Googelt Google Google? Wenn ja, wird (er? es? sie?) auch diese Glosse zum Thema „Google“ gegoogelt haben.
Nein, heute kein tiefschürfender Traktat über Google als Datenkrake. Anyway, wer kann das? Nicht einmal Google! Dieser Betriebsmoloch hat sich längst in wirre Zuständigkeitsbereiche zerteilt, nennt sich pro forma „Alphabet“ (oder meine ich „Google“? muss ich mal googeln). Google weiß längst alles. Das sagen alle – außer vielleicht die Chinesen, die Iraner oder die RussInnen. Doch auch da bin ich mir nicht ganz sicher.
Nebenbei: Gerade habe ich die Gender-Frage bezüglich Google gegoogelt: Auf einer Seite namens „Gute Frage“(vielleicht kennen Sie sie) heißt es, dass 88% der Befragten für das, 11% für die und 0% für der Google gestimmt haben. Wer mathematisch bewandert ist, hat bereits festgestellt, dass 88+11=99. Was mit dem fehlenden 1% passiert ist, vermag ich leider nicht zu sagen. Über Gender-Fragen muss man ohnehin heute besonders vorsichtig sein. Übrigens, es waren, wenn ich das noch in Erinnerung habe, 17 Menschen, die an der Beantwortung dieser mir wichtigen Frage bei „Gute Frage“ teilgenommen haben.
Bleiben wir also bei der Mehrheitsmeinung. Es heißt für mich fortan das Google.
Seit 2017, im Februar, besitzen wir (d.h. meine Frau und ich) keinen Fernseher mehr. Der ist damals hops gegangen, und irgendwie sind wir nie wieder dazugekommen einen neuen Apparat zu besorgen. Der alte war übrigens ein altes Röhrengerät. Insofern habe ich über den letzten Jahren mehrere Episoden von „Hilfe, ich bin ein Sternchen, hol mich hier raus“ verpasst sowie auch unzählige Tatort-Folgen, diverse Filme, TV-Dramen, Tiersendungen etc. Leider vergesse ich immer wieder, mein „Magenta-Konto“ bei Telekom zu kündigen. Allmählich geht das ins Geld.
Doch auch ohne Fernseher kann man heutzutage fernsehen. Via Streaming! Jeden Tag schau ich mir um zwölf Uhr im ARD die Heute-Sendung an. Und wenn Freund René einen Filmauftritt hat, sehe ich ihn – alles halt am Rechner.
Außerdem pflege ich als kleine Ablenkung und als Fernsehersatz (vor allem wenn ich mit dem Schreiben oder Recherchieren die Nase voll habe) YouTube-Videos anzuklicken – meistens sind das kürzere Videos und nur zu bestimmten Themen.
Ab jetzt hagelt es von mir Kritik:
Früher verfügte das gute Google über einen Algorithmus, der passend zu mir war. Meine Vorlieben sind nämlich Videos über Musiktheorie wie auch übers Mandolinenspielen. Eine Zeitlang habe ich mich auch für Jordan Peterson-Vorträge interessiert. Vermittels des alten Algorithmus konnte ich davon ausgehen, dass gerade solche Videos auf mich dank dem Cookie-Geschäft warteten, wenn ich YouTube anpeilte. Ein paar andere Themen wurden zwar einem auch angeboten, aber man musste weiter scrollen, um sie überhaupt wahrzunehmen. Meistens blieb dieser Schuster bei seinen Leisten.
Das war damals. Inzwischen hat das gute Google den Algorithmus verändert, will wohl meinen Horizont erweitern. Genauer gesagt: Ich bekomme alles Mögliche angeboten, was mir nie im Sinne gekommen wäre, zu suchen. Vielleicht betreibt das kluge Google dadurch wirklich pädagogische Ziele.
Zum Beispiel gestern. Auf einmal wimmelte die YouTube-Seite vor lauter alten Filmaufnahmen aus den frühen Jahren des 20. Jh., die Hinrichtungen zeigten – oder zumindest die Augenblicke, bevor der Delinquent ins Jenseits befördert wurde. Da ich wie jeder andere schwach und neugierig bin, habe ich mir zwei – sehr kurze – Filme dieser Gattung angeschaut: ein Garottieren aus Spanien (igitt) und Aufnahmen von zwei Terroristen in Bulgarien, die kurz nach Verkündung der Todesstrafe gefilmt wurden. Das hat mir dann gereicht. Die diversen Galgenszenen habe ich mir dann erspart. Zudem war die YouTube-Seite voll mit unterschiedlichen Videos, die zeigten, wie mann sich am besten rasiert. Hab mir eins kurz angeschaut, es hatte bereits hunderttausende Hits. Ehrlich gesagt, interessiere ich mich nicht besonders für Männer, die mit Rasierschaum am Gesicht übers Rasieren reden. Und dann fand ich Videos, die vorpubertäre Knaben und Mädchen beim genderfreien Ringkampf zeigten. Notabene: Die Kinder waren sehr dürftig angezogen. Paradies für Pädophilen! Warum, frag ich mich, wird mir all dies plötzlich angeboten? Ganz klar: einem neuen Algorithmus geschuldet. Verdient Google, wenn einer an diesem Circus teilnimmt?
Oh ja. Beinahe die Interviews vergessen, die Menschen zeigen, die sich noch ans 19. Jh. erinnern. Wer Zeit und Lust hat, kann Stunden mit so einer drögen Unterhaltung verbringen.
Ich könnte obige Liste endlos fortführen. YouTube hat für jeden Geschmack etwas – auch wenn man’s nicht will. Falls Sie beispielsweise Interesse haben, die Stimme vom Zar Nikolai II zu hören, Sie finden sie!
Ich habe vom obigen Tatbestand einem Freund in den USA berichtet. Seine Antwort: Willkommen im 21. Jh. am dritten Planeten von der Sonne.
Vielleicht soll ich mir einen Fernseher doch wieder gönnen.
Ob Google über Google googelt? Jetzt wird’s spannend…
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