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Im Zeitalter der Finanzgrippe und der Schweinekrise

Gestern rief mich A. an. Sie ist 75 und geht einmal im Monat zum Altenklub ihrer Kirche. Die genaue Glaubensrichtung verrate ich nicht – macht ohnehin keinen Unterschied.

„Stell dir vor“, sagte sie. „Ich bin heute in den Altenklub gegangen, und man sagte mir, der Klub sei eingestellt.“

„Angst vor der Schweinegrippe?“ fragte ich.

„Nein. Man hat gesagt, auch die Kirche leide unter der Finanzkrise.“

Gleich habe ich an meine Bank gedacht. Denn auch sie leidet unter der Finanzkrise. Doch zunächst etwas Hintergrundmaterial:

Seit Jahren schickt meine Mutter meinen Söhnen zu Weihnachten und zum Geburtstag Schecks im Wert von fünfündzwanzig Dollar. Ich ging früher mit den Schecks zur Bank und habe sie in Mark wechseln lassen. Alles problemlos.

Vor etwa 10 Jahren war es mit diesem Kundendienst plötzlich vorbei. Die Bank verlangte eine Gebühr, die ungefähr die Hälfte des Scheckwerts war. Ich protestierte heftig:

„Heißt das, dass meine Kinder ihr Weihnachtsgeschenk mit der Bank teilen müssen?“ fragte ich.

„So dürfen Sie es nicht sehen. .Auch wir haben Kosten“, war die Antwort.

Das war, wie gesagt, vor 10 Jahren. Damals hat es noch keine Finanzkrise gegeben, und ich konnte das Problem einfach lösen. Ich habe dem Vorstandsvorsitzenden der Bank einen Brief geschickt und ihm die Leviten gelesen. Nebenbei: Die entsprechende Redewendung auf Englisch lautet „to read someone the riot act“. Zu Deutsch (in etwa): Jemandem den Paragraphen zur Ruhestörung vorlesen. Mit „Leviten lesen“ ist bestimmt das Buch Levitikus gemeint – auch ein Gesetzbuch.

Mein Brief zeigte jedenfalls Wirkung. Ich erhielt ein Schreiben vom höchsten, bonusdotierten Chef persönlich. Darin hieß es, ich dürfe die Geburtstags- und Weihnachtsschecks meiner Mutter in aller Ewigkeit gebührenlos einlösen. Ich war zufrieden, und alles ging jahrelang gut. Eines Tages habe ich das Schreiben leider verschlampt.

Trotzdem durfte ich – aus „Kulanz“ wie es heißt – die Schecks weiterhin gebührenfrei einlösen. Dann kam die Finanzkrise. Mein Banker – nein, er ist kein Bankier – hat mir letzte Woche angekündigt: „Das war das letzte Mal. Sie müssen verstehen, auch ich habe Kosten.“

„Haften Sie persönlich?“

„Nein, so meine ich es nicht. Für die Bank sind Ihre Schecks ein Verlustgeschäft, und ich habe eine Verantwortung gegenüber der Bank.“

Wie gesagt: Heute haben wir Finanzkrise, und ich sollte das Unbehagen des Bankers vielleicht ernst nehmen. Und wer weiß, das mit der Schweinegrippe ist auch nicht ganz ohne. Und was würden wir machen, wenn alle Banken wegen der Schweinegrippe zumachen müssten? Bisher habe ich den neuen Vorstandsvorsitzenden den Paragraphen zur Ruhestörung noch nicht vorgelesen. Ich habe nämlich Mitleid mit ihm. Denn ich weiß, der muss dieses Jahr auf seinen Bonus verzichten, und sicherlich macht er sich in die Hose, falls er Geheimkonten auf den Bahamas oder in Liechtenstein hat.

Was ist zu machen? Im Zeitalter der Finanzgrippe und der Schweinekrise weiß keiner mehr Bescheid.

Eins steht aber fest: Falls ich mal im Lotto gewinne, mache ich einen eigenen Altenklub für A. und ihre Damen auf. Die Kirche sei gewarnt. Acht geben auf die Konkurrenz!

Alle Sprachbloggeur sind Lügner

Wer kennt noch heute Epimenides?

Er lebte ca. 600 v.Chr. in Kreta, war Philosoph (wenn man damals dieses Wort überhaupt verwendete) und soll gesagt haben: „Alle Kreter sind Lügner“. Der Spruch wurde in der Antike zum Evergreen. Auch Paulus wetterte gegen die lügnerischen Kreter.

Nur: Möglicherweise haben wir es hier mit einem uralten Witz zu tun. Bedenken Sie: Man hat in der griechischen Antike nicht nur Tragödien, Epen und Kömödien geschrieben, Kriege geführt, geliebt, gegessen usw., man hat sich auch Witze erzählt. Ja, auch die Griechen waren nur Menschen.

Wenn ein Kreter behauptete, dass alle Kreter Lügner seien, war das in der Antike sicherlich ein richtiger „knee-slapper“ wie wir in Amerika sagen. Man lacht so heftig, dass man sich aufs eigene Knie haut.

Heutige Schlaumeier bezeichnen diesen berühmten Kalauer ehrfürchtig als „Epimenides Paradox“, was wie der Name einer Schachstrategie im Mittelspiel klingt.

Doch die Witze sind heute nicht mein Thema. Ich möchte vielmehr über den Unterschied zwischen einem Lügner und…tja…was ist denn das Gegenteil von „Lügner“? „Wahrsager“ wohl nicht, denn auch sie lügen. „Wahrheiter“? „Wahrheitsprechender“? „Einer, der die Wahrheit sagt“? Komisch. Es gibt einen schönen, knappen Begriff, um jemanden, der sich in Unwahrheiten verwickelt, zu beschreiben. Ein Ehrlicher bleibt hingegen stets außen vor. Ich glaube, ich habe schon wieder in einem Satz die Geschichte der Welt erzählt.

Vor mehreren Wochen hatte ich mir einen Artikel aus der International Herald Tribune ausgeschnitten. Das mache ich immer, zwecks meines schlechten Gedächtnis, wenn ich etwas beruflich „ausschlachten“ will. Nun finde ich den Ausschnitt nicht mehr und muss versuchen, den Inhalt aus dem Gedächtnis zu holen. Im Artikel ging es jedenfalls um den Unterschied zwischen den Aussagen der Lügner und derjenigen, die nicht lügen.

Der Inhalt entstammte, glaube ich, einer Studie der Polizei, des FBI oder der CIA – ich weiß es nicht mehr. Es hieß jedenfalls, dass die Aussagen der Lügner besser gegliedert seien als die der Nichtlügner. Eigentlich logisch. Einer, der lügt hat Interesse, seine Geschichte so glaubhaft wie möglich darzustellen. Er baut an seiner Story nach Art des Schriftstellers.

Wer hingegen die einfache Wahrheit wiedergeben wolle, verwickele sich schneller in Widersprüche. Er achte nämlich weniger auf Details als der Lügner. Auch klar - er will lediglich, das Gedächtnis wachrufen. Doch im Unterschied zum Lügner erzähle er manches tatsächlich viel detailierter als der Lügner – wenn auch weniger eloquent.

Das kann also nur bedeuten, dass die Wahrheit ein Rohstoff ist, die Lüge hingegen ein Kunstwerk.

Auch das klingt logisch.

Ich denke an Hesiod. Er lebte im 8. vorchristlichen Jahrhundert in Böotien und ließ in einem Gedicht die Musen – notabene die Musen, die Damen also, die für die Kunst zuständig sind – deklarieren:

„Hirten vom Lande, ihr Lumpengesindel und lediglich Bäuche,/ seht, wir reden viel Trug, auch wenn es wie Wirklichkeit klänge,/ seht aber, wenn wir gewillt, verkünden wir lautere Wahrheit.“

Jawohl. Das hat jemand vor 2700 Jahren geschrieben.

Und nun eine Fangfrage: Habe ich gerade die Wahrheit erzählt oder Ihnen lauter gutschmeckende Lügen aufgetischt? Mit dieser Frage erzähle ich schon wieder die Geschichte der Welt. Schöne Grüße von Epimenides soll ich ausrichten.

Der Sprachbloggeur wird Schirmherr

Der Tod von Gidget bringt mich auf Gedanken.

Wahrscheinlich wissen Sie gar nicht, wer Gidget ist. Es würde mich überraschen, wenn es anders wäre.

Auch ich war ahnungslos, bis ich gestern in CNN die Todesannonce gelesen habe.

Gidget war ein Chihuahua – Sie wissen schon, eine kleine, haarlose mexikanische Hundeart. Manche finden sie niedlich, manche hässlich. Ich glaube, Paris Hilton produziert sich mit einem solchen Tier. Gidget, die mit fünfzehn Jahren verstarb, war aber wohl ein ziemlich bunter Hund, wenn ich es so sagen darf. Jeder amerikanische Fernsehzuschauer (das heißt, 99,9% der Gesamtbevölkerung) kannte sie. Denn sie war jahrelang in der Fernsehwerbung zu bewundern. Die Firma, für die sie ihre Fronarbeit geleistet hat, verrate ich hier nicht. Nein, keine Schleichwerbung beim Sprachbloggeur!

Als ich die Schlagzeile ,„Gidget the chihuahua has died at 15“, las, konnte ich zunächst nichts damit anfangen. Die meisten Amerikaner hingegen schon.

Was will ich damit sagen? Gidget war ein Baustein, zwar ein kleiner, aber immerhin Baustein im großen Gebäude der amerikanischen Kulturidentität. „Bausteine“ in diesem Sinn sind die Dinge, die ein Gruppenbewusstsein ausmachen.

Doch nicht Gidget, sondern treue Sprachbloggeur-Leserin Monika Sim, hat mich auf Ideen über Bausteine der Kulturidentität gebracht. Vor wenigen Tagen hat Frau Sim meine Glosse über den Unterschied zwischen „Haar“ und „Haare“ kommentiert. Sie erklärte, dass sie – notabene als Muttersprachlerin – in ihrer Kindheit den Unterschied zwischen diesen Wörten gefühlsmäßig nachempfunden hatte.

Aha, dachte ich. Da spricht ein Mensch, für den der Unterschied zwischen „Haar“ und „Haare“ ein Baustein seiner kulturellen Identität ist.

Zu bemerken: Eine kulturelle Identität darf man nicht verschmähen – auch nicht verschmälern. Ohne sie fällt jede Kultur schleunigst auseinander. Nicht von ungefähr redet man heute unentwegt davon, dass Menschen mit Migrationshintergrund (wie ich einer bin) sich in die Wahlkultur integrieren müssen.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass diese Glosse wie das Wort zum Sonntag klingt, haben Sie nicht Unrecht. Denn ich mache mir nämlich gerade Gedanken über eine Verantwortung, die ich mit Freude auf mich genommen habe. Bald soll ich als Schirmherr für einen Essay-Wettbewerb unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund (siehe www.kandil.de) werden. Kollegin Ines Balcik von „ib-klartext“ (siehe unter „Links“) hat mich neulich gefragt, ob ich Interesse hätte, Schirmherr zu sein. Ich habe spontan zugesagt.

Ich habe in meinem Leben viel erlebt (das meiste verrate ich Ihnen nicht), noch nie aber war ich Schirmherr.

Ich weiß nicht einmal, was ein Schirmherr tut oder macht und muss mich erst schlau machen. Denn man will seine Tätigkeit als Schirmherr absolut richtig ausüben. Ich halte Sie jedenfalls auf dem Laufenden, sobald, ich weiß, was auf mich zukommt.

Nur eine Frage hätte ich noch. Ist die weibliche Form von „Schirmherr“, „Schirmfrau“ oder „Schirmherrin“? Vielleicht weiß das jemand, der sich in der deutschen Kulturidentität heimischer fühlt als ich.

Ich bin nämlich nirgends richtig zu Hause oder vielleicht überall, und das gefällt mir ungemein. Gidget ist mir kein Begriff und den Unterschied zwischen „Haar“ und „Haaren“ habe ich erst als Erwachsener kennengelernt. Trotzdem darf auch ich Schirmherr werden.

Über das Haar – heute ohne lahmende Wortspiele

Es gibt einiges über Haare zu erzählen.

Beispiel: Als ich 1975 nach Deutschland kam, erfuhr ich, dass das was auf meinem Kopf in der Sommerbrise sachte umeinanderwirbelte, „Haare“ heißt – notabene „Haare“ nicht „Haar“.

Eine ulkige Vorstellung für einen Englisch Muttersprachler. Im Englischen sind „hairs“ stets weniger an der Zahl als „hair“. „Hair“ ist auf Englisch ein Kollektivum, d.h., eine Sammelbezeichnung. Ein Wort steht für ungezählte Einzelteile – so wie das „Gebirge“ auf ungezählte Berge hinweist.

„Hair“ ist im Englischen unzählbar. Wir stellen nur fest, dass wir sie haben – oder nicht. „Hairs“ zählt man. Auch wenn es tausend Strähnen sind.

Doch nun schreiben wir 2009, und ich stelle fest, dass man im Deutschen „Haar“ und nicht mehr „Haare“ auf dem Kopf hat. „Glänzende Farbreflexe für graues und blondiertes Haar“. Dieses Zitat habe ich soeben im Internet aufgegabelt. Woher dieser neue Sprachgebrauch stammt, vermag ich nicht zu sagen. Noch eine Verdenglischung? Die Wirkung des Musicals „Hair“ auf die deutsche Sprache? I don’t know. Vielleicht schreibe ich mal eine Doktorarbeit darüber.

Und noch eine Feststellung rund ums Haar. 1994 bin ich mit der Familie in die USA ausgewandert, bzw., zurückgekehrt. Das Datum ist wichtig. Denn damals habe ich noch beobachten können, dass die unrasierte Achselhöhle der deutschen Frau das Gegebene war. Vier Jahre später kehrten wir frohen Mutes in die old world zurück und siehe da, die Achselhaare (oder sagt man das „Achselhaar“?) waren glatt verschwunden.

Was ist passiert? Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung. War eine neue Generation haarscheuer junger Damen herangewachsen? Handelte es sich um eine neue Mode, vielleicht durch MTV inspiriert? Ich muss passen. Wäre auch vielleicht ein würdiges Thema für eine Doktorarbeit.

Kennen sie den englischen Spruch: „Hair today, gone tomorrow“. Ein Wortspiel selbstverständlich – aber kein lahmendes. „Hair“ klingt ähnlich wie „here“. Aber nun zum nächsten Thema ums Haar: die Intimrasur. Notabene: Wer sich an die Zeit vor 2007 nicht mehr erinnern kann, wird vielleicht nicht wissen, dass es dieses Wort „Intimrasur“ früher nicht gab.

Erst letzte Woche habe ich in der Zeitung gelesen, dass sich fünfzig Prozent aller Frauen – ich nehme an, dass hier nur junge Frauen gemeint sind – intimrasieren. Tendenz steigend. Noch erwähnungswerter: Fünfundzwanzig Prozent aller Männer scheren sich ebenso kahl. Auch hier nehme ich an, dass nur junge Männer gemeint sind – alt genug allerdings, um die entsprechenden Haare zu haben, die man wegrasiert.

Es heißt – so habe ich gelesen – , dass man sich nach der Intimrasur „glatter“, „sauberer“, „sinnlicher“ fühlt. Selbst wurde ich in den letzten Jahren zweimal – zumindest teilweise – intimrasiert, einmal vor einer Venenoperation – damals war es aber nur das linke Bein. Das rechte blieb ungeschoren. Ich habe Fotos vom besagten Bein gemacht – ich zeige sie aber nicht her. Habe ich mich „glatter“, „sauberer“ und „sinnlicher“ gefühlt? Nein, es hat gejuckt.

Das zweite Mal war während meiner Gallenoperation. Ich wachte aus der Narkose auf – und siehe da: mein Bauch wurde bloß gelegt.

Habe ich mich diesmal: „glatter“, „sauberer“ und „sinnlicher“ gefühlt? Nein, ich hatte nur Schmerzen und wieder neue Narben.

Komisch. In meiner Jugend haben wir um das Recht gekämpft, die Haare lang wachsen zu lassen. Die langen Haare waren eine Art Fanal für ein neues Zeitalter. Das Musical „Hair“ basiert auf diesem damaligen Kampf. Kaum hat man gesiegt, will die nächste Generation keine Haare mehr haben, oder soll ich lieber „Haar“ sagen?

Somit habe ich Ihnen die Geschichte der Welt am Beispiel der Haare erzählt.

Von rauen Sitten und Pizzas

Vielleicht kennen Sie das Peter-Prinzip noch. Es war einmal der letzte Schrei.

Das Buch „The Peter Principle“ erschien 1969. Autor war, wie man schon ahnen kann, ein gewisser Mr. Peter.

Das Prinzip ist ganz einfach und hat bis heute nichts von seiner Gültigkeit verloren: Ich zitiere den Hauptlehrsatz: „In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.“

Damals sorgte das Buch für Furore. Niemand hatte dieses allgemein gültiges Phänomen bis dahin so deutlich formuliert. Überall war die Rede vom „Peter-Prinzip“. Jegliche Inkompetenz wurde als Ergebnis dieses Naturgesetzes erklärt. Trotzdem hat es keine Revolution der Aufrichtigkeit ausgelöst. Aber bitte, das hat  die Bergpredigt auch nicht.

Seit Erscheinen des „Peter-Prinzips“ sind die Sitten, wie man weiß, noch rauer geworden – so rau, dass die neueste Weltformel der Gesellschaftskritik tief unter die Gurtellinie zielt. Die Rede ist vom „Arschloch-Faktor“. Man finde ihn in der Politik, bei Hartzvier-Empfängern, Managern und in der SPD. Das hat jemand vor etlichen Wochen in den Nachrichten gesagt.

Ich habe leider vergessen, wer es war. Auch hier handelt es sich um ein amerikanisches Buch „The Asshole Factor“, das erst 2006 ins Deutsche übersetzt wurde.

Ich habe es nie gelesen, gehe aber davon aus, dass auch hier der Versuch gemacht wird, ein allgemein gültiges Naturgesetz zu formulieren, um die Probleme unserer Zeit verständlicher zu machen.

Mir fallen obige Weltformeln ein, weil ich von meinem Sohn, einem Jurastudenten, erfahren habe, dass die Rechtssprache zwischen „Besitz“ und „Eigentum“ streng unterscheidet.

Kennen Sie den Unterschied? Ich hatte ihn nicht gekannt.

Ich mache es Ihnen einfach, obwohl mein Sohn mit meinem Deutungsversuch sicherlich nicht einverstanden wäre:

Eigentum ist das, was einem im wahrsten Sinn des Wortes eigen ist, d.h., was einem gehört. Wenn ich im Supermarkt eine Pizza kaufe, wird sie – nachdem ich sie bezahlt habe – zu meinem Eigentum. Ich darf mit ihr alles machen, was nicht gesetzeswidrig ist: Ich kann mich auf sie setzen, die Wände meiner „Eigentums“-Wohnung mit ihr beschmieren oder sie auch essen.

Der knifflige Jurist würde ebenfalls behaupten, dass ich diese Pizza besitze – doch nur wenn ich sie in meiner Wohnung aufbewahre oder bei mir  trage.

Wenn ich sie aber meinem Nachbar mit der Bitte um Aufbewahrung aushändige, dann wird sie zu seinem Besitz – notabene Besitz und nicht Eigentum, denn die Pizza gehört immer noch mir, es sei denn ich habe auf dieses Eigentum verzichtet. Sollte der Nachbar die Pizza nun auf eine Weise in Anspruch nehmen, dass sie hinterher nicht mehr mir zur Verfügung steht (zum Beispiel, er isst sie), so könnte ich ihn de jure mit der Begründung verklagen, dass er nicht der Eigentümer der Pizza war, sondern nur deren Besitzer. Ohne meine Einwilligung hätte er sie also nicht vertilgen dürfen.

Wie gesagt: Ich vereinfache ein bisschen.

Deshalb mein Rat: Niemals die Pizza des Nachbarn essen, wenn er Ihnen das Recht dazu nicht schriftlich eingeräumt hat.

Heute kann man nie wissen, wozu ein anderer Mensch fähig ist. Immerhin: Der „Arschloch-Faktor“ ist kräftig auf den Vormarsch. Außerdem: Es gibt viel zuviele Menschen, die jenseits ihrer Kompetenzen agieren.

Dem Fernseher fehlt die Pausetaste

Haben Sie gewusst, dass es vor 200.000 Jahren in Syrien Kamele gegeben hat, die zweimal so groß waren wie die heutigen? Das habe ich gestern im Internet erfahren.

Auch Menschen lebten damals in Syrien, so erfuhr ich an gleicher Stelle, und sie hatten Werkzeuge aus Feuerstein – oder war das rostfreier Stahl? Wenn ich schnell lese, verheddere ich mich manchmal in den Details.

Wie dem auch sei, das ist alles ziemlich lange her. Und letztendlich rätselte ich über eins: Wie haben es die Menschen damals geschafft, diese Riesenkamele zu besteigen, um sie durch die Wüste zu reiten?

Ich nehme jedenfalls an, dass sie sie durch die Wüste ritten. Wozu braucht man ein Kamel, wenn es keine Wüste gibt?

Und damit komme ich zum eigentlichen Thema: Mein Urlaub. Inzwischen liegt „die schönste Jahreszeit“ zwei Wochen zurück. Der Erholungseffekt ist natürlich längst verbraucht. Ich denke an diese Zeit wie an einen Traum, von dem man nur noch Bruchstücke ins Tagesbewusstein hinübergebracht hat.

Wir – das heißt, meine Frau und ich – verlebten diese zwei Wochen in einem winzigen Dorf etwa zehn Kilometer südlich vom Gardasee. Richtiges Landleben, will sagen, unentwegt Vespaverkehr, grollender Traktorenlärm. Möchtegern-Grandprix-Teilnehmer in alten Alfa-Romeos bretterten zu jeder Tageszeit um die Kurve, und mindestens dreihundert verbissene Radfahrer pro-Stunde strampelten am Frühstückstisch vorbei. Nur wenige winkten uns zu.

Nur eins hatten wir nicht – und deshalb der Hinweis auf Altsyrien: eine DSL-Verbindung. Jawohl. Stellen Sie sich vor: zwei Wochen ohne das WehWehWeh. Genug Zeit, um sich auszumalen, wie man ein sechs meter hohes Kamel besteigt (hätte ich davon schon gewusst).

Ich habe also zwei Wochen so gelebt wie unsere Vorfahren. „Abenteuerurlaub“ nennt man das heute. Diese Gegend ist von der heutigen Zivilisation so sehr unberührt, dass die Einwohner noch immer einen eigenen Dialekt des Italienischen sprechen, den der Außenstehende nicht versteht, egal wie gut er Italienisch kann. „Bresciano“ heißt die Sprache. Auf Italienisch sagt man, zum Beispiel „Pane di genero pane di cenere“. Wörtlich: „Das Brot des Schwiegersohns ist das Brot der Asche.“ Keine Ahnung, was das bedeuten soll. Es klingt jedenfalls auf Bresciono folgendermaßen: „Pa da zöndar pa da söndar.“ Alles klar?

Vielleicht fragen Sie sich, wie man zwei Wochen ohne Internet überlebt. (Diese Frage stellen freilich nur diejenigen, die noch kein iPhone oder sonstiges „Smartphone“ besitzen. Die sind natürlich überall erreichbar – auch in Altsyrien. Ich besitze kein „Smartphone“). Erschwerend für uns war auch die Tatsache, dass wir kein Auto hatten. Wir sind nämlich mit dem Zug nach Desenzano gefahren und wurden von unseren Freunden dort abgeholt. Nur in dieser Stadt, die mich an Pompeii erinnert, kann man ausländische Zeitungen finden. Wir kamen nur dreimal nach Desanzano.

Praktisch abgeschottet von der Außenwelt waren wir also. Wir waren ganz aufs Satellitenfernsehen angewiesen und hatten nur das gesamte Progamm aus Deutschland als Informationsquelle. Täuschen Sie sich aber nicht. Das ist nicht viel. Es war wie eine Reise in die Vergangenheit. Wir hockten alle miteinander um das Fernsehgerät, um das Neueste über Michael Jackson zu erfahren oder um „Tatort“ zu sehen. Es war wie zu Urzeiten. Denn stellen Sie sich vor: Es gibt im Fernsehen keine Pausetaste. Wenn man redet, läuft die Kiste einfach weiter. Man kann also leicht etwas verpassen. Ich sehe deshalb, ehrlich gesagt, keine Zukunft für diese alte Technologie und fürchte das Schlimmste: schon wieder neue Arbeitslose aus der Medienbranche.

Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen: Diese Glosse beginnt mit einer kurzen Reise in die weite Vergangenheit und endet mit Gedanken über die Zukunft der Medien . Ein ganzer Bogen wird also gespannt: von den Riesenkamelen zu den ollen Kamellen – oder wie man auf Bresciano sagt: „La bolp la pert al pel e mio i vise“. Ich halte eine Übersetzung hier für überflüssig.

Wie ich die Zeitung zu lieben lernte

Freund Rick war ein wilder Junge, und ich werde Ihnen hier nur die anständigsten Geschichten über ihn erzählen. Auch sie sind nicht ganz ohne.

Wer lernten uns in Santa Barbara kennen. Das war vor mehr Jahren als manche, die diese Zeilen gerade lesen, alt sind.

Er war ein wilder Junge, und wir lebten in einer wilden Zeit. „Achtundsechsiger“ bedeutet auf Deutsch „politisch aktiv“. Die meisten von uns in den USA damals haben nur wenig von der Politik und erst recht nichts von den Feinheiten des Marximus verstanden. Wir wollten die Welt unpolitisch verändern – durch die Liebe.

Sind Sie noch da, liebe Leser? Keine Bange. Hier folgt kein Traktätchen über die Liebe. Wir haben geglaubt, dass wir jegliche Oberflächlichkeit und sonstige Trägheit des Willens durch eiserne Ehrlichkeit überwinden könnten.

Aber zurück zu Rick – nie „Ricky“ oder „Dick“ oder „Dicky“ oder „Richard“. Nur Rick. Er war kein Intellektueller und hatte nur ein Buch: Das Gesamtwerk des William Blake. Blake war Mystiker, der Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts in England lebte und manche unglaublich schönen Gedichte geschrieben hatte. Etwa die „Songs of Innocence and Experience“ – die Lieder der Unschuld und der Erfahrung. Wenn Sie mehr über ihn wissen wollen, besuchen Sie Wikipedia und Co. Auch Blakes „The Marriage of Heaven and Hell“ – Hochzeit des Himmels und der Hölle – zählten zu meinen Lieblingswerken. Eins der Sprichwörter der Hölle zitiere ich noch immer: „The road of excess leads to the palace of wisdom“. Zu Deutsch: Die Straße des Übermaßes führt zum Palast der Weisheit – was manchmal auch stimmt, wenn auch (leider) nicht immer. In meiner Jugend habe ich diesen Spruch jedenfalls zum persönlichen Motto erhoben.

Wahrscheinlich liegt die Schuld bei mir, dass Rick zum Blake-Fanatiker wurde. Seine Lieblingswerke von Blake waren aber nicht die oben erwähnten. Er vertiefte sich in die sogenannten „Prophetischen Büchern“. Es waren komplizierte Mythen in einer wirren Sprache über die Zukunft Amerikas, Frankreichs etc. Ich habe nix verstanden. Rick glaubte, in diesen Schriften aber den Schlüssel zur letzten Weisheit  entdeckt zu haben und zitierte gnadenlos daraus, als handelte es sich um die Bibel. Es war furchtbar lästig.

Doch er konnte auch auf einer sehr liebenswürdigen Art verrückt sein – zum Beispiel, als er in den Besitz einer Kreditkarte kam. Sie müssen verstehen: Damals waren Kreditkarten eine Weltneuheit. Wie er zu seiner Kreditkarte kam, weiß ich nicht mehr. Denn Rick war eigentlich mittellos. Mit der Kreditkarte konnte er sich aber plötzlich alles leisten, was sein Herz begehrte.

So lud er mich öfters ins Restaurant ein. Stolz zückte er die Zauberkarte und alles war erledigt. Wenn er Benzin für seinen Wagen brauchte, tankte er einfach und bezahlte mit der Karte. Es war wie im Traum.

Diese Konsumerorgie gipfelte in einem Flug nach Ohio, seiner Heimat. Doch dort lauerte die Bundespolizei-FBI schon. Es hat sich offenbar in den Ämtern herumgesprochen, dass Rick mit seiner Karte nur Schindluder trieb. Mein Freund Rick kehrte, wie er mir später stolz berichtete, im Flugzeug nach Kalifornien zurück – diesmal allerdings in Handschellen. Er kam komischerweise glimpflich davon. Ich erinnere mich an die Details nicht mehr.

Was soll ich sagen? Ich erzähle von einem Zeitalter, das der Gegenwart kaum weniger weit entrückt ist wie das römische Kaiserreich. Es herrschten andere Sitten als heute.

Mir fällt Rick heute ein, weil er mich zu einem Zeitungsleser gemacht hat. Um ehrlich zu sein: Damals las ich so gut wie keine Zeitungen, ich besaß auch keinen Fernseher und hörte im Radio keine Nachrichten. Ich war sozusagen schlecht informiert.

Eines Tages las mir Rick aus der Santa-Barbara-News-Press vor. Es war die Rubrik „Diverses“. Es standen nur die verrücktesten Dinge drin. Er erzählte mir , z.B., von einem Mann, der schwanger zu sein glaubte und die entsprechende ärztliche Vorsorge verlangte. Dann war da die Geschichte von dem Typen, der einen Bowlingball klauen wollte, dessen Finger aber in den Löchern stecken blieben. In diesem Zustand hat man ihn aufs Revier gebracht. Es dauerte drei Tage, bis die Finger endlich befreit werden konnten. Etc. Etc. Rick hat mir die Rubrik „Diverses“ täglich vorgelesen. Einmal sagte ich ihm: „Und ich habe immer geglaubt, dass Zeitungen langweilig sind.“

Dank Rick begann ich selbst die Zeitung zu kaufen. Zuerst habe ich nur das „Diverses“ angeschaut. Allmählich habe ich mich auch für andere Seiten interessiert. Inzwischen bin ich zum „Newsjunkie“ geworden. Ja, alles Rick zu Dank.

Thanks, lieber Rick, wherever you are.

Brief an Michael Jackson im Neverland

Sehr geehrter Herr Jackson,

Lieber Michael (ja, man kann sich Dir so nahe, so intim fühlen),

im Namen der ganzen Industrie möchte ich mich für Ihr/Dein plötzliches Ableben herzlichst bedanken.

Ich meine dies keineswegs respektlos. Wir hätten es ebenso begrüßt, wenn Sie/Du noch viele Jahre weiter gedeihlich auf Erden geweilt hätt/en/est. Denn egal, was Sie (Du) macht/en/est, waren/warst Sie/Du ein Publikumsmagnet.

Und das war für die Industrie schon immer ein Plus. Jeder wollte über Sie/Dich Bescheid wissen: wie es dazu kam, dass sich Ihre/Deine Hautfarbe verändert hatte; wie vielen Schönheitsoperationen Sie sich/Du dir unterzogen hatt/en/est; ob Sie/Du den Knaben in Ihrem/Deinem Bett wirklich unsittlich berührt hätt/en/est. Und und und.

Seit Jahren hatten wir unsere Freude an Ihren/Deinen Auftritten, egal ob wir über Sie/Dich hergezogen oder Sie/Dich gelobt hatten. Das Publikum gierte stets nach Neuigkeiten, und wir haben ihm damit geholfen. Auch Ihre/Deine geplante Comebacktour hätte uns lange beglücken können. Man denkt wehmütig an all jene Berichte, die hätten darüber erscheinen können. Tja.

Man hätte gedacht: Ihr/Dein Tod würde den sprichwörtlichen Strich unter die Rechnung ziehen. Denn alle munkelte, das Spiel sei ohnehin aus – aus Altersgründen undsoweiter. Es war aber nicht so. Weshalb nun dieser Brief. Ich muss es endlich deutlich sagen. Sie/Du hatt/en/est stets das perfekte Timing. Das darf um Gottes Willen nicht auf ethnische Weise ausgelegt werden. Ihr/Dein rhythmisches Gefühl war bis zum Schluss perfekt.

Dieses letzte, äußerste Kunststück – und damit meine ich Ihr/Dein Tod – war geradezu genial! Damit haben/hast Sie/Du den aufrichtigen Dank der ganzen Industrie wahrlich gedient . Fakt ist: Wegen der momentanen Weltwirtschaftskrise waren in den letzten Monaten die Werbeeinnahmen, schwächer denn je, regelrecht eingebrochen. Schon befürchteten wir das Schlimmste.

Dann kam die Nachricht. Im Nu haben wir unsere Sonderhefte veröffentlicht (reich mit Werbung – denn diese Hefte versprachen zukünftig wertvolle Sammlerstücke zu werden)! Es war, als hätte der Herr im Himmel unser inbrünstiges Gebet erhört! Im Fernsehen strahlten wir auf jedem Sender außerplanmäßige Dokus über Ihr/Dein tragisches Leben aus. Die Zeitungen berichteten über intime Details, die jeden interessierte. Ihren/Deinen ganzen Werdegang erzählte man als traurige Moritat, als ewiges Lehrstück für Kinder.

Ja, Sie/Du sind/bist wieder wer! Und zwar für alle Ewigkeit! „Michael Jackson“ wird für immer zu einem Markennamen. Von den Gewinnen werden Ihre/Deine Kinder und Kindeskinder generationenlang zehren können: Aufnahmen der Proben für die Comebacktour, Hunderte von unveröffentlichten Liedern! Huch! Ich weiß, dass Sie/Du in letzter Zeit hohe Schulden hatt/en/est. Betonung aber auf der Vergangenheitsform!

Ihr/Dein Neverland wird bald zu einer vielbesuchten Pilgerstätte. Neben Neverland wird Lourdes bald alt aussehen! Haha. Sie/Du können/kannst kaum ahnen, wieviele Milliarden mit diesem Geschäft locker gemacht werden. Finanzkrisen währen nie ewig. Aber die Gewinne von Michael-Jackson-Produkten werden endlos fließen. Jawohl! Generationen von Unternehmern werden davon profitieren.

Wäre ich ein religiöser Mensch, so würde ich behaupten, Sie/Du hätt/en/est die Industrie mit Ihrem/Deinem Tod erlöst. Das sage ich nicht bloß so. Das meine ich mit ganzem Herzen und deshalb diese aufrichtigen Dankbarkeitsbekundung.

Zugegeben: Wir, d.h., die Industrie und Sie/Du, hatten manchmal unsere kleinen Differenzen. Doch wir liebten Sie/Dich schon immer, verehrter Herr Jackson, lieber Michael. Ehrlich. Und wir wünschen Ihnen/Dir einen angenehmen Aufenthalt im ewigen Neverland.

Ergebenst/in Liebe,

Ihr/Dein S. Tranquillo

Im Namen der ganzen Industrie

Hoffentlich das Letzte, was Sie über die "Illuminati" lesen müssen

Nach Jahrzehnten im „Geschäft“ stelle ich unentwegt fest: Ich bin kein Journalist. Das weiß ich, weil ich noch nie einen „Knüller“ „kassiert“ habe.

So ist es auch im vorliegenden Beitrag. Alle Kollegen sind mit dem hier zu erörternden Thema längst fertig. Ich fange erst damit an.

Jede Zeitschrift, jede Zeitungsredaktion hat schon seit Monaten gewusst, dass Dan Browns Thriller „Die Illuminati“ verfilmt wird. Ihre „Storys“ über „Illuminaten“ und sonstige Geheimorden erschienen also pünktlich zur Premiere des Films.

Film und Blätter bilden in diesem Fall eine synergetische Einheit. Notabene: „Synergie“ (wörtlich „Zusammenwirken“) war, falls Sie es nicht wissen, das Schlagwort schlechthin der „Neuen Ökonomie“, die uns neulich die Weltfinanzkrise beschert hat.

Das nur nebenbei. Im oben erwähnten Fall hat die Synergie wirklich gut funktioniert. Film und Printmedien haben sich gegenseitig beflügelt. Einerseits bekamen die Filmgesellschaften und die Kinos kostenlose Werbung; die Blätter wiederum hatten Gelegenheit einen „Dauerbrenner“ zu thematisieren und erhielten die Illustrationen obendrein gratis vom Film.

Nachdem ich Sie nun in die Feinheiten des Geschäfts eingeweiht habe, die nächste Frage:

Warum geilen „Storys“ über die „Illuminati“, bzw. „Illuminaten“ so sehr auf? Glauben Sie mir. Die Chefredakteure finden stets neuen Anlass, um über diesen Themenkomplex zu berichten. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe mindestens zwei- oder dreimal darüber geschrieben – natürlich in den üblichen schillernden Farben.

Ich gebe zu: Die Antwort auf meine Frage ist gar nicht kompliziert. Bei den „Illuminati“ handelt es sich um jene geheimnisvollen Dinge, die uns fast automatisch neugierig machen. Denn jeder macht sich Gedanken über die, wie soll ich es sagen, mysteriöse Seite des Lebens.

In meiner Kindheit gab es in den USA eine (damals) sehr bekannte Komikerin namens Martha Raye. Sie erschien im Fernsehen zusammen mit einem ehemaligen Boxer Rocky Graziano, den sie „Bubu“ nannte. In ihren Skizzen passierte stets etwas geheimnisvoll Bedrohliches, was ihnen jedesmal einen Schreck einjagte. Leider fallen mir momentan keine Beispiele ein. Ich kann mich nur daran erinnern, dass Martha Raye bei diesen Gelegenheiten immer in die starken Arme von Rocky gesprungen ist. Dann sagte sie ihm, während er ebenso verschreckt aussah wie sie: „It’s bigger than the both of us, Bubu.“ Es ist größer als wir beide. Das Publikum lachte. Ich auch.

Nicht anders läuft es bei den Illuminaten und Co. Immerhin: Es geht um eine Geheimordnung, die im Hintergrund alles steuert – sowas ist schon aufregend. Kein Wunder, dass soviele Menschen in die großen Verschwörungstheorien geradezu verliebt sind. Mit „Aktenzeichen XY“ usw. gibt’s immer den kleinen Nervenkitzel. Und es passieren wirklich soviele Sachen, für die wir keine Erklärung haben. Das Leben ist letztendlich wie ein James-Bond-Film. Geheimkräfte sind stets am Werk, und man sucht nach dem Superhelden 007 und Co., die uns vor Bösewichten retten sollen. Dan Brown hat diese Sache bestens verstanden.

Verdammt aufregend die Geheimorden, und wer weiß? Vielleicht gibt es sie wirklich. Und wir sind nur Roboter usw.

Ehrlich gesagt, habe ich „Die Illuminati“ nicht gesehen. Dafür habe ich das Buch gelesen. Auf Englisch heißt es „Angels and Demons“. Was heißt gelesen? Die ersten 1200 Seiten waren tatsächlich spannend. Ein „page-turner“ sagen wir über ein spannendes Buch. Die zweite Hälfte fand ich aber ziemlich strapazierend.

Nun wissen Sie meine Meinung über die „Illuminati“. Wie gesagt: Hoffentlich ist dies das Letzte, was Sie über dieses Thema lesen müssen.

PS: Der Sprachbloggeur macht ab Freitag Urlaub. Vielleicht komme ich dazu während dieser Zeit neue Beiträge zu schreiben. Vielleicht mache ich eine „kreative Pause“. Ich mache es nach Lust und Laune. Das menschliche Gemüt ist bekannterweise wie das Wetter – es regnet stets, wenn man Picknick machen will.

Kommt Zeit, kommt Ratte: eine mutige Selbstentblößung

Mit obigem Titel verweise ich auf ein besonderes Problem des Fremdsprachlers – zumindest dieses Fremdsprachlers.

Bis auf den heutigen Tag muss ich stets achtgeben, dass ich gewisse deutsche Wörter einigermaßen richtig auszuspreche. Konkret: Ich habe häufig Schwierigkeiten, zwischen bestimmten langen und kurzen Vokalen zu unterscheiden. „Ratte“ und „Rat“, „Stadt“ und „Staat“, „ermannen“ und „ermahnen“.

Während Sie längst den Unterschied frohlockend automatisiert haben, muss ich, wenn ich solche Wörter über die Lippen bringe, jedes Mal eine bewusste Entscheidung treffen.

Ich bin überzeugt, ich bin nicht der einzige englische oder amerikanische Muttersprachler, der mit diesem Problem zu kämpfen hat. Komischerweise betrifft es fast ausschließlich die Aussprache des langen und des kurzen „A“. „Betten“ und „beten“ zu unterscheiden, schaffe ich meisterhaft. Auch „poppen“ und „popeln“, „Tuch“ und „Tucke“ rollen mir geradezu fließend von der Zunge.

Als ich aber neulich am Telefon Freund Fritz erzählte, dass die Altgriechen am Gastmahl den Wein aus Schalen und nicht aus Gläsern tranken, merkte ich, dass ich „Schalle“ gesagt hatte. Ich pausierte kurz und wiederholte das Wort – diesmal mehr oder weniger richtig als „Schaaaaaale“. Auch die Ausprache von „Gastmahl“ erforderte bei mir eine gewisse Konzentration. Ich neige dazu „Gaaaastmall“ zu sagen. Diese Gefahr, das kurze und das lange „A“ durcheinander zu bringen, begleitet mich - wie Ohrensausen stets im Hintergrund - täglich durchs Leben, . Sie können sich vorstellen, wie ich darunter leide.

Vielleicht fragen Sie sich, wie ich nachts, von so einer Bürde geplagt, überhaupt schlafen (oder „schlaffen“?) kann (oder „kan“)? Ganz einfach: Kleinmut war für mich schon immer ein Fremdwort.

Aber warum ausgerechnet das „A“? Notabene: Ich stelle mir diese Frage hier als einer, der Deutsch auf dem zweiten Bildungsweg gelernt hat, zum ersten Mal. Und siehe da! Die Antwort ist mir eben eingefallen (eingefahlen?).

Stets zu Ihren Diensten ist der Sprachbloggeur.

Und jetzt wird das Geheimnis gelüftet: Ich bringe gerade diese Vokale so restlos durcheinander, weil wir Englischmuttersprachler das lange „A“ nicht kennen! Jawohl! So einfach ist es. Vor allem kennen wir es in Amerika nicht. Wir verfügen zwar über Wörter die ähnlich lauten wie das lange „A“, wir sprechen sie aber stets kurz aus – zum Beispiel „cot“ (Feldbett) „rot“ (verfaulen) „sot“ (Trunkenbold). Die Engländer haben es vielleicht ein bisschen einfacher. Wo wir Amerikaner das „Bad“ ein „bäth“ nennen (das „th“ wird selbstverständlich gelispelt), sagt der Engländer etwas das vokalisch ans deutsche „Bad“ erinnert. Dennoch ist dem Engländer sein „bath“ allemal kürzer als dem Deutschen sein „Bad“.

Nun habe ich Ihnen eine Schwäche aufgedeckt, die Ihnen erlauben wird, mich (und mir Ähnlichen) aus der Allgemeinheit aufspüren zu können. Falls Sie mal einem begegnet sind, der sich mit obigem Sprachfehler bemerkbar macht, können Sie davon ausgehen, dass Sie es möglicherweise mit mir zu tun haben, oder zumindest einem wie mir. (Als Geheimforscher in Sachen Sprache bin ich ja manchmal in der Republik unterwegs).

Man weiß nie, wo ich zufällig auftauchen könnte, um meine frohe Botschaft des Sprechenmüssens zu verkünden.

Seien Sie aber versichert: Auch wenn es heißt, ich müsste meine Anonymität wegen eines einfachen Vokals preisgeben, werde ich nie und nimmer verstummen. Der Sprachbloggeur bleibt im Einsatz – stets dem Wort auf der Spur.

Ja, und so muss es sein. Wenn man aufhört auf das Wort zu achten, wird es dann eines Tages wirklich heißen: „Kommt Zeit, kommt Ratte“.

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