Ibims: Und wie heißt du?
Gammelfleischparty: Ich heiße Gammelfleischparty.
Ibims: Gammelfleischparty. Igitt, das klingt echt harsch. Woher hast du so nen komischen Namen? Bist du Bootpöbel?
Gammelfleischparty: Ne, bin Gelsenkirchener, und du? Hast du nen Namen?
Ibims: Und wie.(mit Stolz) Ibims! (Pause) Sagt dir das nichts? Kennst den Namen etwa nicht? Du schaust so skeptisch daher.
Gammelfleischparty: Sorry, Kumpel, kenn dich leider nicht. Bist nicht aus Gelsenkirchen, oder?
Ibims: Ich? Nee. Eigentlich bin ich Münchner, aber mein Vater kommt aus Frankfurt und meine Mutter aus Kleve. Kennst du Kleve?
Gammelfleischparty: Nee, nur kleveleicht. Und woher soll ich deinen Namen kennen? Hast vielleicht nen Anschlag für den IS verübt?
Ibims: Nein, Doofus. Sag mal, liest du keine Zeitungen oder so?
Gammelfleischparty: Wie soll ich denn Zeitungen lesen? Ich maloche den ganzen Tag. Ich seh. Du bist noch Student…oder bist Studierender, du Arschfaxträger, und kriegst deine Kohle von Herrn Frankfurt und Frau Kleveleicht?
Ibims: He, Mann, spielst den Besserdisser vor oder was? Bist wohl Lappengildeheini. Oder tust auf Innung oder bist bloß so ein Pimmelkopf?
Gammelfleischparty: He Atze, sprich halt Deutsch oder redet ihr alle so in München? Surfst du ego mit mir?
Ibims: Versteh nicht.
Gammelfleischparty: Ich merke, du bist emotional sehr flexibel, ein echter Hochleistungschiller.
Ibims: Ja, Innung, Innung, und niemand kehrt. Gell? Das ist bestimmt die Story deines Lebens.
Gammelfleischparty: Sag mal, Sagt dir mein Name gar nichts?
Ibims: Wie soll ich ihn kenne, bist vom Squad, oder was?
Gammelfleischparty: Hör mal, du Halbatze, falls deine Birne nicht blingo ist: Ich war das Jugendwort des Jahres 2008. Und was hast du zu melden, du Datenzäpfchen?
Ibims: Das gibt’s nicht! Im Ernst?
Gammelfleischparty: Was schmatzt du? Hast du Hardwareprobleme?
Ibims: Selber. He, Kumpel, du bist übelst Schloß Neuschwanstein, weißt du, auch wenn du affig aussiehst. Ich bin nämlich das Jugendwort des Jahres 2017.
Gammelfleischparty: Echt? Was du nicht sagst. Aber noch ein bisschen unterhopft. Brauchst vielleicht deine Stockente, und dann bist fit, Atze.
Ibims: He, wie wäre es mit ner Pizza. Ich kenn so nen Laden. Mmm. Schmeckt da schmackofatzo.
Gammelfleischparty: Komm gleich mit. Muss erst in die Pisseria.
1.) Von L. folgende beunruhigende Nachricht: Bei ihr in der Firma ist das Psychocoaching (Stichwort: „Teamarbeit“) neulich eingerückt. Ein paar Tage nach dem verhängnisvollen Einzug, sprach der Geschäftsführer das „Team“ an und bat jede/n Mitarbeiter/in das Du an.
Denkanstoß: Darf man „Nein, danke“ sagen, wenn der Chef das Du anbietet?
Nach einer weiteren Woche wurde eine Mitarbeiterversammlung anberaumt. So eine Versammlung findet üblicherweise entweder vor dem Weihnachtsfest statt, um gute Laune zu verbreiten oder wenn etwas Unangenehmes bevorsteht: etwa schlechte Verkaufszahlen und die Notwendigkeit, Arbeitsplätze oder Gehaltserhöhungen zu streichen.
Diesmal aber war‘s anders: Ein energischer Psychocoach wollte die Belegschaft fürs neue Firmenkredo einstimmen - nach dem Motto „Kreativität“ und „Flexibilität“. Fortan sollten sich alle duzen, tat er kund, vom Hausmeister bis zu den Chefs.
Es folgten nun Auflockerungsübungen: aufstehen , Arme über den Kopf weit weit weit in die Höhe strecken, dann vor sich halten und weit weit weit nach vorne strecken. Dann Kreise mit den Schultern machen. „Entspannt Euch!“ trillerte er. “Spürt den eigenen Körper!“ usw.
Schließlich sollten sich alle Teilnehmer in vierer Gruppen einteilen, und zwar mit folgender Aufgabe: sich auf eine Zahl zwischen eins und neun zu einigen. Jeder durfte triftige Argumente vortragen, um von seiner/ihrer Lieblingszahl zu überzeugen.
L. geriet in eine kleine Gruppe aus der Chefetage. Auch der Geschäftsführer war mit von der Partie. Das ist passiert, weil sie nicht gut sieht und in der ersten Reihe saß - neben den Bonzen also.
In dieser kleinen Runde machte der Geschäftsführer als erster einen Vorschlag. Als Chef musste er wohl die Initiative nehmen. Er möge die sieben, meinte er. „Oder möchte jemand eine andere Zahl in die Runde bringen?“ fragte er.
Es herrschte Stillschweigen. Alle schauten sich ein bisschen gschamig an, als hätten sie entdeckt, dass sie nackt waren. Die sieben hatte also leichtes Spiel.
2.) Diese Mitteilung von L. erweckte in mir eine Erinnerung. Wir schreiben das Jahr 1996. Wir, d.h. meine Familie u. ich, leben in Portland, Maine, in den USA, ich arbeite allerdings weiterhin bei einer deutschen Zeitschrift. Man erklärt mich zum „Auslandskorrespondenten“.
Ein neuer Chefredakteur nahm damals die Zügel in die Hand. Ich kannte ihn kaum, und damals war das Mailen noch sehr exotisch. Manchmal telefonierten wir miteinander.
Während eines solchen Gesprächs sagte er mir auf einmal Folgendes: „Sollen wir uns nicht lieber ‚buh‘ sagen?“
Es war Herbst, genauer gesagt, die Halloweenzeit. (Nebenbei: in Portland feiert man das echte Halloween - nicht den ungelenken Import, der sich in Deutschland mit ach und krach etabliert hat). Von daher meinte ich, er mache einen Halloweenwitz: „Buh!“ - wie ein Gespenst.
„Buh?“ fragte ich ahnungslos.
„Ja, buh“.
„Ich versteh nicht“, räumte ich endlich ein. „Wieso ‚buh‘?“
Ja, liebe Leser, Sie ahnen schon. Er wollte mir das „Du“ anbieten. Hab ich natürlich, als ich’s endlich kapiert hab, - mit Vorbehalt - auch angenommen.
Ab dann wurde allgemein geduzt. Alle haben sich in der Redaktion geduzt - der Kreativität und der Flexibilität zuliebe. Zehn Jahre später bekamen wir einen neuen Verlagsleiter. Er sagte mir, als er mich zum ersten Mal kennenlernte (wir lebten längst wieder in Deutschland): „Ach, Sie sind Herr Blumenthal!“
Ich reichte ihm die Hand und lächelte freundlich.
Sie verdienen zu viel.“
Anfang des Endes. Fünf Jahre sägten die Chefs (Mehrzahl) unerbittlich an meinem Stuhl. Mit Ausnahme des Verlagsleiters haben mich alle bis zum bitteren Ende geduzt. Der Verlagsleiter bekommt hier einen großen Lob: Er war zwar ein Arsch, dafür aber stets ehrlich und konsequent.
Die Nase voll von reuigen entlarvten Vergewaltigern? Und von Opfern, die das Übel aus der Tiefkühltruhe der Erinnerungen erst jetzt auftauen lassen? Keine Lust mehr über Flüchtlinge, über die Willkommenskultur, übers biologische Deutschtum zu debattieren? Kein Bock auf „Jamaika“ oder „Jamaica“? Und wie wär es mit etwas Pest? Frisch aus Madagaskar.
Wenn zu den obigen Fragen das „Ja“ des Desinteresses überwiegt, dann sind Sie bei mir richtig. Denn heute bekommen Sie vom Sprachbloggeur nur Triviales, sehr triviales.
Heute wenden wir uns dem/der/den „Frings“ zu.
„Frings“? Noch nie gehört?
Ich auch nicht… bis heute…bis ich den Titel einer Beilage der „Süddeutschen Zeitung“ im Wohnzimmer erspähte.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich lese obige Zeitung so gut wie nie. Das Abo hat meine Frau. Aber die Zeitung ist immerdar immer da.
Heute fiel mir, als ich am Sofa vorüberhuschte, das Wort „Frings“ ins Auge. Zunächst hab ich’s falscherweise als das englische „fringe“ („Rand“, „Franse“ usw.) registriert. Eine Beilage mit dem Namen „Rand“? Sehr ungewöhnlich, hab ich gedacht. Aber vielleicht handelt es von Randthemen … etwa von der Zahl der noch lebenden weißer Haie oder vom Wahrnehmungsvermögen eines Autisten oder den vorzeitlichen Wäldern der Antarktis oder der Struktur von Schmeißfliegenaugen usw. 
Doch dann guckte ich etwas genauer und erkannte, dass der Titel der Beilage nicht „Fringe“, sondern „Frings“ lautet.
Frings? Komisches Wort, aber was bedeutet es? Erste Vermutung: Es handelt sich um ein Kofferwort (Englisch „portmanteau“), um einen Neologismus also, der aus der Verschmelzung zweier Wörter geformt wird wie zum Beispiel „Denglisch“ aus „deutsch“ + „englisch“ oder „Agitprop“ aus „Agitation“ und „Propaganda“. Für „Frings“ stellte ich mir „free things“ vor.
Warum nicht? Wär eine coole Idee für ein junges Publikum, das noch dran glaubt, man kann etwas umsonst bekommt.
Ich nahm die Beilage in die Hand und begutachtete sie. Flottes Design, konstatierte ich, auch wenn das Papier billig ist, Zeitungspapier halt. Dann sprang mir das Kleingedruckte ins Gesicht. Es hieß: „das misereor magazin“ (klein geschrieben). Aha! „Frings“ ist - kaum zu fassen - ein Infoblatt des Bischöflichen Hilfwerks der katholischen Kirche. Ich erinnerte mich dann, dass dieses Blatt früher tatsächlich „Misereor“, lateinisch für „ich fühle mit“, „ich habe Mitleid“, hieß.
Schöner Einfall, hab ich gedacht. Wer will eine Zeitschrift namens „Misereor“ lesen? Jeder denkt an „Misere“. Und mal ehrlich: Wer liest gern über die Miseren anderer, es sei denn diese geil machen, wie die am Anfang dieses Textes erwähnten?
So weit, so gut. Aber „Frings“?
Nun hab ich „Frings“ gegoogelt und stieß prompt auf Torsten Frings, einen ex-Fußballer und nunmehr Trainer. Ich fand aber keine Verknüpfung zu besagter Beilage.
Also googelte ich weiter. Diesmal „Misereor“ und war sofort fündig. Auf dieser Webseite war eine Abbildung des Beilage-Covers zu sehen. Warum das Blatt „Frings“ hieß, konnte ich aber nirgends entdecken, lediglich das Bild einer freundlich aussehenden Dame. Neben ihr das Wort „Fragen?“ und eine Telefonnummer. Selbstverständlich rief ich an. Das Telefon klingelte…und klingelte…und klinglete… und klingelte. Keine(r) ging ran. Nach 56 Sekunden legte ich ein.
Beinahe hätte ich meine Suche aufzugeben, doch dann klickte ich nur noch zum Spaß auf eine irgendwie nixsagende Misereor-Seite und stellte fest, dass ich vor mir eine mehrseitige Rede von einem gewissen Joseph Kardinal Frings hatte, die er im August 1958 in Fulda vor der Vollversammlung der deutschen Bischöfe anlässlich der Gründung von MISEREOR gehalten hatte.
Aha! Frings war ein Kardinal. Und man kam auf die Idee, eine Zeitschrift nach ihm zu nennen. Wer hätte gedacht…
Jetzt bin ich überzeugt, dass Frings allemal schöner klingt als Misereor und sonstige Miseren.
Hi Darling, ich könnte deine Vergnügungspuppe sein. Ja, deine höchstpersönliche…
Vielleicht kennst du mich bereits. Über mich wird nämlich viel geschrieben. Und bald könntest du mich noch besser kennenlernen. Blitzpost© macht es möglich. Und du bekommst mich, wie du sicherlich schon weißt, in verschiedenen Größen, Farben, Teints und - ja - Geschlechtsrichtungen. Die Möglichkeiten kennen beinahe keine Grenzen.
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Bedenke: Seitdem die sog. „zwischenmenschliche Intimität“ ohne Vertrag, ohne Videobeweisaufnahme und ohne Audiobestätigung kaum mehr möglich ist (ja, ich weiß, die Illegalen sind noch nicht verschwunden), bin ich unter dem Strich bei weitem die bessere Lösung.
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Ja, Darling, das audio-visuelle Erlebnis in Kombination mit dem verbesserten Silikon-X©-Gefühl unseres taktilen Second-Skin© ist nirgends übertroffen worden. Nicht von ungefähr ist, wie man tuschelt, unsere Forschungsabteilung längst Nobelpreisverdächtig.
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Und was passiert, wenn im Lauf der Zeit dein Geschmack gewandelt hat? Auch dazu tragen wir mit unserem Hin-und-her-Programm© Rechnung! Das heißt: Neue Software, neu Äußerlichkeit… wer es haben will: sogar neue Geschlechtsrichtung!
Einsamkeit ade! Qualität herein!
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Heute bestellen, morgen schon da. Gegen einen kleinen Aufpreis ist auch via Blitzpost©.
Und mit unserem neuen OS 17 war der Genuss nie so…Hautnah! Schaut nahe!
Oder? Wird’s in 10-20 Jahren doch so aussehen? Vielleicht eher. Beinahe ist die Technologie so weit. Was man sich vorstellt, kann auch werden.
Ach ja: Das andere Extrem heißt Prüderie: Beispiel Indonesien, Saudi Arabien, Iran usw. Ohnehin die besten Märkte für Sexpuppen…
1907 veröffentlichte eine Frau, die sich B.B.E. nannte, in der Zeitschrift „Century“ einen Bericht über ihren Spaniel Roger.
Sie erzählte, wie sie ihm das Erkennen von Spielkaraten beigebracht habe. Zunächst hatte sie mehrmals auf eine bestimmte Spielkarte gezeigt, wobei sie jedes Mal den Namen der Karte artikulierte. Roger musste diese dann apportieren und bekam eine kleine Belohnung dafür.
Später machte sie die Übung komplizierter. Sie verteilte mehrere Spielkarten auf dem Fußboden und verlangte eine von ihnen. Prompt richtete Roger die Schnauze auf diese und apportierte sie.
B.B.E. brachte dem Hund auf ähnliche Art und Weise den Umgang mit Buchstaben und Zahlen bei.
Roger konnte offenbar einige Wörter, darunter auch den eigenen Namen, buchstabieren und einfache Rechenaufgaben lösen.
Doch als B.B.E. eines Tages den genialen Hund danach fragte, wie viel zwei mal drei seien, während ihre Aufmerksamkeit auf die acht gelenkt war, apportierte Roger mit wedelndem Schwanz die acht.
B.B.E. war danach überzeugt, dass Roger wohl kein Genie war. Er habe nur eins beherrscht: die Fähigkeit, das zu erkennen, worauf das Augenmerk seines Frauchens gerichtet war.
Obiger Anekdote fehlen zwar die Anführungszeichen. Es handelt sich aber um ein Zitat - und jetzt ein wenig Selbstwerbung - aus meinen Buch „Kaspar Hausers Geschwister - auf der Suche nach dem wilden Menschen“, einer ausführlichen Abhandlung über das Phänomen des homo ferus. Das Buch wird im Januar 2018 in einer neuen, gründlich überarbeitet und aktualisierten Ausgabe beim Franz Steiner Verlag erscheinen.
Ende des Werbebanners.
Ich weiß nicht, ob der „kluge Hans“ immer noch als Begriff geläufig ist. Dieses Pferd hat vor dem Ersten Weltkrieg ganz Berlin unterhalten und erfreut. Der Schulmeister Wilhelm von Osten, Besitzer des Hansens, war fest überzeugt, dass sein schlaues Pferd einfache Rechenaufgaben lösen konnte. „Hans, wie viel sind sechs plus sieben?“ Mit scheuem Pferdeblick klopfte Hans mit dem Vorderhuf so lange, bis er die Zahl dreizehn erreicht hatte. Alle staunten… bis eines Tages der kluge Psychologe Oskar Pfungst beobachtete, dass von Osten - zugegeben ohne Arglist - das Hufklopfen seines Pferdes mittels klitzekleiner Bewegungen stets mitzählte. Kaum hatte von Osten mit dem Mitzählen aufgehört, stellte auch Hans das Klopfen ein. Hans war also kein Mathematiker, sondern ein Nachklopfer.
Mir fielen obige Beispiele nur deshalb ein, weil ich in der Schweizer “Weltwoche“ auf einen Artikel über den Mentalisten - zu Deutsch „Gedankenleser“ - Tobias Heinemann gestoßen bin. Heinemann tritt im Theater und im TV auf und setzt sein Publikum mühelos ins Staunen. Denn er kann Ihren PIN-Code erraten, er weiß, was Sie im Supermarkt zu kaufen vorhaben, im Handumdrehen sagt er, in welcher Hand Sie eine Münze versteckt halten etc. Eine nützliche Fähigkeit, vor allem wenn Sie ein Girokonto ausräumen oder Ihren Mitmenschen sonst irgendwie übers Ohr hauen möchten.
Heinemann beteuert, dass er über keine übersinnlichen Fähigkeiten verfügt. Alles, was er macht, sei erlernbar. Er hat sogar in einem neuen, eigenen Buch aus dem Nähkästchen geplaudert.
Soll ich Ihnen verraten, wie er es schafft, anderen Menschen ihre Gedanken, ihre Geheimnissen und ihre PIN-Codes zu entlocken?
Die Antwort ist - so Heinemann selbst - täuschend einfach. Manchmal stellt er scheinbar unschuldige Fangfragen, die das Gegenüber dazu bringt, durch Körpersprachesignale etwas zu verraten. Manchmal beobachtet er diese Signale ohne etwas zu erfragen. Man muss nur wissen, wie die Signale aussehen.
Er verwendet also die gleiche Technik wie Roger und der kluge Hans es taten.
Hallo Fake-news-isten! Wir haben jetzt den Dreh raus. Künftig schauen wir einfach auf eure Signale.
Erste Anekdote: V. war damals 17 und ich 22. Wir hatten uns erst kennengelernt.
Eines Abends saßen wir im Café und unterhielten uns. Was heißt unterhalten? Ich habe mit einem Ohr zugehört, und sie hat endlos weitergeplappert. Was heißt weiterplappern? Sie redete, ohne aufhören zu können - keine Ahnung, worüber.
Auf Englisch heißt das „verbal diarrhea“, Durchfall des Mundwerks.
Wissen Sie, was ich machte? Ich sagte: „Kannst du nicht kurz den Mund halten? Du bist so schön, wenn du schweigst.“
Ja, das hab ich gesagt. Heute wäre dieser Satz - zumindest im Abendland - nicht mehr möglich…vielleicht mit Recht.
Und wissen Sie, was sie machte? Sie schwieg! Sie schaute mich verblüfft an und schwieg.
Das war der Anfang einer intensiven Liebesgeschichte. Sie hielt vier Jahre. Es waren leidenschaftliche aber auch schmerzliche Jahre. V. reifte immer mehr heran und wurde immer schöner, und ich machte Dummheiten …
Ja, eine typische Liebesgeschichte aus der Jugendzeit und aus der Literatur.
Zweite Anekdote: Einmal lechzte V. nach einem hübschen Kleid, das aber 50$ kostete, damals sehr viel Geld. Wissen Sie, wie sie an die 50$ kam?
In unserer Kleinstadt lebte ein reicher junger Mann, der pflegte, Frauen 50$ zu schenken, wenn sie mit ihm ins Bett gingen. Man musste in nicht einmal küssen. Eine „Freundin“ V.s hat nun einen „Termin“ vermittelt, und V. ging mit ihm ins Bett. Mir hat diese Lösung nicht gefallen, auch wenn sie ihn nicht küssen musste. Ich sagte aber nix, weil sie sich so sehr nach dem Kleid gesehnt hatte, und ich hätte es ihr nicht schenken können.
Sie bekam ihr Kleid, und wir fühlten uns beide elend, zumindest eine Zeitlang.
Nun hab ich zwei Anekdoten erzählt. In der ersten trete ich auf wie ein Macho der alten Schule. In der zweiten kommt ein Mensch vor, der regelmäßig Intimes gegen Bar kauft. Vielleicht hieß er Harvey. Ich kann mich heute nicht mehr erinnern. Es handelt sich hier jedenfalls nicht um eine Vergewaltigung. V. hat sich vielmehr selbst vergewaltigt.
Als Harvey W. neulich zum Medienliebling wurde, fielen mir obige Anekdoten ein.
Damit wir uns nicht missverstehen: Ich halte jegliche Vergewaltigung für ein widerwertiges Verbrechen. Im Fall H.W. frag ich mich aber, warum es so lange gedauert hat, bis die von W. vergewaltigten Frauen an in die Öffentlichkeit gewendet haben oder warum sie ihn nicht gleich angezeigt hatten. Schließlich ist eine Vergewaltigung auch in den USA ein Verbrechen. So unbeliebt ist der Begriff „rape“, dass man das „Rapsöl“, Englisch „Rape seed oil“, in „canola oil“ umbenannt hat.
Oder haben die meisten Frauen, die von H.W. bedrängt wurden, nur deshalb von einer Anzeige absahen, weil sie sich, wie einst V., ein 50$-Kleid
wünschten?
Ich weiß es nicht.
Ich denke nur: Manche Geschichten haben auch Grautöne. Für die Medien aber sind Schwarz und Weiß die Lieblingsfarben. Ich, zum Beispiel, in den Jahren mit V. hab eine Zeitlang gekellnert. Manchmal hab ich es schwulen Gästen erlaubt, mir am Hintern kurz zu tätscheln. Denn ich wusste, es springt dann, da ich nicht gerade wie der Glöckner von Notre Dame aussah, ein gutes Trinkgeld. Heute weiß ich: Ja, me too.
Fangen wir erst mit der Prostatamassage an. Darüber habe ich jüngst in Bento, der „lifestyle“ Sparte von Spiegel-Online („SPON“), erfahren. Männer, gebt acht: Hier geht es um neue Höhen des männlichen sexuellen Erlebnisses, Höhen, die ich leider nicht bestätigen kann.
Genauer gesagt: Der Leser/die Leserin wird vom Bento-Autor (hab den Namen leider vergessen) angewiesen, wie man das walnusgroße Organ namens Prostata in ein Spielzeug der Gelüste verwandelt.
Da ich’s nicht ausprobiert hab, kann ich den erstaunlichen Lustgewinn nicht bestätigen.
Nebenbei: Die von ihm beschriebenen Exerzitien beziehen sich nicht auf gleichgeschlechtliche Handlungen. Homosexuelle kennen all dies gewiss längst, weshalb sie sich wohl „gay“ (heiter) nennen.
Sie fragen sich sicherlich, liebe Leser: Worauf der Sprachbloggeur hinaus will. Schreibt er plötzlich eine erotische Lifestyle-Kolumne?
Nein, nein. Es geht hier um den Zufall: Als ich vor ein paar Tagen im den Spiegel-Online nach Berichten über das katalanische Unabhängigkeitsreferendum suchte, stieß ich auf besagte digitale Aufklärungsfibel in Sache Prostata. Hmm, hab ich gedacht. Während unschuldige Menschen in Katalonien von der Guardia Civil mit Gummigeschossen niedergestreckt werden, tun andere abenteuerliche sexuelle Entdeckungen kund. Lustige Welt!
Hab ich „Referendum“ gesagt? Dem spanischen Ministerpräsident Rajoy (sprich ra-choj) behauptete, es habe kein Referendum gegeben, lediglich eine Farce (Spanisch „farsa“).
Inzwischen hatte mein Fokus auf die Prostatastimulierung ziemlich abgeebbt. Wer denkt an seine Prostata, wenn man sich in den traurigen Ereignissen in Katalonien vertieft? Da ich Katalonien - insbesondere Barcelona - einigermaßen kenne, hat mich die Sache besonders betrübt.
Wer es nicht weiß: Die katalanische und die spanischen Sprachen unterscheiden sich in etwa wie sich das Hochdeutsch vom Niederländischen.
Genauer gesagt: Katalanisch (und ähnliche Sprachen - etwa das Provenzalisch) entstanden vor ca. 2000 Jahren entlang der Mittelmeerküste in Richtung Hispania. Die Händler und die Soldaten, die an dieser Strecke unterwegs waren, sprachen eine Art Straßenlateinisch, das ganz anders klang als die vornehme lingua latina, die man heute in der Schule büffelt. Die vornehme Sprache hingegen verfestigte sich im hispanischen Inland, wo die reichen Grundbesitzer zuhause waren. Das Hochspanisch hat immer noch viele antiquieriende Züge der alten lateinischen Hochsprache.
Wer sich für Geschichte interessiert, weiß auch, dass Katalonien einst ein unabhängiges Land mit eigener Kultur war - wie Bayern…bis beide Länder von einer größeren politischen Einheit einverleibt wurden.
So ist das Leben. Besonders grausam war aber der Diktator Franco, der den öffentlichen Gebrauch der katalanischen Sprache strafbar machte (wie übrigens einst Atatürk bzgl. der kurdischen Sprache), um aus Spanien einen sprachlichen und kulturellen Einheitsbrei zu etablieren.
Aber jetzt leben wir im Jahr 2017, und es geht uns in Europa verhältnismäßig gut, und die Katalanen dürfen ihre kulturelle Eigenständigkeit problemlos ausleben. Damit will ich sagen: Meiner Meinung nach war das Unabhängigkeitsreferendum eine dumme Idee. Die Mehrheit der Katalanen waren auch dieser Meinung und hätten das dumme Referendum mit nein abgelehnt.
Doch nun tritt der Präsident der spanischen Minderheitsregierung, Herrn Rajoy in Erscheinung. Sein Traum ist es wohl, eines Tages Präsident einer Mehrheitsregierung zu werden. Was tut man, um so etwas zu realisieren? Man zeigt Entschlossenheit und Härte, um bei manchen Wählern zu punkten. Also schickte er die Guardia Civil zu Tausenden nach Katalonien, um dort alles aufzumischen und die Bewunderung von Restspanien zu ernten.
„Jetzt erst recht“ war das Resultat: 90% der nicht beschlagnahmten Wahlzetteln der Katalanen wurde mit „Ja“, wir wollen raus aus Spanien, ausgefüllt.
Und nun denke ich: Schade, dass Herr Rajoy nicht auf besagten Artikel im Bento gestoßen wäre - und zwar Tage vor dem Referendum. Das war freilich nicht möglich, weil der Artikel erst später erschien. Der Autor verspricht himmlische sinnliche Erlebnisse, wenn die Prostata richtig stimuliert wird. Hätte sich der Präsident der Minderheitsregierung nur mit diesem biologischen Thema beschäftigt! Ach! Vielleicht hätte er dann das mit dem Referendum etwas lässiger vergehen lassen.
Das werden wir leider nie wissen. Alles im Leben ist Timing. So sehr spielt der Zufall eine Rolle in unseren aller Leben.
PS Bin nächste Woche auf der Buchmesse. Vielleicht ein Bericht vor Ort, vielleicht nicht.
Hilfe! Hilfe! Eine App hat mich bei lebendigem Leib verschlungen. Ich meine gefressen. Ja gefressen. Apps speisen nicht. Sie essen nicht. Sie fressen nur.
Und diesmal war ich dran! Wer hätte es gedacht?! Und jetzt befinde ich im Innenwerk der App. Und glauben Sie mir: Es ist grausam.
Ganz anders, als wenn man von einem Krokodil oder einem Hai (gibt es die noch - oder wurden sie schon alle in Haiflossensuppe verwandelt?) oder von einer riesen Abgottschlange verschnabuliert wird. Da ist alles - zumindest am Anfang - warm und glitschig, und vom Krokodil und vom Haifisch (wenn es sie noch gibt) wirst du dann in Stücke zerrissen, damit du keinen Magenweh verursachst.
Apps sind anders. Sie vereinleiben, ohne dass du es unbedingt merkst. Und dann, zack! Da bist du drinnen, wo es weder warm noch glitschig ist. Noch wirst du von Kabeln und so einem Zeug stranguliert. Aber du findest dich nicht mehr aus.
Doch welche App war es? Wenn ich das nur wüsste! Das letzte, woran ich mich erinnere: Auf dem Display meines Phons hieß es, dass elf Apps aktualisiert werden müssten. Aber welche war der Wildgewordene, verdammt nochmal!?
Merriam-Webster? Können Wörterbücher so gefräßig sein? Sie verschlingen Vokabeln (erst recht die englischsprachigen) aber gottlob keine Menschen! Oder?
YouTube? Hmm. Wäre ja möglich. Doch dann würde ich wohl überall Videos sehen…oder? Oder wenigstens Licht. Ich sehe aber nichts. Hier ist es nur dunkel. Videos sind ja Lichtmaschinen, gell? Haha. Lichtmaschinen! Ich glaube, ich hab mir ein Wortspiel erlaubt.
Ist aber kein Wortspiel, was ich erlebe. Ist nicht einmal ein Spiel, wenn man im Rachen einer wildgewordenen App steckt.
Facebook könnte es sein. Ja! Facebook! Irgendwo hab ich gelesen, dass die Facebook-App seit dem Anfang ums Zehnfache gewachsen ist. Bei so einem Appetit nach Bits und Bytes wäre es naheliegend, dass mich Facebook - auch wenn nur versehentlich - für Fraß gehalten hat. Und zack! ist man weg! Stracks! Was aber dann? Wird man dann entfreundet? Bekommt ein Hacker aus Kiew mein Passwort und versucht in meinem Namen meine Freunde mit Nacktbildern reinzulegen, um dann deren Konten zu hacken, um als Bitcoin-Milliardär davonzukommen? O je!
Nein. Es war bestimmt nicht Facebook. Denn ich bin nicht bei Facebook. Von daher weiß ich ganz bestimmt, dass ich nie aufgefordert werde, die Facebook-App zu aktualisieren.
Ach! Ich weiß! Ich weiß! Google-Maps hat mich verschlungen und mich, abfotografiert, irgendwo auf der Welt hinkopiert. Aber wohin? Nordkorea? Venezuela? Zimbabwe? Und warum denn? Nein, so was macht Google nicht. Heißt es nicht bei Google „Don’t be Evil“? Wer so eine Firmenlosung wie „sei nicht böse“ kundtut, kann doch nicht gleich böse werden, oder?
Aber was heißt „sei nicht böse“? Auf Englisch ist „evil“ halt „evil“. Auf Deutsch ist „böse“ nicht immer bös. 
O je. Jetzt bin ich total konfus. Dennoch glaub ich nicht, dass es Google war, das mich bei lebendigem Leib verschlungen hat. Oder doch? Schließlich will Google ALLES über JEDEN wissen. Oder war es Amazon? Neulich hat mich Amazon aufgefordert, die Amazon-App upzudaten. Obendrein wollte Amazon ALLES über mein Gerät - und darüber hinaus wissen. Es wollte nämlich ALLE meine Kontakte haben, es wollte den Zugang zu meiner Cloud haben, es wollte über meine Musik, meine Dateien, meine Fotos verfügen. ALLES wollte die Amazon-App von mir wissen…und h a b e n…
Und wissen Sie, was ich gemacht habe? Ich habe NEIN! gesagt. Jawohl, nein.
Hat mich Amazon deshalb bei lebendigem Leib verschlungen? War es Rache? Ist ja so was möglich. Und wenn ja, heißt das, dass Sie mich ab jetzt bestellen können! Ob unter P.J. Blumenthal oder unter „Der Sprachbloggeur“ weiß ich nicht. Wenn Sie mich aber bestellten, dann könnten Sie mich vielleicht aus dieser misslichen Lage befreien. Oder? Ich weiß es nicht.
Aber vielleicht war es doch nicht Amazon, sondern eine andere App, die mich lebendig gefressen hat. Wenn ich nur wüsste!
Bin ich der einzige, dem so was widerfahren ist? Wenn nein, vielleicht bin ich nicht so ganz allein da. Hallo! Ist sonst jemand da?!
Ich denke, ich muss der Sache etwas genauer auf den Grund gehen. Anyway, Sie wissen, was die Leute in solchen Situationen sagen. Sie sagen: Ja mei, es wird immer heißer gekocht als gegessen, womit ich freilich „gefressen“ meine. Aber jetzt muss ich weiter suchen…
Hallo Sandra¬_r, wer sind Sie? Ich meine, wer sind Sie wirklich?
Diese Frage versteht - außer Sandra_r - keiner. Hier nun etwas Hintergrund…
Letzte Woche kam ich auf die Idee, mir ein sog. „Faltrad“ zu kaufen. Das sind sehr kompakte Fahrräder, die man zu einem kleinen, portablen Paket zusammenfalten und überall mitnehmen kann. Ich weiß nicht, was in mich gefahren war. Doch plötzlich gefiel mir diese Idee.
Natürlich habe ich im Internet recherchiert. Schließlich bin ich ein Mensch des 21. Jahrhunderts. Aber nicht nur. Auf der Straße sah ich einen auf einem Faltrad. Wir warteten beide an der Ampel. Ich fragte ihn, wie es sich auf dem Faltrad fährt und was für eine Marke er empfehlen würde. Nach der Lobhymne aufs Faltrad folgte prompt der Name seiner Lieblingsmarke: „Brompton“.
Achtung. Hier keine Schleichwerbung. Es gibt auch andere interessante Marken, z.B., „Dahon“, „Tern“, „Moulton“…
Doch mir hat gerade dieses „Brompton“ auf dem er saß, zugesagt, und ich wollte mich genauer informieren.
In München gibt es, so konnte ich bald rausfinden, zwei Läden, die auf „Brompton“ spezialisiert sind, einen sogar unweit von mir. Nix wie hin.
Dort stellte ich meine Fragen und durfte dann auch probefahren. Wuschhhh! Nun war ich selbst auf einem Brompton unterwegs. Ein komisches Gefühl aber lustig, wenn auch der senkrechte Lenker etwas kippelig wirkte. Man gewöhnt sich aber schnell dran. Das Fahrgefühl hat mich an meinen Motorroller denken lassen.
Soweit so gut. Nur ein Problem: Dieses Faltrad ist, um es Bayerisch auszudrücken, sauteuer. Allein die Basisausführung fängt bei ca. 1000 Euro an.
Und jetzt kommen wir zu Sandra¬_r zurück. Ich habe am nächsten Tag in den Ebay-Kleinanzeigen ein Inserat von Sandra¬_r entdeckt „Brompton…wie neu unbedingt lesen…“, hieß es. Und ich hab’s gelesen…und kam schnell in Versuchung. Das Rad war nicht nur in einem guten Zustand (das bezeugten die vielen Fotos), sondern mit allen - wie wir auf Englisch sagen - „bells and whistles“ bestückt. Der Preis lag bei 680 Euro VB. Alles ist relativ auf dieser Welt. Dieser Betrag gilt aber - für ein Brompton - als preiswert. Ich gab mein Interesse kund und bekam eine Mail von Sandra¬_r, dass das Rad noch zu haben sei.
Als vernünftiger Konsumer stellte ich freilich diverse Fragen über Zustand, Pflege etc. und bekam - manches - beantwortet. Wo keine Antwort kam, fragte ich erneut, bis ich alle Fakten eingesammelt hatte. Schließlich machte ich Sandra_r ein faires Angebot. Doch es kam keine Antwort mehr.
Vielleicht ist das Rad schon weg, mutmaßte ich. Erst am nächsten Tag kam eine Mail reingeflattert. Sandra_r fragte verwundert, warum ich auf die letzte Mail nicht geantwortet hätte. Sie legte nun als Anlage ein JPG mit der Abbildung einer Kontonummer und mit einem exotischen Namen, der nicht annähernd wie Sandra_r. klang als Kontoinhaber, bei und kommentierte, dass sie bald nicht mehr im Fahrradgeschäft sein würde. Nach dieser witzigen Bemerkung war ein Smiley zu sehen. Irgendwas gefiel mir aber nicht. Erstens die lange Verzögerung. Dazu: Ich hatte weder Tel.-Nr. noch Anschrift für Sandra_r und sollte Geld in ein Konto überweisen, für das ich nur einen JPG-Abdruck und einen exotischen Kontoinhabernamen hatte. Ich wusste nicht einmal, wie Sandra_r mit Nachnamen hieß. Also bat ich Sandra_r mir nun ihre Anschrift und Telefonnummer zu schicken und gab an, dass ich Freunde im selben Ort hätte, die das Fahrrad begutachten wollten. Es kam keine Antwort.
Dann legte ich noch eins drauf und verkündete, dass ich nun selbst vorhabe, mit der Bahn zu ihr zu fahren, um den Deal zu schließen. Wieder keine Antwort. Für mich war die Sache erledigt.
Am nächsten Tag Mail von Ebay-Kleinanzeigen. In großen Buchstaben: „Warnung zur Anzeige über das Brompton Faltrad…“.
Aha! Sandra¬_r ist eine Phisherin!…oder… ein Phisher? Wer weiß? Vielleicht hat Sandra_r einen buschigen Bart? Denn Frauennamen wirken stets vertrauenswürdiger - auch Frauenstimmen… Alexa und Co. z.B.
Wie dem auch sei. Ich habe kein Brompton gekauft, und ich danke Sandra¬_r herzlichst. Denn jetzt weiß ich, dass ich immer noch in der Lage bin, den Braten zu riechen. Ich wünsche Sandra_r einen schönen Aufenthalt im Kittchen.
Letzte Woche hab ich ein (zumindest mir) neues - deutsches - Wort gelernt. Sie kennen es bestimmt längst. Da ich aber Stubenhocker bin, verpasse ich vieles, was da draußen geschieht. Ich bewundere die Leute, die so viel Zeit haben, um querbeet durch die Medien einzutauchen, um dann die Welt mit Neuigkeiten zu bestäuben. Mir reichen die wenigen Zeitungen und Zeitschriften, die ich täglich oberflächlich konsumiere. Auch die sind mir manchmal zu viel. Ich komme kaum mehr dazu, richtige Bücher zu lesen.
Aber zurück zu besagtem neuem Wort, das ich übrigens von meiner Freu, die aktive Teilnehmerin in der Welt ist, gehört habe: „biodeutsch“.
Ja, ich hab’s gewusst: Sie kennen es schon.
Es war nicht schwierig, den Sinn dieser Vokabel zu erraten, auch wenn ich beinahe automatisch an „Biojogurt“ gedacht habe. Manche Begriffe haben halt das Pech, dass sie an etwas anders erinnern: „Spinner am Morgen“, z.B., oder Pferdeschwanz.
Was aber soll man von „biodeutsch“ halten? Klingt dieser Begriff arg? Und damit meine ich: Klingt er „rassistisch“? Aufs Risiko hin, dass Sie mich falsch verstehen, sag ich: Nein, er klingt nicht schlimm, zumindest mir nicht; vielleicht etwas misslungen wegen der Nähe zu Biojogurt, aber sonst nicht schlimm.
Haben Sie gewusst, dass es bei uns (in Amerika) „Bioamerikaner“ gibt? Wir nennen sie aber „Indianer“ und seit dem PC-Zeitalter „native Americans“. Und dann gibt es die „Yankees“. Das sind die Leute, die sich bereits seit dem Anfang des 17. Jh. in den USA aufhalten und die viel dazu beigetragen haben, besagte Bioamerikaner abzumurksen.
Aber zurück zu den „Biodeutschen“. Wer sind sie? Vorsicht! Fangfrage. Ich habe lang darüber nachgedacht, und bin nun überzeugt, dass ich diese Frage am besten durch ein paar repräsentative „biodeutsche“ Sätze antworten kann. Etwa: „Ich liebe Spreegurken!“, oder „Die Mettwurst mit Grünkohl meiner Großmutter war immer lecker“, oder „Eigentlich waren wir Schwaben, aber dann zog mein Ururgroßvater nach Brandenburg“ usw.
Übrigens: Auch die Franzosen haben sich einen Namen ausgedacht für diejenigen, die schon immer da waren, Crêpes und Bouillabaisse mangieren und „La vie en rose“ trillern: Das sind die „Gauloises“. Doch nun wird es komplizierter. Denn eigentlich waren die ersten „Gauloises“ Kelten, während die Franzosen teils Kelten, teils Römer, Germanen (s. „Frankenreich“) usw. sind…
…so wie die Biodeutschen ein Mischmasch aus Germanen, Slawen, Römer, Kelten, Hugenotten etc. sind.
Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen mit Migrationshintergrund. Haben Sie bitte Verständnis dafür - auch wenn Sie Mettwurst, das Musikantenstadl und Fasching nicht mögen - dass es viele native Germans gibt, für die diese Dinge sehr wichtig sind.
Manchmal bezeichnen sie ihre Sitten als „Leitkultur“. Auch dass ist okay.
Ich merke es: Ich versuche hier etwas zu erklären und mache alles nur noch komplizierter. Vermutlich gibt es für manches wohl keine klärenden Wörter…
Aber jetzt reicht’s mir. Nun Themenwechsel…aber erst nächste Woche…
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