Falls Sie noch gesunde Zähne haben, hier mein Rat: Sorgen Sie dafür, dass sie gesund bleiben. Falls es nicht anders geht, dann bleibt es Ihnen nicht erspart: Sie sind dem Zahnarzt ausgeliefert.
Eine kurze Unterbrechung ist hier von Not: Mir fällt beileibe nicht ein, wie ich um Himmelswillen im Zeitalter der gnadenlosen geschlechtlichen Gleichberechtigung, meinen Satz so umformulieren kann, dass er Zahnärztinnen gegenüber nicht diskriminierend wirkt!
Ich komme auf keine Antwort. Hier jedenfalls funktioniert „Dem Zahnarzt*Innen“ rein grammatikalisch nicht. Artikel und Substantiv beißen sich. Schon diese Formulierung klingt irgendwie schlüpfrig. Aber so hab ich’s nicht gemeint. Mit „sich beißen“ meine ich nicht etwas, wofür man Zähne braucht (auch wenn ich thematisch bei den Zahnärzt**Innen bin). Mit „sich beißen“ bediene ich mich lediglich eines dt. Idioms, das auf das Fehlen einer gewissen Harmonie hinweist.
Ganz ehrlich: Es war früher viel einfacher, Deutsch zu schreiben. Man muss heute auf so viele Empfindlichkeiten Rücksicht nehmen.
Aber zurück zu meinem Zahnarzt. Er ist übrigens ein wahrhaftes „er“, sonst hätte ich ihn (bzw. sie) als „meine Zahnärztin“ bezeichnet.
Oben hatte ich angedeutet, dass Ihnen ein Besuch bei einer Zahnbehandelnden Person nicht erspart bleibt, wenn zähnemäßig etwas schiefgegangen ist.
In meinem Fall handelte es sich um eine Wurzelbehandlung. So etwas geht sehr flott vonstatten. Man setzt sich auf den Behandlungsstuhl, der rapide nach hinten gekippt wird, bis die Füße nach oben zeigen und das Blut in den Kopf fließt, was die perfekte Stellung ist, um jemanden, der in Ohnmacht gefallen ist, bei Bewusstsein zu halten.
Dann führt besagte zahnbehandelnde Person ein gefährliches Werkzeug in den Mund. Derweil bekommt man eine endlose Munddusche. Nach ein paar Stunden ist alles vorbei. Man darf aufstehen, auf die Toilette gehen und dann nach Hause (nachdem man einen Termin für die nächste Behandlung ausgemacht hat).
Ach! Das Wichtigste hab ich vergessen: Während man auf dem engen Stuhl liegt, ist man dem Humor der behandelnden zahnärztlichen Person ausgeliefert.
Zum Glück hat mein Zahnarzt einen guten Sinn für Humor. Und er kann auch interessant erzählen.
Ich weiß nicht mehr, wie er darauf kam, mir von „magical dentistry“ zu erzählen. Es scheint eine dieser Floskel zu sein, die in den USA sehr verbreitet sind. Es sollte – gleichsam als Werbeslogan - die Zahnpflege schmackhaft machen.
Nebenbei: Ich habe „magical dentistry“ gegoogelt (am besten mit „verzauberte Zahnmedizin zu übersetzen, was auf Deutsch schrecklich langweilig klingt), und hab auch einen zusätzlichen Begriff „magical smiles“, „verzauberte Lächeln“, gefunden.
All diese Zauberei – so kommt es mir vor –, um die Leute ohne Krankenkasse zu den sauteuren amer. Zahnärzt**Innnen zu locken.
Neben der Sache mit der „magical dentistry“ hat mir mein Zahnarzt auch mitgeteilt, dass er in den USA in einem „Disney Store“ war. Dort verabschiedete sich die Verkäuferin (oder muss das „Verkäufer*In heißen?) mit einem heiteren „Have a magical day!“
Ich habe sogleich gestöhnt. Nicht wegen der Tortur der Wurzelbehandlung, sondern weil ich sehr wohl weiß, woher dieses zuckersüße „have magical day“ stammt.
Vor etwa vierzig Jahren hat man in den USA begonnen als Abschiedsfloskel, „have a nice day“ zu sagen. (Zur Info: Das erbärmliche „Smiley“-Zeichen wurde praktisch zeitgleich aus der Taufe gehoben). Dieses verlogene „Have a nice day“ (verlogen, weil es im Grunde dem anderen egal war, was mit einem im Lauf des Tages wirklich passierte). Es sollte lediglich ein freundliches Abschiedsformel sein.
Später wurde dieses „Have a nice day“ zu einer noch schlimmeren „Have a great day“ gesteigert. Und so ist es bis heute geblieben.
Und nun hat Disney das Rad mit „Have a magical day“ neu erfunden.
Ich hätte all dies nicht erfahren – und Sie auch nicht – wäre es nicht für meine Wurzelbehandlung gewesen. Deshalb die mahnenden Worte: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Zähne gesund bleiben!
Breaking News! Krachende Nachricht! Tu-diep-tu-diep diep diep!!
Hallo liebe Lesendierd**Innen. Diese Nachricht hat uns grad eben von die Pressesprechendier**In des Böhmermanninstituts in Berlin erreicht.:
Wir zitieren: „Die Forschungen der Jahre 2036 bis 2039 haben einen ursachlichen Zusammenhang gefunden zwischen der seuchenartigen Ausbreitung der bisher unerklärlichen Beinschwäche und begleitender Herz-Kreislauferkrankung unter Menschen zwischen ca. 40 und 55 und dem Gebrauch von Schwebescooters. Gehübungsinstitute können sich künftig auf eine rege Geschäftszunahme freuen als nachhaltige Prophylaxe gegen die grassierende vorzeitige Sterblichkeitsrate von Menschen**Innen in den besten Jahren …“
Etc. Okay. Ich gebe zu. Ich habe Obiges gerade erfunden. Glatt gelogen alles. Aber glauben Sie mir. Es wird so kommen…
Nein, ich nehme diese schlaue Prophezeiung zurück. Es wird nicht so kommen. Wissen Sie, warum nicht?
Weil die E-Scooterfahrer im Grunde bloß Schönwetter-Umweltler sind. Das stelle ich die letzten Tage fest. Kaum fällt der Regen, und keiner will mehr auf so einem Ding durch die Weltgeschichte brettern.
Die Dinge verschwinden aus dem Straßenbild wie die Obstfliegen aus dem Paradies (meinem Lieblingsobstundgemüseladen), wenn die Nächte kalt werden.
Das wollte ich halt mitteilen. Eine Art frohe Botschaft zur Aufheiterung der wachsenden Zahl der Scooter-Genervten.
Wenn es aber nicht so wäre, wie ich behaupte, würde die Beinmuskulatur der Vielverwender in der Tat verkommen. Noch dazu das mit der Herzkrankheit. Davon bin ich überzeugt.
Es ist wirklich nicht einfach, ein Mensch im 21. Jahrhundert zu sein. Man verlebt momentan eine wahrhaftige Übergangszeit in eine schöne, neue Welt.
By the way: Wissen Sie, woher das Wort „scooter“ kommt? Ein „scooter“ ist etwas, das „scoots“. „Scoot“ auf Englisch bedeutet „abhauen“ oder „flitzen“. Das Wort stammt ursprünglich aus dem schottischen Dialekt und wurde im maritimen Bereich gebraucht. Diverse Wortdetektive sind der Meinung, dass es mit dem englischen „shoot“, also „schießen“, verwandt ist, was durchaus möglich ist. Manchmal will man die Scooter auf den Mond schießen. Womöglich haben die Schotten das Wort von den angreifenden Norwegern (sprich Wikingern) übernommen. Auch im Altnorwegisch bedeutete „skjota“ „schießen“. Alles naheliegend. Nebenbei: „Motorroller“ heißt auf Englisch „scooter“ und dito „Tretroller“.
Jetzt wissen Sie mehr über Scooter und E-Scooter, als Sie sich je erhofft haben. Ach ja: Ich stelle fest, dass diese E-Scooter hauptsächlich von Menschen*Innen zwischen 18 bis 35 in Anspruch genommen werden. Ich gehe deshalb davon aus, dass es sich um eine Modeerscheinung handelt und dass die Dinge irgend mal doch von der Straße verschwinden wie verkohlte Raketenteile am 1. Januar. Meine Empfehlung: Kaufen Sie sich bloß keine E-Scooter-Aktien. Lieber Deutsche Bank. Erstere wird mal mit Sicherheit kein Bitcoin wert sein.
Alles, was zu Mode wird, sprießt zunächst in Überfluss. Ist Ihnen das auch aufgefallen? Und dann ist es wieder weg.
Ich erzähle diese historische Wahrheit, weil ich mich heute optimistisch fühle. Na ja, nicht ganz, aber Tendenz steigend. Das wissen, dass alles Nutzloses wieder verschwindet, bedeutet, dass wir Menschen letztendlich doch nicht so naiv sind, wie manchmal über uns behauptet wird. Man lässt sich nur so lang an die Nase führen, und dann…paff! Der Verführer wird überführt.
So viel für heute. Genießen Sie Ihren E-Scooter, solange er da ist. Dann kaufen Sie sich ein Fahrrad, aber bitte, aufpassen. Ich bin derjenige, der auf dem Bürgersteig oder über die Straße bei Grün geht, und ich möchte partout nicht von einem Klimaretter umgehauen werden, egal ob auf E-Scooter oder Fahrrad. Jedem sein Platz.
Genießen Sie den Tag, sagt Ihnen Ihr Sprachbloggeur.
Schon wieder liebäugele ich mit dem Gedanken, mich für ein politisches Amt zu bewerben.
Das letzte Mal liegt schon einige Jahre zurück. Damals überlegte ich, ob ich nicht vielleicht Kandidieren sollte fürs Amt des Bundespräsidenten.
Genau genommen, war meine damalige Motivation egoistisch. Aber so sind die Politiker nun mal…oder?
Bei mir ging es aber nicht um die Macht. Bekomme ich zu viel Macht, werde ich ohnehin leicht nervös. Bin halt ein leicht zu verunsichernder Mensch. War schon immer so. Mein Interesse damals am präsidialen Amt hatte rein finanzielle Beweggründe: Ich wollte nämlich meine bescheidene Rente aufstocken.
Eigentlich ein sehr praktischer Beweggrund, der auch niemandem schadet – nicht einmal den Steuerzahlenden, denn schließlich bezahlt man so oder so die Kosten und Unkosten eines Bundespräsidenten.
Es gab allerdings einen großen Haken, was meine Bestrebung Bundespräsidenten zu werden, betraf, und er war leider nicht auf der Schnelle zu beheben: Um Bundespräsidenten zu werden, muss man selbstverständlich deutscher Staatsbürger sein. Das war ich aber nicht, und ich kann mir vorstellen, dass manche mir diese Tatsache hätten übelnehmen können, falls ich mein Vorhaben ernsthaft betrieben hätte.
Ich bin sogar noch immer kein dt. Staatsbürger. Fürs Amt, das mir momentan vorschwebt, ist dies vielleicht nicht einmal Pflicht. Oder vielleicht doch. Aber jetzt lege ich meine Karten auf den Tisch: Ich erwäge nämlich bald, meine Kandidatur für den Vorsitz der SPD zu verkünden.
Warum nicht? Der Böhmermann hat es neulich probiert. Ich glaube, er war nicht einmal Mitglied der Partei. Ich übrigens auch nicht, und zwar deshalb, weil ich die dt. Staatsbürgerschaft nicht besitze!
Aber warum soll ich nicht Vorsitz der SPD werden? Die SPD gilt heutzutage als besonders weltoffene Partei. Ja, alle Parteien scheinen momentan weltoffen, d.h. inklusiv, zu sein…mit Ausnahme vielleicht der AfD, was in Ordnung ist. Mindestens eine Partei muss die Rolle des „Heavy“ spielen. Notabene: „Heavy“, wörtlich „schwer“ bedeutet im Hollywood-Gebrauch „Bösewicht“. Kein Kino ohne Bösewicht. Das weiß jeder.
Sonst sind die Parteien irgendwie alle weltoffen, ökologisch, ausländerfreundlich – upps, ich meine „migrantenfreundlich“ bzw. „zuwandererfreundlich“. Ja, alle miteinander, ob SPD, Grünen, Linke, CDU, CSU. Manchmal vielleicht spielt die FDP – ein bisschen – die Rolle des „Heavy“ aber nur manchmal.
Deshalb habe ich jedenfalls gedacht: Wenn ich für den Vorsitz der SPD kandidiere, was bestimmt heutzutage auch als Nichtdeutscher möglich wäre, hätte auch ich etwas davon…
Und jetzt kehre ich zum Egoismus zurück…
Diesmal ist mir die Aufstockung meiner Rente nicht mehr so wichtig (aber falls ich mehr Geld bekäme, warum nicht?). Was mir momentan fehlt, ist eine öffentliche Identität. Genauer gesagt: Wäre mein Name bekannter, würden die verschiedenen Verlage, die meine Bücher nur deshalb ablehnen, weil ich sozusagen ein „no name“ bin, eher geneigt, besagte Bücher zu veröffentlichen. So einfach ist es.
Nur: Meine Bücher sind genauso unangepasst wie diese digitale Glosse, die ich „Sprachbloggeur“ nenne. Hab ich „Glosse“ gesagt? Das war gestern. Heute heißt es „Blog“.
Der Wiedererkennungsfaktor würde mir jedenfalls in meiner Suche nach einem Verleger erheblich helfen. Und da ich weder Twitterer, Facebookianer, Instagramist oder sonst so ein Sozialmedienjunkie bin, hülfe mir eine Karriere in der Politik bestimmt sehr. Meine Visage bekäme im Nu in den Medien einen neu errechneten Verkaufswert!
Seid ihr da, liebe Genossen*Innen der SPD?
Haben Sie bereits Ihre heutige Portion Flugscham erlebt? Es ist momentan de rigeur! Oder Sie, ja Sie da mit dem SUV oder mit dem scharfen Porsche: Schämen Sie sich nicht darum, so eine CO2lästige Karre zu besitzen?
Neulich erspähte ich ein A4-Blatt, das ein Klimaritter an die Autoscheibe eines Porsche angeheftet hatte. Hier ein Zitat: „Die Klimakatastrophe ist längst da, und Sie fahren immer noch so einen Panzer? Es gibt keinen Grund dafür – und kein Recht dazu…etc.“ Der Text war ziemlich lang. Und gleich um die Ecke fand ich dasselbe an der Scheibe eines BMW-SUVs angeklebt. Hat mich an die guten alten Tage erinnert, als die DKP lange, dreispaltige, dichtgeschriebene Tiraden gegen den Kapitalismus an Lichtmasten heftete.
Aber zurück zur Flugscham…bzw. der Scham schlechthin. Schamgefühle scheinen wieder in Mode zu sein, was für einige vernachlässigte Vokabeln der dt. Sprache vielleicht als positiv gedeutet werden könnte.
Das Wort „beschämen“, zum Beispiel. Das macht der Autor des A4-Blatts, das ich an der Porsche- und der BMW-SUV-Scheibe vorgefunden hatte. Der anonyme Autor verwendet zwar das Wort „Scham“ bzw. „sich schämen“ nicht. Er will aber den Halter jener Vehikel mit Sicherheit beschämen. Es fehlte nur eine Floskel wie „Schämen Sie sich nicht?“ oder ähnlich in seinem Text.
Aus der „Scham“-Familie werden heutzutage am häufigsten das Wort „“unverschämt“ und in Bayern vielleicht „gschamig“ gebraucht. Ja, und natürlich beim Arzt ist „die Scham“ im Sinne von Genitalien (meist weibliche) bisweilen ein Gesprächsthema. Auch „Schamhaare“ dürfen wir nicht vergessen.
Nur: Im Zeitalter der Depilation werden „Schamhaare“ (bzw. „Körperbehaarung“ schlechthin) immer weniger thematisiert. In bestimmten Kreisen gibt es sie überhaupt nicht. Das wird sich mal sicherlich wieder ändern.
Kann es vielleicht sein: Weil man sich seiner Schamhaare nicht mehr schämt, will man sich auf anderen Gebieten schämen…zum Beispiel aufs Fliegen übertragen? Nur eine Theorie meinerseits, aber es könnte ja stimmen.
Es ist bezeichnend, dass man sich früher sogar der Scham geschämt hatte. Im Ernst. Die Scham war einst sehr weit verbreitet.
Wissen Sie, dass Ethnologen vor ca. 80 Jahren oder so menschliche Kulturen in „Scham“- und „Schuldkulturen“ zweiteilten?
Zumindest im angelsächsischen Bereich wurden diese Begriffe verwendet. Wenn ich mich richtig erinnere, war es die amer. Anthropologin Ruth Benedict, die diese Terminologie aus dem Boden gestampft hat. Sie sagte dazu auf Englisch „shame culture“ und „guilt culture“.
„Schuld“ und „guilt“ sind allerdings nicht immer gleichbedeutend. Eine „guilt culture“ ist jedenfalls eine, wo Schuldgefühle eine führende Rolle im Gesellschaftsvertrag spielen. Man sündigt und wird von Schuldgefühlen geplagt. So funktionieren z.B. die Kulturen, die von Religionen wie Islam, Christentum und Judentum beeinflusst werden. Es geht praktisch stets um eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Gewissen.
Schamkulturen sind anders. Wenn man etwas verbockt hat, schämt man sich dessen vor anderen. Allein durch diese Schamgefühle wird die Gesellschaftsordnung aufrechterhalten. In den Schamkulturen spielt also die eigene Ehre die große Rolle.
Und dann gibt es die „Schande“. Das Wort ist übrigens etymologisch mit „Scham“ verwandt. Manchmal bedeuten sie dasselbe.
Ich würde mich, z.B., schämen, wenn ich meinen E-Roller auf dem Gehweg querparken würde. Manche meinen hingegen, dass wenn ich über so ein umweltfreundliches Ding stolpere, bin ich selber schuld.
Und das Fliegen? Mit dieser Frage haben wir diesen Traktat über die Scham angefangen. Also nochmals die Frage: Haben Sie bereits Ihre Portion Flugscham erlebt?
Ich jedenfalls noch nicht. Vielleicht liegt es aber daran, dass Ich das Fliegen ohnehin seit Jahren hasse – auch bevor es Mode war. Nur Engel, Vögel, Bienen und Mücken sind meiner Meinung nach wirklich heimisch in der Luft. Ich bleibe lieber auf festem Boden und lasse die anderen über ihre CO2-Fussabdrücke verhandeln.
Vor vielen Jahren erklärte mir ein junger amer. Wissenschaftsjournalist, er habe von einem Experten erfahren, dass sich die deutsche Sprache immer mehr der englischen angleiche – Tendenz steigend. Insbesondere sei damit zu rechnen, dass sich das komplexe Gebilde namens deutsche Mehrzahl radikal vereinfachen werde, so dass kein Fremder mehr verzweifelt nach der passenden Form suchen müsste.
Dies werde sich so bewerkstelligen, dass die dt. Mehrzahl– wie die englische – lediglich durch die Anfügung eines „S“ zu bilden wäre! Puff! Abrakadabra!
Bye bye Hund/Hunde, Korn/Körner, Apfel/Äpfel, Körper/Körper, Bild/Bilder, Motor/Motoren. Hallo Hunds, Korns, Apfels, Körpers, Bilds, Motors.
Stellen Sie sich vor, wie viel Strom bzw. Tinte (je nachdem ob digital oder analog reproduziert wird) man*In durch diese Innovation sparen würde. Ja, und wie viel weniger CO2 (igitigit) in die Atmosphäre herausgeschleudert werden würde! Nach kürzester Zeit wird‘s bestimmt wie vier Flüge hin-und-zurück London/New York sein.
Wäre es nicht allemal schöner, wenn wir über „Balkons“ anstatt „Balkone“ redeten? (Tatsache ist: „Balkons“ steht bereits im Duden). Nur eine Frage der Zeit, bis auch ähnliche Neuerungen in der Pluralbildung ebenso salonfähig werden. „Liebe Zuhörers, wir haben Zeit für Frages“.
Nebenbei: Diese Änderungs, die mir damals abenteuerlich und widersinnig vorkamen, könnten in der Tat bald realisiert werden. Denn die Zeit ist endlich gekommen, wo man ernsthaft über diese Dings reden könnte! Vor allem dank dem Gender-Kulturkrieg. Man*In ist heutzutage mehr denn je offen für einen Paradigmenwechsel. Die Studierendenschaft vieler Universitäts geht bereit auf die Barrikaden, um die deutsche Sprache gerechter zu gestalten.
Auch nicht zu vergessen: Viele deutsche Unis (sehen Sie: „Unis“!) haben ihre Pforts (nicht mit einem ähnlich klingenden Wort zu verwechseln bitte) für Studierends aus anderen Herr*Innenlands geöffnet. Und: um das Lernen für Austauschstudierends zu erleichtern, wird der Unterricht sogar auf Englisch abgehalten.
Eine Journalist*In der NY Times, Pamela Druckermann, staunte neulich nicht schlecht, als sie feststellte, dass auch in Frankreich – wo man*In früher nur mit Widerwillen ein Wort en anglais redete – , die einst verpönte Fremdsprache überall gern parliertp wird. Oui, c’est vrai.
Frau*In Druckermann rechne damit, dass sich die englische Sprache nach und nach – je nachdem, wo sie gesprochen wird – in diverse Dialekts zerspalten wird. D.h.: Chineses, Inders, Deutsches, Französes, Italieners etc. werden alle einen anderen englischartigen Dialekt sprechen. Irgendwann werden sie sich gegenseitig nicht immer verstehen!
Es wird sein wie es immer war: Spraches werden sich ändern. Aus einer einzigen Sprache könnten dann viele entstehen – wie einst sich die romanischen Spraches aus dem Lateinischen bildeten.
Es gibt allerdings eine Kehrseite zu dieser Entwicklung, mutmasst Frau*In Druckermann: Während überall Mensches Englisch verstehen, werden die englischen Muttersprachlers im Nachteil sein. Solange die Amis und Brits am Tisch mit den anderes sitzen, wird natürlich Englisch gesprochen. Steht der englische Muttersprachler*In auf, um meinetwegen aufs Klo (M/W/D) zu gehen, werden die anderes plötzlich wieder in der fremden Muttersprache hablieren, parlieren, pratten usw.
Fazit: Der Amerikaner*In bleibt weiterhin auf der Strecke als einsprachiges Menschentier, während alle andere über jede Menge Fremdspraches verfügen.
Das Ergebnis: In fünfzig Jahren verstehen wir uns möglicherweise nicht mehr. Lauter neue Spraches und noch immer so viel zu sagen.
Ja, schon wieder das leidige Thema über die Sprachfähigkeit von Tieren. Die Tierfreunde werden sich nicht freuen.
Diesmal geht es um die Schimpansen. Insbesondere um einen Schimpansen namens Sarah. Äähmm…gibt es eine geschlechtsneutrale Form für Schimpansen? Vielleicht „Schimpansen*Innen“? Bitte, Hilfe, liebe Genderbender. Ich will nicht ins Visier der Sprachpolizei*Innen geraten. Mir reichen die Spammer und Phisher.
Im Juni, so las ich gestern, verstarb die Schimpansendame Sarah. Sie war beinahe 60 Jahre alt, was für einen Menschenaffen wahrlich ein Greisenalter ist und nur möglich, wenn so ein Hominid*In als Geisel der Wissenschaft sein Dasein gefristet hat.
Sarah wurde als Affenbaby vom Wissenschaftler*Innenehepaar*In David und Ann Premack aus Afrika „mitgebracht“. Ich zitiere aus den New York Times. Was „mitgebracht“ bedeutet, wird nicht näher erläutert. Ich werde mich bei PETA erkunden.
Die Premacks (alle beide) sind 2015 mit ca. 90 Jahren in Santa Barbara, California gestorben. Schon früher hatten sie aus Altersgründen Sarah abgeben müssen, und das Tier verbrachte die letzten 13 Jahre seines Lebens „gehätschelt und angebetet“ in der Obhut einer Organisation mit dem verdächtigen Namen „Chimp Haven“.
Aber zurück zur Sprachkompetenz Sarahs. Denn dies zu erforschen, war der eigentliche Zweck des „Mitbringens“ Sarah aus ihrem heimatlichen Afrika. (Wäre sie im Wald geblieben, wäre sie wahrscheinlich viel früher verendet).
Um es gleich vorwegzunehmen: Es ist nicht möglich einem Menschenaffen das Sprechen in unserem Sinn beizubringen. Weder Schimpansen noch Gorillas sind anatomisch so ausgestattet, dass sie Menschenwörter aussprechen könnten.
Vielmehr bringt man ihnen eine Art Zeichensprache bei. Im Fall von der Gorilladame Koko, die vor kurzem im stolzen Alter von etwa 50 verstorben war, war das eine Gestensprache, irgendwie entfernt verwandt mit der Taubstummengestensprache. Sarah hingegen bekam bebilderte Magnetplättchen, die sie an ein Brett haftete und sinngebend zusammensetzte.
Raten Sie mal, was das Lieblingsgesprächsthema Sarahs war. Ja natürlich! Das Essen! Bzw. das Fressen. Sarah lernte sehr schnell Bildchen von Bananas, Schokolade, Obstsorten, etc. zu erkennen, Sachen also, die sie gern im echten Leben schnabulierte. Auch Fotos von den Menschen ihrer Bekanntschaft wurden auf den bebilderten Plättchen dargestellt. Dazu auch Bilder, die verschiedene verbale Tätigkeiten veranschaulichten. Ich weiß leider nicht, wie sie aussahen.
„Las“ Sarah auf dem Brett den Satz „Mary geben Sarah Apfel“, war Sarah natürlich erfreut – und rechnete selbstverständlich – in Echtzeit – mit der Erhaltung eines wahrhaften Apfels. Abstrakte Sprache bzw. Gedanken interessierte sie nicht. Alles war zweckgebunden.
Schrieb man „Sara geben Mary Apfel“, reagierte Sarah unwirsch. Es war einfach nicht Teil ihrer Affenprogrammierung einem Menschen einen Apfel schenken zu wollen. Sie selbst sollte die Empfängerin sein…
So haben Sie, liebe Lesende, stark gekürzt (auf Englisch „in a nutshell“) das Ergebnis eines jahrzehntelang dauernden Experiments zusammengefasst bekommen. Nebenbei: Über dieses Thema hab ich viel in meinem eigenen „Kaspar Hausers Geschwister – auf der Suche nach dem wilden Menschen“, Franz Steiner Verlag 2018 (Achtung Schleichwerbung!) geschrieben.
All diese Storys enden jedenfalls gleich. Das heißt: Im Grunde haben Affen sehr wenig zu sagen. Kein Wunder. Ihr Leben in der Natur verläuft hierarchisch. Wenn sie uns gegenüber etwas mitzuteilen haben, dann geht es meistens ums Fressen. Ich nehme an, dass Affen auch über Sex „reden“ würden. Doch dieses Thema näher zu untersuchen, würde einen ganz besonderen Einsatz menschlicher Wissenschaftler*in erfordern. Ich kenne bisher keine solche Berichte. Aber vielleicht bald im Reality-TV oder in einem chinesischen Labor.
Beispiel Jeffrey Epstein. Sie wissen schon. Das ist der Unhold, der auf Teenie Mädchen steht. Nicht nötig hier, die ganzen schäbigen Details zu erläutern. Der Mann sitzt im Kittchen und kommt trotz seines Geldes nicht so schnell wieder raus.
Und dann seine Freunde. Sie wissen schon: Donald Trump, Prince Andrew, Bill Clinton, Woody Allen etc. Haben auch sie? Weiß kein Mensch – aber für die Boulevardpresse – digital und analog – gilt mitgefangen, mitgehangen.
Meistens sind es die Männer, die…ach!... Ich muss es auf Englisch sagen, was okay ist. Dann haben Sie ein neues Idiom gelernt. Nochmals: Meistens sind es die Männer, die „Roman hands and Russian fingers“ haben.
Ein Wortspiel. „Roman“ klingt (auf Englisch) wie „roamin‘“, also, „herumirrend“ und „Russian“ wie „rushin‘“, also, „eilig“. Die Hände irren rum und die Finger haben es eilig.
Können Sie sich erinnern. Früher sagte frau resigniert und manchmal sportlich: „Ach, Männer. Die wollen nur das Eine.“
Dass es auch Frauen gibt, die das Eine wollen, ist, soweit ich weiß, nicht sprichwörtlich belegt. Ich kenne aber solche Fälle. Die Freundin seiner Mutter, sagte mir mal ein junger Mann, hat ihn – er war damals vielleicht 17 – vergewaltigt. So was gibt ein Junger nicht gern zu.
Wer auf Teenies – auf diese Weise – steht, ist in der Sprache der Psychologen ein „Ephebophil“. Zwei griechische Wörter: „ephebos“ „Jüngling“ (oder „ephebe“ „geschlechtsreifes Mädchen“) und „philein“ „lieben“. Komischer Begriff. Wer auf Heranwachsende sexuell steht, liebt sie nicht unbedingt, er (oder sie) ist halt scharf auf…ähhm… frisches Fleisch.
Sexuelle Handlungen zwischen Männern und „epheboi“ wurden in der römischen und griechischen Antike mehr oder weniger akzeptiert, wohl als Ersatzhandlung. Denn Beziehungen zwischen Männern und „ephebai“ waren (Ausnahme Sklavinnen) verboten. Frauen sollten unberührt, früh und gewinnnbringend verheiratet werden. Bis heute lebt diese Sitte der „Ersatzfrauen“ in Afghanistan weiter. Die „bacha bazi“ (tanzende Knaben) lassen die Herzen(?) mancher erwachsener Männer (auch Taliban) höher schlagen. Oder in Saudi Arabien ist es nicht ungewöhnlich, dass 20jährige Jungs 14jährige Jungs als „Freundchen“ haben.
Nebenbei: In der Bibel begehrte Potifars Weib den Teenie Joseph, und im griechischen Mythos, hatte Phädra besonders warme Gefühle für den Stiefsohn Hippolytos.
Soweit so gut. Ich schreibe heute diese kulturgeschichtliche Abhandlung über intime Beziehungen zwischen (meist) Männern und Mädchen (oder auch Jünglingen) aus einem bestimmten Grund.
Neulich stieß ich auf einen Artikel – leider den Namen der Autorin schon vergessen –, in dem Mr. Epstein als „Pädophil“ verhöhnt wird. Das hat mich irritiert, denn es ist einfach unwahr. Mr. E.s „Liebesnest“ in der Karibik wird in der amer. Presse gerne als „pedophile island“ bezeichnet.
Nonsense.
Jeder weiß – oder sollte wissen–, dass es einen großen Unterschied zwischen einem Pädophilen und einem Ephebophilen gibt. Und das liegt nicht nur daran, dass ersterer Begriff bekannt ist. Um es salopp auszudrücken: Es ist ein Unterschied so groß wie der zwischen einem unentwickelten und einem entwickelten Filmnegativ. (Wissen alle Leser, was das ist?)
Wenn es, z.B., stimmt, dass Michael Jackson, der offenbar gern sein Bett mit vorpubertären Jungs teilte, und sie, wie berichtet, gern da in der Unterhose berührt hat, dann darf man guten Gewissens behaupten, dass er ein Pädophil war. Auch wenn er das Bett mit ihnen lediglich, also ohne Berührungen, teilte, darf man mit dem Kopf schütteln. Heute weiß man dank der Medien, dass es viele waschechte Pädophilen gibt. Siehe Lügde. Das Internet macht es möglich, dass sie sich gegenseitig kennenlernen.
In den wilden 70er Jahren gab es sogar eine Fraktion bei den Grünen, die für die Entkriminalisierung der Pädophilie plädierte. Im Ernst.
Aber Epstein? Rufmord, Hysterie, Lügen, Bösartigkeit waren schon immer bewahrte Mittel, jemanden kaputt zu machen. Im Internetzeitalter wird’s noch lustiger.
Sie stehen an der Haustür oder im Lift oder nahe genug am anderen, um dessen Körpergeruch wahrzunehmen…
Nix zu sagen? Peinliche Stille?
Was tun?
Ganz klar: Übers Wetter reden!
A: Heiß heute, gell?
B: Und gestern hat’s dermaßen gegossen, ich hab gedacht, der Garten schwimmt davon.
O Du Wetter! Danke danke!
Doch nun eine Fangfrage: Welcher kam zuerst: der Mensch oder das Wetter?
Klaro! Es war das Wetter! Schon immer waren wir seinen brüllenden, tosenden, wirbelnden, eisigen, nässenden Launen entgegengeschleudert.
Zum Beispiel: Klimawandel…ähmm…gibt es ihn oder gibt es ihn nicht? Hmm?
Sorry. Die Antwort dazu verrate ich heute nicht. Nur so viel: Jedes Wort, das Sie momentan beim Sprachbloggeur lesen, hinterlässt einen eigenen, individuellen CO2-Fußabdruck! Auch die heilige Greta hinterlässt CO2-Fußabdrücke. Stimmt, Greta? Ach, beinahe vergessen. Man erreicht sie im Augenblick nicht – außer per Funk. Sie segelt nämlich in Richtung New York an Bord einer schnieken Ökojacht, um vor der UNO über CO2-Fußabdrücke aufzuklären.
Hat Greta einen Rechner, ein iPhone oder vielleicht ein Androidphone oder gar ein Blackberry? Und wenn schon – was zu vermuten ist – hat ihr Phone einen Akku? Hat es Chips etc.? Hat die Ökojacht einen Radio, der per Akku betrieben wird, der wiederum seltener Erden bedarf um zu funktionieren, die wiederum, große Wasserreserven in Südamerika dermaßen verwüsten, so dass die Flamingos im pinken Wolkenschwarm auf der Flucht sind.
Nein, mein Thema heute ist nicht der Klimawandel. Wir reden halt übers Wetter. Ja, es geht ums Wetter.
Wären wir jetzt in einem Raum anstatt hier zusammen mitten in der virtuellen Realität, könnten wir ein richtiges Gespräch miteinander übers Wetter führen.
Man redet gern mit Anderen übers Wetter, falls man sonst kein Thema hat.
Verbindendes und Harmloses in einem. Perfekt! Jeder kann seine Meinung äußern, ohne dem anderen auf den Schlips zu treten. Das heißt: ohne dem anderen im wirklich privaten Kram rumfutschen zu müssen. Lediglich ein…freundlicher…Meinungsaustausch. Zum Beispiel:
A: Mensch, es hört nicht auf zu regnen.
B: Ja, aber die Bauern freuen sich.
A: Stimmt auch wiederum.
Jeder ist Sieger. Jeder behauptet sich. Keiner will unnötigerweise auf einen Standpunkt pochen! Es reicht, dass man mit dem anderen geredet hat! Das Wetter einigt, besänftigt, befriedigt, baut auf… immer….
Ob es auch andere Themen w i r k l i c h gibt?
Mir fallen jedenfalls momentan, ehrlich gesagt, keine ein.
Der Comic „Touché“ des Zeichners „Tom“ (geb. Thomas Körner) erscheint in verschiedenen Zeitungen. Ich kenne ihn aus der Münchner AZ.
Toms Spezialität: knollennasige, nicht gerade hübsche Menschen in Szene zu setzen. Mal die heilsarmeeartigen Damen, die mit der Zeitschrift „Hanni und Nanni“ hausieren gehen. Mal der gefährliche Junge, der für sein Leben Sandschlösser baut. Wer ihn daran hindert, o je. Mal der Teufel und sein Handlanger, Schulz, die die Frischverdammten willkommen heißen. Mal das kleine Großmaul in der Badeanstalt, der Schiss vor der Nässe hat aber ständig über diejenigen, die vom Zehnmeterbrett runterspringen, lästert. Und letztlich die alte Dame auf der Post, die endlos lang auf ihre Briefmarken wartet, weil der Postbeamte (gibt es ihn noch?) nur faulenzt.
Diese Omi, wenn sie endlich dran ist, sagt oft: „Eine Einmarkmarke“.
Nebenbei: Manche jungen Leute wissen nicht mehr, was eine Mark ist. Hab neulich gelesen, dass nur 15% der 12 bis 18jährigen eine Ahnung haben, was ein Fax ist, und nur etwa 50% verstehen, was ein Telefon mit Wahlscheibe für eine Bewandtnis hat. Der Pager ist so gut wie unbekannt.
Max Wey, Sprachkolumnist in der Schweizer Weltwoche, meint, dass „keine müde Mark“ allmählich zu „kein müder Euro“ mutiert und dass der „Pfennigfuchser“ peu à peu zum „Centfuchser“ wird. Übrigens: 1998 hat ein Journalist in der „Welt“ behauptet: „Der Pfennigfuchser dürfe sich kaum in einen Centfuchser verwandeln…“ Ha! Falscher Prophet.
Aber zurück zu „eine Einmarkmarke“. Ich habe dieses Beispiel des Wortzaubers Toms stets bewundert. Schöne Sprachtrickserei oder?
Und dann hatte ich letzte Woche selbst einen Einfall in dieser Richtung: ein Äquivalent mit zwei! Nämlich: „zwei Zweifelsfälle“. Sie hören es erst richtig, wenn Sie die Worte langsam sprechen.
Und dann fiel mir spontan „vier Viertelteller“ ein. Man sage es bitte gemächlich, so dass es über die Zunge rollt.
Zu „drei“ fällt mir leider noch immer nix ein.
Warum erzähle ich all dies?
Es geht wirklich ums Wortzauber. Haben Sie gewusst, dass Worte mehr sind als bloße Werkzeuge, die man benutzt, um Tagtägliches mitzuteilen? Worte können noch viel mehr! Im Ernst!
Beispiel Inder. In ihrer Religion kennt man die „Mantras“. Das sind Sprachfloskel, die man so lange runterleiert, bis der wörtliche Sinn unwichtig wird. Das mit dem Rosenkranzgebet ist ähnlich. Mittel für die Meditation sind das.
Eigentlich komme ich heute auf dieses Thema, weil ich neulich auf ein kurzes Gedicht in ungarischer Sprache gestoßen bin, das auf mich wie wirkliche Wortzauberei wirkte. Ich hab es in einem alten ungarischen Märchen über eine Prinzessin entdeckt, die von ihren Schwestern im Wald umgebracht wird, weil sie fleißiger Erdbeeren gesammelt hatte als ihre faulenzenden Schwestern. Die Schwestern verscharren die Leiche im Wald, und da wächst an der Stelle ein Ahorn. Eines Tages erspäht ein Schäfer den Baum und schneidet sich ein Ast ab, um eine Flöte zu machen. Dann bläst er in seine angefertigte Flöte und hört Folgendes:
Fújjad, fújjad, juhászlegény!
Én is voltam királylányka,
Királylányból jávorfácska,
Jávorfából furulyácska.
Lesen Sie obige Zeilen laut vor sich – auch wenn Sie kein Ungarisch verstehen. Hier etwas Ausprachhilfe: Hat ein Vokal einen Akzent ist er lang. „ny“ ist auf Deutsch „nj“. „ly“ ist auf Deutsch „j“, „sz“ ist „scharfes Ess“, „cs“ ein „tsch“, „s“ ein „sch“, „v“ ein „w“.
Hier auch eine Übersetzung des Textes:
„Blas, blas, junger Schäfer,
auch ich war ein Königsmädchen;
von Königsmädchen zu Ahörnchen,
von Ahorn zu Flötchen.“
Wortzauber, oder?
Wer kennt noch den Film „Die Dämonischen“? Schöner Titel, im Original noch besser: „The Invasion of the Body Snatchers“ (Invasion der Körperschnapper).
Plötzlich sind die Außerirdischen da…
…und eines Tages findet man wassermelonenartige Dinge, in den Garagen und in den schnieken Gärten einer amer. Kleinstadt. Komische Dinge, aber was soll’s? Was man nicht ahnt: Aus diesen fremden Hülsen werden bald seelenlose Parasiten entschlüpfen, die den Körper ganz normaler Menschen in Besitz nehmen werden, um das Opfer, vielleicht den Nachbar, in einen seelenlosen Handlanger zu verwandeln.
Man sagt „Hallo!“ zum Nachbar, zur Nachbarin, und merkt schon bald, dass der andere, ja, irgendwie anders geworden ist, kalt, gefühlslos.
So geht es weiter im Film, bis schließlich nur noch ein einziger Normalo in der Stadt übrigbleibt. Dieser flüchtet mit Karacho aus der Geisterstadt und will den Menschen in der nächsten Kreisstadt davor warnen, was auf sie bald zukommen könnte. Es ist aber schon zu spät. Er spricht jemanden an, aber dieser antwortet mit eisiger Kälte…
Allmählich fühle ich mich wie der Mensch in diesem Film. Denn auch ich möchte vor etwas warnen, das auf uns in Bälde zukommen könnte.
Die Rede ist von den Sprachenschnappern. Denn schon haben sie die dt. Sprache im Visier.
Panikmache?
Hier die Fakten. Sie sitzen momentan gemütlich vor Ihrem Rechner, Tablet, oder Phone und wähnen sich sicher, zumindest sprachlich. Derweil bahnt sich etwas Schreckliches an. Angefangen hat es in Amerika, d.h., da, woher die meisten Neuigkeiten stammen.
Es geht um Folgendes: Eine sehr hartnäckige (noch) Minderheit in den USA will die Pronomina „he“ und „she“ abschaffen und beide mit „they“ ersetzen. Der Grund dafür: Sie verstehen die grammatikalische Unterscheidung zwischen Männlein und Weiblein als Mittel, um die Chancengleichheit der Geschlechter kaputt zu machen.
Die Sache wird allmählich ernst. Vor ein paar Tagen machte sich nämlich ein namhafter Journalist namens Farhad Manjoo in der NY Times dafür stark. Er schrieb, dass er einen Sohn und eine Tochter habe. Er wolle, dass beide die gleichen Chancen bekommen. Dies sei gewisser, wenn beide mit „they“ angesprochen werden. Zwei Tage später veröffentlichte die NY Times wieder eine Art Plädoyer zu diesem Thema.
So würde diese Neuigkeit klingen: „Meet my friend George. They is a student.“ “Have you seen Mary? Yes, they ate lunch.”
Sie denken vielleicht: Die Amerikaner, die spinnen oder dass es unmöglich wäre, eine Sprache so radikal, so schlagartig zu verändern. Falsch. Beispiel Dänisch. Am Ende der 1960er Jahre stellten die Dänen im Namen der Gleichberechtigung das Siezen ein. Heute gilt das „De“ (Sie) im Dänischen als rundum veraltet.
Ja, auch im Deutschen ist das allgemeine Duzen stark auf dem Vormarsch – vor allem unter der Jugend…und sie sind diejenigen, die die Sprache weitergeben werden.
Schon jetzt verschwinden die „Studenten“ und die „Studentenschaft“ heißt nur mehr „Studierendenschaft“. Die Lehrer werden zu einer „Lehrkraft“, die „Freunde“ zu „Freundin*Innen“. Nur die „Terroristen“ bleiben „Terroristen“.
Ja, die Sprachenschnapper sind unterwegs. Sie fliegen nicht, fahren lieber elektronisch…auch wenn Akkus große Umweltverschmutzer sind.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bevor „er“ und „sie“ zu…hmm… „ser“? „säj“? wird.
Vor ein paar Tagen hab ich eine Story in der „Guardian“ über einen genderfluiden Menschen gelesen. Da war die Rede von „they is“ usw. Es hat eine Weile gedauert, aber dann hat es bei mir doch geschnackelt.
Ja, die Sprachenschnapper stehen ante portas, liebe Leser (oder „Lesende“ oder Leser*Innen). Hand aufs Herz: Der Neusprech wird Sie nicht glücklicher machen…
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