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Younes A. im Jenseits…

1. Szene - Landstraße, rundherum Bäume

Younes A.: Ich knall euch ab!

Guardia Civil: Manos arriba, sonst knallt’s.

Younes A.: Mich kriegt ihr nicht, Scheißbullen.

Guardia Civil: Waffe fallen lassen!

Sargento: He! Schaut! Er hat einen Sprengstoffgürtel an!

Younes A.: Ich bring euch um, hijos de puta! Haut ab! (Er bewegt sich geringfügig nach vorne).

Guardia Civil: Stehnbleiben, oder wir schießen!

Younes A.: Leckt mich! (Polizei zielt.) Allahu akbar!

PENG PENG PENG PENG PENG PENG

2. Szene - Alles hellgrau wie Nebel. Kein oben, kein unten. Kein Boden kein Himmel. Keine Wände. Nix.

Younes A.: Verfehlt! Haha! Nix tut weh. Sie sind weg. Ich hab’s geschafft. Haha. (hält kurz inne). He, wo bin ich? Ich seh nix. Ich hör nix. Alles ist grau. Ich hab das Gefühl, dass ich irgendwie schwebe, aber mir ist nicht schwindlig, und ich habe keine Angst, dass ich runterfalle. Komisch. Halloooo! Ist jemand da? (Stille) Allah? Bis du da? (Stille). Huhuuuu! Halloooo! Hmm. Hab ich mein Fon dabei? (Er will in seine Hosentasche langen) Scheiße. Nicht da. Ich finde die Tasche gar nicht. Ich finde nix. Das ist ja komisch. Irgendwo muss ich sein. So viel Nebel. Hab ich geschlafen?

(Eine Erscheinung tritt in die Sichtbarkeit. Younes A. erschrickt)

Younes A. He! Wer bist du? ( Keine Antwort) Sage! Wer bist du? (immer noch keine Antwort.).

PIEP!

Younes A.: (erschrickt) Eine Nachricht von Whatsapp? Endlich! Aber ich finde mein Fon nicht… verdammt nochmal. He. Wer bist du? (Die Erscheinung tritt an ihn heran). Ich kenn dich. Ja, ich kenn dich! Ja! Ja! Ja! Du bist es, o verehrter Lehrer Abdelbaki! Ja, du bist es in der Tat, Altes Haus! Asslama, ya Scheich! (Stille). Sag bitte, wo sind wir? Moment…Moment…jetzt erinnere ich mich…du bist ja…tot! Ich hab’s in den Nachrichten gesehen. Wieso bist du…denn…da? Bist du…zurückgekehrt? Oder…ich meine…he, he…nein, es kann nicht sein. Bin auch ich…tot? (Keine Antwort von seinem Gegenüber). Sag etwas…bitte…Sag etwas endlich! Warum redest du nicht. Du hast immer die passende Antwort gehabt, und jetzt schweigst du. Sag etwas…endlich! (Schweigen). Judensau, sprich! Jetzt reicht’s. Hast du verstanden?! Jetzt reicht’s. Wenn einer nicht auf den Mund gefallen war, dann bist du’s gewesen; hab ich immer gedacht. Was sagst du dazu?

PIEP!

Younes A.: Wo kommt das her? Ich finde mein Fon nicht. Hast du ein Fon dabei?

Abdelbaki: Ja, hab ich.

Younes A.: Na endlich. Du kannst doch reden. Ruft einer an?

Adbelbaki: Ja, und es ist für dich. (Er reicht Younes A. das Fon).

Younes A.: Hallo? Hallo? Da redet einer, aber ich versteh nix. Was sagt er?

Abdelbaki: Ich versteh auch nichts.

Younes A.: Was spricht er?

Abelbaki: Klingt wie Hebräisch.

3. Szene: Ein großer Raum. Sehr farbig. Viele Bilder an der Wand. Viele Menschen warten auf etwas…warten…auf etwas….

Der Spoiler, die Spoiler, das Spoiler…die Pointe

Als ich vor ein paar Wochen über „Game of Thrones“ berichtete, hatte ich leider vergessen, das mit dem „Spoiler“ zu erwähnen.

Spoiler? Schon wieder eins dieser neudeutschen Wörter (schon im neuen Duden?).

Neulich habe ich J. darüber gefragt - er ist fünfzehn und ziemlich auf den Laufenden -, ob er was über Spoiler wisse.

„Na klar“, erwiderte er und strotzte vor Selbstbewusstsein. Zwar hat er mir dann die Bedeutung dieses Wortes gar nicht verraten, man hat trotzdem geglaubt, dass er Bescheid wusste.

„Sag aber. Heißt es ‚der Spoiler‘‚das Spoiler‘ oder vielleicht ‚die Spoiler‘?“

„Man sagt, was man will“, antwortete er und zuckte mit den Achseln. „Der Spoiler, das Spoiler, die Spoiler. Ist ja egal.“

„Und was sagst du?“

„Kommt darauf an, wie ich mich fühle. Heute bin ich in einer… das Spoiler Stimmung. Aber morgen wird’s vielleicht die Spoiler sein. Man kann’s nie wissen.“

Dieses Gespräch mit J. werde ich nicht weiter schildern, zumal man bereits merkt, dass der Ton etwas schnodderig ist. Für mich aber ein Zeichen, dass J. ganz normal ist. Ich wünschte, ich wäre in seinem Alter ebenso schnodderig in meinem Umgang mit Erwachsenen gewesen.

Englisch „spoil“ bedeutet „verderben“, so wie wenn Lebensmittel verfaulen. Auch manche schnodderige Kinder bezeichnet man als „spoiled“. Doch dann wird das Wort mit „verwöhnt“ ins Deutsch übersetzt. Nein, damit meine ich nicht J. Überhaupt nicht. Er ist schnodderig, aber ich glaube nicht, dass er verwöhnt ist.

Im Neuenglischen ist die Rede von einem „Spoiler“, wenn einer den spannenden Schluss einer Geschichte öffentlich verplappert mit der Absicht, anderen den Spaß zu verderben. Damit verwandt ist die „Spoiler Alert“ (Spoilerwarnung). So heißt es, wenn, z.B., ein Rezensent über einen Film oder Buch berichtet und den überraschenden Schluss in seinem Text offenbart. Er gibt den Leser aber genügend Zeit, mit der Lektüre aufzuhören. Das nennt man eine „Spoiler alert“. Eigentlich ein anständiges Benehmen.

Das Wort „Spoiler“ tauchte neuerdings oft in den Nachrichten auf. Denn irgendwelche Hackers hatten die neuesten Folgen von „Game of Thrones“ geklaut und drohten, falls man ihnen nicht muchos Bitcoins überweisen würde, den Spoiler (ja, ich hab mich für „der“ Spoiler entschieden) zu posten. Gä-ä-ä-h-n. Ich habe vergessen, wie die Geschichte ausgeht.

Auch ich war mal Opfer eines Spoilerangriffs. Ich war damals so alt wie J. und, wie schon erwähnt, leider nicht so schnodderig.

Der Alfred Hitchcock Film „Psycho“ lief gerade in den Kinos und war der große Renner. Jeder wusste, dass der Film wahnsinnig spannend und grausam war. Ich war auf dem Weg ins Kino, um es zu sehen und freute mich sehr. An der Ecke traf ich zufällig auf Tommy G. und verkündete erfreut, „Ich gehe ins Kino, um ‚Psycho‘ zu sehen!“

„He, krasser Film“, antwortete er…und dann…dann, im nächsten Augenblick plapperte er mir gnadenlos den spannenden Schluss, genauer gesagt, den Namen des Täters, aus.

Ich, liebe Leser, bin selbst kein Spielverderber. Ich verrate Ihnen - auch heute nicht -, diesen spannenden Schluss zu „Psycho“. Wer weiß? Vielleicht gibt es noch da jemanden, der diesen alten Streifen noch nie gesehen hat. Dem will ich den Spaß nicht spoilen.

Ich saß an dem Tag im Kino. Mir war vollbewusst, wer der Täter war. Aber wissen Sie. Bald war es mir egal. Denn die Umstände waren viel wichtiger als die Identität des Täters, um den Schluss spannend zu halten. Da hätte mir der rücksichtslose Tommy G. viel mehr verraten müssen - lange Sätze sogar -, um mir den Spaß zu verderben.

Seitdem weiß ich, dass eine Story, die nur von der Pointe lebt, meistens eine schlechte Story ist. Gute Geschichten kann man nie spoilen.

Sagen Sie mir, woher die Pop-up-Werbung kommt

[Nacht. Im finsteren Schlafzimmer]

Vorstandsvorsitzender: Wurm!

Wurm: [ liegt im Bett und öffnet die Augen ] Herr? Sind Sie das?

Vorstandsvorsitzender: Wer soll es sonst sein…Ihr Kopfkino?

Wurm: Aber wie kommen Sie dazu…

Vorstandsvorsitzender: Was heißt, wie ich dazu komme?! Ich herrsche über Sie…oder? Oder haben Sie etwa vergessen?

Wurm: Nein, o Herr des Universums…

Vorstandsvorsitzender: …so ist brav. Ja, so heiße ich. Beinahe habe ich gedacht, Sie hätten vergessen.

Wurm: O nein, o Herr. Auch wenn Sie lange…tot…sind.

Vorstandsvorsitzender: Ich? Tot? Unsinn!

Wurm: Nein, o Herr. Sie sind definitiv tot…Das weiß ich genau. Ich war nämlich da, als es passiert ist. Ich hab alles gesehen. Gerade hatten Sie den allerletzten Angestellten - ich glaube, er war von der Müllabfuhr - gefeuert, und dann wollten Sie auch mich feuern…obwohl ich längst für Sie als Freier arbeitete…

Vorstandsvorsitzender: Ja, das war großartig, nicht wahr? Ich habe alle Zeitschriften in Kambodscha schreiben und herstellen lassen. Eine geniale Idee! Radikal! Vorwärtsdenkend!

Wurm: Ja, o Herr, aber dann sind Sie vor meinen Augen zusammengesackt. Ihr Gesicht wurde so grau wie Ihr Armani-Anzug. Es geschah, nachdem ich Ihnen erzählt hatte, dass Sie die Rechnung ohne Internet gemacht hatten. „Idiot!“ sagten Sie zu mir, und dann verdrehten Sie die Augen und waren weg.

Vorstandsvorsitzender: Unsinn!! Ich hatte immer großartige Ideen. Oder nicht, lieber Wurm?

Wurm: (stumm)

Vorstandsvorsitzender: Ich hab gesagt: ODER NICHT, LIEBER WURM?

Wurm: Ja, o Herr des Universums.

Vorstandsvorsitzender: Und jetzt behaupten Sie, ich sei tot! Schade.

Wurm: Herr?

Vorstandsvorsitzender: Denn ich hätte wieder Arbeit für Sie. Schauen Sie mich nicht so dankbar an. Ja, Arbeit! Für Sie! Und ich lasse Sie sogar wieder anstellen! Na? Was halten Sie davon?

Wurm: Tut mir leid, o Herr. Ich habe aber längst eine neue Arbeitsstelle.

Vorstandsvorsitzender: Was!! Sind Sie mir etwa untreu geworden!? Für wen arbeiten Sie?

Wurm: Ich arbeite für eine Firma, die Pop-up-Werbung produziert. Wissen Sie, was das ist?

Vorstandsvorsitzender: Natürlich! Weiß ich nicht alles, mein Wurm? Werbung ist Werbung! Oder? Ach, mein braver Wurm, kein Wunder, dass Sie stets mein Lieblingsmitarbeiter waren. Erzählen Sie: Verdienen Sie gut?

Wurm: O ja, o Herr. Sehr gut. Aber die Kundschaft hasst mich…

Vorstandsvorsitzender: Großartig! Ich war doch ein guter Lehrer, nicht wahr? Hmmm. Aber… was halten Sie davon, wenn wir zwei alte Freunde wieder zusammenarbeiteten? Sie wissen: Ich habe immer die besten Ideen. Nicht wahr? Es wäre, wie in den guten alten Zeiten. Ähh? Möchten Sie das? Auch ich bezahle sehr gut. Das wissen Sie. Und auch ich bin ein Meister der Pappa-Werbung! Wie könnte es anders sein? Morgen kommen Sie in mein Büro. Da besprechen wir zwei die Details. Vergessen Sie nicht Ihren Lunch mitzubringen. Es könnte länger dauern. Ich habe großartige Ideen. Ich bin gut. Wirklich gut. Wurm? Hören Sie mich? Hören Sie mich? Wurm! Wo sind Sie? Wo ist der Idiot? Sofort erscheinen, Wurm, oder Sie sind gefeuert! Wurm? Ach zur Hölle mit ihm. Er ist gar nicht mehr unterhaltsam. Im Ernst. Heute findet man keine gute Arbeitskräfte mehr. Zur Hölle mit ihm…

Wurm: Huch. Gerade hatte ich einen Traum. Er war sehr intensiv, und ich schwitze noch. Doch schon hab ich ihn vergessen. Bald wird‘s wieder Tag, und ich habe viel zu tun. Die Leute unglücklich zu machen ist immer eine schwere Arbeit, aber es ist Arbeit… nicht wahr?

„Game of Thrones“? Wie bitte?

Folgendes weiß ich über „Game of Thrones“ („GoT“ genannt):

1.) Es ist eine TV-Serie.
2.) Es läuft seit einigen Jahren.
3.) Es ist bekannt.

Freund E., wie ich Amerikaner, erklärte mir, in GoT die Figuren werden von Folge zu Folge abgemurkst; außerdem bumsen sie ziemlich viel.

Leider kann ich diese Behauptungen Freund E.‘s. selbst nicht bestätigen. Denn ich hab noch nie eine Folge der „Kultserie“ (so wird sie in den Medien genannt) gesehen. Ich wüsste nicht einmal, wo sie im Fernsehprogramm zu finden wäre…

…umso weniger, weil unser Fernseher seit fünf Monaten kaputt ist, und ich mich noch nicht dazu animieren hab können, einen neuen Apparat zu anzulegen. Irgendwie komme ich ohne TV bestens aus.

Hören Sie das, liebe Fernsehanstalten? Wenn es Weitere gibt wie mich, könnte es Euch an den Kragen gehen - vor allem wegen der fehlenden Werbung.

Nebenbei: Wissen Sie, wie man auf Englisch „mein Fernseher ist kaputt“ sagt? Ich biete Ihnen jetzt eine elegante Übersetzung: „My TV is on the fritz.“ „On the fritz“? Ja, weil am Anfang des 20. Jahrhunderts Billigware nicht aus China, sondern aus Deutschland kam, und die Dinge gingen schnell kaputt, on the „fritz“ also. Manchmal sagten die Engländer „gerry [also „German“] built“, um eine billige Bauart zu beschreiben.

Man kann übrigens auch „my TV went on the blink“ sagen.

Aber zurück zu „Game of Thrones“. Freund E. meinte, dass die Leute Kostüme tragen wie im alten Rom. Seine Tochter D. wiedersprach. Sie meinte, das seien Kostüme aus dem Mittelalter. Ich weiß es nicht.

Neulich hätte ich vielleicht Gelegenheit gehabt, GoT selbst zu erleben. Meine Frau und ich verbrachten nämlich eine Woche in einer Ferienwohnung in Hamburg im Grenzgebiet zwischen St. Pauli und Schanze. Nette Gegend, wenn man von den Scheißgraffitis absieht. (Es wurde übrigens auch auf unserer Straße randaliert. Die „G20“-Schmierereien sind da noch zu sehen, wie archäologische Spuren einer antiken Kultur).

In der Wohnung hatten wir einen Fernseher dessen Bildschirm beinahe so groß war wie die Leinwand im ARRI-Kino in München - und obendrein in HDR-Format. Um den Fernseher einzuschalten, hatten wir drei Fernbedienungen nötig: eine um das Gerät selbst einzuschalten, eine um die Stereo-Lautsprecher einzuschalten und letztlich eine, um die Kanäle zu wechseln („channel surfing“). Ich habe meine Forschungen beim 150. Sender eingestellt. Keine Ahnung, wie viele es noch gegeben hätte.

Von daher aber bin ich überzeugt, dass auch GoT dabei gewesen wäre.
Schade. Nie wieder werde ich Gelegenheit haben, GoT zu erleben - außer vielleicht ausschnittsweise in YouTube - oder falls wir doch mal wieder einen Fernseher anschaffen.

Hab ich mich damit endgültig aus dem Zeitgeist ausgeklinkt? O je. Nie wieder die Gelegenheit haben, mit anderen über GoT wissend mitzureden. Nie wieder mit klugen Sprüchen auftreten zu können. Permanente Außenseiter also…

Stellen Sie sich vor: Mehr als den Inhalt dieser kurzen Glosse werde ich wohl niemals über Game of Thrones zu bieten haben. O je.

Huha! Die Krawallerie ist da!

„Opa, ich kann nicht schlafen. Es ist zu heiß, und wir leben in Europa, wo man keine Klimaanlagen hat. Erzähl mir eine Geschichte…“

„Eine Geschichte? Ich kenne nur Geschichten. Möchtest du eine alte oder neue Geschichte hören?“

„Erzähl mir, wie du damals eigenhändig die Bank of America in Schutt und Asche gelegt hast.“

„Ich? Nein, das hast du falsch verstanden. Ich war nur Zuschauer. Du willst nur glauben, dass ich höchstpersönlich die Bank niedergebrannt habe, damit Du mit der Geschichte angeben kannst.“

„Bitte erzähl die Geschichte, auch wenn du nur Zuschauer warst.“

"Weißt du, es war eine Sommernacht so wie diese. Die Leute lungerten auf der Straße rum und wussten nicht, was sie machen sollten. Es gab nämlich damals noch kein Internet, kein Gaming oder Phons und Apps usw.“
„Habt ihr auch keine Autos gehabt?“

„Ja natürlich hatten wir Autos. Warum fragst du?“

„Wenn ihr Autos gehabt hättet, dann hättet ihr irgendwo hinfahren können.“

„Hmm. Gute Idee. Leider hat da keiner daran gedacht. Stattdessen haben manche Jungs alte Autoreifen irgendwoher geholt und in Brand gesetzt.“

„Wie kann man Autoreifen anzünden?“

„Das hab ich vergessen. Ich war nicht die ganze Zeit dabei. Ich saß nämlich die meiste Zeit mit Freunden im Café. Erst als die Autoreifen schön brannten, ging ich wieder vor die Tür. Da sah ich lauter Jungs auf der Straße, die um die brennenden Reifen herumtanzten.“

„Wo waren die Mädchen?“

„Das weiß ich nicht. Vielleicht haben auch sie getanzt. Ich glaub es aber nicht. Die Jungs tanzten lang. Und das Feuer loderte immer höher. Wäre ein schönes Foto gewesen, bloß damals haben nur wenige Leute Fotoapparate dabei gehabt. Es war aber alles ziemlich harmlos, und die Jungs hatten endlich was zu tun. Doch dann wie aus dem heiteren Himmel sahen wir einen Müllwagen auf der Straße. Er fuhr ganz langsam auf uns zu. Ganz langsam. Alle haben hingeschaut, und jeder hat sich gefragt: Was macht ein Müllwagen um diese Zeit da? Es ist Nacht. Die Müllmänner arbeiten nicht nachts. Und plötzlich - als hätten sie auf ein Zeichen gewartet - standen lauter Polizisten im Müllwagen kerzengrad auf. Sie sahen aus wie die Griechen im trojanischen Pferd. Die Geschichte kennst du auch, hab ich dir schon ein paarmal erzählt.“

„Ja, Opa.“

„Die Polizisten hatten alle Helme an wie Darth Vader, weißt du, und Knüppel in der Hand…“

„Was habt ihr gemacht?“

„Das weißt du selber. Du hörst diese Geschichte nicht zum ersten Mal. Ich selbst hab nix gemacht. Ich hab nur zugeschaut. Andere aber haben sich Steine geholt - woher weiß ich nicht mehr -, mit denen sie die Polizisten bewarfen, was die Polizei ziemlich überrascht hat. Der Müllwagen bremste nun hart, machte kehrt, und im Nu sauste er wieder davon. Dieser unerwartete Sieg - wenn man’s so nennen darf - muss die Jungs auf der Straße irgendwie angestachelt haben. Sie haben gefeiert, als hätten sie eben einen Krieg gewonnen. Inzwischen waren die Reifen ziemlich verkohlt, und da alle nun derart aufgedreht waren, dachten sie nur noch ans Weiterrandalieren. Es war, denk ich, in dem Moment, dass irgendwelche Jungs auf die Idee gekommen sind, die Feier nun vor die Bank of America zu verlagern. Das weiß ich nicht mehr so genau. Denn ich bin zurück ins Café gegangen. Als ich wieder auf die Straße ging, standen sie alle schon vor der Bank und machten Radau. Nun bin auch ich dorthin gegangen. Die Eingangstür hatten sie bereits eingeschlagen. Lauter Jungs streunten durch den großen Raum wie Ameisen - nein, nicht um Geld zu rauben. Das Geld war ohnehin im Safe. Sie wollten nur randalieren, weil sie wieder Langeweile hatten und die Polizei sie da nur weiter angestachelt hatte.

Auch ich bin in die Bank gegangen, um mich rumzuschaun. Ich kann mich aber nur an einen Jungen genau erinnern. Er hatte ein Gipsbein und saß auf einem Schreibtisch neben seiner Krücke und hatte den Telefonhörer am Ohr. Damals gab es noch keine Handys. ‚Mama?‘, sagte er in den Apparat. ‚Stell dir vor, wo ich bin! In der Bank of America! Ja! Wir haben sie gerade gestürmt!‘“

„Aber die Bank brannte noch nicht…“

„Nein, das kam erst später. Und bevor das passiert ist, war ich längst in meinen Wagen gestiegen und hab mich aus den Staub gemacht. Aus der Ferne aber konnte ich sehen, wie die Bank lichterloh gebrannt hat…“
„Warum macht man das heute nicht mehr, Opa?“

„Tut man aber doch. Aber anders.“

„Wieso anders?“

„Damals haben die Jungs das gemacht, weil sie Langeweile hatten. Heute hat man andre Gründe.“

„Was, zum Beispiel?“

„Wie soll ich‘s dir sagen…Die Jungs heute möchten wieder in einer Zeit leben, in der man sich wie früher langeweilen könnte, weil sie heute keine Zeit mehr haben, um sich zu langweiligen. Sie denken: Wenn ich die Dinge kaputt mache, werde ich mich endlich langeweilen können... Komisch…“

„Ich wünschte, ich wäre so alt wie du. Alles, was früher war, kann man immer gut erklären.“

In eigener Sache: Nächste Woche ruht die Cyberdruckerei kurz. Bin im Schanzenviertel…im Ernst.

Meine deutschen Rückenschmerzen

Ich finde im Augenblick, dass ich viel bildhafter auf Deutsch leide als auf Englisch.

Ich denke, z.B., an meinen Hexenschuss. Er traf ein (wie der Name so schön anmuten lässt) wie aus dem heiteren Himmel (aus der düsteren Hölle wäre genauer).

Hexenschuss. So ein schönes Wort um die Ursache meiner Schmerzen zu beschreiben. So bildhaft umfasst er mein Leiden.

Ja, natürlich verstehe ich, dass ein dunkles Kapitel der dt. (bzw. europ.) Geschichte hinter diesem Begriff steckt, dass früher unschuldige Frauen bei lebendigem Leib frittiert wurden, weil irgendeiner Lümmel wie ich plötzlich Rückenschmerzen hatte usw. Das war aber damals…

...fürs heutige europ. (dt.) Ohr klingt der Hexenschuss hingegen wie ein Märchen aus dem Gebr. Grimm. (Vielleicht ist es anders in Teilen Afrikas und in Teilen der islamischen Welt, wo noch heute Frauen als Hexen…um es höflich auszudrücken… „traktiert“ werden).

Aber zurück zu meiner Märchenwelt:

Ich persönlich werde - zum Glück - nur selten von einem Hexenschuss heimgesucht (Achtung, liebe Deutsche: Ist nicht „heimsuchen“ ein reizendes Wort? - so bildlich!) und ich kann mit diesem Leiden eigentlich recht routiniert umgehen. Das heißt:

Bewegung, Bewegung, Bewegung. Aufstehen, spazieren gehen. Lediglich mit dem Bücken bin ich vorsichtig. Das kann ja höllisch weh tun. Wenn ich etwas aufheben muss, geh ich dann mit gradem Rücken in die Knie.
Darüber hinaus creme ich die verhexte Stelle mit einer Salbe ein, lege einen Kirschkerndlkissen in die Mikrowelle dreiundhalb Minuten bei 545 Watt und wärme den Rücken 15 oder 20 Minuten auf. Dies am besten dreimal täglich (auch dreimal eincremen). Der Spuk ist meistens nach zwei oder drei Tagen bereits vorbei.

Neulich teilte ich meiner Babysitterin mit, dass ich von einem Hexenschuss heimgesucht worden war. Ja, Sie haben richtig gelesen: meine Babysitterin, Ethel. Sie war einst das Nachbarskind nebenan in der Bronx und hat mich behütet, wenn meine Eltern am Abend eingeladen waren.

Ich wusste allerdings nicht, wie man „Hexenschuss“ auf Englisch sagt - vielleicht weil ich damals, als ich nach Deutschland kam, noch keinen Hexenschuss gehabt hatte. Ich schrieb Ethel: „I was - as the Germans say - ‘struck by a witch’“. Dann fügte ich hinzu, dass ich „lower back pain“ hatte. Ja, aber das ist nicht unbedingt dasselbe wie ein Hexenschuss.

Also schlug ich im Wörterbuch nach und entdeckte zu meiner Überraschung, dass ich an einem „spasm“ litt, genauer gesagt einem „back spasm“.

So ein langweiliger Begriff, dachte ich. „Spasm“ (Deutsch: „Spasmus“), das klingt wie eine Zuckung, muss nicht einmal wehtun. Ich war deshalb nicht überzeugt, dass die Übersetzung stimmt. Inzwischen weiß ich, dass Amerikaner immer „back spasms“ haben. Echt.

Worauf will ich hinausgehen? Vielleicht mein ich nur dies: Wenn schon Schmerzen, dann sollen sie wenigsten einen interessanten Namen haben. Deswegen komme ich auch mit meinem gelegentlichen Fracksausen zurecht. Nomen ist schließlich Omen!

He! Plötzlich tut mein Rücken gar nicht mehr weh! Sauber.

Sprechen Präriehunde Chinesisch?

Heute behaupten auch die Naturwissenschaftler , dass nicht nur wir Menschen, sondern auch manche Tiere über eine Sprache verfügen.

Über die Sprache der Walfische und Delfinen hat man schon dicke Bände geschrieben. In den 1970er Jahren wurde die Singsprache der Walfische einem vergeistigten Publikum sogar als exotische Musik präsentiert.

Auch Affen, Krähen, Tauben, Papageien sogar Bienen und Ameisen zählen heute zu den sprachbegabten Tieren dieser Erde. Wenn es Sie interessiert, könnten Sie sich den ganzen Tag mit diesem Sachverhalt im Internet unterhalten. Sie würden alles erfahren, was es darüber zu wissen gilt.

Ich komme auf dieses Thema, weil ich auf einen Artikel aus der New York Times (er erschien bereits im Mai) gestoßen bin, der diese Fähigkeit auch dem Präriehund zuschreibt: „Can prairie dogs talk?“ lautete die provokative Überschrift.

Also, können sie?

Vom Aussehen her wirken Präriehunde ausgesprochen niedlich: gleichsam eine gelungene Mischung aus Eichhörnchen und Ratte. Bloß der Schwanz ist anders: kurz und schön aufgeräumt. Außerdem stehen diese Viecher kerzengrad da - und zwar oft. Man könnte sagen, sie machen „Männchen“. Doch wer weiß? Vielleicht machen wir - zumindest vom ihrem Standpunkt - „Präriehündchen“!

Fakt ist: Sieht man eine Präriehundekolonie, wie sie so rumsteht, denkt man automatisch an einer Menschversammlung. Dazu passt auch das allgegenwärtige Piepsen, Klacksen, Schnaken, Zirpen und Zwitschern, die sie von sich geben. Man muss meiner Meinung nach völlig fantasielos, um sich da keine Sprache vorzustellen. Wahrhaftig faszinierende Tiere. Kein Wunder, dass der mittlerweile emeritierte amer. Biologieprofessor Con Slobodchikoff seit dreißig Jahren Präriehunde im nördlichen Arizona zum Forschungsobjekt auserkoren hat. Längst zählt er zu den großen Koryphäen auf diesem Gebiet, und längst ist er überzeugt, dass diese possierlichen Geschöpfe über eine eigene Sprache…eine sogar sehr differenzierte Sprache verfügen.

Diese Sprache besteht allerdings nicht aus Worten, sondern aus kurzen Gesamtbotschaften. Das heißt: Ein Laut wirkt wie ein ganzer Satz: „Achtung! Ein Fuchs! Weg von hier!“ oder „Mein Erdnuss! Du Depp! Hau ab!“ etc. Alles mit einem Zirp.

Noch interessanter: Für jede Art Drohung, gibt es einen eigenen Laut. „Habicht!“ klingt anders als „Mensch!“, „Fuchs!“, „Schlange!“ usw.

So differenziert drücken sich die Präriehunde aus, dass sie auch zwischen den Hunderassen unterscheiden. Prof. Slobodchikoff schickte - jeweils allein - zuerst einen Spaniel, dann einen Husky, einen Retriever, und einen Dalmatiner in eine Präriehundversammlung. Das resultierende Gezirp klang jedes Mal anders, als ob de Tiere bestens informiert waren über die Hunderassen. Und jetzt zum Erstaunlichen: Manchmal hat der gleiche Laut in der Präriehundsprache mehr als eine Bedeutung, und zwar, wenn der Ton des jeweiligen Lauts moduliert wird: also mal hoch, mal tief etc. Kommt ihnen so etwas bekannt vor?

Jawohl! So funktioniert auch Chinesisch.

Zur Erinnerung: Chinesisch ist eine Tonsprache. Mandarin Chinesisch hat, z.B., vier Töne, in anderen Dialekten sind es noch mehr. Ein einziges Wort kann, je nach Tonart, etwas völlig anders ausdrücken. „Ma“, z.B., kann „Mutter“, „Pferd“, „schimpfen“ oder „Hanf“ bedeuten. Allein die Betonung bestimmt den Sinnesunterschied.

Deshalb frag ich mich hier, ob vielleicht vom evolutionären Standpunkt die Sprache der Präriehunde als Vorvorvorgänger des Chinesischen betrachtet werden könnte.

Ja, ich weiß, dass dies eine gewagte Theorie ist, und ich kenne niemanden, der bisher diese Frage gestellt hat.

Zudem leben wir in keiner so günstigen Zeit, um solche Ideen zu erforschen. In gewissen Ländern steht die Evolutionstheorie aus religiösen Gründen gar nicht mehr auf dem Lehrplan: z.B. in Teilen der USA, in der Türkei, und in vielen sonstigen islamischen Ländern.

Vielleicht soll ich ein Präriehund fragen…

Eine schockierende Story mit einer Botschaft

Wie heißt das Ding wieder? Nein, ich meine nicht „Ding“, sondern „Prozedur“, „Einrichtung“, „Vorrichtung“„Verfahren“ oder so. Wie heißt es, wenn Sie auf dem Phone eine Mail oder eine SMS schreiben, und Sie bekommen vom Phone Hilfsangebote, um ein Wort zu ergänzen, auch bevor Sie das Wort fertiggeschrieben haben - als würde das Phone „mitdenken“.

Ich bekäme die Frage freilich schnell beantwortet, würde ich mich an Onkel Google wenden. Das will ich aber nicht ….

…weil ich ebenso in Eile (sprich „faul“) bin wie alldiejenigen, die sich auf die Schreibhilfe der oben umschriebenen Ein- oder Vorrichtung, deren Namen ich vergessen habe, verlassen.

Heute, z.B., habe ich eine Mail von R. bekommen. Wir kennen uns seit sehr vielen Jahren. Er ist Schweizer, d.h., bei ihm heißt es das und nicht die Mail.

R. hat sich für meinen ungewöhnlichen Vornamen „PJ“ (sprich „Pi-Dschäj) eine eigene Schreibart ausgedacht: Er schreibt „Pitje“. Das find ich schön, auch wenn ich nicht überzeugt bin, dass diese Schreibart meinen Vornamen korrekt wiedergibt. „Pitje“ klingt - zumindest mir - ein Tick anders als „Pi-Dschäj“. Ich glaube, dass bei ersterer Aussprache die Zunge etwas höher liegt als bei letzterer. Zudem wird die Zunge, wenn man „Pitje“ im Gegensatz zu „Pi-Dschäj“ sagt, etwas weiter nach vorne geneigt.

Aber zurück zum Schreibhilfeprogramm auf dem Smartphone.

R. hat mir ein (bzw. eine) Mail von seinem Phone geschickt und hat dabei nicht aufgepasst. Er wollte sein(e) Mail, wie immer, an „Lieber Pitje“ richten. Nur: Da der Schreibroboter diesen „String“, „“Pitje“ nicht kannte, hielt er ihn für einen Tippfehler. Der Roboter machte also daraus „Putze“. Und so hieß es in der Mail, die ich erhalten habe: „Lieber Putze“.

„Putze“? hab ich mich gefragt. Was will R. damit sagen? Irgendwie klingt das wie „putzig“. Sicherlich wollte mich R. nicht mit „putzig“ anreden. Denn putzig bin ich sicherlich nicht.

Prompt traf ein(e) zweite(s) Mail von R. ein. Er sei entsetzt, dass sein Schreibroboter aus „Pitje“ „Putze“ gemacht hätte, hat er mir mitgeteilt. Nun verstand ich, warum ich „Putze“ wurde. Damit war für mich die Sache erledigt.

Doch jetzt eine Frage, genauer gesagt, ein Denkanstoß: Kann es sein, dass der Gebrauch von Schreibhilferobotern auf Smartphones und Tablets evtl. zu einer vorzeitigen Demenz führt? Ja, echt!

Ich rede nicht von R.; ich meine lediglich: Wenn eine Maschine in der Lage ist, Gedanken - nach eigenem Gutdünken - selbstständig fertig zu denken, wird, so behaupte ich, die Arbeit der kleinen grauen Zellen des de facto Schreibenden entsprechend reduziert. Man denkt: „Soll der Roboter es erledigen. Ich höre lieber Musik oder schau Pornos an.“

Das Ergebnis: Man wird denkfaul.

Nebenbei: Die Denkfaulheit sollte man nicht mit dem „faule-Zunge-Syndrom“ verwechseln. Unter FZS versteht man eine althergebrachte Weise, den Sprachwandel zu fördern. Beispiel: Man sagt (oder schreibt) „funzen“ und meint „funktionieren“. Ein klarer Fall der Zungenfaulheit, die sogar eines Tages womöglich in die dt. Hochsprache aufgenommen werden wird. Oder „Specs“ für „Spezificationen“, „Info“ usw. Alles logisch. Spanisch, Französisch etc. sind eigentlich nur Formen eines zungenfaulen Lateins.

Aber Denkfaulheit! Haben Sie jemals darüber nachgedacht, dass Roboter in vielleicht 20 Jahre in der Lage sein werden dementen Menschen die Inkontinenzwindeln zu wechseln? So geschickt wie Pfleger auch! Der Träger wird den Vorgang vielleicht kaum (oder gar nicht) merken. Zu sehr wird er mit seiner Musik oder mit virtuellen Pornos abgelenkt sein. Oder er wird dabei Emails schreiben. Genauer gesagt: Er wird zuschauen,während der Roboter, der ihn bestens zu kennen behauptet, Emails schreibt. „Hallo, puppi, wird der Roboter schreiben, „Wie geht’s Dir? Mir geht’s ausgezeichnet…“

Hallo Uganda! Hallo-o-o! Hören Sie mich nicht?

Haben Sie mal versucht, einen Anruf nach Uganda zu tätigen? Ich schon, und zwar gestern.

Noch nie hatte ich versucht, mit Uganda zu telefonieren. Lediglich wusste ich: Mit Call by Call (zu Deutsch „Call-by-Call“) wird‘s billiger als mit der Telekom.

Nicht, dass ich etwas gegen die Telekom habe. Ich bin dort Kunde länger als manche meiner Leser alt sind.

Also hab ich im WehWehWeh ein paar Call by Call Provider ausfindig gemacht.

Als vorsichtiger Verbraucher hab ich freilich Onkel Google vorerst die Vertrauenswürdigkeit der Provider bestätigen lassen. Und selbstverständlich hab ich nicht den allerbilligsten Provider ausgewählt. Mir wurde schon in jungen Jahren eingebläut, stets weder dem teuersten noch dem billigsten Angebot auszusuchen. Also hab ich mich für einen Provider in der Mitte entschieden und prompt mit Vorwahl + Rufnummer Uganda angewählt. Doch nun vernahm ich im Apparat Folgendes:

„Die gewählte Call-by-Call-Vorwahl ist aus Ihrem Ortsnetz nicht nutzbar.“

Hmmm, dachte ich und probierte eine andere. Das Resultat war dasselbe.
Beim fünften Mal googelte ich die Worte: „Die gewählte Call-by-Call Vorwahl…etc.“ und landete prompt auf einer Infoseite der dt. Telekom, wo ich den Hinweis bekam, auf der Telekom-Webseite unter „Telephonie“, „Sicherheit“ und „Wahlsperreliste“ zu schauen. (Frage: Warum heißt es „Telephonie“ und nicht „Telefonie“?)

Nix Einfacheres, dachte ich. Doch jetzt folgte die nächste Schikane: Telekom bestand darauf, dass ich mich auf der Webseite einlogge. Nur: Ich hatte keine Ahnung , wie.

Inzwischen war eine halbe Stunde vergangen, und ich hatte Uganda immer noch nicht erreicht.

Die Irritation wuchs, ebenso das Unverständnis meinerseits. In meiner Verzweiflung rief ich die Telekom an, um zu fragen, warum ich Uganda nicht anrufen durfte. Ein Roboter grüßte und wollte nicht aufhören zu reden. Ich denke, er war einsam und wollte mich lediglich in einem längeren Gespräch verwickeln. Die Stimme klang obendrein etwas autistisch, als hätte der Roboter bloß ein paar Phrasen auswendig gelernt, mit denen er „kommunizieren“ sollte. Etwa: Wie lautet deine Tel.Nr.? Warum rufst du an? Ich gebe dir ein paar Optionen etc.

Ich wurde aber immer ungehaltener, hatte in dem Augenblick kein Herz für Roboter. Da ich aber zufällig weiß, wie man einen Roboter mundtot macht, konnte mich wenigstens aus dieser Situation retten. Man benutzt nämlich lauter sehr vulgäre dt. Wörter. Der traurige Roboter leitete mich gleich zu einem Menschen weiter.

Endlich hatte ich eine Mitarbeiterin - aus Fleisch und Blut, nehm ich an - an der Leitung. Leider aber war sie überzeugt, dass ich blöd war - wahrscheinlich weil ich eingestanden hatte, dass ich nicht kapierte, wie man sich auf der Telekom-Webseite einloggt. Und dann passierte das nächste Unglück: Ich wurde - mitten in einem Satz - aus der Leitung geschmissen.

Immerhin hatte mir die Dame erklärt, wie ich mich einzuloggen habe, was ich dann auch tat. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich konnte trotzdem nirgends auf der Telekom-Webseite eine Sperrliste der Call by Call Provider finden.

Inzwischen war ich sehr ungehalten geworden und rief nochmals - diesmal ohne den Wunsch, höflich zu sein - bei der Telekom an. Armer Roboter. Bevor er einen einzigen Satz fertig sprechen konnte, hab ich ihn wüst beschimpft. Er hat mich stracks an einen Menschen weitergeleitet. Schon wieder war ich dabei, mein Leid zu schildern und zack! schon wieder wurde ich aus der Leitung geschmissen. Sie sehen: Diese Geschichte wird immer komplizierter.

Nochmals Telekom anrufen. Doch diesmal teilte mir der Roboter ganz sanft folgende Botschaft mit: „Ihr Anruf wurde unterbrochen. Darf ein Mitarbeiter Sie zurückrufen?“ Ja, bellte ich.

Eine Stunde war vergangen, und ich hatte Uganda immer noch nicht erreicht. Unterdessen kam der Anruf von der Telekom, und, siehe da, die Hoffnung flammte wieder auf. Leider nur kurz. Nach wenigen Sekunden wurde die Verbindung wieder unterbrochen.

Was war zu tun? Ich gab auf und schickte eine Email nach Uganda - auf der ich noch immer auf Antwort warte.

Ich gebe zu: Ich war nach diesen Erfahrungen sehr unzufrieden mit der Telekom…bis ich an einem Spruch von Winston Churchill dachte. Er hat einmal gesagt „Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind." Ich denke, das gleiche gilt für die Telekom.

PS Am nächsten Tag rief ich erneut bei der Telekom an. Diesmal lief alles reibungslos. Ich erfuhr von der netten Dame an der Leitung, dass besagte Call by Call Rufnummer nicht von der Telekom gesperrt waren. Ich sollte mich direkt mit den Providern in Verbindung setzen.

Das hab ich noch vor. Derweil hab ich Uganda immer noch nicht erreicht.

Meine Problematik mit Algorithmen und Avataren

Zunächst ein wenig über „Algorithmus“. Dieses Wort irritiert mich. Ich weiß nicht, warum. Man will damit auf eine Vorgehensweise hinweisen, mit der man ein Problem löst. Wer „Algorithmus“ in Sätzen zu verwenden versteht, überzeugt schnell, dass seine Vorgehensweise, um ein Problem zu lösen, die richtige ist oder war.

Der Begriff geistert schon seit Jahrhunderten durch die Fachliteratur herum. Heute aber ist er so beliebt wie noch nie. Ich denke, er war wie prädestiniert, in den Jargon der Programmierer aufgenommen zu werden. Schließlich sind Programmierer immer auf der Suche nach Vorgehensweisen, um Probleme zu lösen. Schachspieler, Menschen, die Stadtpläne lesen usw. sind auch auf der Suche. Jeder aber, der das Ergebnis einer solchen Suche als Algorithmus bezeichnet, macht sich jedoch besonders beliebt. Stellen Sie sich vor: Heute kann man sogar Sätze bilden wie „Der Algorithmus der Soziale Medien beeinflusst uns täglich.“

„Algorithmus“ klingt wie eine Mischung aus „Algebra“ und „Arithmetik“ -, etwas Mathematisches also. Und irgendwie hat es etwas mit der Mathematik zu tun - wenn zwar nur indirekt…

Denn das Wort leitet sich vom Namen Abu Dscha’far Muhammed ibn Musa Al-Chwarismi ab, einem Araber, der im 9. Jahrhundert in Bagdad ein Buch über die indischen Ziffer (also 1,2,3,4,5…usw.) veröffentlichte. „Al-Chwarismi“ bedeutet eigentlich „Der Choresmier“. Ich weiß nicht, wo Chroresmien liegt. Kann jeder für sich selbst googeln. Fest steht nur: Sein Vater, Musa Al-Chwarismi, stammte wahrscheinlich von dort.

Al-Chwarismis Buch über Zahlen war seinerzeit ein Renner, was irgendwann dazu geführt hat, dass der Name gleichbedeutend mit Zahlen verstanden wurde, was wiederum irgendeinen Mathematiker, o.ä., im Abendland dazu verführt hatte, diesen Namen in einen mathematischen Begriff zu verwandeln.

Heute kann man mit diesem Wort richtig punkten. Wirklich. Probieren Sie’s mal.

Was mich nun auf den Begriff „Problematik“ bringt. Was ist eine Problematik? Ganz klar: etwas, was man anhand von einem Algorithmus lösen kann! Man sagt: „Die Problematik liegt in der Beschaffenheit der Materie.“ Doch meine Frage: Warum heißt es hier „Problematik“ und nicht „Problem“? Ich denke, manche Wörter haben es einfach in sich.

Z.B, „Avatar“. So wurde (und wird) in der hinduistischen Religion ein Wesen aus der Geisterwelt (bzw. eine hinduistische Gottheit) genannt, das als Mensch geboren wird (inkarniert), um uns Menschen mit unseren Problematiken zu helfen.

So, zum Beispiel, Maher (sprich mäj-hr) Baba. Er war ein Guru aus Indien, der in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts sehr viele Anhänger hatte: ein freundlich aussehender Mann mit großem Schnurbart. Man könnte ihn als Kellner in einem indischen Restaurant vorstellen. Eins seiner Bücher hieß „I am God“. Damit wollte er wohl sagen: Alle Menschen haben etwas Göttliches in sich. Man munkelte damals, er sei ein Avatar. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Einmal, so hab ich gelesen, spielte Maher Baba mit seinen Anhängern Volleyball. Er spielte gern Volleyball. Die Vorstellung wurde aber für mich zur großen Problematik, für die ich auch keinen Algorithmus finden konnte. Ich fragte mich: Wie ist es? Muss man Gott beim Volleyball gewinnen lassen? Darf man ihm den Ball eine auf die Birne hauen? Kann (bzw. darf) Gott verlieren, wenn er Volleyball spielt? Usw.

Inzwischen hab ich erfahren, dass heute „Avatar“ eine ganz andere Bedeutung hat als zur Lebenszeit von Maher Baba. In der Sprache des Infozeitalters ist ein „Avatar“ nämlich ein virtueller Mensch, der einem hilft Probleme zu lösen. Mit anderen Worten: Der „Avatar“ ist zum „Algorithmus“ geworden!

Sprachroboter Siri ist, zum Beispiel, ein „Avatar“. Auch Dienstleistungsprogramme wie Instant Messenger werden als „Avatare“ bezeichnet. Sie sehen: Es gibt Algorithmen für jede Problematik.

Vielleicht frag ich Siri mal, ob Gott immer gewinnt, wenn er Volleyball spielt.

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