Die Chancen stehen fifty-fifty, dass Sie noch nichts von „Rizz“ gehört haben. Es sei denn, Sie sind Nachrichtenjunkie oder Zufallslesende.
So ist es mir ergangen. Nicht als Nachrichtenjunkie, sondern durch Zufall. (Über dieses Wort habe ich neulich geschrieben, s. da). Es geschah folgendermaßen:
Manchmal schlafe ich schlecht. Plötzlich bin ich Mitte der Nacht wach. Ist aber keine Tragödie, und ich mache mir nie deshalb Sorgen. Stattdessen schalte ich mein Radio ein und höre Nachrichten, oder ich lese (im Augenblick „Der Mann ohne Eigenschaften“). Bisweilen meditiere ich über Musiktheorie, und gelegentlich greife ich zum Phone und überfliege die neuesten Storys auf Spiegel-Online.
Hier übrigens keine Werbung für Spiegel-Online. Ich lese meistens nur die Überschriften und fertig. Ein Abo habe ich nicht und will keins. Auf jedenfalls kam meine Begegnung mit „Rizz“ durch so eine Spiegel-Online-Lektüre tief in der Nacht zustande.
Es handelte sich, so erfuhr ich, um einen neuen Begriff in der englischen Sprache. Genauer gesagt um das „Jugendwort fürs Jahr 2023“ – zumindest nach Meinung des hehren Oxford University Press.
„Rizz“ ist offenbar der „shooting star“ im Jugendsprachehimmel – zumindest fürs Jahr 2023. Das behauptet jedenfalls Oxford University Press, der jährlich ein Buch mit den neuesten Vokabeln aus der Jugendsprache veröffentlicht.
Kommt Ihnen dieses Phänomen bekannt vor? Wahrscheinlich schon. Genau das macht jährlich auch Langenscheidt. Oder meine ich Pons? Oder machen es alle beide? Bin zu faul, um nachzuschlagen.
Fest steht jedenfalls: Jedes Jahr wird ein Wort aus der neuesten Ernte der Jugendsprache erlesen und als „Jugendwort des Jahres“ gekürt. Es folgt dann zuverlässig ein Bericht darüber in diversen Medien.
Manchmal frage ich mich: Was? Schon wieder eine neue Ausgabe der Jugendsprache? Wer kauft sich diese Bücher?
Inzwischen glaube ich, die Antwort entdeckt zu haben: Ca. 5000 Käufer, die meisten davon Bibliotheken und Institute tun das. Wahrscheinlich werden auch einige Exemplare zu Weihnachten geschenkt, um bald wieder zu verstauben. Zahlenmäßig ist das zwar nicht viel, bedeutet aber im Verlagswesen immerhin ein kleiner Gewinn. Kleinmist macht auch Viehe.
Selbstverständlich freuen sich auch die Medien um eine neue Auflage und die Gelegenheit über ein neues Jugendwort des Jahres zu schreiben. Schließlich ist so ein Thema unterhaltsam, was besonders nützlich ist, zumal die Nachrichten sonst nur voll mit schrecklichen Kriegen, Krisen und sonstigen ebenso düsteren Dingen sind.
Aber zurück zum „Rizz“. Was bedeutet diese Vokabel? Um die Spannung schnell ein Ende zu machen, verrate ich dies sogleich: „Rizz“ (die zweimal „z“ werden gesummt und nicht gezummt) ist eine Kurzform von „Charisma“.
Fertig. Mehr brauchen Sie über „Rizz“ nicht zu wissen. Entweder hat man es (ihn?), oder man hat es (ihn?) nicht.
Also nun wissen Sie mehr oder weniger alles, was Sie zu wissen brauchen über dieses Thema…nein noch nicht alles.
Es fehlt noch eine Prophezeiung von mir. Die lautet: Es wird nicht lange dauern, bevor auch in Deutschland „Rizz“ heimisch wird.
Schnell wird es geschehen. Der (oder das) „Rizz“ wird keinen Schleuser gebrauchen, um nach Deutschland zu kommen. Er (oder es) wird nicht einmal nach Asyl suchen müssen. „Rizz“ ist ein Geschenk der Unterhaltungsindustrie – dankbar entgegengenommen – auch wenn der Spaß nur kurz währt…
Falls sie auf dieses neue dt. Wort stoßen, denken Sie daran, wo Sie zum ersten Mal darüber erfahren haben.
immer zu Diensten, Ihr Sprachbloggeur.
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