Wer gern fotografiert, wird folgende Situation gut nachvollziehen können.
Wir Gefangene des Corona Virus dürfen zum Glück aus Gründen der Ertüchtigung allein oder mit einem Menschen aus dem eigenen Haushalt in die frische Luft. Das bedeutet spazieren gehen, joggen, radeln usw. Zumindest in Deutschland ist es so. Und ich finde es in Ordnung. Verglichen mit den Bestimmungen in Spanien, Frankreich oder Italien klingt unsere Freiheit beinahe paradiesisch.
Also bin ich letzte Woche, da die frische, trockne Luft und die Dürresonne so verlockend waren, Fahrrad gefahren.
Da ich auch gern fotografiere, habe ich meinen Fotoapparat mitgenommen. Ich hatte vor, bei so einem herrlichen Licht Fotos in der beinahe menschenleeren Stadtmitte zu machen. Eine seltene Gelegenheit, und doch ist diese Leere irgendwie unheimlich.
Während dieses Ausflugs entdeckte ich eine mir unbekannte Straße, die in einer breiten Sackgasse mündete. So ein schönes Licht, habe ich gedacht, und mit Häusern aus der Gründerzeit! Dazu war auch weit und breit kein Mensch. Ich blieb (noch immer saß ich auf meinem Fahrrad) mitten auf der Straße stehen, was mir eine besonders günstige architektonische Perspektive versprach.
Ich holte meinen Fotoapparat aus der Tasche raus und wollte gerade mein Bild einrahmen, als ich von der linken Seite den Anlasser eines Wagens vernahm. Mir wurde sofort klar, dass ich besagten Wagen daran hindere, den Parkplatz in Rückwärtsgang zu verlassen.
Heilige Ironie! sinnierte ich. Immer das gleiche! Kaum will man fotografieren, tritt ein Hindernis auf…usw. Da ich aber – meistens – ein rücksichtsvoller Mensch bin, verschob ich mein Fahrrad, damit der Wagen den Parkplatz ungehindert verlassen könnte.
Und dann passierte es: Ein Herr, vielleicht war er etwa 55-60, öffnete unverrichteter Dinge die Beifahrersitztür, schaute mich erbost an und sagte: „Beweg deinen Arsch!“
Das hat mich sehr überrascht, denn im Grunde hatte ich „meinen Arsch“ bereits bewegt. Aber, da ich (manchmal) nicht auf den Mund gefallen bin, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen: „Drücken Sie sich nicht so vulgär aus, junger Mann.“ Ich weiß nicht, ob er überhaupt etwas von meiner Erwiderung mitgekriegt hat, denn schnell knallte er die Tür wieder zu.
Es geht aber weiter. Von hinter der Schutzscheibe zeigte er mir nun den, wie man im heutigen Deutsch sagt, „Stinkefinger“. Notabene: Der Gebrauch dieses Fingers als vulgäre Geste ist im dt. Sprachraum relativ neu. Als ich 1975 nach Deutschland kam, war sie so gut wie unbekannt. Damals klopfte man mit dem Zeigefinger auf die eigene Stirn.
Seine Reaktion hat mich nicht nur überrascht. Sie hat mich erheblich irritiert. Ohne einen Augenblick zu überlegen, erwiderte ich mit der gleichen Geste, die mir aus meiner amer. Jugend bestens bekannt ist, und fügte hinzu in meiner Muttersprache „Fuck you, you asshole“, was sehr vulgär ist. Bitte googeln.
Nun war ich neugierig, ob er jetzt aus dem Wagen steigen würde, um mich zurechtzuweisen. Tat er aber nicht. Vielleicht war er nicht so ganz sicher, ob ich wirklich so harmlos bin, wie ich nun mal aussehe. In solchen Situationen ist das Bluffen stets höchstes Gebot. Macht auch jedes schwache Tier in der Not. Beim Wegfahren (eine Dame – seine Gattin? – saß am Steuer) hat er die vorige vulgäre Geste wiederholt. Ich antwortete unmittelbar darauf mit der gleichen Geste. Allerdings diesmal warf ich mit den Fingern ein Küsschen in seine Richtung. Keine Ahnung, warum. Ich bin sicher aber, dass das ihn noch massiver irritierte.
Aber jetzt zum Sprachlichen. Nachdem diese s e h r kurze Episode vorbei war, fielen mir zwei Dinge ein.
Erstens: Gottlob! Die deutsche Sprache ist wirklich ein Wunder! Denn auch der dümmste Mensch weiß – gleichsam instinktiv – , dass die Vokabel „Arsch“ männlich ist, also „der Arsch“ und dass, wenn man dieses Wort im Prädikat benutzt, also als Objekt eines Verbes, in diesem Fall „bewegen“, hat man „den“ und nicht „der“ Arsch zu sagen. Dieser Vorgang ist Ihnen, liebe Deutsche, so selbstverständlich, dass Sie nie daran denken müssen. Und das ist das Wunder. Denn dieses Wunder jedes Mal zu vollbringen, erfordert eine unfassbar komplizierte Zusammenarbeit der körpereigenen Neuronen. Hut ab!
Zweitens: Auch wenn ich in den meisten Situationen ziemlich automatisch auf Deutsch schimpfe, gibt es dennoch Momente, wo ich ohne zu denken in Muttersprachemodus umschalte. Und so war es hier: als hätte der Instinkt quasi die Steuerung übernommen. Anders gesagt: Es ist, als habe ich mit dem Stammhirn geschimpft!
Auf jeden Fall, nachdem besagter Wagen um die Ecke abgebogen war, hab ich mein Foto neu eingerahmt und geschossen. Das Bild hab ich zwar noch nicht von der Speicherkarte heruntergeladen. Ich bin aber überzeugt, dass es sehr schön werden wird.
Sie wollten schon immer wissen, was das „Social Distancing“ für eine Bewandtnis hat? Dann sind Sie hier richtig!
Seit ein paar Monaten ist dieser fremde Begriff urplötzlich in aller Mund. Wer den Supermarkt oder die Bäckerei betritt, kennt schon die Regeln: Abstand halten und zwar deshalb, um die Kurve abzuflachen („flatten the curve“) – ein Konzept übrigens aus der Gauss’schen Mathematik.
Man steht an der Kasse 1,5 bis 2 Meter vom Nachbar entfernt. In den Gängen, dort also, wo eine Zeitlang das Toilettenpapier gänzlich verschwunden war, macht man tunlichst einen Bogen um die Miteinkaufenden, damit bloß keine opportunistischen Viren den mikroskopischen Salto mortale probieren, um sich in Ihre Schleimhäute einzuverleiben.
Auf der Straße geht es ähnlich vonstatten. Begegnet man zufällig Bekannten, hält man besagten Abstand. Trifft man den Nachbar am Lift, steigt jeder getrennt ein. Dafür aber muss der Zweite den exhalierten Atem des ersten inhalieren. Prost Neujahr! Aber am Schluss ist man endlich im eigenen coronafreien vier Wänden.
Dieses Abstandhalten bezeichnet man in der Fachsprache als „Social distancing“. Zugegeben ein Wortungeheuer – auch für einen Englischmuttersprachler wie mich. „Abstandhalten“ klingt allemal schöner, knapper…und deutscher? Upps! Nein, ich bin weder Deutschnationalist noch Nazi. Ich habe nicht einmal einen deutschen Pass! Manche sagen auf Deutsch „Sicherheitsabstand“. Auch keine Schönheit aber praktisch.
Aber zurück zu „Social distancing“. Notabene: keine soziale Distanzierung. „Social“ hat mit dem dt. „sozial“ nix zu tun – auch nicht mit „Sozialismus“. Schließlich stammt der Begriff aus Amerika, wo das Wort „Sozialismus“ unter Ausgangssperre steht. „Gesellschaftlich“ wäre eine mögliche Übersetzung, oder vielleicht „gemeinschaftlich“. „Distancing“ hingegen ist ein sog. „Gerund“, ein Nomen, der vom Partizip präsent gebildet wird. „Social distancing“ ist also das „Abstandhalten, wenn man in der Gesellschaft anderer ist“. Letztendlich lässt sich so ein Begriff nicht eins zu eins übersetzen. Manche native speaker sagen lieber „physical distancing“, was eigentlich verständlicher ist.
Nebenbei: Dieser Begriff wurde zum ersten Mal 2003 schriftlich belegt. Es ist also reines Neuenglisch, auch wenn die Idee, die dahinter steckt, uralt ist. Seit der Antike haben Menschen in Zeiten einer Seuche es für ratsam gehalten, einen gewissen Abstand zum Nächsten einzuhalten. Die Vorstellung einer Herdenimmunität hingegen (s. meinen Beitrag von der vorigen Woche) scheint eine Erfindung neuzeitlicher Schlaumeier zu sein. Wenn ich mich entsinne, haben Leprakranke im Mittelalter Glocken getragen.
Höchstwahrscheinlich wurde der Begriff des „Social distancing“ aus der Soziologie entlehnt. Dort geistert seit langem (ich weiß aber nicht, wie lang) der ähnlich klingender Begriff des „Social distance“ herum, womit Soziologen den körperlichen Abstand meinen, den man in einer jeweiligen Kultur gewöhnlicherweise (bzw. gezwungenermaßen) zum Nächsten einhält. Skandinavier und Engländer – und Amerikaner – kommen sich einander nicht so ganz nahe (ohne Beklemmungen zu verspüren) als etwa Franzosen, Italiener oder Araber. Notabene: Obiges bezieht sich auf Männer untereinander. Frauen unterliegen in verschiedenen Kulturen andere Regeln.
Wie dem auch sei. „Social distancing“ sollte man mit „social distance” nicht verwecheln.
Übrigens: Während der Ebolaseuche 1995 haben französische Mediziner den Begriff „cordon sanitaire“ verwendet, um den nötigen hygienischen zwischenmenschlichen Abstand zu verdeutlichen. Geht auch.
Nun wissen auch Sie ziemlich alles, was ich zu diesem Thema weiß. Fühlen Sie sich frei, diese Fakten und Faktoiden, wenn Sie das nächste Mal zu einer Corona-Partei eingeladen werden, weiter zu geben – egal ob mit oder ohne einen Hinweis auf den Urheber. Manchmal will man sich besonders schlau in Szene setzen, indem man eine Quelle nicht zitiert.
Wer noch immer gierig nach Fakten hungert, gebe ich Folgendes als Beigabe hinzu: die mathematische Formel, die veranschaulicht, wie man die Kettenwirkung des Nichteinhaltens des „Social distancing“ errechnet:
R= [1- (1-a²)f]Ro
Mein Tipp: Bleiben Sie brav auf Distanz!
Her damit mit der Immunität!
Ohne jemandem auf den Schlips treten zu wollen, halte ich es für höchste Zeit, dass wir miteinander ein wichtiges Thema diskutieren: die Herdenimmunität.
Der Vize-Gouverneur von Texas (ich habe den Namen vergessen, wer ihn braucht, kann googeln), drückte vor ein paar Wochen die Meinung aus, dass sich Ältere bis zum Äußersten aufopfern sollten, damit die Konjunktur nicht – und nun ein amer. Idiom – „dead in the water“ ende. Man könnte diesen Zustand auch mit einer zweiten amer. Redewendung ausdrücken: „to go belly up“. Die Logik: Gehen die Finanzen „belly up“, dann sterben junge Menschen in Scharen an den Folgen der Armut.
Do schaugt her: Nun haben Sie zwei schöne Redewendungen aus der amer. Umgangssprache gelernt. Bereits ein Gewinn.
Dieser Vize-Gouverneur („deputy governor“) beteuerte, er selbst sei bereit für seine Enkelkinder zu sterben. Auch andere sollten seinem guten Beispiel folgen.
Klar geht es darum, dass junge Leute normalerweise an Covid-19 nicht sterben. Das tun meistens nur Alte und Kranke („Vorerkrankte“). Würden sich alle Menschen gegenseitig infizieren, entstünde eine Herdenimmunität!
Die Mathematik sieht folgendermaßen aus: Zwischen 0,5 und 3 Prozent der Bevölkerung werden an Covid-19 sterben. Noch weiß man es nicht so ganz genau. Doch das bedeutet, dass satte 97% bis 99%+ an der Krankheit nicht sterben, überleben also und nächstes Jahr in der Lage sein werden, schöne Anekdoten darüber zu erzählen!
Noch etwas Mathe: In den USA leben ca. 330 mio. Menschen. Das heißt…n u r 1,8 mio bis ca. 10 mio. müssten an Corona sterben, um besagte Herdenimmunität zu bewerkstelligen und die Wirtschaft dadurch zu retten.
Na? Was halten Sie davon? Bedenken Sie: Weniger Menschen sind gleich weniger Autos, weniger Flüge usw. Wäre ein grünes Paradies!
Mein Vorschlag: Wer älter ist als etwa 70 Jahre und mit der Idee des Dep. Gov. einverstanden ist, darf mir eine Mail zukommen lassen, die ich dann an den Deputy Governor höchstpersönlich per Einschreiben weiterschicken werde – selbstverständlich ins Englisch übersetzt. Sie werden bestimmt einen persönlichen Dankeschönbrief von diesem Amtsinhaber erhalten.
Gesetzt den Fall, Sie sind noch am Leben (bzw. er noch lebt!). Haha!
Und? Machen Sie mit?
Nicht zu vergessen: Auch Boris Johnson war vor etlichen Wochen von derselben Idee einer Herdenimmunität begeistert.
Auch in Deutschland gibt es etliche Stimmen aus der Wirtschaft und der Politik, die von dieser Idee nicht…tja…abgeneigt wären.
„Herde – eine willenlos treibende Menschenmenge“. Diese nette Definition habe ich im WehWehWeh aufgegabelt. Nun eine schöne Definition aus einem richtigen Buch, dem sechsbändigen „Großen Wörterbuch der deutschen Sprache“ von Duden. Herde: „größere Menge von zusammengehörenden zahmen od. wilden Tieren der gleichen Art unter der Führung eines Hirten oder eines Leittiers.“
Klingt gut.
Noch besser (auch im Duden): „unverständige, unselbständige Menschenmenge, die sich stumpfsinnig treiben lässt.“
Dazu bietet der Duden ein paar nützliche Redewendungen mit „Herde“ an: 1.) „mit der Herde laufen“ und 2.) „der Herde folgen“.
Also jetzt wissen Sie Bescheid, falls Sie mit anderen das Thema „Herdenimmunität“ diskutieren möchten.
Sie können dafür oder dagegen sein. Wenigstens haben Sie das passende begriffliche Werkzeug, um eine eigene Meinung zu bilden.
Muuuuu. Baaaaaaa.
Ach beinahe vergessen! Über „Immunität“ sollte man auch etwas sagen. Hier eine schöne Definition: „Immunität ist das, was Politiker und sonstige Amtsträger haben…aber nur wenn sie im Amt sind.
Her damit mit der Immunität!
Ohne jemandem auf den Schlips treten zu wollen, halte ich es für höchste Zeit, dass wir miteinander ein wichtiges Thema diskutieren: die Herdenimmunität.
Der Vize-Gouverneur von Texas (ich habe den Namen vergessen, wer ihn braucht, kann googeln), drückte vor ein paar Wochen die Meinung aus, dass sich Ältere bis zum Äußersten aufopfern sollten, damit die Konjunktur nicht – und nun ein amer. Idiom – „dead in the water“ ende. Man könnte diesen Zustand auch mit einer zweiten amer. Redewendung ausdrücken: „to go belly up“. Die Logik: Gehen die Finanzen „belly up“, dann sterben junge Menschen in Scharen an den Folgen der Armut.
Do schaugt her: Nun haben Sie zwei schöne Redewendungen aus der amer. Umgangssprache gelernt. Bereits ein Gewinn.
Dieser Vize-Gouverneur („deputy governor“) beteuerte, er selbst sei bereit für seine Enkelkinder zu sterben. Auch andere sollten seinem guten Beispiel folgen.
Klar geht es darum, dass junge Leute normalerweise an Covid-19 nicht sterben. Das tun meistens nur Alte und Kranke („Vorerkrankte“). Würden sich alle Menschen gegenseitig infizieren, entstünde eine Herdenimmunität!
Die Mathematik sieht folgendermaßen aus: Zwischen 0,5 und 3 Prozent der Bevölkerung werden an Covid-19 sterben. Noch weiß man es nicht so ganz genau. Doch das bedeutet, dass satte 97% bis 99%+ an der Krankheit nicht sterben, überleben also und nächstes Jahr in der Lage sein werden, schöne Anekdoten darüber zu erzählen!
Noch etwas Mathe: In den USA leben ca. 330 mio. Menschen. Das heißt…n u r 1,8 mio bis ca. 10 mio. müssten an Corona sterben, um besagte Herdenimmunität zu bewerkstelligen und die Wirtschaft dadurch zu retten.
Na? Was halten Sie davon? Bedenken Sie: Weniger Menschen sind gleich weniger Autos, weniger Flüge usw. Wäre ein grünes Paradies!
Mein Vorschlag: Wer älter ist als etwa 70 Jahre und mit der Idee des Dep. Gov. einverstanden ist, darf mir eine Mail zukommen lassen, die ich dann an den Deputy Governor höchstpersönlich per Einschreiben weiterschicken werde – selbstverständlich ins Englisch übersetzt. Sie werden bestimmt einen persönlichen Dankeschönbrief von diesem Amtsinhaber erhalten.
Gesetzt den Fall, Sie sind noch am Leben (bzw. er noch lebt!). Haha!
Und? Machen Sie mit?
Nicht zu vergessen: Auch Boris Johnson war vor etlichen Wochen von derselben Idee einer Herdenimmunität begeistert.
Auch in Deutschland gibt es etliche Stimmen aus der Wirtschaft und der Politik, die von dieser Idee nicht…tja…abgeneigt wären.
„Herde – eine willenlos treibende Menschenmenge“. Diese nette Definition habe ich im WehWehWeh aufgegabelt. Nun eine schöne Definition aus einem richtigen Buch, dem sechsbändigen „Großen Wörterbuch der deutschen Sprache“ von Duden. Herde: „größere Menge von zusammengehörenden zahmen od. wilden Tieren der gleichen Art unter der Führung eines Hirten oder eines Leittiers.“
Klingt gut.
Noch besser (auch im Duden): „unverständige, unselbständige Menschenmenge, die sich stumpfsinnig treiben lässt.“
Dazu bietet der Duden ein paar nützliche Redewendungen mit „Herde“ an: 1.) „mit der Herde laufen“ und 2.) „der Herde folgen“.
Also jetzt wissen Sie Bescheid, falls Sie mit anderen das Thema „Herdenimmunität“ diskutieren möchten.
Sie können dafür oder dagegen sein. Wenigstens haben Sie das passende begriffliche Werkzeug, um eine eigene Meinung zu bilden.
Muuuuu. Baaaaaaa.
Ach beinahe vergessen! Über „Immunität“ sollte man auch etwas sagen. Hier eine schöne Definition: „Immunität ist das, was Politiker und sonstige Amtsträger haben…aber nur wenn sie im Amt sind.
Wir nennen sie „G“ für „Gaunerin“.
Eines Nachmittags ruft „G“ bei der betagten Frau S. (Vorname „Elisabeta“) an. „G“ ist eine geübte Schauspielerin und sagt Folgendes:
„G“: Hallöchen! Rate, wer am Telefon ist.
Frau S.: Ähmmmm…Dora? Bist du es?
„G“: Ja, ich bin’s…die Dora! Wie geht’s dir…Oma. [Notabene. Hier geht „G“ ein Risiko ein, dass Dora tatsächlich die Enkelin von Frau S. ist. So steht es aber im „Drehbuch“ des „Chefs“, d.h., des Obergauners, der diese fiese Masche ausgedacht hat. Falls sich „G“ Pech hat, hat sie möglicherweise den Dreh verbockt und muss weiter im Telefonbuch nach Opfern suchen].
Frau S.: O Dora, ist das ja nett. Wie geht es dir, mein Kind, und Ralf? Hoffentlich seid ihr in dieser schrecklichen Zeit gesund, weißt du.
„G“: [Glück gehabt. Dora ist in der Tat die Enkelin und ist irgendwie mit einem Ralf liiert. Ehemann? Lebensgefährte? Freund? Hmm. Wird sich ergeben.] Ach Oma, Ralf muss wegen dieser schrecklichen Krankheit ins Krankenhaus…und man hat für ihn kein Beatmungsgerät! (tränenerstickte Stimme) Um sein Leben zu retten, müssen wir…schnell…dreißigtausend Euro auftreiben, um uns eins zu besorgen. Und… wir haben das Geld nicht!!!
[Hier verkürze ich die Geschichte. Frau S. holt das Geld aus der Bank. Leider hat es bei der Kassiererin nicht richtig geschnackelt. Sie zahlt Oma S. das Geld aus, ohne wesentliche Fragen zu stellen. Nun wird von „G“ die Geldübergabe organisiert. Natürlich wird Dora nicht dabei sein können. Denn sie ist – was sonst? – bei Ralf im Krankenhaus. Dora (d.h., „G“) wird aber eine „Freundin“ vorbei schicken. Das Geld soll Frau S. in eine Plastiktüte von Aldi stecken. So will es nämlich „Dora“. Die „Freundin“ ist allerdings „G“ selbst. So ein Talent! Sie darf zwei Rollen spielen! Muss sogar. Denn momentan befinden sich zu viele Kolleginnen im Kittchen. Tja, der Beruf wird immer schwieriger und gefährlicher.
Zu bemerken: Zwei Sachen weiß „G“ nicht. 1.) dass sich Frau S. bereits mit Covid-19 angesteckt hat – auch wenn sie momentan keine Symptome zeigt außer einem scheinbar harmlosen Schnupfen und etwas Müdigkeit. 2.) „G“, sie ist zwar etwa 30 Jahre alt und fühlt sich pumperlgesund, doch sie hat einen Herzfehler und weiß davon nix. Ja, so was kommt mal vor. Nun klingelt die „Freundin (d.h., „G“) an der Tür. Frau S. öffnet. Nepperin und Geneppte stehen sich Angesicht zu Angesicht gegenüber.]
Frau S.: Aaatschi!! [Stachlige Corona Viren fliegen wild umeinander durch die Luft. Schnell finden Sie sich in den Augen, in der Nase, an den feuchten „G“-Lippen ja auch im Mund von „G“ ein gemütliches neues Zuhause. Die Gaunerin steht nix ahnend da und streckt die Hand zweckdienlich aus.
„G“: Prösterchen!
Frau S.: Danke, Schätzchen. Hier, nimm dir die Tüte [die übrigens voll mit Viren ist wie auch das Geld] und sag Ralf von mir gute Besserung. Dora soll mich anrufen, wenn sie Nachrichten hat. Toitoitoi.
„G“: Mach ich. Tschüssilein.
[Zwei Wochen vergehen. Inzwischen sind beide, Frau S. und „G“, ernsthaft an Covid-19 erkrankt und bedürfen beide des Zugangs zu einem Beatmungsgerät. Wie der Zufall es will, liegen sie nun beide Bett an Bett in der Intensivstation nebeneinander intubiert. Jawohl. Wir sind in Deutschland, und zum Glück bekommen beide die nötige Pflege! Doch nun die Überraschung: Während sich Frau S. nach und nach von der schrecklichen Lungenentzündung erholt, wird es für „G“ immer ärger. Ja, die Vorerkrankung am Herzen muckt auf. Eines Tages muss Frau S. nicht mehr beatmet werden und darf die Intensivstation verlassen. Eine Krankenschwester hilft ihr beim Aufstehen. Und nun sieht sie zum ersten Mal, wer ihre Bettnachbarin ist.]
Frau S: Ach, mein Kind! Wieso auch du? Du bist so jung! Übrigens wie geht es dem Ralf?
[„G“ schaut Frau S. mit großen, schwachen, unruhigen Augen an. Reden kann sie nicht, weil sie intubiert ist. Ich bin eindeutig im falschen Film, denkt sie. Es ist allerdings das letzte, was sie denkt. Denn nun gehen die Lichte aus]
Liebe „G“, hoffentlich liest du dieses Lehrstück, bevor es zu spät ist. Die Geschichte endet zwar nicht immer so rund wie hier. Trotzdem: sei nun vorgewarnt…
Na, liebe wegen der Covid-19-Seuche Eingesperrte, hat Sie schon der Lagerkoller gepackt? Wenn ja (auch wenn nein), sind Sie hier richtig.
Ein wenig Ablenkung ist zu jeder Zeit von Nutzen, umso mehr, wenn der Alltag – aus Gründen, die man nicht verändern kann – eintönig wird und man das Gefühl hat, die Decke fällt einem bald auf dem Kopf.
Aber bitte. So schlimm ist es zum Glück nicht. Sie dürfen weiterhin einkaufen gehen, eine Runde drehen, sogar mit dem Radl die Gegend erkunden.
Falls Sie nur per Zufall auf diese Seite gestoßen sind, Willkommen beim Sprachbloggeur, at your service für alles rundum die Sprache! Heute möchte ich ein bisschen Englischunterricht erteilen. Genauer gesagt, Ihnen ein paar Kniffligkeiten der englischen – genauer gesagt der amerikanischen – Aussprache erläutern, um Ihnen zu einer besseren Aussprache meiner Muttersprache zu verhelfen.
Doch zuerst etwas anders: Wissen Sie, warum der Koller Koller heißt? Wie es der Zufall will, ist diese Vokabel mit der „Cholera“ verwandt. Irgendwie passend.
Eigentlich bedeutet das Wort auf Griechisch „Galle“. Früher hat man geglaubt, dass der Körper verschiedene Säfte produzierte. Einer davon war der Gallensaft, und man glaubte, dass er in Überfluss, zornig, also „cholerisch“ machte.
Nebenbei: Die englische Sprache bevorzugt ein ganz anderes Wort für den Lagerkoller: „cabin fever“, wörtlich: „Hüttenfieber“. Denn im Winter kam man früher – vor allem auf dem Land – kaum vor die eigene Haustür. Dieses Eingesperrtsein empfand man als eine Art „Fieber“.
Doch jetzt, wie angekündigt, zurück zu den Kniffligkeiten der amerikanischen Aussprache. Allerdings: Die Ursache für die folgenden Aussprachefehler liegt eindeutig in einem Widerspruch zw. Aussprache und Schreibweise.
(Dieses Problem erleben auch Deutschlernende. Bis heute verstehe ich nicht, wieso man „gucken“ schreibt aber „kucken“ sagt. Dito „Libyen“ vs. „Lübien“).
Aber jetzt zum Englischen.
Erstes Wort: „bomb“. Jeder weiß, dass „bomb“ „Bombe“ bedeutet. Aber Vorsicht: Der Deutsche spricht die engl. Vokabel gern als „bomm-b“ aus, will sagen, mit einem hörbaren „b“ am Schluss. Wir sagen jedoch „bahmm“. Fertig. Achtung: Im Deutschen ist ein „Bombenerfolg“ etwas Positives. Fragen sie einen native speaker, wie die Party war, könnte er (oder sie) antworten: „It was a bomb“. Damit meint er (or sie) ein Reinfall. Die Bombe ist sozusagen eingeschlagen.
Zweites Wort: „iron“. Viele Deutsche sagen ohne zu denken „ei-ronn“ (manchmal sogar mit einem echten „Kaugummi-„r“). Dies ist falsch. Das Wort heißt „“ei-ern“ (mit Kaugummi-„r“). By the way: Dieser Wechsel zwischen „r“ und „s“ (wie bei „Eisen“ und „iron“) nennen die Sprachforscher „Rhotazismus“. Was in der einen Sprache ein „s“ ist, wird in der andren zu einem „r“. Andere Beispiele: englisch „was“, deutsch „war“; „deutsch verlieren“, englisch „lose“. Keine Ahnung, wieso es so ist.
Drittes Wort: „almond“, zu Deutsch „Mandel“. Beide Wörter werden vom lateinischen „amandula“ abgeleitet, was auf ein Griechisches „amagdyle“ zurückgeht und „Mandel“ bedeutet. Die Französischen und Spanier schreiben dieses Wort mit einem „l“. Warum, weiß ich nicht. Auf Englisch sagt man aber „a-munnd“ (kurzes „a“). Doch nun eine Komplikation: In den letzten Jahren fangen auch Amis und Brits, „al-munnd“ zu sagen – wie die Deutschen. Vielleicht um die Schreibart mit „l“ zu rechtfertigen. Gleiches ist nämlich mit „often“ passiert. Richtig wäre „off’n“, aber in den letzten Jahren betonen die Muttersprachler gern das „t“. Inzwischen meinen manche, dies klinge vornehmer.
Viertes Wort: „bugs“, Mehrzahl für „Insekten“. Deutsche sagen fast immer „bucks“, d.h., mit einem kurzen „u“ und einem stimmlosen „ks“. Nur: für den native speaker klingt das wie das engl. Wort für „Hirsch“ in der Mehrzahl (oder für „Dollars“ wie in „a thousand bucks“). Richtig (und schöner) wäre ein langes „u“ (klingt in etwa wie dt. „a“), gefolgt von einem stimmhaften „gs“.
Ende des Unterrichts.
Bleiben Sie aufmerksam und neugierig. Viren verschwinden, die Sprache bleibt bestehen.
Heute werde ich Ihnen verraten, wo das Toilettenpapier verschwunden ist. Da ich aber in erster Linie ein Sprachbloggeur bin, zunächst eine kurze Abhandlung über das Wort selbst: „Toilettenpapier“.
Über die Vokabel „Papier“ brauch ich nicht lang zu referieren. Denn jeder weiß, dass „Papier“ mit „Papyrus“ verwandt ist, womit ein Schilfgeflecht, worauf man in der Antike Texte schrieb, gemeint ist. Was Sie vielleicht nicht wissen: Dieses Wort „Papyrus“ stammt aus dem Altägyptischen und bedeutete damals „königliches Schreibzeug“. Im Ernst.
Da die Herstellung dieser Blätter recht zeitintensiv war, kam keine auf die Idee, sie im Klo als Abwischmittel zu verschwenden.
Aber jetzt zurück zum „Toilettenpapier“. Im Grunde handelt es sich bei diesem Begriff um reines Doppelgemoppeltes. Denn eine „toilette“ auf Französisch ist ein „Tüchlein“, genauer gesagt, die Verkleinerung von „toile“, „Tuch“. „Toilettenpapier“ könnte man also mit „königlichem Schreibzeugtüchlein“ übersetzen.
Lassen wir also, das mit dem „königlichen Schreibzeug“ beiseite, um den Blick ausschließlich auf das „Tüchlein“ zu fixieren.
Falls Sie meinen, dass die Franzosen „Tüchlein“, also „toilettes“, verwendeten, um ihre „derrières“ abzuwischen, muss ich Sie enttäuschen. Denn mit „toilette“ meinte man früher ein großes Tuch, das den Zweck hatte, die Ankleidekammer einer vornehmen Dame von ihrer Wohnstube zu trennen: das war quasi ein Vorhang. Hinter diesem Raumtrenner zog sich die edle Dame an, schminkte sich und setzte sich – wenn nötig – auf einen „pôt de chambre“ um ihr Nothdurft zu verrichten. Alltägliche Dinge und Handlungen sprachlich zu verschönern, machten Adlige gern. Das gemeine Volk drückte sich anders aus. Deshalb frisst das Volk, während das Adel speist.
Die Jahre vergingen, die Aufklärung klärte auf, und das Adel verrohte – mit der Folge, dass die Toilette nach und nach ausschließlich zum Begriff für den Ab-ort, den Ab-tritt mutierte. Die Engländer sagten dazu „water closet“ (ein abgeschlossener Ort, wo es Wasser gibt), was denn federführend fürs dt. „Klosett“, bzw. „Klo“ war.
So weit so gut. Es bleibt nur noch hinzuzufügen, dass eine irgendwann mal auf die Idee kam, das Säubern der Derrière mit Papier durchzuführen (Papier, nicht Papyrus). Wer sie war, weiß ich leider nicht. Sicherlich finden Sie alles darüber im WehWehWeh heraus.
Nebenbei. In der prüden Amerika des 20. (vielleicht s bereits im 19.) Jahrhunderts geriet das Wort „toilet“ als Begriff fürs „WC“ in Verruf aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann. Fortan war die Rede vom „bathroom“, also „Badezimmer“. Man fragte: „Excuse me, where is the bathroom?” Die Engländerinnen lachten über diese „vornehme“ Ausdrucksweise und pflegten auf diese Frage sarkastisch zu antworten: “Wieso? Wollten Sie sich baden?“. (Das ist übrigens ein alter Witz aus England, wo man nie aufgehört hat „toilet“ zu sagen).
Manche Amerikanerinnen sagen heute für „bathroom“ ersatzweise „restroom“ (also Ruhezimmer), oder man stellt die Frage: „Where can I wash my hands”? Damen verlangen nach dem “powder room”, als wollten sie nur die Nase pudern.
Es handelt sich, wie Sie sehen, um eine sehr knifflige Sittengeschichte. Aber jetzt kehre ich zur bitteren Wirklichkeit zurück. Wir leben momentan, wie jeder weiß, im Corona-Zeitalter. Das bedeutet, dass manche Leute der irrigen Meinung sind, sie müssen sich mit genügend Toilettenpapier für den Rest ihres Lebens eindecken. Aus diesem Grund wird Klopapier eifrig gehamstert. Noch schlimmer: Das Phänomen ist global!
Haben Sie von der dt. Hamsterin gehört, die das gehamsterte Klopapier im Keller hinter Schloss und Riegel gelagert hat? Eines Nachts schlich eine Diebin (oder mehrere) in den Keller und entwendete den ganzen Vorrat. Wobei natürliche auch die Lattentür und das Schloss des Abteils zu Bruche gingen. Kosten für die Reparatur der Tür: 700 Euro. Wert des Klopapiers: 4 Euro.
So ein Verbrechen kommt zum Glück nur selten vor. Aber der Rest des verschollenen Toilettenpapiers, wo ist er geblieben? Wo sind die abertausenden gehorteten Klopapierrollen verschwunden?
Nur so viel darf ich dazu sagen: In ca. zwölfhundert Jahren werden Archäologinnen an mehreren Stellen in der westlichen Welt auf Unmengen verrotteter Toilettenpapierpackungen stoßen. Sie werden Theorien aufstellen. Die Rede wird von einer einstigen, kurzlebigen Religion sein, die in der dunklen Vergangenheit wie ein Strohfeuer die Welt erfasste, um bald wieder in Vergessenheit zu geraten.
„Toilettisten“ werden sie die Anhängerinnen dieser Sekte nennen und nach immer genaueren Infos darüber forschen. Es werden viele Doktorinarbeite entstehen.
Wir wissen freilich, dass es ganz anders war.
Vielleicht sagt Ihnen „Das Dekameron“ etwas. So nannte der italienische Schriftsteller Giovanni Boccaccio die Sammlung von einhundert Geschichten, die er Mitte des 14. Jh. geschrieben hat. Ich glaube nicht, dass sie auf Netflix zu sehen sind.
Die Rahmengeschichte zu den 100 Geschichten sieht folgendermaßen aus: Wir schreiben das Jahr 1348 oder so. Das Corona-Virus wütet in Florenz. Sieben junge Frauen und drei junge Männer nehmen Zuflucht in einem Landhaus außerhalb der Stadt. Schöne Gärten usw. Natürlich holen sie sich zuerst so viel Toilettenpapier und Nudeln wie nur möglich bei Edeka oder Rewe (kein Lidl damals). Immerhin ist Italien bekannt für seine prima Pasta. Dann ab in die Ferraris und wrrruumm aufs Land.
Als Zeitvertreib erzählen sie sich Geschichten, Geschichten zu verschiedenen Themen. Jeder erzählt täglich eine Geschichte und dies zehn Tage lang. Also 10x10=100. Dann ist die Luft wieder rein, und sie kehren in die Stadt zurück.
Hier nun eine Geschichte:
Ein Bäcker kauft seine Butter von seinem Freund, dem Milchbauer, schon seit Jahren, und diese wird in ein Kilo-Stücken geliefert. Eines Tages legt er aus einer Laune heraus einen frisch gelieferten Butterblock auf die Waage und stellt überrascht fest, dass er weniger als ein Kilogramm wiegt. Das macht ihn stutzig. Von nun an wiegt er die Butterblöcke ständig zur Kontrolle. Es ist immer dasselbe: Sie wiegen weniger als ein Kilo. Nun ist er überzeugt, dass ihn sein alter Freund der Milchbauer seit Jahren betrügt. Er zeigt ihn an.
„Vielleicht möchten Sie sich zu den Vorwürfen äußern, sagt der Richter zu dem Milchbauer, ‚denn ein Betrug scheint hier vorzuliegen.“
„Betrug, Herr Richter?“ sagt der Milchbauer, „Ich habe in meinem ganzen Leben noch niemanden betrogen. Der Bäcker hat von mir schon immer genau ein Kilo Butter bekommen.“
„Wie können Sie sich so sicher sein?“ fragt der Richter.
„Ganz einfach. Ich habe schon immer seine ein Kilo Brotlaibe als Gegengewicht benutzt, um die Butterstücke abzuwiegen.“
Oder noch eine Geschichte. Diese erzählt von einem Analphabeten namens Luigi, der unbedingt nach Florenz umsiedeln wollte. Dies geschah allerdings lang, bevor das Corona-Virus wütete.
Mutig wie er war, folgten Worten bald Taten, und Luigi zog mit seinem bescheidenen Hab und Gut in die Großstadt und bezog eine kleine Wohnung in der Nähe von der Basilika Santa Croce. Damals waren Wohnungen nicht besonders teuer. Und nun wollte er Arbeit finden. Doch wer möchte in einer kosmopolitischen Stadt wie Florenz einen anstellen, der weder des Schreibens noch des Lesens kundig war?
In der Hoffnung etwas schnell zu finden, rief er in das Arbeitsamt im Palazzo Vecchio an und bekam bereits für den nächsten Tag einen Termin um acht Uhr.
„Übrigens. Ich kann“, sagte er dem Telefonisten, „weder lesen noch schreiben.“
„Das werde ich anmerken“, sagte die Telefonstimme.
Am nächsten Tag begab er sich pünktlich um acht ins Arbeitsamt im Palazzo Vecchio und stellte sich an der Anmeldetheke vor. Die Empfangsdame bat ihn höflich darum, sich hinzusetzen. Das tat er auch. Und nun wartete er. Er wartete und wartete und wartete.
Schon war es neun Uhr. Noch immer saß er fest. Mittlerweile waren auch andere Jobsuchende gekommen. Sie wurden aufgerufen und gingen dann wieder frohen Mutes. Er hingegen saß nur und wartete.
Nun war es schon zehn Uhr. Er harrte da wie eine vergessene Einkaufstüte. Bald war es elf Uhr. Die restliche Kundschaft kam und ging auf laufenden Band. Nur er blieb übrig. Hat man mich vergessen?
Um zwölf Uhr hörte er, wie einer seinen Namen ausrief. Er war endlich an der Reihe.
Er trat ins Büro ein. Man bat ihn Platz und ebenfalls sogleich eine Arbeitsstelle! Und zwar eine sehr wichtige, gut bezahlte Beamtenstelle. Er sollte nämlich für die Vernichtung von Geheimdokumenten zuständig sein. „Bitte entschuldigen Sie, dass wir Sie so lange warten ließen“, erklärte der Beamte vom Arbeitsamt. „Wir wollten aber hundert Prozent sicher sein, dass Sie wirklich nicht lesen und schreiben können. Vier Stunden saßen Sie im Wartezimmer und haben während dieser Zeit keine Zeitschrift, keine Zeitung durchblättert, wie andere es tun, um die Zeit zu vertreiben. Nur einmal haben Sie La Nazione in die Hand genommen, aber Sie haben das Blatt verkehrt rum gehalten. Dann wussten wir: Wir haben den richtigen gefunden für diese wichtige Stelle!“
Ja, es war wirklich eine sehr verantwortungsvolle Beamtenstelle, und der Mann hat dort viele Jahre erfolgreich gearbeitet.
Das sind nur zwei kurze Geschichten. Ich hätte noch einige auf Vorrat: Geschichten über Liebe und Verrat, über Abenteuer und Hingabe, über Pietät und Wollust. Aber keine Sorge, wir haben noch viel Zeit für die Fortsetzung…
Ich hatte mal einen Lehrer, der sehr von sich überzeugt war. Ich werde seinen Namen nicht verraten. Auf Englisch würde man sagen: „he was full of himself“. Schöne Redewendung, gell? Das wusste er allerdings nicht, und ich hab’s ihm nie unmissverständlich verraten. Das ist nun mal der Preis, den man zahlt, wenn man höflich (bzw. feige) ist.
Immerhin: Einmal hab ich ihm doch Vorwürfe gemacht. Leider habe ich die Details vergessen. Typisch. Kein Wunder, dass ich kein Anwalt geworden bin.
So viel weiß ich dennoch: Meine Vorwürfe waren berechtigt. Wie hat er darauf reagiert? Er schaute mich mit wässrigen Augen an (er war schon ziemlich alt und vergraut) und sagte: „Was kann man von mir erwarten? Meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Ja, ich bin ohne Mutter groß geworden. Deswegen bin ich so!
Sie sehen: Er war wirklich nicht auf dem Mund gefallen. Manchmal sagte er: „Ich hätte Conférencier werden können. Hatte er recht. So sind halt die Narzissten.
Mir fällt dieser nicht besonders sympathische Mensch ein, weil ich eigentlich über Superlative erzählen will. Superlativ: D.h. gut…besser…beste. Dem eingebildeten Lehrer sagte ich einmal, als er mir eine Aufgabe gab: „Ich werde mein Bestes tun.“
Wie aus der Pistole geschossen, antwortete er: „Dein Bestes ist aber nicht gut genug.“ Danke für die freundliche Ermunterung. „Aber meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt…“
Mein Bestes sei nicht gut genug. Interessante Idee, und deshalb halte ich diesen Lehrer für einen Propheten – nicht allerdings bzgl. Meiner persönlichen Leistungen, sondern bzgl. des neuen Zeitgeistes des fortschreitenden 21. Jh.
Ihnen ist mit Sicherheit schon aufgefallen, dass alles stets im Begriff ist, größer und „besser“ zu werden. Modellpflege halt. Apfel, Android, Samsung 6..7…8…9…10 usw. Panta rhei sagte Heraklit. Alles fließt.
Auch die Portionen in den Fast-Food-Restaurants werden stets größer wie die Menschen selbst. Eine gute Zeit, adipös zu sein.
Oder die Vermögen! Nur ältere Menschen erinnern sich noch, dass man als reich galt, wenn er mehr als eine Million (Dollar, Pfund, DM usw.) auf der hohen Kante hatte. Superreich waren diejenigen mit zehn Millionen oder hundert Millionen! Alles heute nur noch gehobener Mittelstand. Eine Milliarde = 1000x 1. Mio.
Früher wünschten sich Amerikaner im Alltag als Höflichkeitsfloskel „Have a nice day“. Klang ein bisschen abgedroschen, war aber freundlich gemeint. Inzwischen heißt es: „Have a great day“ –, oder besser: „a fantastic day“. Ja. „Nice“ war leider, wie mein damaliger Lehrer gesagt hätte „nicht gut genug“.
Nach „noch und nöcher“ „ kommt bestimmt mal „am nöchesten“.
Halt!!
Der Anlass für diese harmlose Tirade hat eigentlich mit einem Wort, das ich gestern im Internet (eines Tages wird es vielleicht auch ein „Outernet“ geben) entdeckt habe: „Prosumer“. Kennen Sie es? So nennt man einen, der als Konsument besonders hohe Ansprüche hat. Der Begriff ist ein sog. „Portmanteau“ – zu Deutsch „Kofferwort“. Will sagen: eine Kombination zweier Begriffe, um einen neuen Begriff zu fabrizieren wie „smoke“ + „fog“ = „smog“. In diesem Fall „pro“ (dt. „Profi“) + „consumer“ = „prosumer“. Fantastisch, nicht wahr?
Die dt. Entsprechung für „prosumer“ existiert schon: „Prosument“. Zugegeben: Sie macht aber erst seit ein paar Jahren die Runde. Kann sein, dass Sie ihr noch nicht begegnet sind.
Noch großartiger fände ich den „proaktiven Prosumenten. Sehen Sie: Auch die dt. Sprache wird großartiger.
Hallo Donald!
Superbeste Grüße
Ihr Sprachbloggeur
Ich hatte mal einen Lehrer, der sehr von sich überzeugt war. Ich werde seinen Namen nicht verraten. Auf Englisch würde man sagen: „he was full of himself“. Schöne Redewendung, gell? Das wusste er allerdings nicht, und ich hab’s ihm nie unmissverständlich verraten. Das ist nun mal der Preis, den man zahlt, wenn man höflich (bzw. feige) ist.
Immerhin: Einmal hab ich ihm doch Vorwürfe gemacht. Leider habe ich die Details vergessen. Typisch. Kein Wunder, dass ich kein Anwalt geworden bin.
So viel weiß ich dennoch: Meine Vorwürfe waren berechtigt. Wie hat er darauf reagiert? Er schaute mich mit wässrigen Augen an (er war schon ziemlich alt und vergraut) und sagte: „Was kann man von mir erwarten? Meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Ja, ich bin ohne Mutter groß geworden. Deswegen bin ich so!
Sie sehen: Er war wirklich nicht auf dem Mund gefallen. Manchmal sagte er: „Ich hätte Conférencier werden können. Hatte er recht. So sind halt die Narzissten.
Mir fällt dieser nicht besonders sympathische Mensch ein, weil ich eigentlich über Superlative erzählen will. Superlativ: D.h. gut…besser…beste. Dem eingebildeten Lehrer sagte ich einmal, als er mir eine Aufgabe gab: „Ich werde mein Bestes tun.“
Wie aus der Pistole geschossen, antwortete er: „Dein Bestes ist aber nicht gut genug.“ Danke für die freundliche Ermunterung. „Aber meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt…“
Mein Bestes sei nicht gut genug. Interessante Idee, und deshalb halte ich diesen Lehrer für einen Propheten – nicht allerdings bzgl. Meiner persönlichen Leistungen, sondern bzgl. des neuen Zeitgeistes des fortschreitenden 21. Jh.
Ihnen ist mit Sicherheit schon aufgefallen, dass alles stets im Begriff ist, größer und „besser“ zu werden. Modellpflege halt. Apfel, Android, Samsung 6..7…8…9…10 usw. Panta rhei sagte Heraklit. Alles fließt.
Auch die Portionen in den Fast-Food-Restaurants werden stets größer wie die Menschen selbst. Eine gute Zeit, adipös zu sein.
Oder die Vermögen! Nur ältere Menschen erinnern sich noch, dass man als reich galt, wenn er mehr als eine Million (Dollar, Pfund, DM usw.) auf der hohen Kante hatte. Superreich waren diejenigen mit zehn Millionen oder hundert Millionen! Alles heute nur noch gehobener Mittelstand. Eine Milliarde = 1000x 1. Mio.
Früher wünschten sich Amerikaner im Alltag als Höflichkeitsfloskel „Have a nice day“. Klang ein bisschen abgedroschen, war aber freundlich gemeint. Inzwischen heißt es: „Have a great day“ –, oder besser: „a fantastic day“. Ja. „Nice“ war leider, wie mein damaliger Lehrer gesagt hätte „nicht gut genug“.
Nach „noch und nöcher“ „ kommt bestimmt mal „am nöchesten“.
Halt!!
Der Anlass für diese harmlose Tirade hat eigentlich mit einem Wort, das ich gestern im Internet (eines Tages wird es vielleicht auch ein „Outernet“ geben) entdeckt habe: „Prosumer“. Kennen Sie es? So nennt man einen, der als Konsument besonders hohe Ansprüche hat. Der Begriff ist ein sog. „Portmanteau“ – zu Deutsch „Kofferwort“. Will sagen: eine Kombination zweier Begriffe, um einen neuen Begriff zu fabrizieren wie „smoke“ + „fog“ = „smog“. In diesem Fall „pro“ (dt. „Profi“) + „consumer“ = „prosumer“. Fantastisch, nicht wahr?
Die dt. Entsprechung für „prosumer“ existiert schon: „Prosument“. Zugegeben: Sie macht aber erst seit ein paar Jahren die Runde. Kann sein, dass Sie ihr noch nicht begegnet sind.
Noch großartiger fände ich den „proaktiven Prosumenten. Sehen Sie: Auch die dt. Sprache wird großartiger.
Hallo Donald!
Superbeste Grüße
Ihr Sprachbloggeur
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