You are here

Kritische Rassismustheorie für Anfänger und Kenner

Falls Sie der Rosenkrieg zwischen Johnny Depp und Amber Heard im Augenblick langweilt oder Sie sich eine kurze Pause vom Horror des russischen Aggressionskriegs gönnen möchten, dann sind Sie hier richtig.

Wir werden uns heute zur Abwechselung der kritischen Rassismusforschung wenden. Viel Spaß!

Sie wissen, falls Sie kein Kenner sind, was damit gemeint ist…oder? Diese brandneue akademische Sparte – üblicherweise auf dem Gebiet der Soziologie beheimatet – besagt, dass „weiße“ Menschen ipso facto angeborene Rassisten sind, was sie zu glauben erlaubt, dass sie eine gewisse Überlegenheit über schwarze Menschen und „People of Color“ genießen.

Verzeihen Sie. Ich bin noch nicht auf eine adäquate dt. Übersetzung für den Begriff „People of Color“ gestoßen. „Farbige Menschen“ kommt natürlich nicht in Frage, führt vielmehr zur Konfusion. Denn früher hat man auch schwarze Afrikaner als „farbig“ bezeichnet.

Eigentlich eine ziemlich farblose Vokabel „farbig“. Letztendlich ist jeder irgendwie farbig, manche zwar heller, manche dunkler. Fakt ist: Ich bin noch nie einem wahrhaftig „weißen“ Menschen begegnet. Nein. Stimmt nicht. Beinahe habe ich meinen Freund Fatihi vergessen. Er war Albino und stammte aus Tunesien. Vor vielen Jahren haben meine Frau und ich sechs Wochen mit Fatihi und Familie in Monastir, einer schönen Stadt in Tunesien, verlebt.

Heute gälte auch Fatihi als „Person of Color“! Sie sehen, wie kompliziert die Sache ist.

Im Grunde wird mit „weiß“ „europäisch“ gemeint, womit jene Ureinwohner Europas gemeint sind, die die sog. „europäische Kultur“ gründeten und die – seien wir uns ehrlich – später Menschen in den Amerikas, in Afrika, in Asien etc. kolonisierten. Heute ein verfemtes Wort. Die Befürworter der kritischen Rassismusforschung behaupten, dass diese Europäer bis heute die P.O.P. weiterhin unterdrücken und wie Kolonisten behandeln.

Die schlimmsten Ausbeuter seien, so heißt es, die weißen Männer und noch schlimmer, wenn das möglich ist, die alten weißen Männer. Weiße Frauen hingegen seien zwar „weiß“, aber auch sie werden irgendwie von den weißen Männern – insbesondere von den alten weißen Männern – geknebelt, aus welchem Grund es nötig war, das „Gendersternchen“ zu erfinden. Nun wissen Sie es.

Alles klar?

Und wer zählt zu den P.O.P.?

In den USA – und dort wurde der kritische Rassismustheorie als Weiterentwicklung der Dekonstruktivismus (fabriqué en France) kultiviert – sind es die Native Americans, Afroamerikaner, hispanische Menschen aus Mexiko, Zentralamerika und Südamerika. Später durften sich auch Araber, Iraner, Inder und Asiaten als „People of Color“ bezeichnen. Diese Liste gilt inzwischen auch für Deutschland, wohin vor ein paar Jahren die kritische Rassismustheorie rüber geschwappt ist.

Doch Vorsicht! So einfach ist die Sache nicht. Denn manche Menschen entsprießen einer Mischung der Ethnien. Manche sind sogar vom Aussehen und Gehabe her kaum von den weißen Unterdrückern zu unterscheiden! Noch ein Problem: Wer unter der Oberfläche buddelt, stellt fest, dass auch P.O.P. – historisch betrachtet – Dreck am Stecken haben dürfen. Mord, Eroberungsgelüste, Raubzüge, Unterdrückungen usw. scheinen auf der ganzen Welt zum Grundprogramm zu gehören.

Zum Glück für all jene, die sich als ausgebeutet darstellen möchten: Heutzutage darf man alles sein! Man muss es sich nur wünschen! Geschlecht und Herkunft sind zu Accessoires geworden! Jeder darf sich als zerfleddert und unterdrückt darstellen! Wie schön!

Und nun habe ich eine Idee: Wie wäre es, wenn jeder sich zu einer „Person of Color“ erklären würde? Im Nu gäbe es keine Opfer mehr!

Nein, nicht ganz. Johnny und Amber würden weiterhin jammern, und die Russen nicht aufhören durch Lügen und Raubzug die Ukraine zu kassieren.

Manche würden an dieser Stelle kontern: Das mit Johnny und Amber, den Russen und den Ukrainern ist mir egal. Es sind ohnehin alle Weiße.

Augen zu und los (Die Gliose-Blues)

Ich werde mich heute kurzhalten. Mein Arzt besteht darauf. Will heißen: mein Augenarzt. Vielleicht erinnern Sie sich. Vor zwei Wochen habe ich angekündigt, dass ich auf Geheimmission gehe. Ist geschehen. Und nun bin ich zurück.

Was für eine Geheimmission?

In meinem Fall führte sie letzte Woche in eine Augenklinik, wo ich mir eine ziemlich ekelhafte Operation unterziehen ließ. Sie heißt „Vitrektomie“. Damit wird gemeint, dass die Flüssigkeit im Glaskörper (ja, im Glaskörper ist eine durchsichtige Flüssigkeit) entfernt wird, damit sich der Operateur (bzw. die Operateurin) einfacher an die Netzhaut herankommen kann. In meinem Fall war dies notwendig, weil sich mir auf der Netzhaut (lateinisch „retina“) eine „Gliose“ formiert hat.

Mit Sicherheit wissen Sie nicht, was eine Gliose ist. Das erfährt man erst, wenn man eine hat. Es handelt sich um ein Häutchen, das sich aus irgendeinem Grund auf der Netzhaut zu wachsen anfängt. Auf den CT-Bildern meiner Netzhaut, wird etwas sichtbar, das wie ein Vulkan aussieht. Dieser Vulkan schwillt immer mehr an, bis man kaum mehr aus dem Auge sehen kann.

Deshalb habe ich während der letzten Jahre die Welt wie durch krumme Wellen gesehen. Als Lesegerät fiel das linke Auge selbstverständlich aus.

Vor der OP hat man mich in einen Dämmerschlaf versetzt – ein interessantes Erlebnis. Man ist halb da und halb nicht da. Ich bilde mir ein, ich habe den Augenblick erlebt, als man mir mit einer Pinzette das störende Häutchen rausgepickt hat. Ich bilde mir weiterhin ein, dass ich etwas in diesem Sinn kommentiert habe und dass der Operateur mir gesagt hat, ich solle lieber den Mund halten, was für mich ohnehin schwierig ist.

Wie dem auch sei. Die OP ist inzwischen vorbei. Wo die Glaskörperflüssigkeit ausgesaugt wurde, hat man dem Auge als Platzhalter Gas reingepumpt. Sie müssen sich vorstellen: Der Augapfel war nach der OP halb mit Flüssigkeit halb mit Gas gefüllt. Anfänglich hatte ich eine Empfindung, als würde ich durch ein trübes Aquarium schauen. Die gute Nachricht: Das Gas wird peu à peu resorbiert (Ärztesprache) und das Auge füllt sich dann mit frischer Flüssigkeit wieder. Bis es so weit ist, nimmt man eine Trennlinie zwischen Flüssigkeit und Gas wahr. Unterhalb der Linie glotzt man durch das trübe Aquarium, oberhalb ersieht man – täglich – immer mehr Licht, wie man es üblicherweise kennt. Am Schluss, so wurde mir erklärt, verschwindet das Aquarium ganz, und die Sehkraft wird wieder hergestellt. Das dauert aber, und man darf sich während einer gewissen Zeit durch Lesen, tragen etc. nicht anstrengen.

Und darum geht es in diesem kurzen postoperativen Bericht: Ich gebe mir Mühe, mein Auge nicht zu sehr zu überstrapazieren.

Sie merken es natürlich nicht, aber ich schreibe diesen Text mit zugeschlossenen Augen. Das „Blindschreiben“ habe ich in der 7. Klasse in New York gelernt. Es hat mir mein ganzes Leben gedient. Mit Sicherheit steht das Schreibmaschinenschreiben nicht mehr auf dem Lehrplan weder in den USA noch sonst wo.

Da ich die nächste Zeit nur sehr wenig lesen darf – auch keine Zeitungen, hat mir meine Frau Hörbücher zur Verfügung gestellt. Ja, ich höre Bücher; ich lese sie nicht. Früher haben beinahe alle Menschen ihre Bücher nur gehört. Denn die meisten Menschen waren ohnehin Analphabeten. War einfach so.

Das hat aber Konsequenzen. Wenn man einen Text nur hört, lebt man quasi – was die Sprache betrifft – in einer Klangwelt. Viele Wissenschaftler sind der Meinung, dass das logische Denken erst nach dem Lesenlernen entstanden ist.

Weil Menschen in einer schriftlosen Kultur nichts schriftlich festlegen können, wird die Vergangenheit ihrer Kultur allein durch das Gedächtnis festgehalten. Das Gedächtnis ist aber, wie man weiß, ein unzuverlässiger Kumpel. Folglich seien schriftlose Kulturen quasi mythologische Kulturen.

Nebenbei: Das englische Wort für „lesen“, also „read“, ist mit „reden“ verwandt. Da erkennt man eindeutig einen Hinweis auf die einstige mündliche Tradition. Der Name des heiligen Buchs des Islam, „Quran“, wird von einer Vokabel abgeleitet, das „ausrufen“ bedeutet. Das frühe Publikum dieses Textes hat ihn mit Sicherheit nicht gelesen, sondern lediglich gehört.

Na ja. Nur ein paar Gedanken zu meinem momentanen Zustand. Wie gesagt: Ich habe diesen Text zumeist mit zugeschlossenen Augen geschrieben. Sie werden ihn aber – so nehme ich an – mit offenen Augen lesen.

Ein Narrativ übers Narrativ

Ich bilde mir ein, dass der Sprachbloggeur als Quelle sprachlicher Neuigkeiten dient. Und deshalb hatte ich mich neulich entschlossen, über den Begriff „Narrativ“ zu berichten.

Und was erfahre ich? Dass ich längst den Kollegen hinterherhinke! Und Sie? Zählt das „Narrativ“ zu Ihrem aktiven Wortschatz? Falls nicht, dann sind Sie an der richtigen Stelle gelangt, um eine Wissenslücke zu füllen. Denn es ist nicht mehr zu leugnen: Wir leben im Zeitalter des „Narrativs“.

Schon 2017 erschien ein Text zu diesem Thema in der „Süddeutschen Zeitung“. Der Autor, Tobias Kniebe, etikettierte „Narrativ“ als „Modewort“. Vor ihm, also 2016, hatte auch der Journalist Matthias Heine in der „Welt“ das „Narrativ“ als „Modewort“ beschrieben. Sie sehen: Dieses Wort brodelt seit einiger Zeit im dt. kollektiven Unterbewusstsein.

Auch meine Entscheidung übers „Narrativ“ zu schreiben, ist wohl ein Ausdruck dieses Impulses. Denn Fakt ist: Das „Narrativ“ ist wohl ein Ausdruck des Zeitgeists.

Aber nun endlich zum „Narrativ“ selbst: Das Wort ist ein Neutrum, ein „das“, und wird vom lateinischen „Narrativum“ hergeleitet.

„Narrare“ bedeutet auf Lateinisch „erzählen“. „To narrate“ ist auf Englisch eine ganz normale Vokabel im Sinne von „erzählen“. Derjenige in einem Roman, der die Geschichte erzählt, ist der „narrator“. Man könnte das, was er (oder sie) tut eine „narration“ nennen. Womöglich wurde das Wort auch in der dt. Literaturkritik schon lange so verwendet.

Seit 1979 ist ums „Narrativ“ viel Neues geschehen. Denn in diesem Jahr benutzte ein französischer Philosoph namens Jean-François Lyotard diesen Begriff in einem Buch übers „Postmoderne“ und zwar in einem ganz neuen Sinn.

Nebenbei: Lustiger Begriff „Postmoderne“! Mittlerweile klingt er altbacken, zumal wir heute wahrscheinlich im Postpostmodernen…oder gar Postpostpostmodernen leben.

Mein Gott! Ich habe so viel geschrieben und immer noch nicht verraten, was ein „Narrativ“ Lyotard zufolge ist! Wir lassen jetzt Wikipedia für uns reden. In einem ausführlichen Eintrag über dieses Thema wird das „Narrativ“ als eine „sinnstiftende Erzählung“ definiert. Will heißen: Etwas wird erzählt, damit der Zuhörer es auf eine gewisse Weise versteht und deutet.

Kommt dies Ihnen bekannt vor?

Das macht zum Beispiel Putin momentan. Ihm zufolge darf der blutige Angriffskrieg, den er vom Zaun gebrochen hat, nicht als Krieg bezeichnet werden. Wer dies in Russland tut, wird sogar vors Gericht geholt. Man erzählt lieber von einer „Sonderoperation“. Darüber hinaus bezeichnet man den Feind als Nazi und die Toten in Butscha als Schauspieler. Sie sehen: Dies ist ein ausgezeichnetes Beispiel für ein „Narrativ“.

Hat auch Hitler am 1. September 1939 gemacht, als die Wehrmacht in Polen „zurückgeschossen“ hat. Das tut man auch, wenn man behauptet, dass die Sklaverei eine Erfindung von bösen Weißen ist, um die Schwarzen – oder neuerdings die „P.O.P. („people of color“) zu unterdrücken.

Klar: Es ist nicht schwer zu verstehen, was ein „Narrativ“ ist. Man könnte es als Deutungshilfe beschreiben. Fest steht jedenfalls: Beispiele von „Narrativen“ gibt es wie der Sand im Haar.

Nur: Wie hat man dieses Phänomen früher ausgedrückt? Hmm. Darüber muss ich nachdenken. Vielleicht etwas wie „Faktendeutung“ oder „Propaganda“. Nein, es muss etwas anders gegeben haben. Falls aber nicht, dann haben wir endlich den passenden Begriff!

Aber nun habe ich für heute genug erzählt. Falls Ihnen der Begriff „Narrativ“ gefehlt hat, haben Sie nun bestimmt genug davon.

In eigener Sache: Nächste Woche keine Glosse. Bin auf Geheimmission.

Entschuldigung, Ent-schuld-ig-ung!

Zwei Ministerinnen sind in letzter Zeit wegen Versäumnisse in Bezug auf die Ahrtal-Überschwemmungen zurückgetreten. Die eine drückte ihr Bedauern aus und trat schleunigst zurück. Die andere erlaubte sich einen dramatischen öffentlichen Auftritt samt Ausrede und trat dann nicht zurück. Sie wurde allerdings bald dazu genötigt. Nicht zu vergessen der Bundespräsident, der jüngst in aller Öffentlichkeit Reue über seinen dereinstigen Putinkuschelkurs verkündete.

Lauter Bußfertige. Was mich dazu gebracht hat, folgende Überlegung anzustellen: Was ist eigentlich eine „Entschuldigung“?

Keine einfache Frage gebe ich zu. Und jede Religion setzt sich mit dieser heiklen Sache gründlich auseinander.

Zum Glück bietet uns hier die deutsche Sprache selbst Abhilfe, um diesen Begriff zu entzaubern. Da das Deutsche, wie jeder weiß, nach dem Legoprinzip bausteinartig organisiert ist, kann man ein Wort wie „Entschuldigung“ recht einfach in seine Einzelteile auseinanderpulen: „Ent-schuld-ig-ung“. Wovon der eigentliche Kern des Wortes der Begriff „Schuld“ ist. Das „ent-„ will diese „Schuld“ aufheben und entfernen.

Eine „Schuld“ ist auf Deutsch etwas, was man zurückbezahlen muss. (Notabene: „zurückbezahlen“ ist nicht identisch mit „zurückzahlen).

Achtung: Diese Vokabel „Schuld“ ist mit „sollen“ verwandt. Eigentlich logisch. Denken Sie an „Haben“ und „Soll“. Dahinter steckt die Idee von „verpflichtet sein“. Besser gesagt, „verpflichtet, etwas Gleichwertiges als Sühne zurückzubezahlen“. „Geld“, zum Beispiel, genauer gesagt, etwas „Gültiges“.

Klar:, „Geld“ und „gültig“ sind verwandt! Man leistet ein „Entgelt“ und übt „Vergeltung“ aus. (Nebenbei: „Gold“ hat mit „Geld“ nix zu tun – zumindest sprachlich nix. „Gold“ ist eine Abwandlung von „gelb“).

Wie dem auch sei: Wenn man sich „entschuldigt“, ist notgedrungen ein „Entgelt“ fällig.

Auch dies logisch. Denn eine „Entschuldigung“ sollte ein „Entschulden“ sein. Will heißen: Man befreit sich von einer Verschuldung“. Diese Formulierung habe ich meines sechsbändigen Duden entnommen.

Wenn man „schuldig“ ist, dann nur deshalb, weil man etwas hätte machen bzw. leisten sollen, was eben nicht erfolgt ist. Wer seine Schulden nicht begleicht, leidet bisweilen (außer er ist ein Unhold) an „Schuldgefühle“.
„Schuldgefühl“ bedeutet wörtlich, „das Gefühl, das man etwas zurückzubezahlen hat.

Heute benutzen wir das Wort „Schuldgefühl nur noch als psychologischer Begriff im Sinne von „Gewissensbiss“. Wahrscheinlich aber weilen die „Gewissensbisse“ längst vor den heutigen „Schuldgefühlen“ oder „Schuldbewusstsein“ unter uns.

Warum bin ich heute so fixiert auf dieses Wort „Entschuldigung“? Vielleicht deshalb, weil mir es vorkommt, dass dieses wichtige Konzept einen Bedeutungswandel durchmacht.

Früher musste man sich „ent-schuldigen“, indem man etwas geleistet hat – eine „Sühne“ zum Beispiel“ oder ein „Entgelt“. Das hat, z.B., die NRW Agrarministerin Ursula Heinen-Esser neulich getan, indem sie ihr Amt freiwillig niederlag. Für viele jedoch, z.B. die Familienministerin Spiegel, scheint das Wort „Entschuldigung“ selbst die „Sühne“ zu sein. Mit dem Zauberwort „Entschuldigung“, meinte sie, sie habe sich „ent-schuldigt“ und müsse sonst nix zurückbezahlen, um die „Schuld“ zu beheben.

Stellen Sie sich vor, in was für eine Welt wir leben. Ein einfaches Wort reicht, um alle Unbill zu entwerten.

Und nun wissen Sie alles, was es zu wissen gilt, um jegliche Entschuldigung zu verstehen.

Entschuldigung, Ent-schuld-ig-ung!

Zwei Ministerinnen sind in letzter Zeit wegen Versäumnisse in Bezug auf die Ahrtal-Überschwemmungen zurückgetreten. Die eine drückte ihr Bedauern aus und trat schleunigst zurück. Die andere erlaubte sich einen dramatischen öffentlichen Auftritt samt Ausrede und trat dann nicht zurück. Sie wurde allerdings bald dazu genötigt. Nicht zu vergessen der Bundespräsident, der jüngst in aller Öffentlichkeit Reue über seinen dereinstigen Putinkuschelkurs verkündete.

Lauter Bußfertige. Was mich dazu gebracht hat, folgende Überlegung anzustellen: Was ist eigentlich eine „Entschuldigung“?

Keine einfache Frage gebe ich zu. Und jede Religion setzt sich mit dieser heiklen Sache gründlich auseinander.

Zum Glück bietet uns hier die deutsche Sprache selbst Abhilfe, um diesen Begriff zu entzaubern. Da das Deutsche, wie jeder weiß, nach dem Legoprinzip bausteinartig organisiert ist, kann man ein Wort wie „Entschuldigung“ recht einfach in seine Einzelteile auseinanderpulen: „Ent-schuld-ig-ung“. Wovon der eigentliche Kern des Wortes der Begriff „Schuld“ ist. Das „ent-„ will diese „Schuld“ aufheben und entfernen.

Eine „Schuld“ ist auf Deutsch etwas, was man zurückbezahlen muss. (Notabene: „zurückbezahlen“ ist nicht identisch mit „zurückzahlen).

Achtung: Diese Vokabel „Schuld“ ist mit „sollen“ verwandt. Eigentlich logisch. Denken Sie an „Haben“ und „Soll“. Dahinter steckt die Idee von „verpflichtet sein“. Besser gesagt, „verpflichtet, etwas Gleichwertiges als Sühne zurückzubezahlen“. „Geld“, zum Beispiel, genauer gesagt, etwas „Gültiges“.

Klar:, „Geld“ und „gültig“ sind verwandt! Man leistet ein „Entgelt“ und übt „Vergeltung“ aus. (Nebenbei: „Gold“ hat mit „Geld“ nix zu tun – zumindest sprachlich nix. „Gold“ ist eine Abwandlung von „gelb“).

Wie dem auch sei: Wenn man sich „entschuldigt“, ist notgedrungen ein „Entgelt“ fällig.

Auch dies logisch. Denn eine „Entschuldigung“ sollte ein „Entschulden“ sein. Will heißen: Man befreit sich von einer Verschuldung“. Diese Formulierung habe ich meines sechsbändigen Duden entnommen.

Wenn man „schuldig“ ist, dann nur deshalb, weil man etwas hätte machen bzw. leisten sollen, was eben nicht erfolgt ist. Wer seine Schulden nicht begleicht, leidet bisweilen (außer er ist ein Unhold) an „Schuldgefühle“.
„Schuldgefühl“ bedeutet wörtlich, „das Gefühl, das man etwas zurückzubezahlen hat.

Heute benutzen wir das Wort „Schuldgefühl nur noch als psychologischer Begriff im Sinne von „Gewissensbiss“. Wahrscheinlich aber weilen die „Gewissensbisse“ längst vor den heutigen „Schuldgefühlen“ oder „Schuldbewusstsein“ unter uns.

Warum bin ich heute so fixiert auf dieses Wort „Entschuldigung“? Vielleicht deshalb, weil mir es vorkommt, dass dieses wichtige Konzept einen Bedeutungswandel durchmacht.

Früher musste man sich „ent-schuldigen“, indem man etwas geleistet hat – eine „Sühne“ zum Beispiel“ oder ein „Entgelt“. Das hat, z.B., die NRW Agrarministerin Ursula Heinen-Esser neulich getan, indem sie ihr Amt freiwillig niederlag. Für viele jedoch, z.B. die Familienministerin Spiegel, scheint das Wort „Entschuldigung“ selbst die „Sühne“ zu sein. Mit dem Zauberwort „Entschuldigung“, meinte sie, sie habe sich „ent-schuldigt“ und müsse sonst nix zurückbezahlen, um die „Schuld“ zu beheben.

Stellen Sie sich vor, in was für eine Welt wir leben. Ein einfaches Wort reicht, um alle Unbill zu entwerten.

Und nun wissen Sie alles, was es zu wissen gilt, um jegliche Entschuldigung zu verstehen.

Endlich Weltuntergang! Mulmigsein und Apokalypse

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie das Wort „Mulm“ kennen, bzw., schon mal gehört haben. Schließlich sind Sie Deutsche. Dennoch eine Frage: Heißt es „der“, „die“ oder „das“ Mulm. Diese Frage zu beantworten, erfordert das sprachliche Urvertrauen des Muttersprachlers.

Falls Sie auf „der“ tippen, haben Sie natürlich recht. Es heißt „der Mulm“. Dahinter steckt eine gewisse Sprachlogik des Deutschen. Es gibt nämlich eine Reihe einsilbiger dt. Vokabeln, die maskulin sind. Z.B.: „Halm“, „Helm“, „Strunk“, „Stroh“, „Klump“, „Brand“, „Kropf“ usw. usw. usw. „Mulm“ ist eine von dieser Kategorie. Wenn allerdings ein kurzes Wort zweisilbig ist, und die zweite Silbe auf „E“ auslautet, kann man dann davon ausgehen, dass es ein Femininum ist. Dies gilt freilich für „Hase“ nicht.

Und nun eine zweite Frage: Was bedeutet „Mulm“? Hier bin ich nicht so sicher, dass Sie die Antwort parat haben. Aber was weiß ich?

Dem Duden zufolge ist „Mulm“ ein „pulveriger Humusboden“ oder ein „verfaultes, getrocknetes und zu Pulver zerfallenes Holz“. Klingt auch so.
Es gibt sogar ein Verb „mulmen“ im Sinne von „zu Mulm machen“ oder „in Mulm zerfallen“.

Die Mulm-Familie ist übrigens mit „mahlen“ verwandt. Gleiches gilt für die „Malm“-Familie. (Selbstverständlich heißt es der „Malm“). „Malm“ begegnet man allerdings viel seltener als „Mulm“. Denn Ersteres wird äußerst spezialisiert verwendet. Der „Malm“ ist nämlich die „obere Abteilung des Juras“. Nebenbei: Das gleiche Wort gibt es auch auf Englisch im Sinne von „kalkreicher Lehm“.

Obwohl ich englischer Muttersprachler bin, habe ich „malm“ nie gehört.
„Malmen“ als Verb leuchtet sofort ein. Das machen die Zähne, wenn sie sich langsam aneinander reiben. Der Zahnarzt verschreibt dann eine Knirschschiene. „Zermalmen“ und „Zermahlen“ sind ähnlich, aber die kennt jeder.

Und somit kommen wir endlich zu „mulmig“. Ganz klar, dass das Wort mit „Mulm“ und „mulmen“ zu tun hat. Wenn ein Humusboden „pulverig oder locker“ (s. Duden) ist, bezeichnet man es als „mulmig“. Auch wenn etwas „faulig oder morsch“ ist, sagt man, dass es „mulmig“ ist.

Meistens aber benutze wir „mulmig“ in einem anderen Sinn. Vielleicht soll es das Gefühl vermitteln, das man hat, wenn man auf morschem Boden tritt. Sprich: unsicher, weil man keinen Halt mehr hat.

Grade dieses mulmige Gefühl macht sich z.B. momentan in Europa breit. Die Preise steigern. Ein grausamer Krieg wütet im Osten. Die Pandemie der letzten Jahre bedrückt noch immer. Wir haben uns mit ihr lediglich arrangiert. Und obendrein wuchert wie in Galopp der Tod.

He! Was habe ich da zusammengereimt!? Krieg, Pestilenz, Teuerung und Tod! Kommen Ihnen diese Vierlinge bekannt vor?

Wer bibelfest ist – und das sind heute die Wenigsten – weiß Bescheid: In Galopp trotten die vier Reiter der Apokalypse heran! Zumindest so sehen sie aus in einem Bild von Dürer.

Brrr. Da wird’s einem bei dem Gedanken richtig mulmig.
Endzeitfreunde freuen sich ob dieses düsteren Gedankens. Endlich Weltuntergang!, jauchzen sie. Höllenfeuer für die Bösen und ein irdisches Paradies für die „Guten“!

Aber halt. „Apokalypse“ wird zwar heute im Sinne von „Katastrophe“ verwendet. Auf Griechisch bedeutet dieses Wort lediglich „Enthüllung“, „Offenbarung“. Und so heißt in dt. Übersetzung das kurze und sehr faszinierende Büchlein im Neuen Testament: „Offenbarungen“. Glauben Sie mir aber: Die hehre metaphorische Sprache dieses Textes darf man aber nicht allzu wörtlich verstehen. So wenig wie man die Schöpfungsgeschichte am Anfang von Genesis im Alten Testaments (Sie wissen schon: das mit den sieben Tagen der Schöpfung) wörtlich nehmen darf. Früher hat man gern in mysteriösen Bildern die „Geheimnisse“ dargestellt.

Fazit: Die Welt geht nicht unter. Trotzdem haben wir momentan guten Grund, uns mulmig zu fühlen.

PS Alles geht vorbei – auch das Mulmigsein.

Die Fahrradwege von Mariupol

Während ich diesen Text schreibe, flattert ein frischer Wind über die Stadt Mariupol. Er kommt aus dem Südwesten mit 29 Sachen an. Die Temperatur beträgt 6°C. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 75%. Ach ja: Es ist eine Stunde später in Mariupol als in Deutschland bzw. Zentral- und Westeuropa.

Keine Sorge. Heute schreibe ich nicht über Putins totalen Krieg oder dass Mariupol heute ein Aussehen hat wie Aleppo und Grosny nach der Bearbeitung bzw. „Befreiung“ durch den russischen Diktator. Hier beschwören wir die Erinnerung an eine einst liebliche Stadt an der Küste des Asowschen Meers.

Ein kleiner Infokasten im WehWehWeh (man googelt „Mariupol“) gibt an, dass ein Zimmer in einem Dreisternhotel in dieser Stadt durchschnittlich 42 Euro pro Nacht kostet. Gar kein schlechter Preis. Will heißen: 10 Tage in Mariupol würden ca. 420 Euro kosten. Man denkt sogleich: Wäre schön hier Urlaub zu machen…Spaziergänge am Strand, Flanieren durch die Hauptstraße usw.

Ach ja! Noch etwas habe ich vergessen zu erwähnen: Am 23. Februar 2022 war das große Thema der Stadtratsitzung in Mariupol Pläne fürs neue Fahrradwegnetz in der Stadt.

Leider kann man heute nicht mehr sagen, wann diese Fahrradwege zwecks einer nachhaltigen, grünen Zukunft realisiert werden können. Noch wissen wir unter welcher Herrschaft, dies auch geschehen könnte. Denn Mariupol hat das Pech, ein geografischer Brennpunkt in einem Eroberungskrieg zu sein. Die Stadt befindet sich nämlich im sog. Donesk-Oblast. „Oblast“ bedeutet auf Russisch „Kreis“ oder „Distrikt“. Und „Donesk“ ist, wie jeder mittlerweile weiß, ein Teil des umstrittenen Gebiets der Ukraine, das Russland für sich beansprucht.

Was Sie nicht wissen: In dieser Gegend lebten früher weder Ukrainer noch Russen, sondern sog. „pontische“ Griechen. Ja Griechen, und zwar seit der Antike. Tatsache ist: bis in die Neuzeit und auch noch heute (wenn sie nicht alle mittlerweile durch den totalen Krieg abgemurkst wurden) waren Griechen in Mariupol ansässig – freilich als Minderheit.

In der Antike hieß diese Gegend „Pontos“. Der römische Dichter Ovid, seinerzeit Opfer des Zorns des Augustus Cäsars auf Grund eines skandalösen Gedichts, wurde nach Pontos ins Exil verbannt. Er hielt sich allerdings auf der anderen Seite des Schwarzen Meers auf – in einer Stadt damals „Tomis“ heute „Constanta“ (Rumänien) genannt. Nicht nur griechische Kolonisten waren in Pontos zuhause, sondern ebenfalls Skyther. Später fiel Pontos in die Hände der Kosaken und der Slawen. So ist es mit dem Lauf der Geschichte. Immer die Zugereisten…

Der Name „Mariupol“ ist aber griechischen Ursprungs. „Marioupole“, sagten die Griechen: die Betonung auf dem „ou“. Die neuzeitliche Stadt ist kaum mehr als zweihundert Jahre alt. Aber in dieser kurzen Zeit haben sowohl Kosaken wie auch Deutsche und Russen gewütet und zerstört. Ein Wunder, dass überhaupt Häuser aus früheren Zeiten noch stehen.

Ich frage mich, warum ich all dies jetzt schreibe. Vielleicht deshalb, weil ich mich wie viele in Europa – vor allem in Mittel- und Osteuropa – in einem Schockzustand befinde, wenn ich an Mariupol denke. Wir schauen momentan alle tatenlos zu, während Menschen einer verwandten Kultur (immer leichter mitzufühlen, wenn eine Kultur verwandt ist – ist leider so, hat nix mit Rassismus zu tun) aufgemischt wird. Wir lesen täglich über Kriegsverbrechen und Kriegsverbrecher, und das zermürbt.

Klar. Jeder weiß, dass das erste Opfer eines jeden Krieges die Wahrheit ist. Bewusst lügen gehört zur Werkzeugkiste der militärischen Aggression.

Im Infozeitalter läuft dieser uralte Spielplan allerdings etwas anders ab als früher. In den schlechten alten Zeiten gab es weder Instagram, Telegram, Twitter, Facebook etc. Ebenso fehlten die „Deep Fakes“, die erlauben, dass man die Identität eines Gegners meisterhaft fälschen kann, so dass es beinahe unmöglich ist, Wahrheit von Lüge zu trennen.

Ja, dies ist eine Glosse, die ich im Schockzustand schreibe. Fest steht allenfalls: Dieser Krieg geht irgendwann zu Ende. Falls die Situation noch schlimmer werden soll – Stichwort „Atombomben“ – dann gilt ohnehin die Devise: Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter. Dennoch: Wenn der Krieg vorbei ist, werden auch die Lügen in Schutt und Asche liegen, so dass die ganze Wahrheit endlich sichtbar wird – für alle.

Was mich am meisten sorgt, ist der Gedanke, dass am Tag vor der Zerstörung dieser lieblichen Stadt Mariupol, deren Stadtrat noch immer über den Bau von nachhaltigen Fahrradwegen beriet. Tja, man kann nie in die Zukunft schauen.

Was bedeutet „Putin“?

Ich gehe davon aus, dass auch Sie die Nase voll haben, wenn Sie den Namen „Putin“ hören. Die Zahl der „Putin-Versteher“ – zumindest in Deutschland aber wohl vielerorts – hält sich zusehends in Grenzen.

Aus diesem Grund möchte ich so wenig wie möglich über die Verbrechen dieses Menschen berichten. Es gibt ohnehin bessere Quellen dafür als eine Glosse des Sprachbloggeurs. Wenden uns lieber dem Namen dieses Menschen selbst zu. Wir stellen die Frage: Was bedeutet der Name „Putin“? Ja, wir möchten „Putin“ verstehen – aber wörtlich!

Jeder Name hat eine Bedeutung. Auch meiner: „P.J. Blumenthal“. Auf der Geburtskunde steht allerdings „Paul Joseph Blumenthal“. „Blumenthal“ klingt fürs deutsche Ohr absolut heimatlich. Man versteht den Namen auf Anhieb. Da hat man die „Blumen“ und das „Tal“. Zugegeben: Die Schreibart von „T(h)al“ ist nicht mehr zeitgemäß. Nach der Rechtschreibreform von 1901 ist das „H“ nach „T“ fast vollkommen aus dem sprachlichen Verkehr gezogen worden. Immerhin gibt es in Schleswig-Holstein einen Ort namens „Blumenthal“, ebenfalls einen in Luxemburg. In den Niederlanden war ich mal in „Bloemendahl“.

„Paul“ geht aufs lateinische „Paulus“ zurück und bedeutet „klein“. Der Apostel Paulus hieß ursprünglich „Saul“, wohl nach dem ersten – so der Bibel – König Israels. Vielleicht ist aus „Saulus“ „Paulus“ geworden, weil die zwei Namen irgendwie reimten. Als Teenager büffelte ich Latein und nannte mich „Paulus Maximus“, d.h. „der größte Kleine“. So denken junge Leute. „Joseph“ ist ein hebräischer Name – auch biblisch – und bedeutet der „Hinzufügende“. Was „hinzugefügt“ wird, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht hatte der Name einst mit der Zeugungskraft des Mannes zu tun.

Aber zurück zu Putin. Mir ist neulich aufgefallen, dass dieser Name Ähnlichkeiten mit dem Namen einer anderen Gruselfigur aus der russischen Geschichte aufweist: Rasputin.

Dieser Rasputin, ein Vertrauter des letzten Zaren, Nikolai II, galt als Mystiker, Lebemann und Asket. Kein Wunder, dass er auch viele Feinde zuzog und letztendlich umgebracht wurde. Die Geschichte dessen Attentat ist sehr spannend und grausam. Können Sie nachschlagen. Nebenbei: Der Großvater von „unserem“ Putin arbeitete als Koch für Rasputin. Putin kochte also für Rasputin. Es reimt sich – wenn auch ein bisschen lahm.

Ich habe beim Vorsitzenden Google nach der Bedeutung des Namen „Rasputin“ recherchiert und Folgendes entdeckt: Ein gewisser Joachim Demling hat jüngst auf einer WehWehWeh-Seite, „vorname.com“, einen kurzen, hilfreichen Aufsatz über die Etymologie des Namen „Rasputin“ verfasst. Demling zufolge hat die russische Vorsilbe „ras-„ den Sinn vom dt. „zer-“. „Putin“ hingegen könnte möglicherweise mit dem russischen Wort „put“, d.h. „Weg“, „Pfad“ in Zusammenhang gebracht werden. Nebenbei: „put“ und „Pfad“ sind mit Sicherheit sprachgeschichtliche Kusins.

Wie dem auch sei, scheint „Rasputin“ etwas wie „zerrissener Weg“ zu bedeuten – was auch immer das für einen Sinn ergibt. Herr Demling tippt deshalb auf „liederlich“. Mag stimmen und wäre auch passend zu Rasputin.

Und Putin? Klar, dass er sich für den „Weg“ hält – so wie, wenn Jesus verkündet, er sei der „Weg“. Womöglich hat der russische Diktator ohnehin eigene Jesus-Fantasien. Neulich hat er in einer Rede Jesus aus dem Johannes-Evangelium (15, 13) zitiert: "Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt". Rührend aus dem Mund von Putin.

Manche vermuten, dass der Name „Putin“ mit dem altslawischen „uputin“ bzw. “putin“ verwandt ist. Diese Vokabel bedeutet „Ratgeber“ oder „Wegweiser“.
Das würde dem russischen Alleinherrscher sicherlich gefallen.

Es gibt aber viele andere Theorien zum Namen „Putin“. Dem Vorsitzenden Google zu Dank bin ich auf eine obskure dafür aber wunderbare Webseite gestoßen: www.onamastikblog.de. Diese wird von einer mir unbekannten „Deutsche Gesellschaft für Namensforschung e.V.“ betrieben.

Dort findet man ausführliche Studien – mit Fußnoten – über den Sinn des Namens Putin. Zum Beispiel, dass der Name mit einem Verb verwandt ist, das „Fesseln anlegen“ oder „stören“, „binden“ bedeutet. Oder dass er mit einem Ortsnamen „Pinten“ zusammenhängen könnte.

Der Beitrag bei onamastik.de ist, wie gesagt, sehr umfangreich. Schauen sie selber rein.

Nebenbei: „Selenski“ ist viel einfacher zu deuten. Der Name bedeutet schlicht und einfach „grün“. Alle reden von einer „grünen Zukunft“. Und siehe da: Plötzlich steht Herr Grün auf der Weltbühne.

Dialog in der Hölle: der Neue

(Ein Raum ohne Fenster. Die Tür ist zu. Tiefe Decke. Dämmerbeleuchtung. Lauter ramponierte Sitzgelegenheiten. Keine Bilder an der Wand. Alle sitzen. Die Tür geht auf dann wieder zu.)

Mao: Na Schau wer da kommt! Der Wowka! Komm, tut nicht so auf Schüchtern, Knabe.! Du bist endlich – wie sagst Du es, Wolfi? – Heim im Reich!

Hitler: So ähnlich, mein lieber. Mit Deinem fremden Akzent klingt es wie „Heim in Leich‘“. (Er schmunzelt). Hand aufs Herz: Ist er a Jud? Zur Hölle mit ihm, wenn er einer ist!

Mao: Nein, der ist ein Russ. Sag bloß nicht, Du hast was gegen die auch. Mensch hab ich einen Durst. Wieso ist der Service hier so schlecht?
(Er steht auf, geht zur Tür und drückt mehrmals auf einer Klingel).

Hitler: Na ja, den Russ mochten wir aa nicht. So wollte es aber die Vorsehung.

Mao: Weißt Du, wie man „Vorsehung“ auf Chinesisch sagt?

Hitler: „Frühlingsrolle“ oder? (Er schmunzelt).

Mao: Ach, dieser scheiß deutsche Humor. „Tianyi“ sagen wir. Hübsch, oder? Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Du an „tianyi“ anstatt „Vorsehung“ geglaubt hättest. Gilt für Dich auch Wowkasche. Komm Kleiner, setz Dich hin. Wir warten eine gefühlte Ewigkeit auf Dich. Verdammt! Wo ist der verfluchte Service! Ich habe einen Mordsdurst!!

Putin: Entschuldigung, wo bin ich?

Stalin: Ha! Das sagen all diese Streber, wenn sie keines natürlichen Todes im eigenen Bett sterben. Gilt auch für Dich, Wolfi. Ja, hab ich auch Durst.

Hitler: Wie bitte?! Natürlich bin ich im eigenen Bett gestorben!

Mao: Im Bunker. Und Selbstmord zählt nicht. Obendrein ist das eine Sünde, sich das Leben zu nehmen. Weißt Du das nicht?

Stalin: Lass ihn in Ruhe. Du gehst mir auf den Keks mit Deiner Klugscheißerei.

Hitler: Du meinst, er geht Dir auf den „Glückskeks“. (Er schmunzelt)

Stalin: Ja ja. Dieser deutsche Humor muss man ernst nehmen. Haha. Und Du, lieber Vorsitzender a.D. mit Deiner Politik asiatischer Schlauheit aus Schmeichelei, Betrug, Treulosigkeit und grausamer Rache, bist auch nicht viel weiter gekommen.

Mao: Das sagt der Höhlenmenschmarxist. Noch immer bin ich überzeugt, dass Du „Kapital“ nie gelesen hast. Wo ist der verteufelte Service!

Stalin: Wer hat hier Marx nie gelesen! Unverschämt! (er schreit).

Mao: Ruhe, Josja. Nicht gleich ins Hemd machen.

Hitler: Du warst immer gut mit Bildern. Das bewundere ich.

Mao: Danke Wolfi.

Putin: Entschuldigung. Wo bin ich? Wer seid Ihr?

Stalin: Hab ich nicht gesagt? So reden alle, wenn sie nicht im Bett sterben. Soll ich’s ihm sagen?

Hitler: Bitte.

Stalin: Towaritsch Wowka, Du bist heim ins Reich gekommen!

Hitler: Heim und Leich! (Er lacht).

Putin: Bin ich nicht in meinem Bunker?

(Alle lachen herzhaft).

Hitler: Süß ist er.

Stalin: Nein, Kleiner. Übrigens, Ihr Nasenbohrer, ICH bin in meinem Bett tatsächlich gestorben.

Mao: Ich auch!

Putin: Heiliger Basilius! Bin ich dann im Himmel?

Stalin: Ja Wowka, Du bist im…Himmel. (Er kichert)

Putin: Hab ich die sondermilitärische Operation also doch gewonnen! Sagt. Gibt es hier Pferde und Internet? Ich mag Pferde. Ich möchte mein Hemd gleich ausziehen.

Hitler: O ja, bitte. Ich find ihn wirklich niedlich.

Mao: Ich verdurste!! Wo ist hier der Service!!

Stalin: Einen Schnaps könnte ich Dir anbieten. Du auch Wowka?

Putin: Danke, ich trinke aber nicht.

Mao: Mach keine dämmliche Witze. Warst immer Sadist. Glaub ihm kein Wort, Kleiner. Ich habe Durst!! Service!!!

Hitler: Er ist wirklich süß. Komm Bubi, setz Dich zu mir.

Krieg gegen „Krieg“

Wie heißt es so schön? „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.“ Das hat 1914 ein US-Senator namens Hiram Johnson gewitzelt. Ob er wirklich der erste war, der diese Sentenz so schön formuliert hat, vermag ich nicht zu sagen. Denn die Praxis ist uralt. Hab ich nicht vor ein paar Wochen über das „falsche-Flagge-Phänomen“ geschrieben? Das geht auf einen ähnlichen Impuls hervor.

Was den momentan wütenden Krieg in der Ukraine noch wirrer macht, ist die Tatsache, dass diese kriegerische Aggression nicht einmal als Krieg bezeichnet werden darf. Zumindest nicht in Russland (neuerdings auch – intern – bei der UNO). Das haben Sie sicherlich in der Zeitung oder in anderen Medien erfahren. In Russland heißt es: Die russischen Streitkräfte befreien die ukrainischen Brüder und Schwestern, von Nazis und Mafiosi usw.

In der Duma, dem russischen Parlament, wurden sogar jüngst eigens ein Gesetz verabschiedet, das mit bis zu 15 Jahren Gefängnis geahndet wird, wenn einer die Grausamkeiten in der Ukraine als Krieg bezeichnet.

Kein Krieg, sondern eine „Sondermilitäroperation“ wird geleistet. Ja natürlich ist das zynisch, aber es funktioniert prima. Zwischen 70 bis 90% der russischen Bevölkerung sind überzeugt, dass es so ist. Eine Mehrheit der Chinesen übrigens auch.

In der New York Times war neulich ein Artikel zu lesen, der diesen Surrealismus untermauert. Ein junger Mann in Kiew hat, nachdem der Krieg begonnen hatte, seine Familie in Russland angerufen. Der junge Mann war überrascht, dass seine Familie ihn bisher nicht kontaktiert hatte, um nach seinem Befinden zu fragen. Die Familie wusste nichts von Krieg, Bomben etc. Sein Vater warnte nur vor den Nazis und Mafiosi usw., die Lügengeschichten über Russland verbreiteten. Jeglicher Versuch seitens des Sohns, die Lage zu erklären, wurde mit Befremden entgegengenommen. Fake News beteuerte der Papa.

Nebenbei: „Fake News“ ist zu einer wichtigen Vokabel der globalen Sprache geworden. Das ist allein der Verdienst des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der bis heute behauptet, es sei „Fake News“, dass er die Wahl gegen Joe Biden 2020 verloren hat.

Ach, und noch etwas: Gestern hat die chinesische Volksversammlung ein Gesetz gegen Fake News verabschiedet.

Was will ich damit sagen? Ganz einfach: Ein Krieg gegen „Krieg“ ist ausgebrochen.

Von daher möchte ich in meiner Funktion als Sprachbloggeur, den „Krieg“ als Begriff wiederbeleben. Es folgt also ein kurzer Streifzug durch einige europäischen Sprachen, um die Etymologie des Wortes „Krieg“ im Sinne von „Krieg“ zu rehabilitieren:

Auf Russisch heißt das Phänomen, das es momentan laut der russischen Regierung nicht gibt, „wojne“. Wir schreiben das Wort hier in lateinischen und nicht in kyrillischen Buchstaben. Der gleiche Begriff heißt übrigens auf Ukrainisch „wijne“ und wird auch mit kyrillischen Buchstaben geschrieben. Auf Weißrussisch sagt man „wejne“. Es sind halt verwandte Sprachen.

In den uralten slawischen Sprachen bedeutete „woj“ „Soldat. „Wojne“ ist dann eigentlich, „was mit Soldaten zu tun hat“. Zum Beispiel Krieg! Der hat immer mit Soldaten zu tun – und momentan sind ca. 200.000 russische Soldaten beim Sondermilitäroperieren in der Ukraine.

Schön ist es, wenn eine Sprache für Klarheit sorgt!

Hier nun noch ein paar Wörter aus anderen europäischen Sprachen, die „Krieg“ bedeuten:

Wir fangen mit dem deutschen Wort „Krieg“ an. Eigentlich hatte es ursprünglich mit „Hartnäckigkeit“ zu tun. Auch der jetzige Krieg in der Ukraine ist das Resultat der Hartnäckigkeit eines Menschen. Oder?

Doch weiter. Das englische „war“, das französische „guerre“ – im Spanischen und Italienischen klingt es ähnlich – und ebenso das deutsche „wehren“, hatten ursprünglich den Sinn von „Schwierigkeiten“. Und stellen Sie sich vor: „Wehren“, „war“, „guerre“ etc. sind mit „verwirren“ verwandt. Passt.

Diese Liste lässt sich freilich viel weiter entfalten. Heute aber schreibe ich lieber keine Doktorarbeit. Das schönste Wort für Krieg, das ich kenne, ist allerdings das lateinische „bellum“. Im alten Latein hieß das Wort „duellum“. Dahinter steckt das Zahlwort „duo“. Klare Sache.

Heute jedenfalls gibt es sowohl Kriege wie auch Duelle…dazu auch viel Fake News.

Pages

Subscribe to Front page feed