Haben Sie Probleme? Keine Sorge. Hilfe ist unterwegs.
Das weiß ich, weil ich täglich die Überschiften im Spiegel-Online (auch „SPON“ genannt) lese. Heute, zum Beispiel hieß es: „Diese Maschine wird unser Leben ändern“.
Hmm, hab ich gedacht. Um welche Maschine wird es wohl handeln? Nein, nicht die Waschmaschine (die unser Leben tatsächlich geändert hat), auch nicht der Rasenmäher oder der Toaster. Nein, es ging um den… Quantencomputer! Schönes Wort. Scheint wohl mit der Quantenmechanik (s. Max Planck) und dem Computer zu tun. Er soll jedenfalls, so SPON „Millionen Mal schneller als moderne Schnellrechner“ rechnen. Und er könne „die großen Probleme der Menschheit“ lösen. Das alles habe ich im Vorspann gelesen.
Was mich natürlich neugierig gemacht hat. Aber dann…
Ja, dann stellte ich fest, dass ich, um noch mehr über das Thema zu erfahren, eins von zwei Dingen erst tun müsste: entweder da wo „mehr“ steht, klicken, was wiederum zu einem Bezahlportal führt, wo man sich registrieren lässt und – wenn ich mich richtig entsinne – für 49 Cents den Artikel lesen darf, oder die neue Spiegel-Printausgabe kaufen. Da erscheint der Artikel nämlich in gedruckter Form.
Es gäbe freilich andere Lösungen, um an erwähnte spannende Information zu gelangen. Man geht, z.B., in die nächste Stadtbücherei. Hat man Glück, liegt die gesuchte Ausgabe des Spiegels vor. Das erfordert natürlich etwas mehr Zeit. Oder man googelt den Begriff „Quantencomputer“ und hofft, auf andere Webseiten zu stoßen, die – kostenlos – über das gleiche Thema berichten.
Aber Vorsicht: Es gibt nix für nix. War aber schon immer so. Würde man einfach auf gut Glück googeln, könnte man auf einer Seite landen, die darauf besteht, „Cookies“ (allmählich mag ich dieses verharmlosende Wort nicht) auf Ihren Rechner zu platzieren, damit Werbetreiber Ihren Weg durch das WehWehWeh mitverfolgen dürfen, um Informationen über Ihre Gewohnheiten etc. einzusammeln. Die Menge an Privatinfos, die sich so aufklauben lässt, ist riesig. Hätte früher das Herz zahlloser Schlapphüte höher schlagen lassen.
„Alles kostenlos heute. Das kann nicht gut gehen“, sagt meine Frau. „Man soll ruhig für Dienstleistungen bezahlen.“
Ja, hat sie recht. Aber demnach müsste man eigentlich für den Besuch bei jedem „Dienstleister“ im Web ein Obolus hinwerfen. Würde auch für diese Seite gelten. (Keine Sorge, liebe Leser. Der SB bleibt kostenlos. Nur so fühl ich mich frei, alles zu sagen, wozu ich Lust und Laune habe).
Stellen Sie sich vor: Eine ganze Generation wird bald heranwachsen, ohne zu wissen, wie es früher war. Ich meine: dass man in einen Zeitungsladen (bzw. einen Kiosk) ging und dies oder jenes Blatt kaufte. Ja, so war es in der Analogwelt. Jedes Blatt hatte sein Publikum…oder nicht.
Spiegel ist marktführend im Nachrichteninternet. Er hat sich ein schlaues Geschäftsmodell ausgedacht. Wer will, bekommt eine kostenlose Dienstleistung. Wer mehr will, muss durch das Bezahlportal durch. Doch auch die nichtzahlenden Besucher verhelfen der Zeitschrift zu einem Gewinn. Denn ohne Abschalten des Werbeblockers darf man den SPON nicht lesen. Willigt man ein, so landet man prompt in einem See von Inseraten.
Wie bin ich denn auf dieses Thema gekommen? Eigentlich wollte ich vom Quantencomputer erzählen. Dem SPON zufolge stehen wir nämlich vor einer „technischen Revolution“. Man liest so was, und zack! wird man neugierig.
Doch jetzt habe ich keine Zeit mehr. Falls Sie mehr über dieses Thema wissen möchten, wenden Sie sich bitte an den SPON, oder fragen Sie Onkel Google (manche sagen der Gleichberechtigung zuliebe „Tante Google“). Er oder sie hilft gern weiter.
Ich jedenfalls lass mich überraschen. Wäre nett sämtliche Probleme lösen zu können, nur weil man schnell rechnen kann.
He Zé! Klar, dass sie nein sagen. Du hast eine „Hybride“ geschrieben. Die Verlage sind wirklich überfordert, wenn sie außerstande sind, zwischen Reisebericht und Roman zu unterscheiden. Hat wohl etwas mit Marketing zu tun. Man will halt alles schön nach Kategorie einordnen können. Als es früher noch keine Vegetarier bzw. Veganer gab, hätte man gesagt, „Was Sie geschrieben haben, ist weder Fisch noch Fleisch“. Ich verstehe diese Angst vor der „Hybride“ aber nicht. Ist momentan in den USA der letzte Schrei. Wahrscheinlich hätten die dt. Verlage auch Cervantes und Grimmelshausen abgelehnt. Mein „Wie ich die deutsche Sprache eroberte“ wird auch als „Hybride“ verteufelt, da eine Mischung aus Roman und Sprachlehre. Eine Agentin meinte noch dazu – deutlich naserupfend: „Man merkt, dass der Autor Ausländer ist.“
Uppps! War ich gerade die ganze Zeit auf Sendung? Habe glatt nicht gemerkt, und nun wurde dieses Fragment eines privaten Gesprächs öffentlich. Verzeihung, liebe Lesende des Sprachbloggeurs. Ich war grad eben dabei, mich mit Zé do Rock zu unterhalten und hab nicht rechtzeitig umgeschaltet. Was Sie vernommen haben, war eigentlich nicht als Teil dieser Glosse gemeint.
Aber es ist passiert, und da mein Gesprächspartner noch da ist, darf ich vorstellen: Zé do Rock…meine Leser; liebe Leser… Zé do Rock.
Zé do Rock: ba ba.
Zé do Rock endet seine Mails an mich stets mit „ba ba“. Ganz ehrlich weiß ich nicht, was das bedeutet, bilde mir aber ein, dass es eine Abwandlung von „bye bye“ ist. Oder vielleicht wiederum nicht. Im Übrigen weiß ich nicht, wie er „Zé“ ausspricht. Wie das „ze“ in „Zebra“ oder das „s“ in „Salbei“? Muss ihn mal fragen.
Zé und ich haben jedenfalls einiges gemeinsam und einiges nicht gemeinsam.
Zu den Gemeinsamkeiten: 1.) Wir sind beide langjährige Migrantler in Deutschland. 2.) Wir wohnen beide in München, Schwabing (obwohl er mittlerweile nur noch seine Datscha in München hat). 3.) Mein Zahnarzt (bei dem ich heute war) hat seine Praxis auf derselben Straße, wo Zé wohnt. Sein Zahnarzt hingegen hat seine Praxis auf der Fortsetzung meiner Straße. 4.) Und schließlich: Wir sind beide Schriftsteller, für die Deutsch eigentlich eine Fremdsprache ist.
Nun zu den Unterschieden: 1.) Ich bin gebürtiger Amerikaner mit englischer Muttersprache. Zé stammt aus Brasilien, also mit Muttersprache Portugiesisch. Aber halt! Zé bezeichnet Portugiesisch zwar als Muttersprache, er stamme aber – zumindest teilweise – von deutschen Vorfahren. In Brasilien kam er auch in näherem Kontakt mit dem heimischen dt. Dialekt „Catarinisch“, was offenbar auf eine altertümliche Art Deutsch basiert ist – wie wohl das Amische in Pennsylvania.
Ääämm…d.h., wenn es Catarinisch überhaupt gibt. Ich habe den Begriff nämlich gegoogelt und bin ausschließlich auf Seiten gestoßen, wo Zé selbst darüber berichtet. Ich geh aber davon aus, dass er diese Sprache nicht erfunden hat.
2.) Zé hat eine eigene Orthographie fürs Deutsch aus dem Boden gestampft und nennt sie „ultradoitsch“. Seine bereits erschienenen Bücher wurden nach dieser Art geschrieben. Ich empfehle Ihnen, die Bücher zu googeln. Sie werden schnell fündig. Er schreibt übrigens s e h r witzig…und mit Tiefgang. Zé ist freilich nicht der erste, der sich eine eigene Orthographie ausgedacht hat. So was war wohl früher gang und gebe. Ich bin überzeugt, dass Grimmelshausen ganz ohne spellcheck gedichtet hat. Hier jedenfalls ein Beispiel des ultradoitsch:
„Der mensch mag halt spilen. Ich find auch, di lerer konzentriren sich zu oft auf di gramatik, statt auf das sprechen. In 3 wochen Russland hab ich vil mer russisch gelernt als in eim jar russisch-kurs. Ich hab grammatisch alles falsch gesagt, aber ich konnte immerhin geschichten und witze erzälen, was ich ni könnte, nach dem kurs. Nach dem kurs konnt ich dekliniren, konjugiren aber mein wortschatz begrenzte sich vileicht auf 20 wörter, di hälfte davon völlig unwichtige wörter, wi sessel, apfelbaum und gazelle.“
Nebenbei: Guter Tipp fürs Sprachenlernen.
3.) Anders als Zé halte ich mich streng an der dt. Orthographie, preise sogar ihre Klarheit und Logik. Das „Groß- und Kleinschreiben befriedigt mein Bedürfnis nach Ordnung“, hab ich Zé erklärt.
Seine Antwort: „Man könNte auCh dEn zweIten Buchstaben beI dEn Artikeln grosZ schreIben, beI Präpositionen dEn driTten, beI Adjektiven dEn vieRten, beI Adverbien dEn fünFten, beI Verben dEn secHsten Buchstaben, vorauSgesetzt natüRlich, dAs Wort ist lanG genuG... dann wüsstE man immeR, um welche graMmatikalischen Klasse es sich geraDe handeLt...“
Sie sehen: zwei Früchte des Schriftstellerbaums. Das Schöne an diesem Baum: Jede Frucht schmeckt anders.
Gell, Zé. Hmm. Er scheint nicht mehr da zu sein. Aber warten Sie: Er hat einen Zettel hinterlassen. Hmm. Darauf steht – was sonst? – „ba ba“.
He Zé! Klar, dass sie nein sagen. Du hast eine „Hybride“ geschrieben. Die Verlage sind wirklich überfordert, wenn sie außerstande sind, zwischen Reisebericht und Roman zu unterscheiden. Hat wohl etwas mit Marketing zu tun. Man will halt alles schön nach Kategorie einordnen können. Als es früher noch keine Vegetarier bzw. Veganer gab, hätte man gesagt, „Was Sie geschrieben haben, ist weder Fisch noch Fleisch“. Ich verstehe diese Angst vor der „Hybride“ aber nicht. Ist momentan in den USA der letzte Schrei. Wahrscheinlich hätten die dt. Verlage auch Cervantes und Grimmelshausen abgelehnt. Mein „Wie ich die deutsche Sprache eroberte“ wird auch als „Hybride“ verteufelt, da eine Mischung aus Roman und Sprachlehre. Eine Agentin meinte noch dazu – deutlich naserupfend: „Man merkt, dass der Autor Ausländer ist.“
Uppps! War ich gerade die ganze Zeit auf Sendung? Habe glatt nicht gemerkt, und nun wurde dieses Fragment eines privaten Gesprächs öffentlich. Verzeihung, liebe Lesende des Sprachbloggeurs. Ich war grad eben dabei, mich mit Zé do Rock zu unterhalten und hab nicht rechtzeitig umgeschaltet. Was Sie vernommen haben, war eigentlich nicht als Teil dieser Glosse gemeint.
Aber es ist passiert, und da mein Gesprächspartner noch da ist, darf ich vorstellen: Zé do Rock…meine Leser; liebe Leser… Zé do Rock.
Zé do Rock: ba ba.
Zé do Rock endet seine Mails an mich stets mit „ba ba“. Ganz ehrlich weiß ich nicht, was das bedeutet, bilde mir aber ein, dass es eine Abwandlung von „bye bye“ ist. Oder vielleicht wiederum nicht. Im Übrigen weiß ich nicht, wie er „Zé“ ausspricht. Wie das „ze“ in „Zebra“ oder das „s“ in „Salbei“? Muss ihn mal fragen.
Zé und ich haben jedenfalls einiges gemeinsam und einiges nicht gemeinsam.
Zu den Gemeinsamkeiten: 1.) Wir sind beide langjährige Migrantler in Deutschland. 2.) Wir wohnen beide in München, Schwabing (obwohl er mittlerweile nur noch seine Datscha in München hat). 3.) Mein Zahnarzt (bei dem ich heute war) hat seine Praxis auf derselben Straße, wo Zé wohnt. Sein Zahnarzt hingegen hat seine Praxis auf der Fortsetzung meiner Straße. 4.) Und schließlich: Wir sind beide Schriftsteller, für die Deutsch eigentlich eine Fremdsprache ist.
Nun zu den Unterschieden: 1.) Ich bin gebürtiger Amerikaner mit englischer Muttersprache. Zé stammt aus Brasilien, also mit Muttersprache Portugiesisch. Aber halt! Zé bezeichnet Portugiesisch zwar als Muttersprache, er stamme aber – zumindest teilweise – von deutschen Vorfahren. In Brasilien kam er auch in näherem Kontakt mit dem heimischen dt. Dialekt „Catarinisch“, was offenbar auf eine altertümliche Art Deutsch basiert ist – wie wohl das Amische in Pennsylvania.
Ääämm…d.h., wenn es Catarinisch überhaupt gibt. Ich habe den Begriff nämlich gegoogelt und bin ausschließlich auf Seiten gestoßen, wo Zé selbst darüber berichtet. Ich geh aber davon aus, dass er diese Sprache nicht erfunden hat.
2.) Zé hat eine eigene Orthographie fürs Deutsch aus dem Boden gestampft und nennt sie „ultradoitsch“. Seine bereits erschienenen Bücher wurden nach dieser Art geschrieben. Ich empfehle Ihnen, die Bücher zu googeln. Sie werden schnell fündig. Er schreibt übrigens s e h r witzig…und mit Tiefgang. Zé ist freilich nicht der erste, der sich eine eigene Orthographie ausgedacht hat. So was war wohl früher gang und gebe. Ich bin überzeugt, dass Grimmelshausen ganz ohne spellcheck gedichtet hat. Hier jedenfalls ein Beispiel des ultradoitsch:
„Der mensch mag halt spilen. Ich find auch, di lerer konzentriren sich zu oft auf di gramatik, statt auf das sprechen. In 3 wochen Russland hab ich vil mer russisch gelernt als in eim jar russisch-kurs. Ich hab grammatisch alles falsch gesagt, aber ich konnte immerhin geschichten und witze erzälen, was ich ni könnte, nach dem kurs. Nach dem kurs konnt ich dekliniren, konjugiren aber mein wortschatz begrenzte sich vileicht auf 20 wörter, di hälfte davon völlig unwichtige wörter, wi sessel, apfelbaum und gazelle.“
Nebenbei: Guter Tipp fürs Sprachenlernen.
3.) Anders als Zé halte ich mich streng an der dt. Orthographie, preise sogar ihre Klarheit und Logik. Das „Groß- und Kleinschreiben befriedigt mein Bedürfnis nach Ordnung“, hab ich Zé erklärt.
Seine Antwort: „Man könNte auCh dEn zweIten Buchstaben beI dEn Artikeln grosZ schreIben, beI Präpositionen dEn driTten, beI Adjektiven dEn vieRten, beI Adverbien dEn fünFten, beI Verben dEn secHsten Buchstaben, vorauSgesetzt natüRlich, dAs Wort ist lanG genuG... dann wüsstE man immeR, um welche graMmatikalischen Klasse es sich geraDe handeLt...“
Sie sehen: zwei Früchte des Schriftstellerbaums. Das Schöne an diesem Baum: Jede Frucht schmeckt anders.
Gell, Zé. Hmm. Er scheint nicht mehr da zu sein. Aber warten Sie: Er hat einen Zettel hinterlassen. Hmm. Darauf steht – was sonst? – „ba ba“.
Wahrscheinlich wissen es schon alle. Denn die spannendsten Nachrichtenmeldungen grassieren wie die Masern. Die Nachrichtenagenturen schielen gierig auf den Ticker, um Köstliches endlich übermittelt zu bekommen.
Ich geh davon aus, dass die – seriösen – Zeitungen bzw. Online-Portale gutes Geld ausgeben nur deshalb, um Ihnen und mir mit so einer aufregenden Story wie die folgende zu fesseln. Mehr Leser, mehr Werbung. Money money money.
Es geht um die Schlangen. Nein, diesmal nicht darum, dass sie wie die Bienen und die Schmetterlinge und die Nashörner vom Aussterben bedroht sind, sondern darum, dass jährlich 138.000 Menschen – weltweit – an Schlangenbissen sterben. Im Ernst.
Stellen Sie sich vor: Wenn es ca. acht Milliarden (oder sind es noch immer sieben?) gäbe, dann stürben eines derartig grausamen Todes nach zehn Jahren schon 1.380.000 Menschen. Nach hundert Jahren wären es 13.800.000 usw. Die Zeit ist geduldig. Langfristig sieht es für uns Menschen nicht gut aus.
Noch schlimmer: Man darf die windigen Biester nicht mehr einfach totmachen. Denn sie sind wohl vorteilhaft für die Natur (außer in den US-Bundesstaat Florida, wo die Würgeschlangen nicht heimisch sind und sich wie die Ratten vermehren, wobei sie auch Bello und Fluffi mit großem Appetit ver-schling-en).
Nebenbei: Falls Sie sich eingebildet haben, dass es Schlangen gibt wie den Sand am Meer…sorry, es ist nicht so. Deshalb muss man das mit den Schlangenbissen irgendwie hinnehmen.
Außerdem: Das mit dem Sand am Meer ist auch ein Mythos. Fakt ist: Der Sand am Meer ist ebenso bedroht wie die Bienen, die Schmetterlinge und die Nashörner und evtl. die Schlangen. Und zwar deshalb, weil die Menschen davon zu sehr bedient haben, um Straßen, Flughäfen, Häuser und heimliche Angriffstunnel zu konstruieren.
Das sind freilich düstere Prospekte. Doch letztendlich war ich schon immer ein kurzfristiger Pessimist und langfristiger Optimist.
Wie komme ich darauf, über Schlangen etc. zu erzählen? Eigentlich hat mich heute ein ganz anderes Thema interessiert, und zwar die Tatsache, dass die letzte Staffel von „Game of Thrones“ uns bevorsteht. Oder war sie schon? Manchmal bin ich schlecht informiert. Fest steht jedenfalls: Momentan sind die Medien voll mit Storys darüber.
Ganz ehrlich: Ich habe noch nie eine Folge dieser Serie geglotzt…keine einzige. Ich schaue überhaupt nicht fern. Ich weiß nicht einmal, worum es geht. Ich hoffe, Sie werden mich, wenn ich mich so oute, noch als Menschen ernst nehmen. Ich sehe nur ab und zu in den Medien Bilder von Menschen, die wohl Figuren aus dieser Serie sind. Sie tragen Fantasieuniforme wie aus Krieg der Sterne oder Superman-Heften. Und sie sehen toll aus: die Männer und die Frauen – als kämen sie gerade vom Fitnessstudio und darüber hinaus eine Ewige-Jugend-Tablette geschluckt haben.
Was macht der Sprachbloggeur mit seiner Zeit, fragen Sie sich vielleicht, wenn er nicht fernsieht? Ich lese zum Beispiel Bücher. Momentan sind es Kurzgeschichten von Isabela Allende, eine Sammlung mit dem Titel „Los Cuentos de Eva Luna“, die „Erzählungen von Eva Luna“. Ja, ich lese das Buch auf Spanisch, weil ich als Sprachidiot gerne in Fremdsprachen lese.
Die Story, die ich gerade angefangen habe, erzählt von Indios, die so tief im Wald leben, dass sie nie die Sonne oder den Himmel zu sehen bekommen – außer wenn ein Baum kaputtgeht und von allein umfällt.
Im Wald leben auch Schlangen, giftige Schlangen. Doch die Indios meckern nicht deshalb. Gefährlich für diese Indios sind lediglich die Menschen, die in den Wald drängen, um dort die Bäume abzuholzen und sonst alles kaputtzumachen.
Wäre ich ein Podcast und kein Bloggeur, dann hätten Sie gerade einige „Sound bites“ von mir über dies und jenes gehört. Ha! He! Von den Schlangenbissen zu den „Sound bites“, den „Geräuschbissen“. Nettes Bild. Oder? Meistens aber dienen die Sound bites dem selben Zweck wie die Schlangenbisse: Eine Info-Firma will Ihre Aufmerksamkeit einfangen, damit Sie von der umliegenden Werbung sachte umlullt werden, damit Sie etwas kaufen… Denn wenn Sie etwas kaufen, geht die Welt irgendwie doch nicht unter.
Keine Ahnung, was ich damit sagen will. Heute alles nur unausgegorene Gedankenfetzen eines traumbesessenen Schriftstellerhirns.
Fünf Tage, bevor er starb, war K. nicht mehr in der Lage zu reden. Vielleicht hat der Krebs sein Hirn irgendwie aufgemischt. Er hat zwar alles verstanden – das vermute ich jedenfalls – , doch wenn er seinen Mund aufmachte, als wollte er etwas sagen, kam nur ein ausgedehntes „Aaaa“ raus. Oder war das ein „Quaaaa“? Das weiß ich nicht mehr.
Fest steht: Er klang wie eine Ente oder vielleicht eine Ziege. Wie ein Tier halt. Wenn ein Tier zu „reden“ anfängt, schafft es auch nicht viel weiter als ein „Baaa“ oder „Muuuu“ oder „Grieeeee“ oder ähnlich.
K. war eine der belesensten, denkstärksten und beredsamsten Personen, die ich je kannte. Er konnte stundenlang über vorislamische arabische Poesie, die hebräischen Psalmen, die Aeneis, Homer, Dante, Goethe, Baudelaire, Ezra Pound u.v.a.m. vortragen. Obendrein: Er hat alles in der originalen Sprache gelesen.
Ich glaube nicht, dass dieses Wissen in den letzten Tagen seines Lebens weg war. Ich denke, er war nur nicht in der Lage, Gedanken in Worte zu fassen. Alles, was er sagen wollte, wurde zum einem „Aaaa“ oder „Quaaa“.
Als ich ihn das letzte Mal am Tag vor seinem Tod besuchte, las ich ihm Lyrik vor. Er hat gebannt zugehört. Die Lesung schien ihn auch zu beruhigen.
Alles hat sein „MHD“. Frau M., Chefin vom Paradies – ja, wieder etwas über meinen Lieblingsobstundgemüseladen – hasst den Begriff „MHD“. Zu Deutsch: Mindesthaltbarkeitsdatum. Sie hasst den Begriff, weil er bedeutet, dass sie nach dem angegebenen Datum einwandfreie Waren nicht mehr verkaufen darf. Eine Absurdität – wenn es nicht gerade um verschimmelte Himbeeren, stinkenden Schinken, schrumpeligen Salat u.d.gl. handelt. Manchmal kauf ich bei ihr Joghurt oder Butter, und ich verbrauche diese lange, nachdem das MHD überschritten ist.
„Es ist ein Fluch, und das Schlimme ist: Ich verliere Geld und Zeit, weil ich so pflichtbewusst bin!“
Menschen haben kein MHD. Ich kenne zumindest keins. Es sei denn, man entschließt sich, dem eigenen Leben ein Ende zu machen, was ich für keine gute Idee halte. Oder erreicht man dieses Datum doch, wenn man, wie K., sterbenskrank wird?
Man hätte das fast meinen können, wenn man K. in den letzten Wochen seines Lebens sah. Er wirkte immer fahler, wie ein beinahe durchsichtiger Strich. Zu besten Zeiten war er leicht übergewichtig (manche sagen „wohlernährt“) und spendierte Worte, als würde er über einen unendlichen Vorrat verfügen. Verdorbene Waren halt.
Wer hätte geahnt, dass er am Schluss nur noch „Aaaa“ oder „Quaaaa“ zu sagen vermöchte. Aber wer weiß? Vielleicht waren das – zumindest für ihn – keine Urschreie. Vielleicht war er überzeugt, dass er immer noch Vernünftiges zum Ausdruck brachte. Wir werden es nie rauskriegen – oder vielleicht doch.
Als ich jung war, ich meine in den USA, lernte ich mal einen Mann kennen, einen Griechen, der einen Schlaganfall erlitten hatte. Wenn man ihn etwas fragte, konnte er lediglich „uchi“ antworten – was auf Neugriechisch „nein“ bedeutet. Manchmal sagte er auch „goddamn“ auf Englisch.
In diesem Fall, bin ich sicher, dass er dessen bewusst war, dass er nicht in der Lage war, das zu sagen was er wollte – weder auf Griechisch noch auf Englisch.
Im Fall von K. weiß ich‘s nicht. Das Hirn kann manchmal große Zaubertricks spielen. Neulich hab ich ein Interview mit einer Frau gesehen, die mal in einem Wachkoma lag. Sie war so gut wie ans Bett gefesselt, doch sie nahm alles um sich herum auf – mit Gleichmut sogar, als wäre ihre Situation ganz normal.
Nebenbei: Sind Sie sicher, dass ein babbelndes Baby wirklich nur Sinnloses redet? Ich glaube es persönlich nicht. Ich denke, ein Baby ist überzeugt, dass es an einem Gespräch teilnimmt – oder dass ein Monolog ein Gespräch ist. Jedes Baby kennt die Antwort. Fragen Sie eins halt.
Ach, es wäre so schön gewesen, wenn ich nur über unterhaltsame Belanglosigkeiten schwadronieren könnte…zum Beispiel, über Folgendes:
(Der Sprachbloggeur erreicht die Haustür seines Hauses. Ein junger Mann, wohl ein „Millenial“ – auch „Generation Y“ genannt – steht vor der Tür. Er hat bereits irgendwo geklingelt und wartet auf Einlass. Der Sprachbloggeur hat einen Schlüssel, will aufmachen.)
Millenial: Servus.
Sprachbloggeur: mmmf
(Der Sprachbloggeur öffnet die Haustür)
Sprachbloggeur: Bitte.
Millenial: Danke.
(Der Millenial fliegt die Treppe hoch, während der Sprachbloggeur den Anstieg Schritt für Schritt zurücklegt.)
Millenial: ( bereits im zweiten Stock) Hi!
Stimme da oben: Hi!
Worum geht es? Der Sprachbloggeur reagiert ungehalten, weil der Millenial zum ihm, dem Fremden, „servus“ gesagt hat, was nach Meinung des Sprachbloggeurs auf einen Mangel an Manieren hindeutet. Früher, so grantelt der SB sauertöpfisch, hätte ein junger Mann einem Älteren „grüß Gott“ gesagt – zumindest hier in Bayern. Und dann das mit dem „hi“. Aber wirklich. Schlimm genug, dass sich in Dänemark das „hej“ eingebürgert hat, aber die haben nach '68 auch das Siezen abgeschafft! So eine Dummheit…
Ach, es wäre so schön, wenn ich mich nur über solche Belanglosigkeiten aufregen könnte. Doch dann haben diese hirntoten islamischen Terroristen in Sri Lanka über 350 Menschenleben ausgelöscht. Vielleicht waren sie, bevor sie sich in die Luft gesprengt haben, höfliche junge Männer, die „grüß Gott“ und nicht „servus“ mimten (ich meine, in der eigenen Sprache)!
O je! Hab ich „islamische Terroristen“ geschrieben und nicht „islamistische“? Darf man das noch in Deutschland?
Die Überschrift in der Dienstag-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung zum Thema Sri Lanka hat sogar jegliches Beiwort zu „Terrorist“ weggelassen.
Ich weiß auch, warum. Man hat Angst, Vorurteile gegen Muslime zu schüren. Ja, echt. Man hat Angst, dass man Vorurteile schüren könnte, würde man das Wort „islamisch“ im Zusammenhang mit einem „Terroranschlag“ bringen. Im Ernst. Und wenn die Identität nicht zu kaschieren ist, dann schreibt man lieber „islamistisch“. Komisch.
Nur: Genau das Gegenteil bewirkt diese Scheue der SZ. Denn jeder witterte ohnehin gleich, wer hinter dem Massenmord gesteckt hat. Jeder hat gedacht: Hmm, bestimmt waren es muslimische Terroristen. Ein prüdes Presseorgan will die Fakten vertuschen, und zack! Die befürchteten Vorurteile werden erst recht geschürt!
Der islamische Terrorismus ist nun mal ein immenses Problem – das wissen auch beinahe alle Muslime. Fragen sie die Rückkehrer in Mosul oder Rakka, was sie vom islamischen Terror halten.
Das mit dem „islamisch“ und „islamistisch“ hab ich nie richtig verstanden. Meine Theorie: Es ist eine verspätete Wiedergutmachung angesichts der Judenverfolgung. Sorry, too late. Und die IRA: sind das radikale „Katholikisten“? Und die Ulster Freedom Fighters „Protestantisten“?
Ja, servus.
(Alles nix Neues. Muss aber immer wieder gesagt werden).
Die Nachricht hat sich wie ein Steppenbrand ausgebreitet. Ach nein! Wirklich das falsche Bild! Verdammt!
Gemeint ist der Großbrand, der die Kathedrale Notre Dame beinahe dahingerafft hat. Schon unheimlich, gell? Man weiß nicht, was man hat, bis man dabei ist, es zu verlieren.
Die Titelseite der gestrigen Süddeutschen Zeitung zeigte ein Bild vom auflodernden Kulturwahrzeichen. Unterhalb des Fotos prangte die dicke Schlagzeile: „Winterkorn attackiert Staatsanwälte“.
Wer noch Schlaf in den Äuglein hatte, der hätte natürlich meinen können, dass Herr Winterkorn, jener geschasste Bonze des VW-Imperiums, wohl aus einer inneren Rage irgendwo einen Großbrand angelegt hatte, um quasi die Staatsanwälte zu „attackieren“. Wer sich den schläfrigen Blick aufs Foto genauer warf, hätte obendrein meinen können…“hej, das sieht aus wie eine brennende Kathedrale! Wohnten die Staatsanwälte da drin?“
Vielleicht sollte ich einen Leser**Innen**brief an die Süddeutsche adressieren, um auf dieses misslungene Layout hinzuweisen.
Nein, vergebliche Liebesmühe. Die SZ veröffentlicht meine Leserbriefe ohnehin nie. Wissen Sie, warum nicht? Sie werden es kaum für möglich halten. Irgendwo in meiner Unordnung habe ich aber den Beweis. Vor vielen Jahren hatte ich einen Leserbrief (so hießen sie damals) an die SZ geschrieben und erhielt postwendend eine Antwort von der Redaktion. Ja, wirklich. Damals hat man noch Antworten an Leserbrief schickende Leser geschickt. Inhalt dieses Briefes von der SZ: Man könne meinen Leserbrief leider nicht veröffentlichen, weil ich ihn mit „P.J. Blumenthal“ unterzeichnet habe. Die SZ bestehe darauf, dass sich Leser mit vollem Namen, wie er im Pass stehe, kennzeichnen, mfg.
Da war ich sehr verblüfft, wenn nicht entsetzt und antwortete, dass ich mit „P.J. Blumenthal“ unterzeichne, weil ich „P.J. Blumenthal“ heiße; dass ich mich seit meinem elften Lebensjahr so nenne; und dass ich als Schriftsteller diesen Namen unzählige Male benutzt habe – ohne dass jemand daran zweifelte, dass dies mein Name sei. Weiter fragte ich, ob die SZ-Redaktion aus den gleichen Gründen Leserzuschriften von O.W. Fischer, E.T.A. Hoffmann und T.S. Eliot ablehnen würden.
Stellen Sie sich vor: Bald bekam ich eine Antwort von der Redaktion, in der mein Recht, mich P.J. Blumenthal zu nennen, bestätigt wurde. Leider ist auch dieser Brief nicht mehr auffindbar, weshalb ich aufgehört habe, Leser**Innen**briefe an die SZ zu senden. Viel zu kompliziert.
Eigentlich wollte ich heute noch einiges über den schrecklichen Brand in Paris schreiben. Und zwar: Kurz nachdem ich darüber erfuhr, suchte ich in den Medien nach mehr Infos. Im Nu entdeckte ich natürlich endlose Fotos und Videos von der Glut, die von der traditionsreichen Kathedrale himmelwärts emporstieg. Doch dann nahm ich eine zweite auflodernde Glut wahr: die nämlich, die – weltweit – in den Augen Chefredakteure brannte, die in dieser Katastrophe die Chance erkannten, die jeweilige Auflage und die Zahl der Klicks zu erhöhen.
Ja, das klingt zynisch, aber wie heißt es so schön? Dein Verlust, mein Gewinn.
Gestern betrat ich Paradies. Für diejenigen Leser, die vergessen haben, was ich mit diesem Wort meine: „Paradies“ ist der Name meines Nachbarschaftsobstundgemüseladens. Er bietet im Ernst einen Vorgeschmack des echten Paradieses.
Frau M., die Chefin von Paradies, und ich kamen schnell über die Ereignisse in Paris zu reden. „Irgendwie wird’s zu viel“, sagte sie. „Man hört nix anders als Paris, Notre Dame, Brand, als gäbe es keine anderen Nachrichten auf der Welt. Noch schlimmer: Die wiederholen sich ständig. Und dann das Tollste: Man hat eine Frau interviewt, die diese Brandkatastrophe mit ‚nine-eleven‘ verglich! Können Sie sich das vorstellen!? Was hat das World-Trade-Center mit dem Brand in Paris gemeinsam!? So viel Geschwätz.“
Ja, das hat Frau M. gesagt. Und eigentlich hab ich da nix hinzufügen…außer vielleicht Folgendes: Ich glaube nicht, dass Martin Winterkorn etwas mit diesem Großbrand in Paris zu tun hatte, was ich für eine gute Nachricht halte …
Ich hab mich sooo gefreut, als ich es zum ersten Mal erblickte: ein steinernes Haus an einer Isaruferstraße. Oberhalb von der Türe las ich Folgendes – im grauen Stein gemeißelt: Pissort.
Notabene liebe Lesierende**Innen. Mein Rechtschreibkorrekturprogramm scheint dieses Wort nicht zu kennen. Es steht rot unterstrichen auf dem Bildschirm. Kann es sein, dass der Grund meiner damaligen Freude bereits als Derbheitchen der Vergangenheit aus dem Wörterbuch geflogen ist?
Doch damals. Damals war es noch okay Pissort in Stein zu meißeln – als Lohnübersetzung freilich, so nehm ich jedenfalls an, fürs französische „Pissoir“. Noch heute werden diese Erleichterungsanstalten auf Französisch so genannt. Nebenbei: Mein Rechtschreibkorrekturprogramm meckert nicht, wenn ich „Pissoir“ schreibe…aber bei „Pissort“... Warum wohl?
Ja, ich habe dies damals sehr begrüßt, weil ich eine derartige Offenheit, was die körperlichen Bedürfnisse betrifft, aus meinen heimatlichen USA vermisste.
Daheim war meistens die Rede vom „bathroom“, also „Badezimmer“. Ging man ins Restaurant und musste mal, dann fragte man*Innen den/die Kellnierende**Innen**: Excuse me, where is the bathroom?“
Die Engländer hingegen bezeichneten jenes Örtchen als „toilet“ oder „WC“ (sprich: dabbel-ju-ssie).
Witz aus der Zeit: Kommt ein Amerikaner nach England und fragt, wo das bathroom sei. Antwortet der Engländer: „Why? Do you want to take a bath.“ Haha.
Dieser Witz hatte wohl Folgen. Amerikanische Reisende gaben zunehmend acht, um sich nicht als Hinterwäldler zu blamieren. Sie fragten dann lieber nach dem „restroom“, eigentlich „Ruhestube“. Keine Ahnung, wie es dazu kam, dies als Bezeichnung für „Toilette“ zu benutzen. Ruht man dort wirklich?
Oder man erkundigte sich wegen des „men’s room“ bzw. „lady’s room“. Das sagt man auch im Deutschen mit „Herren“ und „Damen“ oder auf Ungarisch „ferfi“ und „nö“. Selbst die Engländer sind gegen „Gents‘“ und „Ladies‘“ nicht geneigt.
Eine gewisse Prüderie an den Tag zu legen, ist eigentlich nix Neues, wenn es um dieses Thema geht. Aber warum? Warum? Erwarten Sie von mir bitte keine Antwort auf diese Frage. Ich weiß es selber nicht.
Selbst der Begriff „Toilette“ ist ein Euphemismus (Griechisch für „Schönrederei“) und stammt, wenn ich mich entsinne, aus dem 18. Jh. Eigentlich wies dieses Wort ursprünglich auf den Ort hin, wo sich man – in diesem Fall üblicherweise „frau“ – das Gesicht mit einem „Tüchlein“ (fr. „toilette“ ) schminkte.
Amerikaner – meistens weibliche Amerikaner - sagen noch immer „powder room“, (wörtlich, der Raum, wo man sich pudert), wenn sie WC meinen. Es heißt aber, dass sich manche Frauen dort tatsächlich die Nase pudern. Das kann ich aber aus eigener Erfahrung leider nicht bestätigen.
Vielerorts – auch in Deutschland – hat sich WC längst eingebürgert. Ein pragmatischer Begriff, denn er schildert ein mechanisches Verfahren, das verwendet wird, um Ausscheidungen verschwinden zu lassen. Im „water closet“ spült man nämlich ab. Irgendwie.
Dem Gesetz der faulen Zunge folgend, ist das dt. „Klo“, so stellt man leicht fest, der letzte Rest des aus dem Englischen verdeutschten WasserKLOsetts.
Fragt man in Spanien nach der „Toilette“, versteht jeder, was gemeint ist. Doch die Spanier sagen untereinander lieber „aseo“, was eigentlich „Sauberkeit“ bedeutet. ¿Donde está el aseo? „Wo ist die Sauberkeit? Ja, gute Frage: Wo ist die Sauberkeit? (Ich meine im Allgemeinen). Die Griechen bleiben beim fr. „Tuallett“.
Gab es mal eine Zeit, wo das Ausscheidungsverfahren nicht mit Umschreibungen behaftet war? Das muss ich noch recherchieren. Könnte man sogar daraus ein schönes Buch machen. Wie jeder weiß, sind die Verlage manchmal sehr scharf auf Scheiße.
Übrigens: Ich glaube, dass der oben erwähnte Pissort an der Isaruferstraße längst…wie sagt man? ... “renoviert“ wurde.
Ich schlage die Werbetrommel für andere äußerst selten (auch nicht für mich, obwohl mein Buch beinahe ein Jahr auf dem Markt ist!). Was folgt, darf also nicht als Werbung missdeutet werden.
Es geht um „Pinterest“. Für manche ist diese Webseite wohl ein Begriff (für mehrere Millionen in Deutschland sogar). Für mich blieb sie unbegreiflich: bis ich mich gestern auf Wikipedia darüber informiert habe. Mehrmals war ich bei „Pinterest“ geraten, als ich nach Bildern suchte. Nur die Seite hat mir jedes Mal den Zugang zu den gesuchten Bildern geweigert. Man hat mich stets aufgefordert, mich erst zu registrieren.
Auch über das Wort, „Pinterest“, habe ich manchmal gerätselt. Irgendwas hat diese Seite mit Bildern zu tun. So viel wusste ich. Von daher dachte ich zunächst ans spanische „pintado“, „gemalt“. „Gemalt“, „Bilder“…das kam mir logisch vor.
Wikipedia hat mich eines Besseren belehrt. „Nicht „pintado“, sondern das englische „pin“, „Stecknadel“, ist hier gemeint. Darauf wäre ich nie gekommen. Und weiter: „Pin“ sei eine Abkürzung von „pinboard“, also Pinwand. Und der Rest des Wortes? bzw. das „terest“? Das ist kein „terest“, erfuhr ich, sondern ein Teil der englischen Vokabel „interest“. „Pinterest“ ist also ein sog. „portmanteau“, zu Deutsch „Kofferwort“. So bezeichnet man Neologismen, die aus zwei Wörtern konstruiert werden, zum Beispiel „Brunch“ (breakfast und lunch), „Denglisch“ (deutsch/englisch), „smog“ (smoke und fog), Teuro (teuer und Euro), Bollywood etc.
In diesem Fall werden „pin“ und „interest“ zusammengelegt. Wäre die Seite eine dt. Erfindung, hätte man es vielleicht „Pinteresse“ genannt. Wie dem auch sei. Zwei Begriffe, „Pinboard“ und „Interest“, sind also die thematischen Grundideen. Ganz ehrlich: Ich wäre nie draufgekommen, obwohl ich Englischmuttersprachler bin.
Und was verspricht eine Interessenpinwand? Keine Ahnung. Sorry.
Im Übrigen habe ich das Wort wahrscheinlich seit jeher falsch ausgesprochen. Immer sagte ich „pin-ter-rest“, was vielleicht einer dt. Aussprache entspräche. Auf Englisch müsste es „pintrest“ heißen.
Wie gesagt: Immer wieder stoße ich, wenn ich nach Bildern suche, auf „Pinteresse“. Zum Beispiel neulich, als ich über südasiatische Zeremonialstäbe recherchieren wollte. Fragen Sie bitte nicht, warum. Der diesbezügliche Ertrag an Bildern im WehWehWeh erwies sich schnell als recht mager. Nur „Pinteresse“ behauptete, im Besitz Mengen von solchen Bildern zu sein. Allerdings: Ohne vorherige Anmeldung, keinen Zugang zu den gewünschten Bildern. Doch das wollte ich nicht. Jetzt muss ich davon ausgehen, dass ich in meinem Leben nie die Bilder finden werde, wonach ich gesucht habe.
Nebenbei: Ähnliches ist mir mal bei „Quora“ passiert. Damals hatte ich nach der Antwort zu irgendeiner belanglosen Frage gesucht. „Quora“ hat Abhilfe versprochen…wenn ich mich anmelde. Das tat ich auch und bereute meine Eilfertigkeit sogleich. Denn die Antwort auf meine Frage erwies sich als oberflächlich und nutzlos. Das war mein letzter Besuch bei „Quora“. Dennoch bekomme bis heute Mails von dieser Seite. Ich würde mich gern abmelden, doch leider hab ich sowohl meinen Benutzernamen wie auch mein Passwort vergessen. Ich werde also in aller Ewigkeit eine Karteikartenleiche bei „Quora“ bleiben.
Diesen Fehler werde ich ja nicht bei „Pinteresse“ machen. Ohnehin weiß ich noch immer nicht, worum es bei diesem „Sozialmediendienstleister“ geht. Interessenpinwand? Wie bitte?
Immerhin hat „Pinteresse“ weltweit ca. 150 mio Benutzer oder Mitglieder oder Friends, wie immer sie heißen. Das sind noch mehr Besucher als beim Sprachbloggeur. Und meine Zahlen sind auch nicht von Pappe.
Aber genug von „Pinteresse“ und Co. Dieses Thema bringt weder mich noch Sie weiter. Mein Rat: Behalten Sie die Übersicht. Alles was nix kostet, kostet viel.
Ich kann nicht erwarten, dass Sie mich ernst nehmen, wenn ich mich für ein derart arkanes Thema wie die Sprache des Jenseits entscheide. Manche werden gleich zu lesen aufhören. Sie werden meinen: Meine Zeit ist mir zu kostbar. Das ist alles für die Katz…
Hmm. Ob sich Katzen für dieses Thema Interessierten? Da müsste ich die liebe C. und den lieben G. fragen. Über Katzen wissen sie viel besser Bescheid als ich.
Sich Gedanken über die Sprache des Jenseits zu machen, ist aber nicht so abwegig, wie Sie vielleicht meinen, liebe Materialisten, liebe An-Nix-Glaubende. Denn dieses Thema hat durchaus auch Bezüge zum Here and Now. Echt. Immerhin hat der amer. Sprachwissenschaftler Noam Chomsky vor 60 Jahren einen wichtigen Beitrag zu solchen Spekulationen geleistet.
Und zwar hat er damals über die sog. „Tiefengrammatik“ – genannt: „Transformationsgrammatik“ – publiziert. Mit „Transformationsgrammatik“ meinte er, dass jeder Mensch mit der Gabe geboren wird, Sprachelemente grammatikalisch zu organisieren. Die jeweilige Sprache dieses Organisationsprozesses sei egal. Es geht darum, dass ein Säugling innerhalb ein paar Jahren in der Lage ist, irgendeine Elternsprache (haha – im Namen der Gleichberechtigung haben wir „Muttersprache“ gestrichen) zu verinnerlichen.
Szeretem a házamat, sagt das ungarische Kleinkind. Ich liebe mein Haus. Zu beachten: ház = Haus; házam = mein Haus; házamat = mein Haus im Akkusativ. Auch zu beachten: szeretem = „ich liebe“, wenn ein Nomen wie oben – mit Artikel versehen – im Akkusativ folgt. Szeretek = „ich liebe“ wenn kein Artikel folgt. Szertek almakat = ich liebe Äpfel (alma = „Apfel“, almak „Äpfel“, almakat „Äpfel“ im Akkusativ). Alles klar?
Das weiß jedes ungar. Kleinkind, so wie Sie, liebe Deutsche, bereits im zarten Alter zwischen „das gute Tier“ und „ein gutes Tier“ zu unterscheiden lernten.
Die Fähigkeit all dies zu kapieren schulden wir eben jene Tiefengrammatik, mit der wir – Chomsky zufolge – auf die Welt kommen. Kinder unterscheiden mühelos zwischen Verb, Nomen, etc., und sie beherrschen nach kurzer Zeit alle anderen Feinheiten.
Ein bekannter Sprachforscher – zum Glück hab ich seinen Namen vergessen – stellte einst die Theorie, dass alle Sprachen aus einer einzigen Ursprache entwachsen sind. Muss nicht sein, aber das hat er gemeint.
Mir klingt seine Theorie beinahe wie der Babelmythos. Upps! Da sind wir bereits kurz vorm Jenseits. Ich meine wegen Bibel…Religion…Tod…usw.
Doch keine Sorge. Ich schreibe hier kein metaphysisches Werk, sondern lediglich eine äußerst komprimierte sprachwissenschaftliche Studie zum Thema „Tiefengrammatik“. Heute hat man ohnehin kaum Zeit für anderes als Kurzfassungen.
Fassen wir also zusammen: Bisher haben wir bewiesen, dass alle Menschen mit der Gabe zur organisierten Sprache (sprich Grammatik) auf die Welt kommen. Soweit so gut. Nur… woher haben wir diese Gabe?
Und jetzt wird’s heikel. Hier meine kontroverse Theorie: Alle Menschen spekulieren gern über ein Leben nach dem Tod. Aber wieso soll es so etwas geben? Was man aber doch konkret weiß: Das Leben beginnt mit der Geburt – genauer gesagt, im Elternleib bzw. im Gebäreltern, wo man bereits mit der Tiefengrammatik bestückt ist.
Meiner Meinung nach ist das Neugeborene Kind schon so gut ausgerüstet, weil es bereits irgendwo war, wo man eine Sprache namens „Tiefengrammatik“ redete, und alle haben sie verstanden. So was könnte man ein Leben vor der Geburt nennen…so, als würde man die Fähigkeit mitbringen, jede Sprache im Nu zu meistern! Ein Leben vor der Geburt klingt ohnehin vernünftiger als eins nach dem Tod.
Mehr habe ich über dieses Thema nicht zu sagen. Sie kennen sich vielleicht sowieso besser aus als ich mich.
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