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Influencer, Lügen und Tongyi Qianwen

Ich hatte vor, eine Satire über „Influencer“ zu schreiben.

Ich bin auf diese Idee gekommen, weil ich feststellte, dass die Sprecher in manchen Videos, die ich über technischen Themen im Internet konsultiere – ob über Fotoapparate, Rechner, Phones, Betriebssysteme usw. –, eben doch keine unparteilichen Berichterstatter sind, sondern Verkaufsleute. Heute sagt man dazu: „Influencer“.

Meine Satire sollte – so meine Idee – mit der freundlichen Stimme eines Influencers (oder einer Influencerin) anfangen, und zwar folgendermaßen:

„Hallo liebe Zuschauer, liebe Zuschauerinnen und liebe ZuschauerInnen. Wie Sie wissen, halte ich mich auf den Laufenden, wenn es um Türklingeln von der Firma Zauberklang geht…“

An diesem Punkt gelangt, war ich überzeugt, dass sich mein Witzchen ein bisschen harmlos anmutete. Um ein solches Thema spannend anzupacken, muss man richtige Namen nennen, was wiederum einiges an Recherchen erfordert. Das wäre für mich theoretisch kein Problem gewesen. Schließlich war ich früher praktizierender Journalist und weiß, wie man zeitaufwendig recherchiert.

Doch diese Satire werde ich nicht schreiben. Schauen Sie selber mal bei YouTube. Sie werden schnell die vielen Influencer entdecken, die so tun, als würden sie kritisch über neue Produkte berichten.

Ich werde diese Satire auch aus einem anderen Grund nicht schreiben: Denn während ich darüber nachdachte, fiel mir ein anderes Thema, das auch irgendwie mit Influencern zu tun hat, ein: Und zwar, dass es im Zeitalter der Inforevolution, deren holprigen Anfang wir gerade durchmachen, im Allgemeinen immer schwieriger wird, zwischen Wahrheit und Unwahrheit zu unterscheiden.

Denn jetzt hatte mich (und Sie) die Nachricht erreicht, dass seit Wochen 53 (wenn nicht viel mehr) strenggeheime Dokumente des amer. State Departments im Internet kursieren. Zunächst waren sie offensichtlich nur auf Gaming-Seiten zu finden. Inzwischen findet jeder diese „top-secret“ Blätter, die hauptsächlich, so heißt es, vom Krieg in der Ukraine handeln.

Gute Nacht, denkt der vernünftige Mensch. Aus ist jetzt. Doch nun folgte die nächste Botschaft: Und zwar in Form einer Art Rückzieher. Plötzlich hieß es: Alles nur halb so schlimm. Alles Fälschungen bzw. Halbfälschungen, die den Zweck haben, Konfusion zu stiften.

Das behaupteten jedenfalls die Ukrainer und zumindest teilweise die Amerikaner. Die Russen hingegen waren von der Wahrheit der Dokumente überzeugt. Wie heißt es so schön? Im Krieg ist das erste Opfer immer die Wahrheit.

Ja, und darum geht es: ca. 25 Jahre digitale Revolution, und alles wird nur noch komplizierter. Im Zeitalter der KI und der Deepfakes wird es immer schwieriger, sich auf Information zu verlassen.

O je. Ich spüre, dass ich heute zu schwadronieren anfange. Solche Tage gibt es auch. Wahrscheinlich bin ich heute schlecht beieinander.

Und da sind wir wieder bei den Influencers gelangt.

By the way. Ich stehe da mit dem Schwadronieren nicht allein. Neulich bin ich auf eine New York Times-Schlagzeile gestoßen. Da hieß es: „It’s becoming easier to fool the public.“ Zu Deutsch: Es wird immer einfacher, das Publikum zu täuschen. Natürlich handelte es sich um die künstliche Intelligenz.

Kennen Sie den neuen Begriff „Halluzinieren“? Damit meine ich nicht das, was geschieht, wenn man einen Drogenüberdosis oder eine Psychose erleidet. So werden die Lügen der KI-Stimmen wie Chat-GPT, Bard usw. genannt. Diese Programme beharren darauf, dass sie recht haben, auch wenn sie keine Ahnung haben.

Und nun gibt es auch Tongyi Qianwen. So heißt das neue Alibaba KI-Programm. Zu Deutsch: „Die Wahrheit suchen, indem man tausend Fragen stellt“. Gurt anschnallen. Es kann nur turbulenter werden.

Doch keine Sorge: In zehn Jahren ist alles wieder gut…

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