tiere haben vier Beine. Hunde haben vier Beine. Daher kann man schließen, dass Hunde Tiere sind!

Das nennen die Logiker einen Syllogismus. Man kann ihn auch mathematisch ausdrücken: a=b; b=c. Folglich ist a=c.

Fakt ist aber: Bis die Menschen zu lesen gelernt haben, hat dieses logische Denken nicht existiert. Nirgends.

Aber was heißt „Lesen“? Man kombiniert Zeichen mit Lauten um dadurch eine Sprache symbolisch, d.h., schriftlich darzustellen. Dieses Verfahren tut etwas im Hirn. Und dieses Etwas nennt man „logisch denken“.

Logisch!

Und wie sieht es für Menschen aus, die ihre Sprache nicht schriftlich festzulegen wissen? Wie denken sie?

Hier ein Beispiel, das ich vor vielen Jahren gelesen habe. Ein europäischer oder amerikanischer Wissenschaftler (den Namen habe ich momentan nicht im Kopf) verbrachte etwas Zeit in einer Kultur, wo man des Lesens nicht mächtig war. Vielleicht war das damals in Westafrika, als die Menschen in dieser Gegend noch immer ein Stammesleben führten. Der neugierige Wissenschaftler stellte zwei Becher auf einen Tisch. Der eine Becher war breit, der andere schmal. Er füllte den breiten Becher dreiviertel voll mit Wasser; den schmalen wurde bis zum Rand gefüllt. Nun fragte er seine Versuchspersonen: In welchem Becher befindet sich mehr Wasser? Die Versuchspersonen antworteten spontan: in dem schmalen! Das meinten sie, weil der Becher randvoll war. Die Antwort war falsch.

Logisch!

Wie aber denken Menschen in schriftlosen Kulturen, wenn sie nicht über die Logik verfügen? Sie denken „mythologisch“. Will heißen: Sie erzählen Geschichten, die die Phänomene dieser Welt erklären. Schöne Geschichten, manchmal darunter auch weise oder moralisierende. Eins besitzen diese Geschichten aber nicht: die objektive, mathematische Logik.

Im Übrigen: Schriftlose Völker leben auch ohne Geschichtsbücher. Aus diesem Grund wird die Vergangenheit durch Weitererzählen tradiert oder überlebt in Form von Mythen, die von göttlichen Königen und Helden erzählen. Da aber das Gedächtnis alles anders als zuverlässig ist, mutieren diese Geschichten mit der Zeit zu Fantasien.

Warum erzähle ich heute all diese schöne Dinge? Deshalb: Gestern habe ich gelesen, dass lediglich 30% der heutigen Jugend Bücher lesen. Die meisten dieser Leser sind übrigens Mädchen.

Was kann man daraus schließen? Folgendes: Es kommt mal eine Zeit, wo nur noch eine kleine Minderheit des Lesens und der Logik mächtig sein wird. Das werden die Lenker sein. Und der Rest? Der Rest wird schöne Geschichten erzählen übers Leben in der Metawelt…

Die Metawelt rückt an

Können Sie diesen Satz lesen? Dumme Frage. Natürlich können Sie ihn lesen. Sonst wären Sie nicht auf dieser Seite gelandet, wo es weit und breit weder Bilder zu glotzen noch Musik zu lauschen gibt. So eine Seite wird übrigens immer mehr zu einer Seltenheit.

Die gute Nachricht: Sie werden, weil Sie lesen können, weiterhin ein lesender Mensch bleiben. Das Lesen ist wie das Fahrradfahren. Man vergisst es nie – es sei denn Sie sind Chinese. Im Ernst. Wenn ein Chinese über Jahre keine Texte seiner Zeichensprache vor Augen gehabt hat, kann es vorkommen, dass er nicht mehr oder kaum zu lesen vermag.

Daher der Vorteil der Alphabetisierung der Sprache. War echt ein guter Einfall.
Das Alphabet ist so praktisch, dass auch die Ägypter und die Babylonier ihre Zeichensprache mit zig-tausende Zeichen peu à peu alphabetisiert haben. Na ja, nicht ganz. Ihr Schriftsystem bezeichnet man vielmehr als Silbenschrift. Es gab also ein Schriftzeichen für die die Silbe „scha“, eine für „sche“, eine für „schu“, für „la“, „li“, „lo“ etc., Ich glaube es waren am Schluss um die fünfzig oder sechzig Zeichen.

Wissen Sie, was das Lesen bewirkt, wenn ein Mensch es lernt?

Wenn ein Mensch zu lesen lernt, geschieht etwas in seinem Hirn. Er lernt nämlich automatisch logisch zu denken. Im Ernst. Wahrscheinlich habe ich Ihnen diese Info schon mehrmals mitgeteilt. Doch mehrmals hält immer besser.

Zuerst aber eine Frage: Was versteht man unter logisch denken? Hier ein Beispiel:

Alle Tiere haben vier Beine. Hunde haben vier Beine. Daher kann man schließen, dass Hunde Tiere sind!

Das nennen die Logiker einen Syllogismus. Man kann ihn auch mathematisch ausdrücken: a=b; b=c. Folglich ist a=c.

Fakt ist aber: Bis die Menschen zu lesen gelernt haben, hat dieses logische Denken nicht existiert. Nirgends.

Aber was heißt „Lesen“? Man kombiniert Zeichen mit Lauten um dadurch eine Sprache symbolisch, d.h., schriftlich darzustellen. Dieses Verfahren tut etwas im Hirn. Und dieses Etwas nennt man „logisch denken“.

Logisch!

Und wie sieht es für Menschen aus, die ihre Sprache nicht schriftlich festzulegen wissen? Wie denken sie?

Hier ein Beispiel, das ich vor vielen Jahren gelesen habe. Ein europäischer oder amerikanischer Wissenschaftler (den Namen habe ich momentan nicht im Kopf) verbrachte etwas Zeit in einer Kultur, wo man des Lesens nicht mächtig war. Vielleicht war das damals in Westafrika, als die Menschen in dieser Gegend noch immer ein Stammesleben führten. Der neugierige Wissenschaftler stellte zwei Becher auf einen Tisch. Der eine Becher war breit, der andere schmal. Er füllte den breiten Becher dreiviertel voll mit Wasser; den schmalen wurde bis zum Rand gefüllt. Nun fragte er seine Versuchspersonen: In welchem Becher befindet sich mehr Wasser? Die Versuchspersonen antworteten spontan: in dem schmalen! Das meinten sie, weil der Becher randvoll war. Die Antwort war falsch.

Logisch!

Wie aber denken Menschen in schriftlosen Kulturen, wenn sie nicht über die Logik verfügen? Sie denken „mythologisch“. Will heißen: Sie erzählen Geschichten, die die Phänomene dieser Welt erklären. Schöne Geschichten, manchmal darunter auch weise oder moralisierende. Eins besitzen diese Geschichten aber nicht: die objektive, mathematische Logik.

Im Übrigen: Schriftlose Völker leben auch ohne Geschichtsbücher. Aus diesem Grund wird die Vergangenheit durch Weitererzählen tradiert oder überlebt in Form von Mythen, die von göttlichen Königen und Helden erzählen. Da aber das Gedächtnis alles anders als zuverlässig ist, mutieren diese Geschichten mit der Zeit zu Fantasien.

Warum erzähle ich heute all diese schöne Dinge? Deshalb: Gestern habe ich gelesen, dass lediglich 30% der heutigen Jugend Bücher lesen. Die meisten dieser Leser sind übrigens Mädchen.

Was kann man daraus schließen? Folgendes: Es kommt mal eine Zeit, wo nur noch eine kleine Minderheit des Lesens und der Logik mächtig sein wird. Das werden die Lenker sein. Und der Rest? Der Rest wird schöne Geschichten erzählen übers Leben in der Metawelt…

Es war einmal ein schöner Schmetterling

Kennen Sie den Xerces-Bläuling? Ich vermute, liebes lesendes Publikum, aber nicht aus einer Überheblichkeit meinerseits, dass Sie diese Frage verneinen werden. Denn Fakt ist: Kaum jemand mehr kennt diese Schmetterlinggattung.

Der Xerces-Bläuling war nämlich einst in der Stadt San Francisco, Kalifornien zuhause, und nur dort. Noch dazu war er ausschließlich in den Sanddünen des heutigen Sunset-Distrikts zu finden. Die Ansiedlung dieser Gegend bedeutete für ihn den Garaus. Die allerletzte Sichtung wird für 1943 belegt. Wie der Name sagt, waren diese Falter bläulich – wie alle Bläulinge. Man/frau/diverse findet Exemplare heute nur noch in Schmetterling/Falter-Sammlungen und mit einer Stecknadel mittig durchbohrt.

Ich habe von dieser Schmetterlingart erst erfahren, als ich das neue Bändchen „Insectary“, gezeichnet und geschrieben von der amer. Künstlerin Cynthia Vaiden Guest, vor Augen hatte. Ein wahrhaft lustiges Alphabetbuch. Schade, habe ich gedacht, dass meine Söhne längst erwachsen sind. Ich hätte ihnen dieses Alphabetbuch gerne vorgelesen, als sie im Alter waren, wo Kinder das Lesen lernen. Aber so ist es mit dem Leben und der Zeit.

„Xerces moth“ heißt das Tierchen auf Englisch. Das englische „moth“ kennzeichnet normalerweise das, was man auf Deutsch als eine „Motte“ oder einen „Nachtfalter“ bezeichnet. Soweit ich weiß, handelt es sich hier aber um einen echten Schmetterling.

Da ich aber Altphilologe bin, war mir selbstredend der Name „Xerxes“ bekannt. So hieß nämlich der persische Großkönig, der am Anfang des 5. vorchristlichen Jh. einen Krieg gegen die abtrünnigen Griechisch sprechenden westlichen Provinzen seines Königsreichs führte. Über diesen Xerxes wird in der griechischen Literatur viel geschrieben. Er wird gern vor allem als Sinnbild des Hochmuts dargestellt. Für die Griechen galt der Hochmut als „tragischer Fehler“.

Man kann über Xerxes sowohl in der Prosaliteratur (z.B. Herodot) wie auch in der dramatischen Literatur (Äischylos) lesen. Eine berühmte Szene – nun vergesse ich, wo sie erzählt wird – zeigt Xerxes mit Peitsche in Hand am Strand des Hellespontes, wie er aufs Meer prügelt, weil seine Schiffe untergegangen sind.

Ob diese Szene der Wirklichkeit entspricht, werden wir nie wissen. Die Griechen erzählten sie aber gern, und Xerxes wurde eine der ersten historischen Figuren, die als tragische Figur diente. Ein ähnliches Schicksal ereilte König Saul im Alten Testament.

Weil ich mich in der griechischen Literatur auskenne, hat mich die Schreibweise von „Xerxes“ im Buch von Frau Guest zuerst stützig gemacht. Hej, habe ich gedacht. Wieso heißt das kleine Viech Xerces und nicht Xerxes. Ich witterte einen Flüchtigkeitsfehler…oder noch Schlimmeres!
Fehlanzeige. Hier trat vielmehr die Überheblichkeit des Altphilologen ins Lampenlicht. Komisch. Man glaubt, wenn man ein so esoterisches Fach wie Altphilologie studiert hat, Kenntnisse zu haben, die anderen vorenthalten sind. Beinahe wollte ich wie Xerxes selbst aufs Buch ob eines vermeintlichen Fehlers lospeitschen.

Letztendlich aber siegte die Vernunft. Schließlich leben wir im Jahr 2022. Von daher habe ich den Vorsitzenden Google gefragt, ob er so etwas wie eine „Xerces-Motte“ kenne. Immerhin heißt seine Firma „Alphabet“!

Lange Leitung, kurzer Sinn: Frau Guest hatte recht. Das ausgestorbene Viech heißt in der Tat „Xerces-moth“. Wissen Sie, warum?

Weil sich diese Vokabel der französischen Schreibart bedient! So einfach ist das.

Ein gutes Gefühl, einen Fehler einzugestehen. Denn nun kann ich dieses neue Jahr mit gutem Gewissen antreten.

Ein gutes Gewissen wünsche ich auch Ihnen liebes lesendes Publikum. Wir werden in diesem Jahr unser Gewissen bestimmt dringend gebrauchen!

Wofür ich dankbar bin…und Sie?

Das neue Jahr steht uns bevor, liebe Lesende, liebe Leser. Zeit zum Nachdenken, was uns verbindet. Ja richtig. Oft denkt man, dass alle Menschen unterschiedlich sind. Stimmt aber nicht.

Als Student hatte ich einen Professor – er hieß Margolis, den Vornamen habe ich vergessen. Wir sagten einfach Professor oder „Doktor“ Margolis. Er sagte gern: „Ihr sollt wissen, dass wir Menschen mehr ähnlich sind als unterschiedlich. Nur deshalb haben wir das Bedürfnis, unsere Unterschiede zu betonen.“

Ich bin überzeugt, dass er recht hatte. Und deswegen kenne ich seinen Spruch bis heute und zitiere ihn gern.

Dieser Gedanke ist besonders passend, wenn man am Ende eines Jahres steht und Bilanz ziehen will…

Nein! Genug! Ich schreibe hier kein Wort zu Sonntag. Es ist halt Jahresende, und man wird manchmal ein bisschen sentimental. Sie nicht?

Eigentlich will ich an dieser Stelle etwas ganz anders. Ich möchte hier eine kleine Liste dessen aufstellen, wofür ich dankbar bin. Das mach ich manche Jahre. Langjährige Leser kennen das.

Hier jedenfalls die Dinge, für die ich dankbar bin:

Ich bin, zum Beispiel, dankbar, dass so etwas wie ein neues Jahr überhaupt möglich ist. Somit hat man das Gefühl, man bekommt wieder eine Chance, die Dinge richtig hinzukriegen. Haben Sie gewusst, dass das Neujahr nicht unbedingt am ersten Januar stattfinden muss? Für die Chinesen ist es im Februar. Andere Kulturen tippen auf den Frühling, einige auf den Herbst. Jetzt sind wir wieder bei Professor Margolis gelandet.

Aber weiter mit meiner Liste:

Ich bin dankbar, dass ich kein Spammer oder „Phisher“ bin. Will sagen, dass ich nie das Bedürfnis hatte, andere durch verlogene Mails zu ruinieren, um mich zu bereichern.

Ich bin dankbar, dass ich kein Diktator bin, der Blut auf den Händen hat und den Willen einer ganzen Bevölkerung zurechtbiegt, damit er (seltener sie) an der Macht bleiben kann.

Ich bin dankbar, dass ich kein Drogenbaron bin, dessen Beruf es ist, den Tod durch die Welt zu vertreiben, damit er in Saus und Braus und Blut schwelgen kann.

Ich bin dankbar, dass ich kein „falscher Polizist“ bin, der alten Menschen Angst einjagt, um ihnen ihres Geldes, Schmucks oder Golds zu erleichtern.

Ich bin dankbar, dass ich nie auf die Idee gekommen bin, dass Gott oder ein von Gott Gesandter mich befohlen hat, andere zu peinigen oder morden, die meine Überzeugung nicht teilen.

Ich bin dankbar, dass ich keine Pläne schmiede, Menschen auf den Mars zu schicken, damit alle mich bewundern und über mich schreiben. Und dass ich nicht auf die Idee komme, andere Menschen mit Mikrochips zu versehen!
Ich bin dankbar, dass ich keine Firma gegründet habe, die den Zweck hat, Taxifahrer mittels billiger Fahrten zu unterbieten, um dann später meine Preise zu erhöhen.

Am meisten aber bin ich dankbar, dass ich Sie als Leser haben. Denn ohne Sie würde es keinen Spaß machen, dankbar zu sein.

Ach! Es gibt so viel, wofür ich dankbar bin. Doch ich möchte diesen Text kurzhalten. Anyway, Sie sind vielleicht dankbar für ganz andere Dinge. Das würde gut zu Professor Margolis Theorie passen.

Ein gutes neues Jahr! Auch alte Besen kehren gut!

Ihr

Sprachbloggeur

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