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„Islamische“ oder „islamistische“ Terroristen? (Achtung Nazis –hier sind Sie falsch)

Ach, es wäre so schön gewesen, wenn ich nur über unterhaltsame Belanglosigkeiten schwadronieren könnte…zum Beispiel, über Folgendes:

(Der Sprachbloggeur erreicht die Haustür seines Hauses. Ein junger Mann, wohl ein „Millenial“ – auch „Generation Y“ genannt – steht vor der Tür. Er hat bereits irgendwo geklingelt und wartet auf Einlass. Der Sprachbloggeur hat einen Schlüssel, will aufmachen.)

Millenial: Servus.

Sprachbloggeur: mmmf

(Der Sprachbloggeur öffnet die Haustür)

Sprachbloggeur: Bitte.

Millenial: Danke.

(Der Millenial fliegt die Treppe hoch, während der Sprachbloggeur den Anstieg Schritt für Schritt zurücklegt.)

Millenial: ( bereits im zweiten Stock) Hi!

Stimme da oben: Hi!

Worum geht es? Der Sprachbloggeur reagiert ungehalten, weil der Millenial zum ihm, dem Fremden, „servus“ gesagt hat, was nach Meinung des Sprachbloggeurs auf einen Mangel an Manieren hindeutet. Früher, so grantelt der SB sauertöpfisch, hätte ein junger Mann einem Älteren „grüß Gott“ gesagt – zumindest hier in Bayern. Und dann das mit dem „hi“. Aber wirklich. Schlimm genug, dass sich in Dänemark das „hej“ eingebürgert hat, aber die haben nach '68 auch das Siezen abgeschafft! So eine Dummheit…

Ach, es wäre so schön, wenn ich mich nur über solche Belanglosigkeiten aufregen könnte. Doch dann haben diese hirntoten islamischen Terroristen in Sri Lanka über 350 Menschenleben ausgelöscht. Vielleicht waren sie, bevor sie sich in die Luft gesprengt haben, höfliche junge Männer, die „grüß Gott“ und nicht „servus“ mimten (ich meine, in der eigenen Sprache)!

O je! Hab ich „islamische Terroristen“ geschrieben und nicht „islamistische“? Darf man das noch in Deutschland?

Die Überschrift in der Dienstag-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung zum Thema Sri Lanka hat sogar jegliches Beiwort zu „Terrorist“ weggelassen.

Ich weiß auch, warum. Man hat Angst, Vorurteile gegen Muslime zu schüren. Ja, echt. Man hat Angst, dass man Vorurteile schüren könnte, würde man das Wort „islamisch“ im Zusammenhang mit einem „Terroranschlag“ bringen. Im Ernst. Und wenn die Identität nicht zu kaschieren ist, dann schreibt man lieber „islamistisch“. Komisch.

Nur: Genau das Gegenteil bewirkt diese Scheue der SZ. Denn jeder witterte ohnehin gleich, wer hinter dem Massenmord gesteckt hat. Jeder hat gedacht: Hmm, bestimmt waren es muslimische Terroristen. Ein prüdes Presseorgan will die Fakten vertuschen, und zack! Die befürchteten Vorurteile werden erst recht geschürt!

Der islamische Terrorismus ist nun mal ein immenses Problem – das wissen auch beinahe alle Muslime. Fragen sie die Rückkehrer in Mosul oder Rakka, was sie vom islamischen Terror halten.

Das mit dem „islamisch“ und „islamistisch“ hab ich nie richtig verstanden. Meine Theorie: Es ist eine verspätete Wiedergutmachung angesichts der Judenverfolgung. Sorry, too late. Und die IRA: sind das radikale „Katholikisten“? Und die Ulster Freedom Fighters „Protestantisten“?

Ja, servus.

(Alles nix Neues. Muss aber immer wieder gesagt werden).

Ach ja: Schlechte Nachrichten sind ein gutes Geschäft!

Die Nachricht hat sich wie ein Steppenbrand ausgebreitet. Ach nein! Wirklich das falsche Bild! Verdammt!

Gemeint ist der Großbrand, der die Kathedrale Notre Dame beinahe dahingerafft hat. Schon unheimlich, gell? Man weiß nicht, was man hat, bis man dabei ist, es zu verlieren.

Die Titelseite der gestrigen Süddeutschen Zeitung zeigte ein Bild vom auflodernden Kulturwahrzeichen. Unterhalb des Fotos prangte die dicke Schlagzeile: „Winterkorn attackiert Staatsanwälte“.

Wer noch Schlaf in den Äuglein hatte, der hätte natürlich meinen können, dass Herr Winterkorn, jener geschasste Bonze des VW-Imperiums, wohl aus einer inneren Rage irgendwo einen Großbrand angelegt hatte, um quasi die Staatsanwälte zu „attackieren“. Wer sich den schläfrigen Blick aufs Foto genauer warf, hätte obendrein meinen können…“hej, das sieht aus wie eine brennende Kathedrale! Wohnten die Staatsanwälte da drin?“

Vielleicht sollte ich einen Leser**Innen**brief an die Süddeutsche adressieren, um auf dieses misslungene Layout hinzuweisen.

Nein, vergebliche Liebesmühe. Die SZ veröffentlicht meine Leserbriefe ohnehin nie. Wissen Sie, warum nicht? Sie werden es kaum für möglich halten. Irgendwo in meiner Unordnung habe ich aber den Beweis. Vor vielen Jahren hatte ich einen Leserbrief (so hießen sie damals) an die SZ geschrieben und erhielt postwendend eine Antwort von der Redaktion. Ja, wirklich. Damals hat man noch Antworten an Leserbrief schickende Leser geschickt. Inhalt dieses Briefes von der SZ: Man könne meinen Leserbrief leider nicht veröffentlichen, weil ich ihn mit „P.J. Blumenthal“ unterzeichnet habe. Die SZ bestehe darauf, dass sich Leser mit vollem Namen, wie er im Pass stehe, kennzeichnen, mfg.

Da war ich sehr verblüfft, wenn nicht entsetzt und antwortete, dass ich mit „P.J. Blumenthal“ unterzeichne, weil ich „P.J. Blumenthal“ heiße; dass ich mich seit meinem elften Lebensjahr so nenne; und dass ich als Schriftsteller diesen Namen unzählige Male benutzt habe – ohne dass jemand daran zweifelte, dass dies mein Name sei. Weiter fragte ich, ob die SZ-Redaktion aus den gleichen Gründen Leserzuschriften von O.W. Fischer, E.T.A. Hoffmann und T.S. Eliot ablehnen würden.

Stellen Sie sich vor: Bald bekam ich eine Antwort von der Redaktion, in der mein Recht, mich P.J. Blumenthal zu nennen, bestätigt wurde. Leider ist auch dieser Brief nicht mehr auffindbar, weshalb ich aufgehört habe, Leser**Innen**briefe an die SZ zu senden. Viel zu kompliziert.

Eigentlich wollte ich heute noch einiges über den schrecklichen Brand in Paris schreiben. Und zwar: Kurz nachdem ich darüber erfuhr, suchte ich in den Medien nach mehr Infos. Im Nu entdeckte ich natürlich endlose Fotos und Videos von der Glut, die von der traditionsreichen Kathedrale himmelwärts emporstieg. Doch dann nahm ich eine zweite auflodernde Glut wahr: die nämlich, die – weltweit – in den Augen Chefredakteure brannte, die in dieser Katastrophe die Chance erkannten, die jeweilige Auflage und die Zahl der Klicks zu erhöhen.

Ja, das klingt zynisch, aber wie heißt es so schön? Dein Verlust, mein Gewinn.
Gestern betrat ich Paradies. Für diejenigen Leser, die vergessen haben, was ich mit diesem Wort meine: „Paradies“ ist der Name meines Nachbarschaftsobstundgemüseladens. Er bietet im Ernst einen Vorgeschmack des echten Paradieses.

Frau M., die Chefin von Paradies, und ich kamen schnell über die Ereignisse in Paris zu reden. „Irgendwie wird’s zu viel“, sagte sie. „Man hört nix anders als Paris, Notre Dame, Brand, als gäbe es keine anderen Nachrichten auf der Welt. Noch schlimmer: Die wiederholen sich ständig. Und dann das Tollste: Man hat eine Frau interviewt, die diese Brandkatastrophe mit ‚nine-eleven‘ verglich! Können Sie sich das vorstellen!? Was hat das World-Trade-Center mit dem Brand in Paris gemeinsam!? So viel Geschwätz.“

Ja, das hat Frau M. gesagt. Und eigentlich hab ich da nix hinzufügen…außer vielleicht Folgendes: Ich glaube nicht, dass Martin Winterkorn etwas mit diesem Großbrand in Paris zu tun hatte, was ich für eine gute Nachricht halte …

Orte der derben körperlichen Bedürfnisse

Ich hab mich sooo gefreut, als ich es zum ersten Mal erblickte: ein steinernes Haus an einer Isaruferstraße. Oberhalb von der Türe las ich Folgendes – im grauen Stein gemeißelt: Pissort.

Notabene liebe Lesierende**Innen. Mein Rechtschreibkorrekturprogramm scheint dieses Wort nicht zu kennen. Es steht rot unterstrichen auf dem Bildschirm. Kann es sein, dass der Grund meiner damaligen Freude bereits als Derbheitchen der Vergangenheit aus dem Wörterbuch geflogen ist?

Doch damals. Damals war es noch okay Pissort in Stein zu meißeln – als Lohnübersetzung freilich, so nehm ich jedenfalls an, fürs französische „Pissoir“. Noch heute werden diese Erleichterungsanstalten auf Französisch so genannt. Nebenbei: Mein Rechtschreibkorrekturprogramm meckert nicht, wenn ich „Pissoir“ schreibe…aber bei „Pissort“... Warum wohl?

Ja, ich habe dies damals sehr begrüßt, weil ich eine derartige Offenheit, was die körperlichen Bedürfnisse betrifft, aus meinen heimatlichen USA vermisste.

Daheim war meistens die Rede vom „bathroom“, also „Badezimmer“. Ging man ins Restaurant und musste mal, dann fragte man*Innen den/die Kellnierende**Innen**: Excuse me, where is the bathroom?“

Die Engländer hingegen bezeichneten jenes Örtchen als „toilet“ oder „WC“ (sprich: dabbel-ju-ssie).

Witz aus der Zeit: Kommt ein Amerikaner nach England und fragt, wo das bathroom sei. Antwortet der Engländer: „Why? Do you want to take a bath.“ Haha.

Dieser Witz hatte wohl Folgen. Amerikanische Reisende gaben zunehmend acht, um sich nicht als Hinterwäldler zu blamieren. Sie fragten dann lieber nach dem „restroom“, eigentlich „Ruhestube“. Keine Ahnung, wie es dazu kam, dies als Bezeichnung für „Toilette“ zu benutzen. Ruht man dort wirklich?

Oder man erkundigte sich wegen des „men’s room“ bzw. „lady’s room“. Das sagt man auch im Deutschen mit „Herren“ und „Damen“ oder auf Ungarisch „ferfi“ und „nö“. Selbst die Engländer sind gegen „Gents‘“ und „Ladies‘“ nicht geneigt.

Eine gewisse Prüderie an den Tag zu legen, ist eigentlich nix Neues, wenn es um dieses Thema geht. Aber warum? Warum? Erwarten Sie von mir bitte keine Antwort auf diese Frage. Ich weiß es selber nicht.

Selbst der Begriff „Toilette“ ist ein Euphemismus (Griechisch für „Schönrederei“) und stammt, wenn ich mich entsinne, aus dem 18. Jh. Eigentlich wies dieses Wort ursprünglich auf den Ort hin, wo sich man – in diesem Fall üblicherweise „frau“ – das Gesicht mit einem „Tüchlein“ (fr. „toilette“ ) schminkte.

Amerikaner – meistens weibliche Amerikaner - sagen noch immer „powder room“, (wörtlich, der Raum, wo man sich pudert), wenn sie WC meinen. Es heißt aber, dass sich manche Frauen dort tatsächlich die Nase pudern. Das kann ich aber aus eigener Erfahrung leider nicht bestätigen.

Vielerorts – auch in Deutschland – hat sich WC längst eingebürgert. Ein pragmatischer Begriff, denn er schildert ein mechanisches Verfahren, das verwendet wird, um Ausscheidungen verschwinden zu lassen. Im „water closet“ spült man nämlich ab. Irgendwie.

Dem Gesetz der faulen Zunge folgend, ist das dt. „Klo“, so stellt man leicht fest, der letzte Rest des aus dem Englischen verdeutschten WasserKLOsetts.
Fragt man in Spanien nach der „Toilette“, versteht jeder, was gemeint ist. Doch die Spanier sagen untereinander lieber „aseo“, was eigentlich „Sauberkeit“ bedeutet. ¿Donde está el aseo? „Wo ist die Sauberkeit? Ja, gute Frage: Wo ist die Sauberkeit? (Ich meine im Allgemeinen). Die Griechen bleiben beim fr. „Tuallett“.

Gab es mal eine Zeit, wo das Ausscheidungsverfahren nicht mit Umschreibungen behaftet war? Das muss ich noch recherchieren. Könnte man sogar daraus ein schönes Buch machen. Wie jeder weiß, sind die Verlage manchmal sehr scharf auf Scheiße.

Übrigens: Ich glaube, dass der oben erwähnte Pissort an der Isaruferstraße längst…wie sagt man? ... “renoviert“ wurde.

Was bedeutet „Pinteresse“?

Ich schlage die Werbetrommel für andere äußerst selten (auch nicht für mich, obwohl mein Buch beinahe ein Jahr auf dem Markt ist!). Was folgt, darf also nicht als Werbung missdeutet werden.

Es geht um „Pinterest“. Für manche ist diese Webseite wohl ein Begriff (für mehrere Millionen in Deutschland sogar). Für mich blieb sie unbegreiflich: bis ich mich gestern auf Wikipedia darüber informiert habe. Mehrmals war ich bei „Pinterest“ geraten, als ich nach Bildern suchte. Nur die Seite hat mir jedes Mal den Zugang zu den gesuchten Bildern geweigert. Man hat mich stets aufgefordert, mich erst zu registrieren.

Auch über das Wort, „Pinterest“, habe ich manchmal gerätselt. Irgendwas hat diese Seite mit Bildern zu tun. So viel wusste ich. Von daher dachte ich zunächst ans spanische „pintado“, „gemalt“. „Gemalt“, „Bilder“…das kam mir logisch vor.

Wikipedia hat mich eines Besseren belehrt. „Nicht „pintado“, sondern das englische „pin“, „Stecknadel“, ist hier gemeint. Darauf wäre ich nie gekommen. Und weiter: „Pin“ sei eine Abkürzung von „pinboard“, also Pinwand. Und der Rest des Wortes? bzw. das „terest“? Das ist kein „terest“, erfuhr ich, sondern ein Teil der englischen Vokabel „interest“. „Pinterest“ ist also ein sog. „portmanteau“, zu Deutsch „Kofferwort“. So bezeichnet man Neologismen, die aus zwei Wörtern konstruiert werden, zum Beispiel „Brunch“ (breakfast und lunch), „Denglisch“ (deutsch/englisch), „smog“ (smoke und fog), Teuro (teuer und Euro), Bollywood etc.

In diesem Fall werden „pin“ und „interest“ zusammengelegt. Wäre die Seite eine dt. Erfindung, hätte man es vielleicht „Pinteresse“ genannt. Wie dem auch sei. Zwei Begriffe, „Pinboard“ und „Interest“, sind also die thematischen Grundideen. Ganz ehrlich: Ich wäre nie draufgekommen, obwohl ich Englischmuttersprachler bin.

Und was verspricht eine Interessenpinwand? Keine Ahnung. Sorry.

Im Übrigen habe ich das Wort wahrscheinlich seit jeher falsch ausgesprochen. Immer sagte ich „pin-ter-rest“, was vielleicht einer dt. Aussprache entspräche. Auf Englisch müsste es „pintrest“ heißen.

Wie gesagt: Immer wieder stoße ich, wenn ich nach Bildern suche, auf „Pinteresse“. Zum Beispiel neulich, als ich über südasiatische Zeremonialstäbe recherchieren wollte. Fragen Sie bitte nicht, warum. Der diesbezügliche Ertrag an Bildern im WehWehWeh erwies sich schnell als recht mager. Nur „Pinteresse“ behauptete, im Besitz Mengen von solchen Bildern zu sein. Allerdings: Ohne vorherige Anmeldung, keinen Zugang zu den gewünschten Bildern. Doch das wollte ich nicht. Jetzt muss ich davon ausgehen, dass ich in meinem Leben nie die Bilder finden werde, wonach ich gesucht habe.

Nebenbei: Ähnliches ist mir mal bei „Quora“ passiert. Damals hatte ich nach der Antwort zu irgendeiner belanglosen Frage gesucht. „Quora“ hat Abhilfe versprochen…wenn ich mich anmelde. Das tat ich auch und bereute meine Eilfertigkeit sogleich. Denn die Antwort auf meine Frage erwies sich als oberflächlich und nutzlos. Das war mein letzter Besuch bei „Quora“. Dennoch bekomme bis heute Mails von dieser Seite. Ich würde mich gern abmelden, doch leider hab ich sowohl meinen Benutzernamen wie auch mein Passwort vergessen. Ich werde also in aller Ewigkeit eine Karteikartenleiche bei „Quora“ bleiben.

Diesen Fehler werde ich ja nicht bei „Pinteresse“ machen. Ohnehin weiß ich noch immer nicht, worum es bei diesem „Sozialmediendienstleister“ geht. Interessenpinwand? Wie bitte?

Immerhin hat „Pinteresse“ weltweit ca. 150 mio Benutzer oder Mitglieder oder Friends, wie immer sie heißen. Das sind noch mehr Besucher als beim Sprachbloggeur. Und meine Zahlen sind auch nicht von Pappe.

Aber genug von „Pinteresse“ und Co. Dieses Thema bringt weder mich noch Sie weiter. Mein Rat: Behalten Sie die Übersicht. Alles was nix kostet, kostet viel.

Wie spricht man im Jenseits?

Ich kann nicht erwarten, dass Sie mich ernst nehmen, wenn ich mich für ein derart arkanes Thema wie die Sprache des Jenseits entscheide. Manche werden gleich zu lesen aufhören. Sie werden meinen: Meine Zeit ist mir zu kostbar. Das ist alles für die Katz…

Hmm. Ob sich Katzen für dieses Thema Interessierten? Da müsste ich die liebe C. und den lieben G. fragen. Über Katzen wissen sie viel besser Bescheid als ich.

Sich Gedanken über die Sprache des Jenseits zu machen, ist aber nicht so abwegig, wie Sie vielleicht meinen, liebe Materialisten, liebe An-Nix-Glaubende. Denn dieses Thema hat durchaus auch Bezüge zum Here and Now. Echt. Immerhin hat der amer. Sprachwissenschaftler Noam Chomsky vor 60 Jahren einen wichtigen Beitrag zu solchen Spekulationen geleistet.

Und zwar hat er damals über die sog. „Tiefengrammatik“ – genannt: „Transformationsgrammatik“ – publiziert. Mit „Transformationsgrammatik“ meinte er, dass jeder Mensch mit der Gabe geboren wird, Sprachelemente grammatikalisch zu organisieren. Die jeweilige Sprache dieses Organisationsprozesses sei egal. Es geht darum, dass ein Säugling innerhalb ein paar Jahren in der Lage ist, irgendeine Elternsprache (haha – im Namen der Gleichberechtigung haben wir „Muttersprache“ gestrichen) zu verinnerlichen.

Szeretem a házamat, sagt das ungarische Kleinkind. Ich liebe mein Haus. Zu beachten: ház = Haus; házam = mein Haus; házamat = mein Haus im Akkusativ. Auch zu beachten: szeretem = „ich liebe“, wenn ein Nomen wie oben – mit Artikel versehen – im Akkusativ folgt. Szeretek = „ich liebe“ wenn kein Artikel folgt. Szertek almakat = ich liebe Äpfel (alma = „Apfel“, almak „Äpfel“, almakat „Äpfel“ im Akkusativ). Alles klar?

Das weiß jedes ungar. Kleinkind, so wie Sie, liebe Deutsche, bereits im zarten Alter zwischen „das gute Tier“ und „ein gutes Tier“ zu unterscheiden lernten.
Die Fähigkeit all dies zu kapieren schulden wir eben jene Tiefengrammatik, mit der wir – Chomsky zufolge – auf die Welt kommen. Kinder unterscheiden mühelos zwischen Verb, Nomen, etc., und sie beherrschen nach kurzer Zeit alle anderen Feinheiten.

Ein bekannter Sprachforscher – zum Glück hab ich seinen Namen vergessen – stellte einst die Theorie, dass alle Sprachen aus einer einzigen Ursprache entwachsen sind. Muss nicht sein, aber das hat er gemeint.

Mir klingt seine Theorie beinahe wie der Babelmythos. Upps! Da sind wir bereits kurz vorm Jenseits. Ich meine wegen Bibel…Religion…Tod…usw.

Doch keine Sorge. Ich schreibe hier kein metaphysisches Werk, sondern lediglich eine äußerst komprimierte sprachwissenschaftliche Studie zum Thema „Tiefengrammatik“. Heute hat man ohnehin kaum Zeit für anderes als Kurzfassungen.

Fassen wir also zusammen: Bisher haben wir bewiesen, dass alle Menschen mit der Gabe zur organisierten Sprache (sprich Grammatik) auf die Welt kommen. Soweit so gut. Nur… woher haben wir diese Gabe?

Und jetzt wird’s heikel. Hier meine kontroverse Theorie: Alle Menschen spekulieren gern über ein Leben nach dem Tod. Aber wieso soll es so etwas geben? Was man aber doch konkret weiß: Das Leben beginnt mit der Geburt – genauer gesagt, im Elternleib bzw. im Gebäreltern, wo man bereits mit der Tiefengrammatik bestückt ist.

Meiner Meinung nach ist das Neugeborene Kind schon so gut ausgerüstet, weil es bereits irgendwo war, wo man eine Sprache namens „Tiefengrammatik“ redete, und alle haben sie verstanden. So was könnte man ein Leben vor der Geburt nennen…so, als würde man die Fähigkeit mitbringen, jede Sprache im Nu zu meistern! Ein Leben vor der Geburt klingt ohnehin vernünftiger als eins nach dem Tod.

Mehr habe ich über dieses Thema nicht zu sagen. Sie kennen sich vielleicht sowieso besser aus als ich mich.

Was? Schon dreißig Jahre WehWehWeh?

Dreißig Jahre. So stand es in der lustigen pixelierten Ikone auf der Google-Suchseite.

Dreißig Jahre und 4.000.000.000 Benutzer*Innen weltweit. Mei mei, wie die Zeit vergeht. Gell? Ich kann mich noch erinnern, als es nur ein kleines WehWehWehchen war.

Aber mal ehrlich: Was hat man*Innen davon?

Nur ein Beispiel: Erst gestern hab ich im WehWehWeh gelesen, dass 30% junger Männer*Innen (war das die genaue Zahl? Ich denke schon) unter erektiler Dysfunktion*Innen leiden, weil sie während ihrer „formativen Jahre“ im WehWehWeh zu viel Schweinereien konsumiert haben und nicht mehr in der Lage sind, ohne Bilder eines erträumten Geschlechtsverkehrs erregt zu werden.

Oder ich denk an die allgegenwärtige „Kekse“, wie diese giftige Portiönchen verniedlichend genannt werden, die private Interessen und Erkundigungen in Werbeangebote durch die Unendlichkeit besagten WehWehWehs verwandeln. Wie das genau funktioniert, ist den meisten (falls sie keine Programmier*Innen sind) wahre Zauberei.

Ihr Privatleben, Ihre Örtlichkeit, Ihre Vorlieben, ihre unanständigsten Gedanken werden von den freundlichen Helfer*Innen, Gauner*Innen, Vergewaltiger*Innen, Ideologen*Innen etc. mittels Gugeil, Gesichtsbuch, Zwitscher, und wie sie alle heißen, gespeichert und in Cyberüberraschungstüten neu verpackt und verkauft oder schlichtweg missbraucht.

Immerhin kann man*Innen als Gegenleistung alles Mögliche nachschlagen, wozu man*Innen früher in die Bibliothek pilgern musste. Man*Innen kann sich im WehWehWeh gründlich informieren oder zum Opfer diverser Verschwörungstheoretiker*Innen trimmen lassen.

Bye bye Bibliothek. Happy Birthday WehWehWeh!

Eigentlich ist Obiges nicht mein heutiges Thema, wenn vielleicht auch irgendwie verwandt.

Eigentlich wollte ich über das, was letzte Woche geschehen ist, erzählen, als ich im WehWehWeh den Sprachbloggeur anklickte. Plötzlich hieß es: „Diese Seite steht Ihnen nicht zur Verfügung. Sie haben keinen Zutritt zu dieser Seite.“ Da ich Katastrophen dieser Sorte, was diese Seite betrifft, gewöhnt bin, reagierte ich gelassen. So ist es, wenn man*Innen richtig abgebrüht wird.

Am selben Abend erhielt ich eine Mail von meinem WehWehWeh-Host (Gastgeber*Innen?) Herrn*Innen P. Er schrieb Folgendes: „Upps! Etwas Technisches ist auf der SB-Seite schiefgegangen. Sagen Sie mir, ob alles in Ordnung sei, bzw. ob etwas fehlt.“

Bald stellte ich fest, dass alles nicht in Ordnung war. Mein jüngster Beitrag fehlte nämlich, was mir gar nicht gefiel. Denn dieser Beitrag wurde bisher, hatte ich festgestellt, besonders eifrig gelesen. Das hat mich mächtig geärgert. (Mein Schwadronieren darüber können Sie als „PS“ in der wiederhergestellten Kopie jenes Beitrags nachlesen).

Es wurde noch schlimmer: Denn auch die neuesten Leserkommentar*Innen fehlten, was besonders ärgerlich war. Diese Texte sind absolut u n w i e d e r b r i n g l i c h.

Und schließlich fehlten die jüngsten Ergebnisse des Besucher*Innenzählers. Sie als Leser*Innen sehen diese Zahlen nie. Ich schon. Sie sind für mich ein Indikator über die Zahl der wahren Besucher*Innen im Gegensatz zu den Bot*Innen, die diese Seite mit Grabengeruch besudeln.

Doch wie gesagt: abgebrüht bin ich. Vor allem wegen des verheerenden Kahlschlags, den ich bereits vor zwei Jahren erlebt hatte, als irgendwelche Hirntote Russen*Innen – oder waren es Ukrainer*Innen? – diese Seite zwei Monate mit Malware lahmlegten. Ich habe damals Hunderte von Leserkommentar*Innen verloren plus den Zugang zu allen Leser*Innen überhaupt. Da hab ich geflucht.

Inzwischen hab ich mich wieder beruhigt…ich meine, bezüglich der neuesten Panne. Und ohnehin ist heute ein Feiertag: Das WehWehWeh hat einen runden Geburtstag. Wer will bei so einem Ereignis schlechte Laune haben? Außerdem weiß jeder vernünftige Mensch*Innen, dass es nix auf Erden gibt, das ewig ist und dass auch das WehWehWeh ohne Strom wie ein Traum nach Tagesanbruch wirken würde, ohne auch nur eine einzige Spur zu hinterlassen.

Papier kann man verbrennen, aber auch dann, kann einer*Innen es, hat er*Innen die richtigen Werkzeuge, , zum Leben wieder erwecken. Das tut Freund A. im April und Mai in Pompeii, wo er mithelfen wird, verkohlte römische Schriftrollen zu entziffern.

Aber genug der Unverschämtheiten. Happy Birthday WehWehWeh…und nicht vergessen, zeitig die Stromrechnung zu bezahlen…

PS: Nächste Woche wieder unterwegs und ohne Strom. Nächster Beitrag Ende des Monats.

Zeit für ASMR?

Wer den Begriff ASMR bereits kennt, darf jetzt das Zimmer verlassen. Oder vielleicht doch lieber bleiben. Denn mein Thema betrifft nicht nur ASMR, sondern die Zeit.

Wir fangen jedoch mit dem Vordergründlichen an. ASMR ist selbstverständlich ein Kürzel wie LTE, BND, Stasi usw. und steht für „autonomous sensory meridian response“. So neu ist dieser Begriff , dass es – zumindest deutschenseits – dafür noch keine adäquate Übersetzung gibt. Google-Translate bietet, z.B., „autonome sensorische Meridianantwort“ an, was auch immer das bedeuten könnte. ASMR hat eigentlich mit…wie soll ich’s sagen?...spontan reagierenden Nerven (sprich autonom) zu tun, die unter Umständen am Nacken zu kribbeln anfangen, was freilich etwas Sensorisches ist und als äußerst angenehm gilt. In den USA ist es der letzte Schrei.

Das behauptet jedenfalls die NY Times. Fakt ist: Das Phänomen grassiert wie eine Wintergrippe auf Youtube. Sie finden dort hunderte, wenn nicht tausende Videos zum Thema. Würden Sie sich alle anschauen, wären Sie bis zum Tode mit diesem Inhalt versorgt, was aber wahrscheinlich langweilig wäre. Alle wollen nämlich das Gleiche: Sie für ASMR empfangsbereit zu machen.

Kennen Sie das angenehme Kribbeln, das man unter gewissen Umständen am Nacken zu spüren bekommt? Kein erotisches Erlebnis beteuert die NY Times, lediglich eine rein körperliche Freude. Ich zitiere nur. Trotzdem sind die ASMR-Videos in China bèi jínzhi, d.h., verboten. Vielleicht auch deshalb, weil die meisten davon von attraktiven jungen Frauen und ein paar Jungs gedreht werden. Die Länge der Videos liegt übrigens zwischen ca. 30 Minuten und drei Stunden.

All diese Sprecherinnen und Sprecher wollen bei Ihnen mittels ASMR besagtes Kribbeln erzeugen. Das machen sie, indem sie in ein Mikrofon flüstern oder sich Gegenstände bedienen, die einen sanften Knisterton produzieren. Oder man klopft leise an eine Streichholzschachtel oder pustet sachte ins Mikrofon, oder quetscht ganz sachte ein weiches Stofftier zusammen, so dass ein huschendes Geräusch entsteht usw. Ich hab einen jungen Mann aus Australien, jojo mit Namen, ein paar Minuten angeschaut und zugehört, während er Obiges vorführte. Er hatte große, begeisterungsfähige Augen, ein nettes Gesicht und die Überzeugungskraft einer Elfe. Mittlerweile hat er unzählige solche ASMR-Videos produziert. Keine Ahnung, was er sonst mit seiner Zeit tut. Geht er noch in die Schule?

All dies, damit der/die Zuschauer/in besagtes wunderbares Kribbeln am Nacken verspürt. Manche wenden ASMR als Schlafhilfe an.

Ich brauche kein ASMR, um einzuschlafen. Leg ich mich hin, bin ich sofort weg (der Schlaf der Unschuldigen). Erst um ca. 4h wache ich manchmal auf und kann nicht wiedereinschlafen. Zeit für ASMR vielleicht? Von wegen. Ich höre Radio eine Weile (ARD-Nachrichten) oder lese. Bald bin ich weg…ohne ASMR.
Und damit kehre ich zur anfangs erwähnten Frage der Zeit zurück. Das Internet – wie vor ihm das Fernsehen – verlangt von Ihnen etwas besonders Kostbares: Ihre Zeit. Wie jeder weiß, hat ein Tag genau 24 Stunden. Die Zeit, die man mit Bildberichten (oder Filmen) verbringt, kann man – und jetzt die Pointe – haargenau in Zeiteinheiten messen. Das ist das große Problem mit den visuellen Medien. Mit dem Lesen ist es anders. Manche lesen schnell – und jeder kann, wenn er will, einen Text überfliegen, es sei denn der Text heißt „Sein und Zeit“ von Heidegger. Videos, Filme etc. kann man nur schwer überfliegen. Zu leicht ist es etwas zu verpassen.

Manchmal besuche ich die CNN-Seite im Internet. Dort hat man die Wahl: Man kann einen Bericht als Video oder als Text konsumieren. Will man das Video sehen, kann man das Erlebnis in Minuten und Sekunden genau messen. Schaut man sich lieber den Text an, ist man meistens schnell fertig.

Damit will ich nicht sagen, dass man sich keine Videos erlauben sollte. Doch man muss wissen: Das Zuschauen ist immer etwas Passives. Man empfängt halt. Das Lesen ist genau das Gegenteil. Man zerlegt, analysiert, setzt das Hirn in Gang.

Diesen Text, z.B. Vielleicht haben Sie ihn nur überflogen. Stellen Sie sich vor, ich hätte Obiges als „Podcast“ präsentiert oder gar als Video. Sie wären vielleicht – auch ohne ASMR – längst eingeschlafen, womöglich auch ohne Nackenkribbeln.

In eigener Sache: Der Sprachbloggeur begibt sich schon wieder auf Geheimmission. Nächster Beitrag wohl Anfang März.

PS Sie merken möglicherweise schon, dass dies kein neuer Beitrag ist. Eine technische Panne hat diesen Beitrag ins digitale Jenseits katapultiert samt den letzten Kommentaren. Man freut sich, wenn die Technik funktioniert. Man ahnt Schlimmes, wenn sie nicht funktioniert. Mehr über dieses Thema beim nächsten Blog. Bin momentan viel zu irritiert, um all dies in Worten zu fassen.

Drama um den vegetarischen Käseschnitzel (mit Happyend)

Ich wollte von einem vegetarischen Käseschnitzel und einen kaputten Zahn berichten, doch dann kam die Musik.

Einer, der sich „Mandopelli“ nennt, spielte den Evergreen „All of Me“ und zack! Der Ärger wegen des kaputten Zahns und des veg. Käseschnitzels war mit einem Mal wie verflogen.

Schauen Sie selbst mal auf YouTube unter Stichwort „Mandopelli“/„All of Me“. Sie werden in zwei Minuten irdischen Paradieses laben. Kein Ärger hält so viel Lebensfreude lange aus, er zerstäubt wie eine Regenwolke in der prallen Sonne.

Aber kurz zum kaputten Zahn, der Ende November beim Verzehr eines veg. Käseschnitzels aufgeplatzt war. Da staunte ich nicht schlecht. Auf einmal: Knartz! Meine Frau saß neben mir am Tisch, während ich ein Stück Zahn und einen harten Gegenstand so groß wie eine Kugellagekugel aus dem Mund angelte. Der Zahn, ein Backenzahn, war nur mehr dreiviertel so groß wie bisher.
Am nächsten Tag rief ich beim Hersteller besagten Käseschnitzels an, um die Angelegenheit mitzuteilen. Wer weiß? Vielleicht hab ich etwas Wichtiges für die Herstellung entdeckt. Die Dame am Telefon war sympathisch, bat mich darum, ein Attest vom Zahnarzt an die Firma zu schicken und mailte mir die Kontaktdaten der Firma.

Inzwischen ging ich zum Zahnarzt, der eine Krone für nötig hielt. Danach schickte ich eine Mail an die Firma, um den ganzen Vorgang darzustellen. Auf meine Mail kam aber keine Antwort, lediglich eine Empfangsbestätigung mit Kontaktdaten…wie oben.

Da ich keine Reaktion erhalten hatte, schickte ich der Firma vor Weihnachten – per Einschreiben – einen Brief, in dem ich den ganzen Vorgang noch einmal darlegte. Diesmal fügte ich unter etwas Klebeband auch den harten Gegenstand, den ich aus meinem Mund geangelt hatte, hinzu. Nachdem ich den Brief verschickte, bekam ich – endlich – das Attest vom Zahnarzt.

Es geschah aber nix, d.h., zumindest seitens der Firma. Im Januar durfte mich mein Zahnarzt reichlich foltern. Zum Schluss hatte ich eine nagelneue Backenzahnkrone.

Da ich von der Firma noch immer keine Stellungnahme erhalten hatte, schickte ich nun eine Erinnerung, in der ich schon wieder den ganzen Vorgang erläuterte, und bat um eine Mitteilung.

Doch jetzt wird’s lustig. Am selben Tag, als ich meinen Erinnerungsbrief per Einschreiben mit Rückschein verschickte – erreichte mich eine Email…und zwar von einem Anwalt, den die Firma beauftragt hatte, mich einzuschüchtern. Es war ein nüchterner, unfreundlicher Brief, dessen Zweck es war, mir mitzuteilen, ich hätte keinen Anspruch auf Entschädigung. Im Übrigen meinte der Beauftragte, sei der harte Gegenstand, den ich eingesandt hatte, lediglich Panade. Dies habe eine Untersuchung bestätigt.

Wer weiß? Vielleicht wurde mein Zahn trotzdem durch diese harte Panade kaputt gemacht. Möglich wäre auch, ich hätte die Ursache bereits runtergeschluckt. Keine Ahnung. Fest steht aber: Der Zahn ging zu Bruch, während ich den veg. Käseschnitzel dieser Firma verzehrte.

Nun ärgerte ich mich. Ich ärgerte mich, weil die Firma einen Anwalt beauftragt hatte, um mich einzuschüchtern. Eine Alternative wäre gewesen, mir persönlich freundlich aber abweisend anzuschreiben. Ich denke, die Anwaltskosten waren viel höher als etwaige Ansprüche, die sonst entstanden wären. Ich hatte nämlich nur ca. 200 Euro erwähnt, also meinen Anteil nach Abzug der Zahlungen meiner Zusatzversicherung.

Die Vorgehensweise der Firma (ich glaube, ich darf den Firmennamen nicht erwähnen, ohne dass sie den Anwalt gegen mich wieder hetzt) hat mich reichlich vergrault. Ich hab mich aber wieder beruhigt.

Und wer weiß? Vielleicht wird mein zweiter Brief, der mit dem Schreiben des Anwalts kreuzte, Anlass geben, den Anwalt mit einem zweiten Drohbrief zu beauftragen. Falls ja, hat die Firma noch weitere Kosten um nix.

Kundenpflege sieht meiner Meinung nach anders aus als das, was ich erlebte. Zugegeben: Es gibt Leute, die mit Lügen versuchen, anderen ihre Zahnarztrechnungen aufzuzwingen. Und ganz klar kann man nicht wissen, ob ich so einer bin oder nicht.

Wie dem auch sei: Die Schnitzel dieser Firma stehen bei mir nicht mehr auf dem Speiseplan, auch wenn sie sonst gut schmecken.

Egal: Nach dem wunderschönen Mandolinensolo von Mandopelli weiß ich wieder: Es gibt Wichtigeres auf der Welt als Kontakt mit Anwälten und Firmenvorsitzenden zu pflegen.

Sollten Sie nicht über „Vocal Frying“ informiert sein…

Schon 2015 wusste die „Welt“ Bescheid. Noch früher (2014) war die TAZ auf dem Laufenden. Ich habe erst gestern davon erfahren. Und Sie? Wissen Sie schon, was das bedeutet „Vocal Frying“?

Oder versuchen wir’s mittels des ungebräuchlichen deutschen Pendants. Wissen Sie schon, was eine „Schnarrstimme“ ist, auch „Strohbass“ genannt (in diesem Sinn allerdings eine Gesangstechnik)? Oder wie es in Österreich heißt: ein „Stimmbrutzeln“?

Ich bin erst am Wochenende auf diesen Begriff gestoßen. Und zwar in der amer. politischen Komik „Doonesbury“. Vielleicht hat’s beim Zeichner Garry Trudeau auch so lange gedauert wie bei mir, bis er „in the know“ war. Oder vielleicht erlebt diese faszinierende Sprechmode erst jetzt wieder ihren zweiten Frühling.

Was ist „Vocal Frying“? Es sind vorwiegend junge Frauen, so hab ich erfahren, die sich dieser Sprechtechnik bedienen und zwar, um very sophisticated zu klingen. Es hört sich an, wenn man so redet, als würde frau (seltener man) in einem Atemzug gurgeln und stark affektiert reden. Do you know what I mean, darling?

Beispiele findet man reichlich auf YouTube. Auf YouTube findet man beinahe alles reichlich. Ich persönlich halte das Stimmbrutzeln nicht für was Neues. Mich erinnert dieser affektierte Akzent an der Art zu reden, zu der amer. Schauspielerinnen in den 1930er Jahren genötigt wurden. Dju nöo uot I mien, dahling?

Ich glaube, gelesen zu haben, dass heute insbesondere die Hollywoodsternchen (sorry, no names), die „Promis“ also, so schnarren.

Die Vorgängermode zu Vocal Frying hieß übrigens „Upspeak“ und ist wohl immer noch nicht ausgestorben. Diesem Sprechmodus zufolge schließt man (und frau) jeden Satz mit einer Erhöhung (up) der Stimme (speak), als würde man/frau das ganz Leben in Frage stellen. Sicherlich finden Sie auf YouTube auch reichlich Beispiele dieser Unsitte. Die Sache hört sich folgendermaßen – auf Deutsch übertragen – an: Gestern bin ich in die Stadt gegangen? Und stell dir vor? Ich stelle fest, dass ich mein Phon vergessen habe? Welch Ka-ta-stro-phe? Usw.

Die Generation der Upspeakers dürfte heute um die Mittevierzig sein und längst eigene Kinder haben, wohl auch darunter Vocal-Fryers. Ob sie sich vertragen?

Nur eine Fantasie.

Nebenbei: Vor der Generation der Upspeakers und der Vocal Fryers trillerten die „Valley Girls ”, zu Deutsch „Talmädchen“, eine Bezeichnung, die sich eigentlich auf das „San Fernando Valley“, eine Landfläche, die nördlich von Los Angeles liegt, bezieht. Die Girls redeten betont lässig, laut und nasal. Nach jedem Satz pafften sie de rigueur an einer Zigarette – damals hat frau (und man) noch gern geraucht. Das Gesagte klang stets überkandidelt. Es war aber, wie gesagt, ein Mädchendialekt. Nur einen Jungen kannte ich, der so schrill redete – noch schriller als seine Freundin, was mir damals seltsam vorkam. Doch bald hatte er keine Freundin mehr. Er hat sich als schwul geoutet.

Noch hab ich diese wissenschaftliche Studie zum Thema nicht fertig recherchiert. Ich meinte aber, es wäre heute nett, endlich wieder etwas schön Belangloses zu schreiben, etwas passend zu den sonstigen Belanglosigkeiten, mit denen wir täglich ermuntert werden, unsere Zeit zu verplempern. Zum Beispiel YouTube, Instagram, Spiegel Online, Apps etc. Bloß nicht etwas, was mit dem Sinn unseres kurzen irdischen Daseins zu tun hat.

Aber da man gerade beim Thema Sprechmoden ist: Gibt es Ähnliches im dt. Sprachraum? Ich denke, schon. Aber vielleicht anders in den USA. Zum Beispiel die Tendenz unter jungen Mädchen wahnsinnig schnell zu reden. Doch das war schon immer der Fall, oder?

Oder die taffen Jungs. Sie bedienen sich gern eines Deutsch-mit-Migrationshintergrund-Akzents. Das tun sie, auch wenn sie und ihre Eltern und Großeltern hier geboren waren. „He, Monn, willst Schläge? Ick gib dir Schläge. Kapiert?“ usw.

Nun, das reicht für heute. Sonst wird dies nur noch zu einer dummen Meditation übers Leben und den Tod. Und das wäre ganz gewiss nicht modisch.

Alles übers unmögliche Buch des Herrn Tiedemann

Es ist verzeihlich, wenn man den Namen Friedrich Tiedemann nicht kennt, obwohl es sicherlich irgendwo in Deutschland eine (bzw. mehrere) Friedrich-Tiedemann-Straßen gibt (hab dies aber nicht gegoogelt).

Er wurde 1781 in Kassel geboren; gestorben ist er 1861 in München.

Tiedemann war Anatom und Physiologe und hat 1837 in Deutschland ein bannbrechendes Buch veröffentlicht, das ihm heute, würde er es veröffentlichen, nur ins Unglück stürzen würde. Das Werk trug den Titel: „Das Hirn des Negers mit dem des Europäers und Orang-Outangs verglichen“. Sie ahnen das Problem. Nebenbei: Diese Abhandlung erschien bereits ein Jahr früher, und zwar in englischer Sprache unter dem Fittich der Royal Society in London. Ja, schon damals war die englische Sprache auf dem Weg, die Weltsprache der Naturwissenschaftler zu werden. Die Urfassung hieß: “On the Brain of the Negro, compared with that of the European and the Orang-Outang”.

So oder so würde jemand heutzutage, der ein Buch mit diesem Titel geschrieben hat, keinen Blumentopf gewinnen. Im Gegenteil. Man würde ihn mit dem Torf da drin bewerfen, oder auf die Barrikaden gehen, um wegen des unverschämten, rassistisch klingenden Titels einen tosenden Shitstorm (auf Englisch „firestorm“) auszulösen.

Nichts wäre allerdings unpassender als dies. Denn das Werk von Tiedemann war alles anders als eine rassistische Postille. Zwar gab es schon immer Nazis und dergleichen, die behaupteten, weil sie lediglich den Titel gelesen hatten, dass Tiedemann bewiesen hätte, dunkelhäutige Menschen seien das Nachkommen der Affen usw. Stimmt alles nicht.

Fakt ist: Das Gegenteil wollte Tiedemann wissenschaftlich untermauern. Er hatte nämlich mittels anatomischer Studien nachgewiesen, dass das Hirn eines Europäers kein Deut anders sei als das eines Schwarzafrikaners und dass beide grundsätzlich anders wären als das eines Orang-Outangs, der nun mal ein Affe ist. Letztendlich betrachtete Tiedemann sein Buch als Polemik gegen die Sklaverei, die damals im Abendland noch immer virulent grassierte. Tiedemanns Schlussfolgerung: Mensch ist Mensch und die Sklaverei ist unmenschlich.

Obiges berichte ich aus einem bestimmten Grund: Ein Freund von mir, der Antiquar ist, wollte neulich eine erste, kostbare Ausgabe des Tiedemann-Buchs im Internet zum Verkauf anbieten. Zwei Sachen sind passiert:

Erstens: Empörung wegen des Titels. „Mein Rechner fing beinahe Feuer“, beteuerte er mir.

Zweitens: Prompt gab es eine Abmahnung von einem sog. Minderheitenbeauftragten, weil dieser im Suchprogramm auf das Wort „Neger“ stieß, das offenbar nicht mehr zulässig ist. Dieser drohte jedenfalls mit einem empfindlichen Bußgeld, sollte mein Freund das Buchangebot nicht sofort löschen.

Natürlich hatten weder die empörten Shitstormer noch der Minderheitenbeauftragte auch nur die leiseste Ahnung über den Inhalt des Buches. Sie reagierten lediglich auf den Gebrauch des heute verpönten Wortes „Neger“ und wurden wie die Echsen, wenn sie eine Fliege ins Visier nehmen. Keine Fragen. Zunge schnell raus, Fliege rein.

Mein Freund der Antiquar gab sich Mühe, den Angreifern aus der Trance zu wecken. Aber Ärger bleibt Ärger. Zum Glück konnte er das Buch direkt im Laden verkaufen.

Ende gut alles gut?

Nein, weil Cowboys immer erst schießen und dann Fragen stellen. Unreflektierte Reaktionen wie die obigen bezeichnet man auf Englisch (in der Sprache also der ursprünglichen Ausgabe des Tiedemann-Buches) als „Knee-jerk-reactions“ Sie kennen das: Der Arzt klopft kurz und fest aufs Knie, um zu sehen ob Ihre Reflexe in Ordnung sind. Wenn alles ok ist, nimmt man eine automatische Zuckung wahr, auf Englisch „knee jerk“.

„Jerk“ hat allerdings auf Englisch eine zweite Bedeutung: „Vollidiot“. Auch ein undurchdachter Hang zu Political Correctness könnte man – wie in diesem Fall – als knee-jerk-Reaktion bezeichnen…oder vielleicht noch besser als Vollidiotie.

Eigentlich wollte ich heute über mehrere Beispiele dieser Abwege der politischen Korrektheit berichten. Sie sehen aber: Mit einem ist man schon bedient.

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