Hey Sebastian! Ich hoffe, die Geschäfte laufen gut! Wäre spitze! So weit ich weiß, bist Du ja neu als Geschäftsführer. Mensch, eine sehr verantwortungsvolle Stelle, so denke ich. Tausende von Mitarbeitern und viele Filiale und noch dazu die Notwendigkeit mit der Konkurrenz schrittzuhalten!
Doch nun zur Sache! Dass ich Dir diesen Brief schreibe, hat folgende Bewandtnis: Neulich habe ich zwei Lampen im Obi-Online-Shop bestellt. Hier nun ein paar Mails, die mich Obi schickte, um mich auf den Laufenden zu halten:
„Hey P.J.,
herzlichen Glückwunsch! Deine Bestellung war erfolgreich und damit ist der erste Schritt zu deinem neuen Projekt auch schon geschafft!
Deine Auftragsnr. lautet: XXXXXXXXXXXXXX
Lieferzeit: Lieferung ca. 12. Apr. - 14. Apr. (Artikel XXXXXX, Artikel XXXXXXX) Alle Infos zu deiner Bestellung findest du hier noch mal im Überblick: Deine Rechnung erhältst Du per E-Mail, sobald die Ware versendet wurde…. usw.“
Ja so war die erste Mail. Zwar weiß ich nicht, was mit „Projekt“ gemeint war, aber egal! Es folgte dann die zweite:
„Los geht’s
Deine Artikel sind bald bei dir.
Hey P.J.,
wir freuen uns dir mitzuteilen, dass wir deine Bestellung XXXXXXXXXXX gerade an unseren Versandpartner übergeben haben. Es dauert also nicht mehr lange, bis du mit deinem Projekt loslegen kannst…usw.“
Hey Sebastian, vielleicht leuchtet Dir bereits ein, worauf ich hinauswill. Ja, sehr richtig: Es geht um diese saloppe Art, mit der deine Firma einen erwachsenen Kunden anspricht.
Mal ehrlich: Ist Dir der lockere Ton meines Briefes auch in die falsche Kehle gelandet? Warst Du irritiert, dass ich Dich so anstandslos mit „Hey Sebastian“ angesprochen habe und dass ich Dich obendrein geduzt habe? Hast Du dich gefragt: Was bildet sich dieser fremde Mensch ein?
Falls es so war, dann wirst Du auch meine Irritation verstehen, wenn Obi, eine Firma, mit der ich lediglich ein Geschäft eingehe, so – wie man sagt – locker vom Hocker mit mir umspringt.
Kannst Du das verstehen? Mit Sicherheit bin ich nicht der einzige Kunde, der so denkt.
Zugegeben, Obi ist nicht die einzige Firma, die durch eine solche verbale Respektlosigkeit auffällt. Ich könnte eine ganze Liste derer aufstellen. Weiß Du aber, wohin diese Marotte führt? Schlussendlich machst Du und andere Firmen die deutsche Sprache kaputt!
Klar, unter Jugendlichen, die immer noch die Illusion hegen, dass alle Menschen irgendwie ihre „Freunde“ sind, kommst Du bestimmt gut an. Aber bei erwachsenen Menschen?? Denk darüber nach, Sebastian.
Denn Erwachsene unterscheiden gern zwischen „Freund“, „Bekannten“ und „Fremden“. Und um diesen Unterschied zu unterstützen, verfügt die deutsche Sprache über ein „Sie“ und ein „Du“. Willst Du diese alte sprachliche Tradition wirklich kaputt machen? Wäre echt schade.
Das wollte ich nur gesagt haben.
Ach übrigens. Was passiert, wenn ein Kunde seine Rechnung nicht begleicht, wie vereinbart? Kommt wieder ein „Hey XY, hast Du vergessen, Deine Rechnung zu bezahlen o.ä.? Falls ja, bitte bis zum folgenden Datum nachholen…usw.“?
Ursprünglich hatte ich in diesem Brief vor, auch die Namen anderer duzender Firmen aufzulisten, die ebenso liederlich mit der deutschen Sprache umgehen. Ich denke aber, dass für heute dieses eine Beispiel reichen wird.
Dein
PJ
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