You are here

Zeitvertreib, wenn das Virus droht…

Vielleicht sagt Ihnen „Das Dekameron“ etwas. So nannte der italienische Schriftsteller Giovanni Boccaccio die Sammlung von einhundert Geschichten, die er Mitte des 14. Jh. geschrieben hat. Ich glaube nicht, dass sie auf Netflix zu sehen sind.

Die Rahmengeschichte zu den 100 Geschichten sieht folgendermaßen aus: Wir schreiben das Jahr 1348 oder so. Das Corona-Virus wütet in Florenz. Sieben junge Frauen und drei junge Männer nehmen Zuflucht in einem Landhaus außerhalb der Stadt. Schöne Gärten usw. Natürlich holen sie sich zuerst so viel Toilettenpapier und Nudeln wie nur möglich bei Edeka oder Rewe (kein Lidl damals). Immerhin ist Italien bekannt für seine prima Pasta. Dann ab in die Ferraris und wrrruumm aufs Land.

Als Zeitvertreib erzählen sie sich Geschichten, Geschichten zu verschiedenen Themen. Jeder erzählt täglich eine Geschichte und dies zehn Tage lang. Also 10x10=100. Dann ist die Luft wieder rein, und sie kehren in die Stadt zurück.
Hier nun eine Geschichte:

Ein Bäcker kauft seine Butter von seinem Freund, dem Milchbauer, schon seit Jahren, und diese wird in ein Kilo-Stücken geliefert. Eines Tages legt er aus einer Laune heraus einen frisch gelieferten Butterblock auf die Waage und stellt überrascht fest, dass er weniger als ein Kilogramm wiegt. Das macht ihn stutzig. Von nun an wiegt er die Butterblöcke ständig zur Kontrolle. Es ist immer dasselbe: Sie wiegen weniger als ein Kilo. Nun ist er überzeugt, dass ihn sein alter Freund der Milchbauer seit Jahren betrügt. Er zeigt ihn an.

„Vielleicht möchten Sie sich zu den Vorwürfen äußern, sagt der Richter zu dem Milchbauer, ‚denn ein Betrug scheint hier vorzuliegen.“

„Betrug, Herr Richter?“ sagt der Milchbauer, „Ich habe in meinem ganzen Leben noch niemanden betrogen. Der Bäcker hat von mir schon immer genau ein Kilo Butter bekommen.“

„Wie können Sie sich so sicher sein?“ fragt der Richter.

„Ganz einfach. Ich habe schon immer seine ein Kilo Brotlaibe als Gegengewicht benutzt, um die Butterstücke abzuwiegen.“

Oder noch eine Geschichte. Diese erzählt von einem Analphabeten namens Luigi, der unbedingt nach Florenz umsiedeln wollte. Dies geschah allerdings lang, bevor das Corona-Virus wütete.

Mutig wie er war, folgten Worten bald Taten, und Luigi zog mit seinem bescheidenen Hab und Gut in die Großstadt und bezog eine kleine Wohnung in der Nähe von der Basilika Santa Croce. Damals waren Wohnungen nicht besonders teuer. Und nun wollte er Arbeit finden. Doch wer möchte in einer kosmopolitischen Stadt wie Florenz einen anstellen, der weder des Schreibens noch des Lesens kundig war?

In der Hoffnung etwas schnell zu finden, rief er in das Arbeitsamt im Palazzo Vecchio an und bekam bereits für den nächsten Tag einen Termin um acht Uhr.

„Übrigens. Ich kann“, sagte er dem Telefonisten, „weder lesen noch schreiben.“

„Das werde ich anmerken“, sagte die Telefonstimme.

Am nächsten Tag begab er sich pünktlich um acht ins Arbeitsamt im Palazzo Vecchio und stellte sich an der Anmeldetheke vor. Die Empfangsdame bat ihn höflich darum, sich hinzusetzen. Das tat er auch. Und nun wartete er. Er wartete und wartete und wartete.

Schon war es neun Uhr. Noch immer saß er fest. Mittlerweile waren auch andere Jobsuchende gekommen. Sie wurden aufgerufen und gingen dann wieder frohen Mutes. Er hingegen saß nur und wartete.

Nun war es schon zehn Uhr. Er harrte da wie eine vergessene Einkaufstüte. Bald war es elf Uhr. Die restliche Kundschaft kam und ging auf laufenden Band. Nur er blieb übrig. Hat man mich vergessen?

Um zwölf Uhr hörte er, wie einer seinen Namen ausrief. Er war endlich an der Reihe.

Er trat ins Büro ein. Man bat ihn Platz und ebenfalls sogleich eine Arbeitsstelle! Und zwar eine sehr wichtige, gut bezahlte Beamtenstelle. Er sollte nämlich für die Vernichtung von Geheimdokumenten zuständig sein. „Bitte entschuldigen Sie, dass wir Sie so lange warten ließen“, erklärte der Beamte vom Arbeitsamt. „Wir wollten aber hundert Prozent sicher sein, dass Sie wirklich nicht lesen und schreiben können. Vier Stunden saßen Sie im Wartezimmer und haben während dieser Zeit keine Zeitschrift, keine Zeitung durchblättert, wie andere es tun, um die Zeit zu vertreiben. Nur einmal haben Sie La Nazione in die Hand genommen, aber Sie haben das Blatt verkehrt rum gehalten. Dann wussten wir: Wir haben den richtigen gefunden für diese wichtige Stelle!“

Ja, es war wirklich eine sehr verantwortungsvolle Beamtenstelle, und der Mann hat dort viele Jahre erfolgreich gearbeitet.

Das sind nur zwei kurze Geschichten. Ich hätte noch einige auf Vorrat: Geschichten über Liebe und Verrat, über Abenteuer und Hingabe, über Pietät und Wollust. Aber keine Sorge, wir haben noch viel Zeit für die Fortsetzung…

Prosumenten der Welt vereinigt euch!

Ich hatte mal einen Lehrer, der sehr von sich überzeugt war. Ich werde seinen Namen nicht verraten. Auf Englisch würde man sagen: „he was full of himself“. Schöne Redewendung, gell? Das wusste er allerdings nicht, und ich hab’s ihm nie unmissverständlich verraten. Das ist nun mal der Preis, den man zahlt, wenn man höflich (bzw. feige) ist.

Immerhin: Einmal hab ich ihm doch Vorwürfe gemacht. Leider habe ich die Details vergessen. Typisch. Kein Wunder, dass ich kein Anwalt geworden bin.

So viel weiß ich dennoch: Meine Vorwürfe waren berechtigt. Wie hat er darauf reagiert? Er schaute mich mit wässrigen Augen an (er war schon ziemlich alt und vergraut) und sagte: „Was kann man von mir erwarten? Meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Ja, ich bin ohne Mutter groß geworden. Deswegen bin ich so!

Sie sehen: Er war wirklich nicht auf dem Mund gefallen. Manchmal sagte er: „Ich hätte Conférencier werden können. Hatte er recht. So sind halt die Narzissten.

Mir fällt dieser nicht besonders sympathische Mensch ein, weil ich eigentlich über Superlative erzählen will. Superlativ: D.h. gut…besser…beste. Dem eingebildeten Lehrer sagte ich einmal, als er mir eine Aufgabe gab: „Ich werde mein Bestes tun.“

Wie aus der Pistole geschossen, antwortete er: „Dein Bestes ist aber nicht gut genug.“ Danke für die freundliche Ermunterung. „Aber meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt…“

Mein Bestes sei nicht gut genug. Interessante Idee, und deshalb halte ich diesen Lehrer für einen Propheten – nicht allerdings bzgl. Meiner persönlichen Leistungen, sondern bzgl. des neuen Zeitgeistes des fortschreitenden 21. Jh.

Ihnen ist mit Sicherheit schon aufgefallen, dass alles stets im Begriff ist, größer und „besser“ zu werden. Modellpflege halt. Apfel, Android, Samsung 6..7…8…9…10 usw. Panta rhei sagte Heraklit. Alles fließt.

Auch die Portionen in den Fast-Food-Restaurants werden stets größer wie die Menschen selbst. Eine gute Zeit, adipös zu sein.

Oder die Vermögen! Nur ältere Menschen erinnern sich noch, dass man als reich galt, wenn er mehr als eine Million (Dollar, Pfund, DM usw.) auf der hohen Kante hatte. Superreich waren diejenigen mit zehn Millionen oder hundert Millionen! Alles heute nur noch gehobener Mittelstand. Eine Milliarde = 1000x 1. Mio.

Früher wünschten sich Amerikaner im Alltag als Höflichkeitsfloskel „Have a nice day“. Klang ein bisschen abgedroschen, war aber freundlich gemeint. Inzwischen heißt es: „Have a great day“ –, oder besser: „a fantastic day“. Ja. „Nice“ war leider, wie mein damaliger Lehrer gesagt hätte „nicht gut genug“.
Nach „noch und nöcher“ „ kommt bestimmt mal „am nöchesten“.
Halt!!

Der Anlass für diese harmlose Tirade hat eigentlich mit einem Wort, das ich gestern im Internet (eines Tages wird es vielleicht auch ein „Outernet“ geben) entdeckt habe: „Prosumer“. Kennen Sie es? So nennt man einen, der als Konsument besonders hohe Ansprüche hat. Der Begriff ist ein sog. „Portmanteau“ – zu Deutsch „Kofferwort“. Will sagen: eine Kombination zweier Begriffe, um einen neuen Begriff zu fabrizieren wie „smoke“ + „fog“ = „smog“. In diesem Fall „pro“ (dt. „Profi“) + „consumer“ = „prosumer“. Fantastisch, nicht wahr?

Die dt. Entsprechung für „prosumer“ existiert schon: „Prosument“. Zugegeben: Sie macht aber erst seit ein paar Jahren die Runde. Kann sein, dass Sie ihr noch nicht begegnet sind.

Noch großartiger fände ich den „proaktiven Prosumenten. Sehen Sie: Auch die dt. Sprache wird großartiger.

Hallo Donald!

Superbeste Grüße
Ihr Sprachbloggeur

Prosumenten der Welt vereinigt euch!

Ich hatte mal einen Lehrer, der sehr von sich überzeugt war. Ich werde seinen Namen nicht verraten. Auf Englisch würde man sagen: „he was full of himself“. Schöne Redewendung, gell? Das wusste er allerdings nicht, und ich hab’s ihm nie unmissverständlich verraten. Das ist nun mal der Preis, den man zahlt, wenn man höflich (bzw. feige) ist.

Immerhin: Einmal hab ich ihm doch Vorwürfe gemacht. Leider habe ich die Details vergessen. Typisch. Kein Wunder, dass ich kein Anwalt geworden bin.

So viel weiß ich dennoch: Meine Vorwürfe waren berechtigt. Wie hat er darauf reagiert? Er schaute mich mit wässrigen Augen an (er war schon ziemlich alt und vergraut) und sagte: „Was kann man von mir erwarten? Meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Ja, ich bin ohne Mutter groß geworden. Deswegen bin ich so!

Sie sehen: Er war wirklich nicht auf dem Mund gefallen. Manchmal sagte er: „Ich hätte Conférencier werden können. Hatte er recht. So sind halt die Narzissten.

Mir fällt dieser nicht besonders sympathische Mensch ein, weil ich eigentlich über Superlative erzählen will. Superlativ: D.h. gut…besser…beste. Dem eingebildeten Lehrer sagte ich einmal, als er mir eine Aufgabe gab: „Ich werde mein Bestes tun.“

Wie aus der Pistole geschossen, antwortete er: „Dein Bestes ist aber nicht gut genug.“ Danke für die freundliche Ermunterung. „Aber meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt…“

Mein Bestes sei nicht gut genug. Interessante Idee, und deshalb halte ich diesen Lehrer für einen Propheten – nicht allerdings bzgl. Meiner persönlichen Leistungen, sondern bzgl. des neuen Zeitgeistes des fortschreitenden 21. Jh.

Ihnen ist mit Sicherheit schon aufgefallen, dass alles stets im Begriff ist, größer und „besser“ zu werden. Modellpflege halt. Apfel, Android, Samsung 6..7…8…9…10 usw. Panta rhei sagte Heraklit. Alles fließt.

Auch die Portionen in den Fast-Food-Restaurants werden stets größer wie die Menschen selbst. Eine gute Zeit, adipös zu sein.

Oder die Vermögen! Nur ältere Menschen erinnern sich noch, dass man als reich galt, wenn er mehr als eine Million (Dollar, Pfund, DM usw.) auf der hohen Kante hatte. Superreich waren diejenigen mit zehn Millionen oder hundert Millionen! Alles heute nur noch gehobener Mittelstand. Eine Milliarde = 1000x 1. Mio.

Früher wünschten sich Amerikaner im Alltag als Höflichkeitsfloskel „Have a nice day“. Klang ein bisschen abgedroschen, war aber freundlich gemeint. Inzwischen heißt es: „Have a great day“ –, oder besser: „a fantastic day“. Ja. „Nice“ war leider, wie mein damaliger Lehrer gesagt hätte „nicht gut genug“.
Nach „noch und nöcher“ „ kommt bestimmt mal „am nöchesten“.
Halt!!

Der Anlass für diese harmlose Tirade hat eigentlich mit einem Wort, das ich gestern im Internet (eines Tages wird es vielleicht auch ein „Outernet“ geben) entdeckt habe: „Prosumer“. Kennen Sie es? So nennt man einen, der als Konsument besonders hohe Ansprüche hat. Der Begriff ist ein sog. „Portmanteau“ – zu Deutsch „Kofferwort“. Will sagen: eine Kombination zweier Begriffe, um einen neuen Begriff zu fabrizieren wie „smoke“ + „fog“ = „smog“. In diesem Fall „pro“ (dt. „Profi“) + „consumer“ = „prosumer“. Fantastisch, nicht wahr?

Die dt. Entsprechung für „prosumer“ existiert schon: „Prosument“. Zugegeben: Sie macht aber erst seit ein paar Jahren die Runde. Kann sein, dass Sie ihr noch nicht begegnet sind.

Noch großartiger fände ich den „proaktiven Prosumenten. Sehen Sie: Auch die dt. Sprache wird großartiger.

Hallo Donald!

Superbeste Grüße
Ihr Sprachbloggeur

„Gott“ für Anfänger

Kommt er, oder kommt er nicht? Damit meine ich natürlich Covid-19, alias Coronavirus. Oder soll ich eher „kommt es fragen? Nein, nicht nötig. Darüber, ob es der oder das Virus heißt, habe ich schon geschrieben.

Reden wir heute, liebe Mitsterbliche, lieber über Gott.

Keine Sorge. Wir machen uns nicht plötzlich auf „religiös“ oder so etwas. Mir fällt nur auf: Wenn eine Gefahr imminent zu sein scheint, fängt jeder vernünftige Mensch über Dinge nachzudenken, die etwas tiefer in der Seele verankert sind als die Wahl des nächsten Bundeskanzlers oder die Tauglichkeit eines Akku-Handstaubsaugers.

Ja, Krankheiten haben es manchmal in sich, wenn es darum geht, den Menschen aufs Wesentliche einzustellen.

Aber zurück zu Gott. Denn auch „Gott“ ist ein Wort. Und schließlich bin ich ein Sprachbloggeur. Neulich hab ich mich gefragt, warum „Gott“ ausgerechnet „Gott“ heißt. Anders gesagt: Jedes Wort, auch „Gott“ verfügt über eine Sprachgeschichte, sprich „Etymologie“. Woher kommt „Gott“?

Komischerweise scheint „Gott“ für die alten Germanen keine große Rolle gespielt zu haben. Ihre Götter hatten alle Namen wie Odin, Thor, Freja, Loki usw. Ich weiß nicht, ob die Germanen sie damals zusammenfassend bzw. generisch als „die Götter“ bezeichneten. Was ich doch behaupten kann: Diese Germanen haben, als sie zu Christen wurden, ausgerechnet diese Vokabel (gotisch „GuÞ“ also „Guth“) ausgewählt, um Gott auszudrücken.

Keine Ahnung, warum. Denn diese Vokabel „Gott“ oder „GuÞ“ scheint – so die Experten – mit dem Wort „gießen“, „gegossen“ verwandt zu sein. Man spekuliert nur – zum Beispiel, dass das „Gegossene“ (Blut? Wein?) im Opferkult etwas Göttliches oder Heiliges an sich hatte. Nebenbei: Im Plattdeutsch sagt man heute noch anstelle von „gießen“, „gegossen“ „geten“, „goten“. Nun wissen Sie alles, was man über „Gott“ weiß. Sonstiges wäre nur Beiwerk.

Weniger undurchsichtig ist „deus“, das lateinische Wort für „Gott“. Denn die Römer haben ihre Götter, d.h. Jupiter, Juno, Diana, Neptun usw., schon immer als „dei“ bezeichnet. Hier sind die Sprachforscher einig, dass dieses Wort ursprünglich etwas wie „leuchten“ zu tun hatte, was irgendwie naheliegend wäre, wenn von Gott die Rede ist. Gott also als helllichte Erscheinung. Das lateinische Wort „dies“ (also „Tag“) ist auch damit verwandt. Eigentlich logisch. Auch das dt. „Tag“ war einst der „Helle“.

By the way: Die Griechen nannten ihren wichtigsten Gott „Zeus“, doch das „Z“ in „Zeus“ war einst ein „dj“. „Djeus“ war also ursprünglich ein Gott des Lichtes.

Und damit jetzt auch nach Griechenland, wo „Gott“: „theos“ hieß (und heißt). Sprachennarren, wie ich einer bin, wissen, dass das „th“ im Griechischen einem lateinischen „f“ entspricht. Das Wort „theos“ ist folgerichtig mit dem lateinischen „feriae“ (wie dt. „Ferien“) verwandt, und es bedeutete der „Heilige“.

Mein Gott, ich fürchte, dass diese Glosse allmählich zu einem sprachwissenschaftlichen Traktat ausartet, und ich bitte deshalb um Verzeihung. Doch wenn wir es bisher geschafft haben, dann machen wir einen kurzen Abstecher in Richtung Nahost, wo „Allah“, der Gottesnamen der Muslime und „Elohim“, der Gottesname der Juden heimisch sind. In anderen alten Kulturen des Nahost, etwa bei den Phöniziern, gab es kurz und knapp ein „El“. Alle miteinander bedeuten der „Mächtige“.

O je, nun hab ich mich so weit aus dem Fenster gelehnt, dass es unfreundlich wäre, wenn ich die slavischen Sprachen vernachlässigte. „Bog“ heißt „Gott“ im Russischen und klingt irgendwie ähnlich im Polnischen, Ukrainischen usw. Dieses Wort ist wahrscheinlich mit dem Englischen „big“ verschwägert.

Sie sehen. Gott ist hell, er ist machtig, er ist groß. Oder auf „Ungarisch“, wo er „Isten“ (sprich „isch-tenn“) heißt, ist er der „Alte“.

Mit Sicherheit werden eingefleischte Me-too-isten bemängeln, dass ich bisher diesen Gott stets als männlich attestiert habe. Tut mir leid. Vielleicht als Trost: Mein Freund Ian in Florida schreibt immer „The goddess only knows“. Er ist nämlich Befürworter einer himmlischen Gleichberechtigung. Ich könnte noch mehr über dieses Thema schreiben, aber heute möchte ich keinen langen theologischen Aufsatz verfassen.

Anyway, jetzt haben Sie eine Vorstellung von dem, was „Gott“ bedeuten könnte. Wenn wir Glück haben, lässt uns Covid-19 in Ruhe. Dann müssen wir nicht alle so schnell zu beten anfangen.

Ein letzter Gedanke: Ein Mädchen, etwa 16jährig, eine Figur in einer uralten, sog. „Off-Broadway-Show“, „The Fantastics”, (bitte googeln) betet um Folgendes: “Please God, let me be special.”

Das wünsche ich auch Ihnen.

„Gott“ für Anfänger

Kommt er, oder kommt er nicht? Damit meine ich natürlich Covid-19, alias Coronavirus. Oder soll ich eher „kommt es fragen? Nein, nicht nötig. Darüber, ob es der oder das Virus heißt, habe ich schon geschrieben.

Reden wir heute, liebe Mitsterbliche, lieber über Gott.

Keine Sorge. Wir machen uns nicht plötzlich auf „religiös“ oder so etwas. Mir fällt nur auf: Wenn eine Gefahr imminent zu sein scheint, fängt jeder vernünftige Mensch über Dinge nachzudenken, die etwas tiefer in der Seele verankert sind als die Wahl des nächsten Bundeskanzlers oder die Tauglichkeit eines Akku-Handstaubsaugers.

Ja, Krankheiten haben es manchmal in sich, wenn es darum geht, den Menschen aufs Wesentliche einzustellen.

Aber zurück zu Gott. Denn auch „Gott“ ist ein Wort. Und schließlich bin ich ein Sprachbloggeur. Neulich hab ich mich gefragt, warum „Gott“ ausgerechnet „Gott“ heißt. Anders gesagt: Jedes Wort, auch „Gott“ verfügt über eine Sprachgeschichte, sprich „Etymologie“. Woher kommt „Gott“?

Komischerweise scheint „Gott“ für die alten Germanen keine große Rolle gespielt zu haben. Ihre Götter hatten alle Namen wie Odin, Thor, Freja, Loki usw. Ich weiß nicht, ob die Germanen sie damals zusammenfassend bzw. generisch als „die Götter“ bezeichneten. Was ich doch behaupten kann: Diese Germanen haben, als sie zu Christen wurden, ausgerechnet diese Vokabel (gotisch „GuÞ“ also „Guth“) ausgewählt, um Gott auszudrücken.

Keine Ahnung, warum. Denn diese Vokabel „Gott“ oder „GuÞ“ scheint – so die Experten – mit dem Wort „gießen“, „gegossen“ verwandt zu sein. Man spekuliert nur – zum Beispiel, dass das „Gegossene“ (Blut? Wein?) im Opferkult etwas Göttliches oder Heiliges an sich hatte. Nebenbei: Im Plattdeutsch sagt man heute noch anstelle von „gießen“, „gegossen“ „geten“, „goten“. Nun wissen Sie alles, was man über „Gott“ weiß. Sonstiges wäre nur Beiwerk.

Weniger undurchsichtig ist „deus“, das lateinische Wort für „Gott“. Denn die Römer haben ihre Götter, d.h. Jupiter, Juno, Diana, Neptun usw., schon immer als „dei“ bezeichnet. Hier sind die Sprachforscher einig, dass dieses Wort ursprünglich etwas wie „leuchten“ zu tun hatte, was irgendwie naheliegend wäre, wenn von Gott die Rede ist. Gott also als helllichte Erscheinung. Das lateinische Wort „dies“ (also „Tag“) ist auch damit verwandt. Eigentlich logisch. Auch das dt. „Tag“ war einst der „Helle“.

By the way: Die Griechen nannten ihren wichtigsten Gott „Zeus“, doch das „Z“ in „Zeus“ war einst ein „dj“. „Djeus“ war also ursprünglich ein Gott des Lichtes.

Und damit jetzt auch nach Griechenland, wo „Gott“: „theos“ hieß (und heißt). Sprachennarren, wie ich einer bin, wissen, dass das „th“ im Griechischen einem lateinischen „f“ entspricht. Das Wort „theos“ ist folgerichtig mit dem lateinischen „feriae“ (wie dt. „Ferien“) verwandt, und es bedeutete der „Heilige“.

Mein Gott, ich fürchte, dass diese Glosse allmählich zu einem sprachwissenschaftlichen Traktat ausartet, und ich bitte deshalb um Verzeihung. Doch wenn wir es bisher geschafft haben, dann machen wir einen kurzen Abstecher in Richtung Nahost, wo „Allah“, der Gottesnamen der Muslime und „Elohim“, der Gottesname der Juden heimisch sind. In anderen alten Kulturen des Nahost, etwa bei den Phöniziern, gab es kurz und knapp ein „El“. Alle miteinander bedeuten der „Mächtige“.

O je, nun hab ich mich so weit aus dem Fenster gelehnt, dass es unfreundlich wäre, wenn ich die slavischen Sprachen vernachlässigte. „Bog“ heißt „Gott“ im Russischen und klingt irgendwie ähnlich im Polnischen, Ukrainischen usw. Dieses Wort ist wahrscheinlich mit dem Englischen „big“ verschwägert.

Sie sehen. Gott ist hell, er ist machtig, er ist groß. Oder auf „Ungarisch“, wo er „Isten“ (sprich „isch-tenn“) heißt, ist er der „Alte“.

Mit Sicherheit werden eingefleischte Me-too-isten bemängeln, dass ich bisher diesen Gott stets als männlich attestiert habe. Tut mir leid. Vielleicht als Trost: Mein Freund Ian in Florida schreibt immer „The goddess only knows“. Er ist nämlich Befürworter einer himmlischen Gleichberechtigung. Ich könnte noch mehr über dieses Thema schreiben, aber heute möchte ich keinen langen theologischen Aufsatz verfassen.

Anyway, jetzt haben Sie eine Vorstellung von dem, was „Gott“ bedeuten könnte. Wenn wir Glück haben, lässt uns Covid-19 in Ruhe. Dann müssen wir nicht alle so schnell zu beten anfangen.

Ein letzter Gedanke: Ein Mädchen, etwa 16jährig, eine Figur in einer uralten, sog. „Off-Broadway-Show“, „The Fantastics”, (bitte googeln) betet um Folgendes: “Please God, let me be special.”

Das wünsche ich auch Ihnen.

Darf ein Laden „Golden Face“ heißen?

Auf dem Weg zum Supermarkt bin ich gestern auf einen Laden gestoßen, der mir bisher gar nicht aufgefallen war: „Golden Face“, hieß er. Es handelt sich um eine Kosmetik-Geschäft.

Ein passender Name für den Kosmetikbetrieb…oder?

Gestern war ich nicht so ganz überzeugt.

Meine spontane Reaktion: Ach du lieber. Schon wieder ein Geschäft mit trendy englischem Namen. Eigentlich weiß ich schon lange, dass ich, wenn Englisch in Werbetexten oder im Namen eines Produkts steht, nicht die eigentlich Zielgruppe bin.

Mit „ich“ meine ich nicht mich, den Sprachbloggeur. Schließlich ist Englisch meine Muttersprache. Wenn sich also jemand mit englischsprachigen Vokabeln angesprochen fühlen sollte, dann ja selbstverständlich ich.

Mit „ich“ meine ich Menschen, die mehr oder weniger das 50. Lebensjahr überschritten haben.

In der Werbeindustrie dient Englisch längst als Signalsprache. Wer unter 40 ist, fühlt sich gleich angesprochen. Hab ich 40 gesagt? Ja, die Grenzen der Jugend gehen immer weiter in die Verlängerung. Vielleicht gibt es doch mal wieder eine Chance, dass auch ich mal als jung erachtet werde!

Englisch klingt „hip“, „cool“, „young“ usw. Das wissen die Leute in der Werbebranche ganz genau.

Zugegeben: Auch die Werbefritzen machen mal Fehler. Zum Beispiel damals mit dem Douglas-Werbespruch, wo es hieß: „Come in and find out“. Erinnern Sie sich noch?

Manche aus der Zielgruppe hatten es wohl auf der Schule versäumt, Englisch zu büffeln und gingen lieber in die Disko oder auf eine Party oder probten Comasaufen usw. Denn diverse hip, cool, younge Menschen haben das mit „come in and find out“ gar nicht richtig kapiert.

Das „come in“ war sicherlich easy. Hallo, willkommen! Come in. Aber “find out”? Das haben die Schüler mit den schlechten Noten in Englisch mit „finde wieder raus“ übersetzt anstatt mit „entdecke“. Denn „to find out“ bedeutet „entdecken“, „mitbekommen“ usw.

Wie gesagt: Obige Story kennen Sie wahrscheinlich schon. Vor sieben Jahren war es aber der letzte Schrei. Alle haben gelacht. Haha. Das war aber damals, und solche Dinge werden schnell wieder vergessen.

Anyway, ich habe das mit Douglas nur deshalb erwähnt, um die Strategie der Werbefritzen genauer zu veranschaulichen.

Aber jetzt zurück zum „Golden Face“. (Vielleicht wird jemand vom besagten Laden auf diese Glosse stoßen. Kann man nie wissen. Das WehWehWeh ist voller Überraschungen).

Als ich gestern auf „Golden Face“ gestoßen bin, hab ich spontan gedacht: Hmm. De AutorIn dieses Ladennamens war mit Sicherheit kein native speaker.
Warum hab ich das gedacht?

Irgendwas hat mich an den Namen auf der Stelle nicht gefallen. Es kam mir – wie soll ich’s sagen? – vom Sprachrhythmus her holprig vor. Übrigens: Der native speaker – wenn er nicht ganz ungebildet ist – denkt sofort an „golden fleece“ – zu Deutsch „goldenes Vlies“, so der Name des kostbaren Fells, nach dem der mythologische Held Jason mal gejagt hatte. Golden Face – golden fleece. Sie sehen: Die zwei Begriffe fließen ineinander, wenn man Englisch denkt. Solche assoziative literarische Querverweise nennt man übrigens „Intertextualität“.

Doch wie schon gesagt: Etwas mit dem Sprachrhythmus hat mich irritiert. Ich hab gleich überlegt: Vielleicht wäre „Face of Gold“ schöner.

Klingt eigentlich nicht schlecht, „Face of Gold“.

Zumindest mir. Fürs deutsche Ohr hört sich „Golden Face“ vielleicht doch besser an.

Das war jedenfalls gestern. Heute bin ich komischerweise wieder unschlüssig geworden. Typische Nebenerscheinung, wenn man lektoriert. Auf einmal ist man seiner Sache nicht mehr sicher. Auf einmal kann ich zwischen „golden face“ und „face of gold“ nicht mehr so genau unterscheiden. O je.

Vielleicht ist „Golden Face“ doch in Ordnung, denk ich heute. Und Morgen? Wie klingt es für mich morgen? Keine Ahnung.

He, Sie sind die Deutschen. Ihnen stört „Golden Face“ als Name eines Geschäfts wahrscheinlich gar nicht. So ein Glück…

Ach du lieber. Schon wieder eine Kleinigkeit über die, man viel erzählen kann. Fehlt nur noch das Happyend…

Schön lächeln: Clearview AI knipst mit…

Eine wahre Geschichte…

Ein Mordfall an einer Tankstelle…auf einer Autobahn im nördlichen New Jersey, USA. Der Räuber wird schnell nervös, ballert gleich los. Der Kassierer fällt tot um. Sein Mörder kratzt sich ca. 350 Dollar aus der Kasse zusammen und haut ab. Wohin?

Am nächsten Tag klingelt es an meiner Tür in München…sechs Uhr in der Früh. Es ist die Polizei. Man will mir ein paar Fragen stellen…

Es stellt sich heraus, dass der Mörder in New Jersey auf einer Überwachungskamera erfasst und das Bild mit Clearview AI-Software untersucht wurde. Mal davon gehört?

Clearview AI-Software wurde vom Australo-Amerikaner HoanTon-That entwickelt. Seine Software saugt weltweit alle Bilder auf, die jemals öffentlich zugänglich im Internet erschienen sind – sprich auf Facebook, Twitter, Instagram etc. etc. etc. Diese werden dann innerhalb Millisekunden durch die schlaue Software bewertet. Sucht man einen, von dem man ein Suchbild hat, so findet man im Nu Bilder, die diesen Menschen darstellen.

Im beschriebenen Fall hatte der junge Mann auf dem Suchbild große Ähnlichkeiten mit einem Foto von mir, das ca. 1975 entstanden ist. Die Ähnlichkeit mit dem Mörder ist in der Tat frappierend. Natürlich ist noch zu klären, wieso ich plötzlich so alt aussehe und noch dazu es geschafft hat wie durch Zauberhand von New Jersey nach München zu gelangen.

Tja. Da hapert es wohl mit der Clearview AI-Software.

Ach übrigens. Hab ich oben „Eine wahre Geschichte“ geschrieben? Natürlich ist Obiges glatt gelogen. Was ich gerade erzählt habe, ist lediglich eine Erfindung meiner sehr lebendigen Fantasie. Sorry. Dennoch habe ich drei Dinge bewiesen:

Erstens: dass ich s e h r fantasiereich bin

Zweitens: dass es reichlich Raum für den Missbrauch von Clearview AI-Software gibt

Drittens: dass sich das Lügen manchmal lohnt, wenn es gewinnbringend eingesetzt werden kann. Fragen sie den Goebbels, den Putin…den…Sprachbloggeur? Ja, es stimmt: Lügen haben zwar kurze Beine, doch man muss sie erstmal sehen!

Stellen Sie sich vor: Sie – ja, Sie – haben eine große Ähnlichkeit mit jemandem, nach dem gefahndet wird. Noch dazu – Ihr Pech: Sie wohnen in der gleichen Großstadt mit dem Gesuchten und sind in etwa gleich alt. Dank Clearview AI haben die Fahnder vielleicht Sie und nicht den wahren Übeltäter geschnappt. Und plötzlich stehen Sie da in Erklärungsnot.

Auch diese Möglichkeit habe ich mir ausgedacht. Es ist jedenfalls allemal plausibler als die Lüge, die ich am Anfang dieses Textes aufgetischt habe.
Hoan Ton-That (der Name ist vietnamesisch; der Software-Entwickler stammt aus Australien und lebt jetzt in San Francisco) ist ein gutaussehender junger Mann, ca. 30, mit langen Haaren und weichen androgynen Gesichtszügen, die bald viel männlicher wirken werden. Er ist außerdem nicht auf den Mund gefallen. Darüber hinaus ist er von seiner Software und deren Nutzen (z.B., in der Verbrecherbekämpfung) überzeugt. Ich glaube, dass er nicht schlecht verdient.

Wenn ich das noch in Erinnerung habe, wird Gesichtserkennungssoftware in China – besonders im Gebiet der Uiguren – erfolgreich angewendet. Aber vielleicht auch in Ihrer Stadt!

Ja, schon. Man will die Kriminellen hinter Gittern bringen. Ist doch besser für alle. Aber irgendwas gefällt mir bei der Sache trotzdem nicht. Gestern hat mir Spiegel-Online ein Angebot gemacht: Für 4,95 Euro monatlich kann ich „SPON“ fortan ohne Werbung sehen. Will ich weiterhin kostenlos einklinken, dann muss ich das übliche „Tracking“ in Kauf nehmen.

Gesichtserkennungssoftware, Tracking-Software. Hand aufs Herz: Möchten Sie zu Weihnachten wirklich ein neues Handy haben?

Viren und Priesterehe

Achtung, Hysteriker*Innen. Ich kenne jemanden, der im Januar bei Webasco war, als die chinesische Kollegin eine Schulung für Webasco-Mitarbeiter, äähm, Mitarbeitende, äähm, Mitarbeiter*Innen führte.

Bisher ist diese Person ohne Symptome, weder Fieber noch Husten, und das gleiche gilt für mich. Wahrscheinlich bleibt es dabei. Toitoitoi!

Doch dann hab ich gedacht: Vielleicht ist das Coronavirus auch über den Rechner ansteckend? Wer weiß? Ich meine: wie ein Computervirus…

Wäre es so, dann ist Vorsicht wahrlich geboten. Besser gesagt, gute Nacht!
Immerhin leben wir im Informationszeitalter, und alles ist möglich, oder?

Irgendwo habe ich gelesen, dass ein Sprachdienst – hab vergessen, ob Alexa, Siri oder ein anderer – auf einmal angefangen hat, Spanisch anstatt Englisch zu reden – als würde die Sprachroboterin Botschaften an jemanden (oder an etwas) heimlich übermitteln. Interessant, hmm?

Aber zurück zu den Viren.

Für Sprachmigranten, wie ich einer bin, ist es besonders verwirrend, wenn ein und dasselbe Wort…wie soll man es sagen?...bisexuell?... ist.

Das gilt nämlich für den/das Virus.

Einst habe ich mir als Lernender dieser Sprache eingeprägt, dass ein Virus nur dann ein „das“ ist, wenn man mit wissenschaftlichen Kollegen drüber spricht. „Virus“ ist eigentlich ein lateinisches Wort und bedeutet „Schleim“, „Gift“, „Pflanzensaft“. Als es ins Deutsche einwanderte, haben die Herren Wissenschaftler (damals gab es kaum eine Frau Wissenschaftlerin) es schlicht und einfach zum Neutrum erklärt.

Erst im Lauf der Zeit haben wenige gelahrte Bürger aus diesem Neutrum ein Maskulinum gemacht – und zwar deshalb, weil „virus“ mit „-us“ endet, was im Lateinischen generell als ein männlich aufgefasst wird.

Alles klar? Aus diesem Grund habe ich gedacht, dass ein Computervirus – weil der Begriff wirklich nicht aus gelehrten Kreisen stammt – ein „der“ sein müsste. Hu-ii, Hab ich mich getäuscht! Für die meisten Deutschen ist das Computervirus, nämlich…ein „das“. Vielleicht denkt man an – das „Digitalungeziefer“.

Wie dem auch sei: Ich glaube nicht, dass Sie durch die Lektüre dieser Glosse ein oder einen Virus aufschnappen werden – zumindest kein Coronavirus.
Was das Digitalungeziefer betrifft: Das kann man im Infozeitalter nie wissen. Die Gangster bleiben stets aktiv – so dumm wie Viren.

By the way: Ich habe gelesen, dass echte Viren, wenn sie vom Tier auf den Menschen überspringen, immer weniger „virulent“ (ein Wort, das von „Virus“ abgeleitet wird!) werden. Der Grund: Diese Kleinstviecher möchten selbst überleben. Wenn sie alle Infizierte umbringen, dann bringen sie sich folgerichtig selbst um. Deshalb verläuft die Coronavirus-Infektion in nur 2% aller Fällen tödlich.

Und jetzt Themenwechsel: Es gibt nämlich noch ein deutschsprachiges Wortzwillingspärchen, das jeden Sprachmigranten in den sprachlichen Wahnsinn zu treiben fähig wäre: Zölibat.

Über das Thema Zölibat wird in den Medien momentan eifrig diskutiert. Manche halten ex-Papst Benedetto für einen Gegner der Lockerung dieses Zustandes unter Geistlichen und Papst Francisco für einen Befürworter. Der Spiegel hat geschrieben: „Zwei Päpste streiten um den Zölibat“.

He, hab ich gedacht, sollte es nicht das Zölibat heißen?

Vielleicht handelt es sich um einen Fehler, mutmaßte ich. Nein, der Fehler war meine Mutmaßung. Es stellt sich nämlich heraus, dass nur das Fußvolk – sprich die in Kirchensachen Ungebildeten – „das“ Zölibat“ sagen und schreiben. Für Theologen gilt das Zölibat als ein „der“. Komisch, gell?

Meine Theorie: Die Sprache selbst leidet an einem Virus. Und kein Mensch weiß sich dagegen zu wehren. Atemmasken für Sprachen gibt es leider nicht.

Nicht schon wieder über die gendergerechte Sprache! Nein diesmal wird auch über die schöne B. erzählt

Heute ein paar hoffnungsvolle Worte für Ausländer – oder wie man in heute sagt: für AusländerInnen.

Hand aufs Herz: Welche Satz gefiele Ihnen besser, würden Sie ihm, z.B, in einem Roman oder in einem Gedicht begegnen:

eins) Heute ein paar hoffnungsvolle Worte für Ausländer

zwei) Heute ein paar hoffnungsvolle Worte für AusländerInnen.

Oder die folgenden Sätze – z.B., als Teil eines Dialogs in einem Liebesroman:

eins) Oh Magda, ich liebe dich mit meinem ganzen Herzen und mache für uns heute Abend ein Verlobungsfest. Es kommen alle unsere Freunde.

zwei) Oh Magda, ich liebe dich mit meinem ganzen Herzen und mache für uns heute Abend ein Verlobungsfest. Es kommen alle unsere FreundInnen.

Mögen Sie lieber die einfache – no frills – Variante (d.h. „eins“) oder die neuartige PC-Version („zwei“)?

Ich gebe zu. Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Schließlich will man auf die Gleichberechtigung Rücksicht nehmen.

Deshalb werden heutzutage Zeitschriften in Deutschland für die „Studierendenschaft“ veröffentlicht. Der Deutsche Journalistenverband (DJB) verschickt monatlich eine Zeitschrift an seine 32.000 Mitglieder. Schon immer heißt diese Zeitschrift „Journalist“, was doch naheliegend ist. Ab jetzt allerdings wird die Hälfte der Auflage unter den Namen „Journalist“ die andere Hälfte unter den Namen „Journalistin“ gedruckt…und alles nach dem Zufallsprinzip verschickt.

Ich finde die Idee gar nicht schlecht. Und deshalb hier mein Vorschlag: Wie wäre es, wenn die Zeitschrift „Frau im Spiegel“ ab jetzt ebenfalls in zwei Ausführungen erscheint, die Hälfte mit dem bisherigen Titel, die andere Hälfte als “Mann im Spiegel“!

„Aber Herr Sprachbloggeurin, Frau im Spiegel ist eindeutig eine Frauenzeitschrift, während Journalist/in den Bedürfnissen beiden Geschlechtern dient“, könnten Sie einwenden.

„Mag sein“, erwidere ich, „aber ist das noch zeitgemäß? Dann bringe man meinetwegen auch Themen, die Männer interessieren könnten! Z.B. Texte über Angelruten oder Zinnsoldaten aus dem 19. Jahrhundert! Das wäre der Renner. Oder?“

Nebenbei: Die Kämpfe um die Inklusivität (zu Deutsch Miteinbegriffensein) werden nicht nur in der deutschen Sprache ausgefochten. In Spanien gehören die gleichen Auseinandersetzungen zur Tagesordnung. Auch in Frankreich. Da nennt man das Phänomen „écriture inclusive“. Écriture bedeutet „Schrift“. Z.B.: Will man „liebe LeserInnen“ auf Französisch schreiben, heißt es heutzutage „cher.e.s lecteur.rice.s“

Allerdings: In Frankreich gibt es die Academie Française. Sie gilt (notabene „sie“) als die letzte Instanz (notabene „die“) in Sache Sprache. Die Academie hat bereits beschlossen, alles beim Alten zu lassen.

Ach! Beinahe vergessen. Ich wollte an die Ausländer unter meinen Lesern ein paar hoffnungsvollen Worte adressieren. Diese folgen gleich:

Als ich frisch in Deutschland angekommen war, hab ich mich in eine junge Frau namens B. verknallt. Wir führten unsere seufzenden Gespräche stets auf Deutsch, ihre Muttersprache, meine…Lernsprache. Einmal sagte sie mir – leider hab ich das Thema des Gesprächs vergessen: „Es kommt auf die Situation drauf an“ oder so ähnlich. Ich war irgendwie überrascht, dies zu hören. Denn so viel wusste ich schon damals: Es müsste im richtigen Deutsch „Es kommt auf die Situation an“ heißen. B. hat also einen grammatikalisch falschen Satz gesprochen. War das Dialekt? Umgangssprache? Oder nur schlechtes Deutsch. Heute weiß ich, dass es alle drei waren.

Aber was tut der verliebte Ausländer in einer derartigen Situation? Ich habe B. nicht korrigiert. Wäre zu riskant, überlegte ich. Ich hab die Sache lediglich zur Kenntnis genommen und auf sich beruhen lassen.

Seitdem bin ich, was die dt. Sprache betrifft, lieber MitausländerInnen, sehr vorsichtig geworden – auch wenn ich merke, wie die MuttersprachlerInnen mit der eigenen Sprache umgehen.

Hilfe! Ich habe „Jedem das seine“ in einem Buch geschrieben. Bin ich Nazi?

Über dieses Thema habe ich schon mal geschrieben.

Schaden tut’s aber nicht, es noch mal aufzugreifen. Man wiederholt sich eh nie. Es entsteht immer etwas Neues, wenn man ein Lied zum zweiten Mal singt.

Leider weiß ich nicht mehr, was der Anlass der ersten Veröffentlichung war.

Immerhin erinnere ich mich noch an die Aussage. Ich war (damals) der Meinung, es wäre an der Zeit, diesen verruchten Spruch endlich aus dem Giftkabinett zu holen, um es zu rehabilitieren.

„Jedem das seine“ kam nur deshalb in Verruf, weil es die Nazis missbraucht haben. Zur Erinnerung: Dieser Spruch stand am Eingangstor im KZ Buchenwald, in Schmiedeeisen gegossen, quasi als „Denkansatz“ für die Insassen, die sich in dieser Anlage unweit der Goethe-Schiller-Stadt Weimar misshandelt wurden. Ich kenne Weimar (und schätze die Stadt sehr); ich kenne Buchenwald auch, doch Buchenwald schätze ich nicht, verstehe aber, warum es wichtig ist, so ein Monument der Grausamkeit fürs Nachkommen zu erhalten.

Keine Ahnung, wer der nationalsozialistische Scherzkeks war, der auf die Idee kam, ausgerechnet diesen Spruch auf einem Schmiedeeisentor am Eingang zum KZ gießen zu lassen. Vielleicht lässt sich dies googeln. In den meisten KZs stand eher der Slogan „Arbeit macht frei“ am Schmiedeeiseneingangstor.

Nebenbei: „Arbeit macht frei“ hat man bei Annähern einem Lager (z.B. Auschwitz) sehen und lesen können – als sollte man denken, dass fleißige Arbeit der Schlüssel zu einer künftigen Befreiung wäre. Im KZ Buchenwald war der Spruch „Jedem dem seine“ so angebracht, dass er nur von innen zu lesen war.

„Jedem das seine“ ist lediglich die dt. Übersetzung eines uralten lateinischen juristischen Satzes „suum cuique“. Schon Cicero hat ihn gebraucht. (Schauen Sie in Wikipedia nach, das macht das Leben einfacher). Vor dem Buchenwaldzeitalter konnte man die dt. Übersetzung des alten lat. Spruchs ohne Bedenken anwenden. Und danach? Noch im Jahr 1947 hat der dt. Lyriker Karl Schnog diese Worte als Titel seines Gedichtbands verwendet. Heute kaum mehr möglich.

Und nicht zu vergessen: „Suum cuique“ wurde mal auf den Schwarzer Adlerorden des Königs Friedrich I gestanzt. (Auch ein Wikipedia-Faktoid).

Auf Englisch gilt „to each his own” schon immer als harmlose Binsenweisheit. Bisher jedenfalls: Denn im Zeitalter von #metoo (thanks for the info, Wikipedia) müsse man erklären, dass sich das Wort „his“ in diesem Spruch nicht nur auf Männer bezieht, sondern „generisch“ zu verstehen sei. Man dürfe heute im Sinne der Gleichberechtigung auch „to each their own“ bzw. „to each her own” sagen. Nicht vergessen!

Da ich Amerikaner bin, hatte ich damals keinen Augenblick gezögert, ein Kapitel meines Buches „Kaspar Hausers Geschwister – auf der Suche nach dem wilden Menschen“ (Thema: homo ferus, die sog. Wolfskinder), mit dem Titel „Jedem das seine“ zu versehen. Als Überschrift kam mir dieser Spruch geradezu passend vor. Denn ich wollte in dem dafür vorgesehenen Kapitel darauf hinweisen, dass Forscher und Wissenschaftler zu jeder Zeit die Bedeutung des Phänomens der Wolfskinder nach eigenem Gutdünken auslegten. Jedem, also, das seine!

Neulich wurde mein Buch von einem gewissen Professor rezensiert. Leider mochte er mein Buch nicht – nicht allerdings wegen dem, was das Buch ist, sondern wegen dem, was das Buch nach seinem Geschmack nicht ist. Mein Buch sei – seiner Meinung nach – zu „populär“ geschrieben, und habe die allerneusten Ideen (die schnell wieder verjähren) nicht berücksichtigt.

Obendrein beanstandete er meinen Gebrauch des alten Spruchs „Jedem das seine“ als Kapitelüberschrift. Was soll ich sagen? Jedem das seine!

Doch nun wissen Sie alles, was Sie brauchen, um selbst „Jedem das seine“ in einem Satz vernünftig zu verwenden.

Pages

Subscribe to Front page feed