Hallo Leser des Jahres 2069. Hier ein Gruß aus der Vergangenheit. Mag sein, dass unsere Wege mal kreuzten. Doch damals waren Sie sehr jung und ich sehr alt.
Upps! Hab ich „Leser“ geschrieben? Zu meiner Zeit haben viele Leute „LeserInnen“ anstatt „Leser“ geschrieben, um darauf hinzudeuten, dass sie nicht nur Männer, sondern auch Frauen ansprechen. Die althergebrachte kollektive Form „Leser“ galt als diskriminierend.
Keine Ahnung, wie Sie diese Problematik handhaben. Vielleicht sagen Sie wieder „Leser“. Oder vielleicht sind Sie bei „LeserInnen“ geblieben. Oder vielleicht im Sog der Sprachwandlung ist daraus so etwas wie „Lesernn“ geworden mit der Betonung auf dem verlängerten Schluss-„N“.
Ist nicht wichtig. Oder vielleicht doch. Vielleicht leben Sie in einer schrecklichen Unterdrückungsgesellschaft und dürfen Texte wie die meine nur heimlich lesen.
Übrigens: Auch in meiner amerikanischen Muttersprache wird zu meiner Lebzeit der Wortschatz im Sinne der Gleichberechtigung ordentlich aufgemischt. Manche Menschen möchten die geschlechtstrennenden Fürwörter „he“ und „she“ ganz abschaffen. Dafür verwenden sie erfundene Fürwörter, die den Zweck haben, das Geschlecht eines Menschen quasi zu neutralisieren. Sie sagen. „ze“ (sprich „sie“), oder sie benutzen das Plural „they im Singular. Zum Beispiel „they is here“ oder „They said that they wants to eat”. In meinen Ohren klingt das falsch. Aber wer weiß, was zu Ihrer Zeit im Gebrauch sein wird. Die amer. Neutralisierer – oder soll ich lieber „NeutralisierInnen“ – sind selbst unter sich noch nicht einig.
Ich habe gehört, dass eine ähnliche Auseinandersetzung mit Gender im Französischen stattfindet. Wahrscheinlich auch in anderen Sprachen. Wenn ich mich nicht täusche, haben die Schweden bereits eine neutrale Form für die 3. Person erfunden…und sie wird wohl gebraucht! Übrigens: Auf Ungarisch und auf Türkisch hat man das Problem mit „he“ und „she“, „er“ und „sie“ usw. nicht. Man gebraucht für beide stets das gleiche Fürwort. Auf Ungarisch „ö“ (Plural „ök“). Auf Türkisch „o“ (Plural „onlar“). Das kann nur bedeuten, dass die Ungarn und die Türken uns weit voraus und eben viel empfindlicher sind, was die Wertschätzung der Geschlechter betrifft. Ich gehe davon aus, dass die Gleichberechtigung in beiden Kulturen viel weiterentwickelt ist als bei uns.
Sie werden natürlich genauer wissen, liebe künftige Lesernn, ob das immer noch stimmt.
Sie werden auch wissen, wie das mit dem Klimawandel und den CO2-Fußabdrücken geworden ist. Oder nennen Sie dieses Phänomen immer noch „Krisenwandel“? Es gibt nämlich momentan Anregungen, diesen Begriff in „Krisenkatastrophe“ oder „Krisennotstand“ zu verändern.
Wie nennen Sie es? Ach, Sie wissen sooo viel, das ich gern wissen würde. Aber so ist es immer, wenn man mit Menschen aus der Zukunft kommuniziert. Sie haben die Perspektive der Zeit, die mir fehlt.
Was hingegen ihnen fehlt, sind zuverlässige Augenzeugen, die genau Bescheid über die Ereignisse meiner Zeit wissen. Insofern können Sie nie sicher sein, ob das, was sie als „Geschichte“ verstehen, nicht in Wirklichkeit Fake News ist. Benutzen Sie noch den Begriff „Fake News“? Er ist momentan der letzte Schrei. Ich glaube, er wird momentan von fast allen auf der ganzen Welt verstanden – egal welche Sprache man redet…und auch wenn einer sonst kein Wort Englisch versteht.
Zum Beispiel heute…ja, ich meine „heute“ im Sinne von „in genau diesem Augenblick“. Heute ist etwas geschehen, was bestimmt in Ihren Geschichtsbüchern längst zu lesen ist. Ein sechszehnjähriges Mädchen – wahrscheinlich lebt sie noch zu Ihrer Zeit oder ist das Oberhaupt einer Weltregierung und hat bereits die ganze Menschheit dank ihrer Heilslehre vor dem Klimauntergang gerettet.
Dieses Mädchen ist heute (ja, heute) nach einem Trek über den Atlantik in Portugal angekommen. Wie Sie bestimmt gelesen haben, hat sich das Meer geteilt und ist mit ihrer Entourage quer durchs Meer trockenen Fußes marschiert! Das wissen Sie aber schon…oder? Aber vielleicht hat sich in den Jahren zwischen meiner und Ihrer Zeit etwas ereignet, dass dieses historische Ereignis irgendwie kolportiert hat. So was kommt auch mal vor.
Es sind nur Augenzeugen, die uns zu jeder Zeit bestätigen können, ob etwas wirklich geschah, wie behauptet. Sonst klingt alles wie Fake News. Oder?
Zufälligerweise kenne ich jemanden, der mit eigenen Augen in Portugal das geteilte Meer und ebenfalls das sechszehnjährige Mädchen samt Entourage gesehen hatte, wie sie ans Land gekommen sind. Ein bemerkenswertes Ereignis
Ja, Sie können mir glauben: Sprachen ändern sich ständig. Die Wahrheit aber, sie waltet ewig.
In eigener Sache: Bin die nächsten zwei Wochen auf Geheimmission. Keine neuen Glossen während dieser Zeit. Nächstes Mal…zu Weihnachten…und mit froher Botschaft.
FYI hatte ICH, der Sprachbloggeur, mal das siebt beste Blatterl im ganzen südbairischen Gau geschossen.
Ursprünglich hieß es sogar, dass ich das sechst beste Blatterl geschossen hatte, aber dann kam einer im letzten Augenblick daher und hat mich mikrometermäßig übertrumpft. So ist das Sportleben.
Da ich zur Zeit der Ehrenverleihung verreist war, hat unsere Schützenmeisterin den Preis stellvertretend für mich entgegengenommen.
Wahrscheinlich wären Sie nie auf die Idee gekommen, dass ich Schütze bin. Eigentlich ganz passend, weil ich auch im Sternzeichen Schütze geboren bin.
Ach! Beinahe hab ich vergessen zu fragen, ob Ihnen die Abkürzung „FYI“ geläufig ist? Natürlich ein englischsprachiges Kürzel. Steht für „for your information“, sinngemäß: „damit Sie es wissen“. Inzwischen hat auch dieses „eff-uei-ei“ neben anderen Anglizismen nachhaltig in der dt. Sprache fußgefasst.
Zu diesem Kürzelklub zählen auch „BTW“, steht für „by the way“, also “übrigens; und “ASAP”, “as soon as possible” (so schnell wie möglich).
Moment mal. Heißt es richtig „so schnell wie möglich“ oder „so schnell als möglich“? Meinem Schweizer sprachbloggierenden Kollegen Dr. Bopp zufolge sind beide, d.h., sowohl das eine wie das andere korrekt (oder heißt es „sowohl das eine als das andere“?).
(Was „sowohl…wie auch“ und „sowohl… als auch“ betrifft. Auch hier seien beide Versionen möglich. So hab ich es gelesen – nicht aber bei Dr. Bopp. „Sowohl…als auch“ scheint aber verbreiteter zu sein als „sowohl…wie auch“, das in Norddeutschland heimisch ist. Alles klar?)
BTW: Ich fürchte, dass ich inzwischen s e h r weit von meinem ursprünglichen Thema abgedriftet bin. In der Schule nennt man dieses Abdriften „Themenverfehlung“, was mit einer schlechten Note belegt wird. O je! Kein Wunder, dass die Schreibkunst zu verdammt schwierig ist.
Also denn: Zurück zum eigentlichen Thema, für das die Anekdote über mein Blatterl als Einstieg dienen sollte. Denn nicht mein Blatterl, sondern das Wort „Gau“ interessiert mich, eine Vokabel die, wie man weiß, sehr leicht in die falsche Kehle rutschen kann. Man hört – „Gau“ und denkt „Gauleiter“!
Da Schützenvereine Waffenklubs sind (wenn auch meistens mit Luftgewehren und Luftpistolen geschossen wird), geraten sie mehr denn je in den Ruf, Brutstellen einer Rechtsaußendenkweise zu sein. Manche verknüpfen das Sportschießen quasi automatisch mit Terrorismus, Nationalismus, Deutschtümelei, Frauenfeindlichkeit usw.
Erfährt man obendrein, dass die Bezirke der Schützenvereine in „Gäue“ eingeteilt sind, wird es nur noch schlimmer. Nebenbei: Das Wort „Gau“, eine sehr alte dt. Vokabel, ist wahrscheinlich mit dem altgriechischen Wort gaia also „Erde“ (wie in „Ge-ologie“, „Ge-ometrie“) verwandt. Die armen Schützen und Schützinnen (Altdeutsch für „SchützInnen“) fühlen sich mittlerweile derart verunsichert, dass sie unter sich diskutieren, ob man das „Gauschießen“ als „Bezirksschießen“ umtaufen sollten. Meiner Meinung nach klingt „Gauschießen“ allemal schöner.
Die Sache wird aber noch haariger. Raten Sie mal, was die Schützen sagen, wenn sie eine(n) der ihrigen mit einem Abzeichen beehren wollen und sie ihre Begeisterung verbal zum Ausdruck bringen? Hoffentlich sitzen Sie, während Sie diese Zeilen lesen. Denn eine(r) ruft nämlich: „Schützen…“, und die anderen antworten mit Gebrüll…“Heil!“
Ja, so ist es. Auch so ein Ausdruck der Begeisterung rutscht mit einer Leichtigkeit – bei Außenstehenden – in die falsche Kehle. Und schon wieder reagieren die Schützen und Schützinnen verlegen und meinen, diese Art Ehrenbekundung unterbinden zu müssen. Manche schlagen als Ersatz vor: „Schützen….Hurrah“. Finde ich persönlich ausgesprochen lahm.
Sie sehen wie kompliziert es sein kann – nur wegen sprachlicher Assoziationen – einen Schützenverein als einen harmlosen Sportverein darzustellen! Was heißt „harmlos“? „Sinnvoll“ wäre eine trefflichere Beschreibung. Denn junge – und alte – SchützInnen lernen durch diese Sporttätigkeit sehr viel Disziplin und Konzentration. Versuchen Sie mal ein Blatterl zu treffen. Glauben Sie mir. Einfach ist es nicht.
Hab ich all dies nur erträumet?
Ich bilde mir ein, dass ich als Neuling in Deutschland vor endlosen Jahren Folgendes gehört habe: Enna menna mu, raus bist du.
Dieser Kinderspruch, um beim Spielen auszusortieren, hat mich damals sprachlich sehr interessiert, weil, ich aus meiner amer. Heimat etwas Verwandtes kannte:
„Eenie meenie miny mo (sprich ienie, mienie, meinie mo)
catch a tiger by his toe.
If he hollers let him go.
My mother said to pick this one.”
Notabene (und - Achtung! - jetzt wird es mit der politischen Korrektheit fraglich): Ursprünglich singsangten wir auf meiner Straße in der Bronx nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Diese heute als „N“-Wort bekannte Vokabel darf man in diesem Zusammenhang nicht mehr aussprechen. Verstehe ich auch. Dennoch haben wir sie als Kinder noch unschuldig getrillert…d.h., bis eines Tages ein älteres Kind uns klarmachte (so sah das Lerngefälle auf der Straße aus), dass man dieses „N“-Wort nicht mehr sagen darf und dass wir fortan „catch a tiger“ zu sagen hätten. Was wir dann auch brav taten.
In Deutschland kam ich dann in Kontakt mit besagtem „Enna-menna-mu-raus-bist-du“-Spruch. Vielleicht hab ich ihn im Kinderfernsehen entdeckt. Damals lief eine Sendung namens „Rappelkisten“. Oder vielleicht hab ich es von meiner derzeitigen Lebensabschnittspartnerin erfahren. Egal.
Fakt ist: Ich habe beide Sprüche für etymologisch verwandt erachtet.
Neulich entschloss ich mich in Google, eine Bestätigung für diese Theorie der etymologischen Verknüpfung zu suchen. Peinlich. So faul ist der wissenschaftliche Geist geworden! Er googelt anstatt in richtigen Nachschlagwerken zu recherchieren! Ich habe jedenfalls die gesuchte Bestätigung nicht gefunden. Lediglich war zu lesen, dass „eenie meenie miney mo“ frühesten um 1810 belegt ist, was mir ziemlich spät vorkommt. Denn ich bin überzeugt, dass hinter beide Sprüche ein alter, vergessener Zauberspruch von Kelten oder alten Germanen steckt.
Was enna menna mu betrifft, da verstummt Google völlig! Komisch. Auch mein sechsbändiger Duden und mein Kluge (etymologischen Wörterbuch der dt. Sprache) schweigen sich darüber aus. Auch merkwürdig.
Alles doch nur erträumet?
Eigentlich hatte ich für heute ein anderes, viel spannenderes Thema vor. Ich bin nämlich vor ein paar Wochen auf einen neuen Begriff gestoßen, der mich sauer aufstoßen ließ: SEME. Kennen Sie ihn?
SEME ist eine Abkürzung und steht für „search engine manipulation effect“. Eine kurze Erklärung des Begriffs soll hier genügen: Wenn Sie einen Begriff in die Suchmaschine („search engine“), z.B. Google, eintippen, kann es passieren, dass an dem Ergebnis manipuliert („manipulation effect“) wird. Will sagen: Sie geben den Begriff „Klimawandel“ ein, und prompt erscheinen nur Ergebnisse, welche die negative Wirkung des Klimawandels hervorheben. Seiten, die von Skeptikern geschrieben werden, stehen eher hintenan.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich betreibe hier keine Polemik gegen das Phänomen des Klimawandels. Ich gebe nur ein Beispiel darüber, wie ein SEME funktioniert.
Eins steht jedenfalls fest: Mit Sicherheit heißt der Begriff SEME so, um an MEME zu erinnern, Poptechsprache also. „MEME“ (Achtung: auf Englisch ist dies die Einzahl) spricht man als „miem“ aus. Ich nehme an, dass „SEME“ „ssiem“ ist. Die Memes und Co. sollen freilich an die „Genes“ (auf Englisch dschiens wie die blue jeans) erinnern. Diese Wortspielerei klappt weniger gut auf Deutsch.
Immerhin hat man hier Elemente, die man so wie bei enna menna mu auch zu einem Zauberspruch zusammenfügen könnte. Zum Beispiel: „MEME, SEME HÄME“, jetzt gehma…
…oder so.
Hab ich all dies nur erträumet?
Ich bilde mir ein, dass ich als Neuling in Deutschland vor endlosen Jahren Folgendes gehört habe: Enna menna mu, raus bist du.
Dieser Kinderspruch, um beim Spielen auszusortieren, hat mich damals sprachlich sehr interessiert, weil, ich aus meiner amer. Heimat etwas Verwandtes kannte:
„Eenie meenie miny mo (sprich ienie, mienie, meinie mo)
catch a tiger by his toe.
If he hollers let him go.
My mother said to pick this one.”
Notabene (und - Achtung! - jetzt wird es mit der politischen Korrektheit fraglich): Ursprünglich singsangten wir auf meiner Straße in der Bronx nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Diese heute als „N“-Wort bekannte Vokabel darf man in diesem Zusammenhang nicht mehr aussprechen. Verstehe ich auch. Dennoch haben wir sie als Kinder noch unschuldig getrillert…d.h., bis eines Tages ein älteres Kind uns klarmachte (so sah das Lerngefälle auf der Straße aus), dass man dieses „N“-Wort nicht mehr sagen darf und dass wir fortan „catch a tiger“ zu sagen hätten. Was wir dann auch brav taten.
In Deutschland kam ich dann in Kontakt mit besagtem „Enna-menna-mu-raus-bist-du“-Spruch. Vielleicht hab ich ihn im Kinderfernsehen entdeckt. Damals lief eine Sendung namens „Rappelkisten“. Oder vielleicht hab ich es von meiner derzeitigen Lebensabschnittspartnerin erfahren. Egal.
Fakt ist: Ich habe beide Sprüche für etymologisch verwandt erachtet.
Neulich entschloss ich mich in Google, eine Bestätigung für diese Theorie der etymologischen Verknüpfung zu suchen. Peinlich. So faul ist der wissenschaftliche Geist geworden! Er googelt anstatt in richtigen Nachschlagwerken zu recherchieren! Ich habe jedenfalls die gesuchte Bestätigung nicht gefunden. Lediglich war zu lesen, dass „eenie meenie miney mo“ frühesten um 1810 belegt ist, was mir ziemlich spät vorkommt. Denn ich bin überzeugt, dass hinter beide Sprüche ein alter, vergessener Zauberspruch von Kelten oder alten Germanen steckt.
Was enna menna mu betrifft, da verstummt Google völlig! Komisch. Auch mein sechsbändiger Duden und mein Kluge (etymologischen Wörterbuch der dt. Sprache) schweigen sich darüber aus. Auch merkwürdig.
Alles doch nur erträumet?
Eigentlich hatte ich für heute ein anderes, viel spannenderes Thema vor. Ich bin nämlich vor ein paar Wochen auf einen neuen Begriff gestoßen, der mich sauer aufstoßen ließ: SEME. Kennen Sie ihn?
SEME ist eine Abkürzung und steht für „search engine manipulation effect“. Eine kurze Erklärung des Begriffs soll hier genügen: Wenn Sie einen Begriff in die Suchmaschine („search engine“), z.B. Google, eintippen, kann es passieren, dass an dem Ergebnis manipuliert („manipulation effect“) wird. Will sagen: Sie geben den Begriff „Klimawandel“ ein, und prompt erscheinen nur Ergebnisse, welche die negative Wirkung des Klimawandels hervorheben. Seiten, die von Skeptikern geschrieben werden, stehen eher hintenan.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich betreibe hier keine Polemik gegen das Phänomen des Klimawandels. Ich gebe nur ein Beispiel darüber, wie ein SEME funktioniert.
Eins steht jedenfalls fest: Mit Sicherheit heißt der Begriff SEME so, um an MEME zu erinnern, Poptechsprache also. „MEME“ (Achtung: auf Englisch ist dies die Einzahl) spricht man als „miem“ aus. Ich nehme an, dass „SEME“ „ssiem“ ist. Die Memes und Co. sollen freilich an die „Genes“ (auf Englisch dschiens wie die blue jeans) erinnern. Diese Wortspielerei klappt weniger gut auf Deutsch.
Immerhin hat man hier Elemente, die man so wie bei enna menna mu auch zu einem Zauberspruch zusammenfügen könnte. Zum Beispiel: „MEME, SEME HÄME“, jetzt gehma…
…oder so.
Hab ich all dies nur erträumet?
Ich bilde mir ein, dass ich als Neuling in Deutschland vor endlosen Jahren Folgendes gehört habe: Enna menna mu, raus bist du.
Dieser Kinderspruch, um beim Spielen auszusortieren, hat mich damals sprachlich sehr interessiert, weil, ich aus meiner amer. Heimat etwas Verwandtes kannte:
„Eenie meenie miny mo (sprich ienie, mienie, meinie mo)
catch a tiger by his toe.
If he hollers let him go.
My mother said to pick this one.”
Notabene (und - Achtung! - jetzt wird es mit der politischen Korrektheit fraglich): Ursprünglich singsangten wir auf meiner Straße in der Bronx nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Diese heute als „N“-Wort bekannte Vokabel darf man in diesem Zusammenhang nicht mehr aussprechen. Verstehe ich auch. Dennoch haben wir sie als Kinder noch unschuldig getrillert…d.h., bis eines Tages ein älteres Kind uns klarmachte (so sah das Lerngefälle auf der Straße aus), dass man dieses „N“-Wort nicht mehr sagen darf und dass wir fortan „catch a tiger“ zu sagen hätten. Was wir dann auch brav taten.
In Deutschland kam ich dann in Kontakt mit besagtem „Enna-menna-mu-raus-bist-du“-Spruch. Vielleicht hab ich ihn im Kinderfernsehen entdeckt. Damals lief eine Sendung namens „Rappelkisten“. Oder vielleicht hab ich es von meiner derzeitigen Lebensabschnittspartnerin erfahren. Egal.
Fakt ist: Ich habe beide Sprüche für etymologisch verwandt erachtet.
Neulich entschloss ich mich in Google, eine Bestätigung für diese Theorie der etymologischen Verknüpfung zu suchen. Peinlich. So faul ist der wissenschaftliche Geist geworden! Er googelt anstatt in richtigen Nachschlagwerken zu recherchieren! Ich habe jedenfalls die gesuchte Bestätigung nicht gefunden. Lediglich war zu lesen, dass „eenie meenie miney mo“ frühesten um 1810 belegt ist, was mir ziemlich spät vorkommt. Denn ich bin überzeugt, dass hinter beide Sprüche ein alter, vergessener Zauberspruch von Kelten oder alten Germanen steckt.
Was enna menna mu betrifft, da verstummt Google völlig! Komisch. Auch mein sechsbändiger Duden und mein Kluge (etymologischen Wörterbuch der dt. Sprache) schweigen sich darüber aus. Auch merkwürdig.
Alles doch nur erträumet?
Eigentlich hatte ich für heute ein anderes, viel spannenderes Thema vor. Ich bin nämlich vor ein paar Wochen auf einen neuen Begriff gestoßen, der mich sauer aufstoßen ließ: SEME. Kennen Sie ihn?
SEME ist eine Abkürzung und steht für „search engine manipulation effect“. Eine kurze Erklärung des Begriffs soll hier genügen: Wenn Sie einen Begriff in die Suchmaschine („search engine“), z.B. Google, eintippen, kann es passieren, dass an dem Ergebnis manipuliert („manipulation effect“) wird. Will sagen: Sie geben den Begriff „Klimawandel“ ein, und prompt erscheinen nur Ergebnisse, welche die negative Wirkung des Klimawandels hervorheben. Seiten, die von Skeptikern geschrieben werden, stehen eher hintenan.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich betreibe hier keine Polemik gegen das Phänomen des Klimawandels. Ich gebe nur ein Beispiel darüber, wie ein SEME funktioniert.
Eins steht jedenfalls fest: Mit Sicherheit heißt der Begriff SEME so, um an MEME zu erinnern, Poptechsprache also. „MEME“ (Achtung: auf Englisch ist dies die Einzahl) spricht man als „miem“ aus. Ich nehme an, dass „SEME“ „ssiem“ ist. Die Memes und Co. sollen freilich an die „Genes“ (auf Englisch dschiens wie die blue jeans) erinnern. Diese Wortspielerei klappt weniger gut auf Deutsch.
Immerhin hat man hier Elemente, die man so wie bei enna menna mu auch zu einem Zauberspruch zusammenfügen könnte. Zum Beispiel: „MEME, SEME HÄME“, jetzt gehma…
…oder so.
Hab ich all dies nur erträumet?
Ich bilde mir ein, dass ich als Neuling in Deutschland vor endlosen Jahren Folgendes gehört habe: Enna menna mu, raus bist du.
Dieser Kinderspruch, um beim Spielen auszusortieren, hat mich damals sprachlich sehr interessiert, weil, ich aus meiner amer. Heimat etwas Verwandtes kannte:
„Eenie meenie miny mo (sprich ienie, mienie, meinie mo)
catch a tiger by his toe.
If he hollers let him go.
My mother said to pick this one.”
Notabene (und - Achtung! - jetzt wird es mit der politischen Korrektheit fraglich): Ursprünglich singsangten wir auf meiner Straße in der Bronx nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Diese heute als „N“-Wort bekannte Vokabel darf man in diesem Zusammenhang nicht mehr aussprechen. Verstehe ich auch. Dennoch haben wir sie als Kinder noch unschuldig getrillert…d.h., bis eines Tages ein älteres Kind uns klarmachte (so sah das Lerngefälle auf der Straße aus), dass man dieses „N“-Wort nicht mehr sagen darf und dass wir fortan „catch a tiger“ zu sagen hätten. Was wir dann auch brav taten.
In Deutschland kam ich dann in Kontakt mit besagtem „Enna-menna-mu-raus-bist-du“-Spruch. Vielleicht hab ich ihn im Kinderfernsehen entdeckt. Damals lief eine Sendung namens „Rappelkisten“. Oder vielleicht hab ich es von meiner derzeitigen Lebensabschnittspartnerin erfahren. Egal.
Fakt ist: Ich habe beide Sprüche für etymologisch verwandt erachtet.
Neulich entschloss ich mich in Google, eine Bestätigung für diese Theorie der etymologischen Verknüpfung zu suchen. Peinlich. So faul ist der wissenschaftliche Geist geworden! Er googelt anstatt in richtigen Nachschlagwerken zu recherchieren! Ich habe jedenfalls die gesuchte Bestätigung nicht gefunden. Lediglich war zu lesen, dass „eenie meenie miney mo“ frühesten um 1810 belegt ist, was mir ziemlich spät vorkommt. Denn ich bin überzeugt, dass hinter beide Sprüche ein alter, vergessener Zauberspruch von Kelten oder alten Germanen steckt.
Was enna menna mu betrifft, da verstummt Google völlig! Komisch. Auch mein sechsbändiger Duden und mein Kluge (etymologischen Wörterbuch der dt. Sprache) schweigen sich darüber aus. Auch merkwürdig.
Alles doch nur erträumet?
Eigentlich hatte ich für heute ein anderes, viel spannenderes Thema vor. Ich bin nämlich vor ein paar Wochen auf einen neuen Begriff gestoßen, der mich sauer aufstoßen ließ: SEME. Kennen Sie ihn?
SEME ist eine Abkürzung und steht für „search engine manipulation effect“. Eine kurze Erklärung des Begriffs soll hier genügen: Wenn Sie einen Begriff in die Suchmaschine („search engine“), z.B. Google, eintippen, kann es passieren, dass an dem Ergebnis manipuliert („manipulation effect“) wird. Will sagen: Sie geben den Begriff „Klimawandel“ ein, und prompt erscheinen nur Ergebnisse, welche die negative Wirkung des Klimawandels hervorheben. Seiten, die von Skeptikern geschrieben werden, stehen eher hintenan.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich betreibe hier keine Polemik gegen das Phänomen des Klimawandels. Ich gebe nur ein Beispiel darüber, wie ein SEME funktioniert.
Eins steht jedenfalls fest: Mit Sicherheit heißt der Begriff SEME so, um an MEME zu erinnern, Poptechsprache also. „MEME“ (Achtung: auf Englisch ist dies die Einzahl) spricht man als „miem“ aus. Ich nehme an, dass „SEME“ „ssiem“ ist. Die Memes und Co. sollen freilich an die „Genes“ (auf Englisch dschiens wie die blue jeans) erinnern. Diese Wortspielerei klappt weniger gut auf Deutsch.
Immerhin hat man hier Elemente, die man so wie bei enna menna mu auch zu einem Zauberspruch zusammenfügen könnte. Zum Beispiel: „MEME, SEME HÄME“, jetzt gehma…
…oder so.
Hab ich all dies nur erträumet?
Ich bilde mir ein, dass ich als Neuling in Deutschland vor endlosen Jahren Folgendes gehört habe: Enna menna mu, raus bist du.
Dieser Kinderspruch, um beim Spielen auszusortieren, hat mich damals sprachlich sehr interessiert, weil, ich aus meiner amer. Heimat etwas Verwandtes kannte:
„Eenie meenie miny mo (sprich ienie, mienie, meinie mo)
catch a tiger by his toe.
If he hollers let him go.
My mother said to pick this one.”
Notabene (und - Achtung! - jetzt wird es mit der politischen Korrektheit fraglich): Ursprünglich singsangten wir auf meiner Straße in der Bronx nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Diese heute als „N“-Wort bekannte Vokabel darf man in diesem Zusammenhang nicht mehr aussprechen. Verstehe ich auch. Dennoch haben wir sie als Kinder noch unschuldig getrillert…d.h., bis eines Tages ein älteres Kind uns klarmachte (so sah das Lerngefälle auf der Straße aus), dass man dieses „N“-Wort nicht mehr sagen darf und dass wir fortan „catch a tiger“ zu sagen hätten. Was wir dann auch brav taten.
In Deutschland kam ich dann in Kontakt mit besagtem „Enna-menna-mu-raus-bist-du“-Spruch. Vielleicht hab ich ihn im Kinderfernsehen entdeckt. Damals lief eine Sendung namens „Rappelkisten“. Oder vielleicht hab ich es von meiner derzeitigen Lebensabschnittspartnerin erfahren. Egal.
Fakt ist: Ich habe beide Sprüche für etymologisch verwandt erachtet.
Neulich entschloss ich mich in Google, eine Bestätigung für diese Theorie der etymologischen Verknüpfung zu suchen. Peinlich. So faul ist der wissenschaftliche Geist geworden! Er googelt anstatt in richtigen Nachschlagwerken zu recherchieren! Ich habe jedenfalls die gesuchte Bestätigung nicht gefunden. Lediglich war zu lesen, dass „eenie meenie miney mo“ frühesten um 1810 belegt ist, was mir ziemlich spät vorkommt. Denn ich bin überzeugt, dass hinter beide Sprüche ein alter, vergessener Zauberspruch von Kelten oder alten Germanen steckt.
Was enna menna mu betrifft, da verstummt Google völlig! Komisch. Auch mein sechsbändiger Duden und mein Kluge (etymologischen Wörterbuch der dt. Sprache) schweigen sich darüber aus. Auch merkwürdig.
Alles doch nur erträumet?
Eigentlich hatte ich für heute ein anderes, viel spannenderes Thema vor. Ich bin nämlich vor ein paar Wochen auf einen neuen Begriff gestoßen, der mich sauer aufstoßen ließ: SEME. Kennen Sie ihn?
SEME ist eine Abkürzung und steht für „search engine manipulation effect“. Eine kurze Erklärung des Begriffs soll hier genügen: Wenn Sie einen Begriff in die Suchmaschine („search engine“), z.B. Google, eintippen, kann es passieren, dass an dem Ergebnis manipuliert („manipulation effect“) wird. Will sagen: Sie geben den Begriff „Klimawandel“ ein, und prompt erscheinen nur Ergebnisse, welche die negative Wirkung des Klimawandels hervorheben. Seiten, die von Skeptikern geschrieben werden, stehen eher hintenan.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich betreibe hier keine Polemik gegen das Phänomen des Klimawandels. Ich gebe nur ein Beispiel darüber, wie ein SEME funktioniert.
Eins steht jedenfalls fest: Mit Sicherheit heißt der Begriff SEME so, um an MEME zu erinnern, Poptechsprache also. „MEME“ (Achtung: auf Englisch ist dies die Einzahl) spricht man als „miem“ aus. Ich nehme an, dass „SEME“ „ssiem“ ist. Die Memes und Co. sollen freilich an die „Genes“ (auf Englisch dschiens wie die blue jeans) erinnern. Diese Wortspielerei klappt weniger gut auf Deutsch.
Immerhin hat man hier Elemente, die man so wie bei enna menna mu auch zu einem Zauberspruch zusammenfügen könnte. Zum Beispiel: „MEME, SEME HÄME“, jetzt gehma…
…oder so.
Hab ich all dies nur erträumet?
Ich bilde mir ein, dass ich als Neuling in Deutschland vor endlosen Jahren Folgendes gehört habe: Enna menna mu, raus bist du.
Dieser Kinderspruch, um beim Spielen auszusortieren, hat mich damals sprachlich sehr interessiert, weil, ich aus meiner amer. Heimat etwas Verwandtes kannte:
„Eenie meenie miny mo (sprich ienie, mienie, meinie mo)
catch a tiger by his toe.
If he hollers let him go.
My mother said to pick this one.”
Notabene (und - Achtung! - jetzt wird es mit der politischen Korrektheit fraglich): Ursprünglich singsangten wir auf meiner Straße in der Bronx nicht „catch a tiger“, sondern „catch a nigger“. Diese heute als „N“-Wort bekannte Vokabel darf man in diesem Zusammenhang nicht mehr aussprechen. Verstehe ich auch. Dennoch haben wir sie als Kinder noch unschuldig getrillert…d.h., bis eines Tages ein älteres Kind uns klarmachte (so sah das Lerngefälle auf der Straße aus), dass man dieses „N“-Wort nicht mehr sagen darf und dass wir fortan „catch a tiger“ zu sagen hätten. Was wir dann auch brav taten.
In Deutschland kam ich dann in Kontakt mit besagtem „Enna-menna-mu-raus-bist-du“-Spruch. Vielleicht hab ich ihn im Kinderfernsehen entdeckt. Damals lief eine Sendung namens „Rappelkisten“. Oder vielleicht hab ich es von meiner derzeitigen Lebensabschnittspartnerin erfahren. Egal.
Fakt ist: Ich habe beide Sprüche für etymologisch verwandt erachtet.
Neulich entschloss ich mich in Google, eine Bestätigung für diese Theorie der etymologischen Verknüpfung zu suchen. Peinlich. So faul ist der wissenschaftliche Geist geworden! Er googelt anstatt in richtigen Nachschlagwerken zu recherchieren! Ich habe jedenfalls die gesuchte Bestätigung nicht gefunden. Lediglich war zu lesen, dass „eenie meenie miney mo“ frühesten um 1810 belegt ist, was mir ziemlich spät vorkommt. Denn ich bin überzeugt, dass hinter beide Sprüche ein alter, vergessener Zauberspruch von Kelten oder alten Germanen steckt.
Was enna menna mu betrifft, da verstummt Google völlig! Komisch. Auch mein sechsbändiger Duden und mein Kluge (etymologischen Wörterbuch der dt. Sprache) schweigen sich darüber aus. Auch merkwürdig.
Alles doch nur erträumet?
Eigentlich hatte ich für heute ein anderes, viel spannenderes Thema vor. Ich bin nämlich vor ein paar Wochen auf einen neuen Begriff gestoßen, der mich sauer aufstoßen ließ: SEME. Kennen Sie ihn?
SEME ist eine Abkürzung und steht für „search engine manipulation effect“. Eine kurze Erklärung des Begriffs soll hier genügen: Wenn Sie einen Begriff in die Suchmaschine („search engine“), z.B. Google, eintippen, kann es passieren, dass an dem Ergebnis manipuliert („manipulation effect“) wird. Will sagen: Sie geben den Begriff „Klimawandel“ ein, und prompt erscheinen nur Ergebnisse, welche die negative Wirkung des Klimawandels hervorheben. Seiten, die von Skeptikern geschrieben werden, stehen eher hintenan.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich betreibe hier keine Polemik gegen das Phänomen des Klimawandels. Ich gebe nur ein Beispiel darüber, wie ein SEME funktioniert.
Eins steht jedenfalls fest: Mit Sicherheit heißt der Begriff SEME so, um an MEME zu erinnern, Poptechsprache also. „MEME“ (Achtung: auf Englisch ist dies die Einzahl) spricht man als „miem“ aus. Ich nehme an, dass „SEME“ „ssiem“ ist. Die Memes und Co. sollen freilich an die „Genes“ (auf Englisch dschiens wie die blue jeans) erinnern. Diese Wortspielerei klappt weniger gut auf Deutsch.
Immerhin hat man hier Elemente, die man so wie bei enna menna mu auch zu einem Zauberspruch zusammenfügen könnte. Zum Beispiel: „MEME, SEME HÄME“, jetzt gehma…
…oder so.
Er hieß Axel. Das weiß ich noch genau. Und seine Frau war die…ähm…verdammt! Hab den Namen vergessen. Ist ja egal. Vielleicht fällt er mir später wieder ein. Wir sagten aber nie „Axel“ und „…“ zu ihnen, sondern stets „Grüß Gott, Herr…, Grüß Gott, Frau… Auch den Nachnamen hab ich vergessen!
Es war das Inhaberehepaar eines Obstundgemüseladens in einer Gegend, wo ich einst gewohnt hatte. Bin neulich vorbei gefahren. Ich glaube, es gibt sie noch.
Axel…bzw. Herr…war der einzige Mensch, der in all den Jahren, die ich in München bin, die dritte Person singulär verwendete, um seine Kunden zu siezen.
Klar: Manchmal hört man auch heute ein: „Was möchte der Herr?“ oder ein „Hat die Dame noch einen Wunsch?“ usw. Axel war viel radikaler. „Grüß Gott, Herr Blumenthal“, empfing er munter, „Was darf ich Ihm heute anbieten?“ „Kann ich Ihn mit noch etwas bedienen?“ usw.
Hand aufs Herz. Es war so. So hat er geredet.
Auf dieses …“Erzen“... keine Ahnung, wie man es sonst bezeichnen sollte, bin ich, abgesehen von Axel, ausschließlich in der dt. Literatur des 19. Jahrhunderts und noch früher gestoßen. Vielleicht ist es ein ländliches Sprachrelikt. Ich wüsste aber nicht, wen ich fragen sollte. Frau M. von Paradies, hat die Zelte leider abgebrochen. Sie wüsste es ganz bestimmt.
Eigentlich ist das mit dem Erzen nicht mein Thema. Es steht hier lediglich als Kontrapunkt zu dem, was mich heute in Wirklichkeit auf der Leber liegt …und zwar zu dem unbotmäßigen Grassieren des Duzens.
Nein, hier kein Gemecker über die Begeisterung der sog. „Millenials“ fürs „Du“. Junge Leute duzen immer gern…im Grunde, weil sie noch unweit der Grenze der verflossenen Kindheit angesiedelt sind…und sie duzen sorgenfrei weiter, bis sie schließlich feststellen, dass nicht jeder da draußen freundlich gesinnt ist. Erst dann entdecken sie den Zauber des Siezens, das für das Grauen der Welt wie maßgeschneidert kreiert wurde.
In vorliegender kurzer Meditation geht es vielmehr um jene Firmen, genauer gesagt, um jene Firmen, die eine prägende Präsenz im Internetbusiness haben, die ihre Kundschaft anbiedernd mit „du“ ansprechen. Meistens sind das neureiche Multis.
Zum Beispiel folgende Mail, die ich jüngst von Airbnb erhalten habe. Es ging um eine rein juristische Angelegenheit: das (abermalige) Aktualisieren der Nutzungsbedingungen. Nutzungsbedingungen sind, wie jeder weiß, alles anders als unterhaltsam, geschweige denn kurz. Airbnb, bei dem ich eigentlich kein Kunde bin, hat mir die veränderten Nutzungsbedingungen zugeschickt mit dem Kommentar: „Danke, dass du ein Mitglied unserer weltweiten Community bist.“ Nebenbei: „Du“ war kleingeschrieben, was heute häufig vorkommt. Über die Vokabel „Community“ brauch ich keinen Kommentar abzugeben.
Ach ja. Die Mail war außerdem an „Hallo P.J.“ adressiert. Junge Menschen (wie beim Duzen) sind weniger empfindlich, wenn sie von Fremden mit Vornamen angesprochen werden. In England und in den USA ist diese Umgangsform sogar sehr verbreitet. Manche vermuten deshalb eine „Infantilisierung der Gesellschaft“. Auf dem Kontinent sind wir (noch) anders. Achtung, kurzer Hinweis: Keine multinationale Firma ist Dein/e Freund/in.
Aber weiter. Zum Beispiel, Notebooksbilliger. Dieses Elektronik-Gigant (auch wenn eine dt. Firma) ermuntert in der Werbung: „Spare“ und duzt sonstwo stets. Oder Sony: „Hi Konsument, vielen Dank für dein Feedback…“ Das habe ich auf Amazon ausgegraben. Es war die Antwort auf eine Kundenbeschwerde in einer Bewertung.
Amazon selbst hingegen siezt (brav), nennt mich aber „P.J.“ (buuh). Auch Ebay beherrscht das Siezen (brav), P.J.t mich aber (buuh). Uber siezt erwartungsgemäß nicht. Diese Raubritterbeförderungsgesellschaft schreibt auf ihrer Webseite: „Mit Uber kannst du ganz einfach Reisen planen…“etc.
Ich könnte obige Liste beliebig lang und differenziert fortsetzen. Oder schauen Sie sich selber um. Übrigens: Bei Google sind Sie ein Du.
Deutschland, hören Sie mich? Das „Siezen“ ist Ihr Tafelsilber. Bitte nicht verscherbeln!
Ach! Jetzt fällt‘s mir ein: Axels Frau hieß Andrea. Sie hat nie geerzt aber stets gesiezt. Der Nachname schlummert noch immer in Lethe.
Schade. Ich hab Baschar al-Assad um ein Interview gebeten. Er hat es nicht einmal für nötig gehalten, auf meine Bitte zu antworten. Freundin I. meint, das sei schon wieder ein Beispiel der verrohten Manieren unserer Zeit.
„Jeder ist mit sich beschäftigt“, sagt sie, „und jeder hält sich für den Mittelpunkt der Schöpfung. Die Leute benehmen sich wie die Säuglinge…ohne allerdings niedlich zu sein!“ Sie lacht.
Ich bin zwar kein Psychologe. Aber vielleicht ist was dran. Wie die Säuglinge. Das gilt auch für diverse Wichtigtuer aus allerlei Branchen: zum Beispiel, wenn man Probleme mit dem Handy oder Festnetz hat. Oder man will jemanden bei Google, Facebook etc. erreichen oder möchte mit einem Redakteur oder Verleger sprechen, um die eigene Meinung (oder den eigenen Text) zu vermitteln. Mal landet man bei einer Wichtigtuerin mal wird man behandelt wie Luft.
Wichtigtuer**Innen sind aber nicht mein Thema. Heute geht es lediglich um Verbrecher und diejenigen, die es gerne wären.
Ich hab Baschar al-Assad um ein Interview gebeten, weil ich neugierig war, wie ein Verbrecher seines Kalibers nachts schlafen kann.
Wahrscheinlich hätte er gekontert: „Verbrechen? Welches Verbrechen? Im Gegenteil. Ich habe mir eine große Verantwortung aufgebürdet: meine Heimat vor den wahren Verbrechern und Fanatikern zu retten!“
Ja, das hätte er entgegnen können. Das hätte er entgegnen müssen, und wahrscheinlich deshalb schläft er so gut.
Auch andere dieser Sorte würde ich gern interviewen. Zum Beispiel die Narcotraficantes, die neulich in Nordmexiko ein Autokorso (drei Wagen) voll mit Frauen und Kindern angegriffen hatten. Ihre Opfer waren Mitglieder einer mormonischen Sekte, die sich vor Generationen nach Mexiko abgesetzt hatten, weil sie noch an der Vielehe glauben. Vielehe bedeutet, dass ein Mann mehrere Frauen haben darf…nicht umgekehrt. Sorry girls.
Ja, diese Narcotraficantes haben aus reinem Blutgelüst gemordet. Ein paar Kinder konnten sich verstecken oder haben sich schnell – und instinktiv – aus dem Staub gemacht.
Wäre wirklich interessant zu wissen – in einem Interview, meine ich – was diese Mörder dabei dachten und ob auch sie, nach so einem grausamen Verbrechen nachts noch ruhig schlafen können.
Assad kann sich als Patriot rechtfertigen, aber die Narcotraficantes?
Oder noch ein Beispiel: die zwei Banditen, über die ich neulich in einem Bericht aus dem Zweiten Weltkrieg (inzwischen liegt dieser Krieg weit in der Vergangenheit zurück) gelesen habe. Zwei Frauen, eine Mutter und ihre erwachsene Tochter, sind auf der Flucht und gehen durch einen Wald im besetzten Polen. In der Ferne erblicken sie zwei Männer mit Stöcken. Nein, ausnahmsweise keine Deutsche, und nein: hier folgt keine Horrorvergewaltigung. Die zwei Männer treten an die Frauen heran, den Blick auf die rechte Hand der älteren Frau, die eine Tasche trägt, fixiert.
Nun drischt einer (oder waren es beide?) mit Stock solange gegen die Hand, bzw. das Handgelenk der älteren Frau, bis sie ihre Tasche fallen lässt. Seelenruhig schnappen die Unholden die Tasche und entfernen sich wieder.
Wäre interessant gewesen, die Banditen zu interviewen, sie zu fragen, ob sie mit dem Inhalt der Tasche (ich glaube es waren Lebensmittel) zufrieden waren. Oder ob sie gut schlafen.
Vielleicht hätten sie geantwortet: „Was weißt Du? Es war Krieg. Wir hatten Hunger! Was hättest Du an unserer Stelle getan?“
Warum mich heute ausgerechnet dieses Thema beschäftigt, verstehe ich selber nicht. Wahrscheinlich lese ich zu viel Internetnachrichten.
„Was, Herr Sprachbloggeur? Kein Wort heute über Sprache?“ fragt ein Leser.
„Schon“, antworte ich. Heute ging es um die Metasprache. Man redet sie sstets, wenn einem die Worte fehlen.“
Nächste Woche Triviales.
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