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Auch Fake News haben kurze Beine

Wie sollte man „dirty trick“ ins Deutsch übersetzen?

„Dirty ist einfach“, also „schmutzig“ oder „dreckig“. Und „trick“? Da stehen einige Möglichkeiten zur Wahl: „Finte“, „Dreh“, „Kunststück“, „Kunstgriff“, „Masche“.

Doch versuchen Sie nun, Teil A und Teil B vernünftig (sinnvoll) zu kombinieren. Achtung: Das Ergebnis muss idiomatisch klingen. „Schmutzige (bzw., dreckige) Finte“? Nein, zu groß die Betonung auf die Unsauberkeit. „Schmutziges (dreckiges) Kunststück“ oder „schmutziger (dreckiger) Kunstgriff“? Nein, aus gleichen Gründen. „Schmutziger (dreckiger) Dreh“ oder „schmutzige (dreckige) Masche“? Hmm. Jetzt kommen wir der Sache näher – zumindest nach meinem Sprachgefühl. Mir persönlich gefiele am besten „dreckige Masche“.

Ende der Geschichte? Leider nicht. Denn letztendlich ist eine dreckige Masche lange kein dirty trick. Es fehlt die Sprachtradition!

Sage ich „dirty trick“, denke ich automatisch an amer. Gangsterfilme der 1930er Jahre (oft war in diesen Filmen die Rede von den d.t.s) oder an Richard Nixon, den man einst „tricky Dickie“ nannte, weil er so oft gemogelt hatte. Querhinweise halt.

Bei „dreckiger Masche“ weiß ich lediglich, dass die Masche dreckig war. Punktum.

Ja, das mit dem Übersetzen ist fürwahr ein tricky business. „He doesn’t have all his cups in the pantry” wäre unwirksam für “er hat nicht alle Tassen im Schrank“. Besser wäre „He’s got bats in the belfrey.“ Also: Er hat Fledermäuse im Glockenturm…

Stopp! Heute wollte ich nicht über die Kniffligkeiten des Übersetzens referieren, sondern über dirty tricks, ja, über richtige dreckige Maschen.

Womit ich endlich auf Donald Trump zu sprechen komme. Vielleicht ist er nicht mehr US-Präsident, wenn Sie diese Glosse lesen. Er war jedenfalls ein Meister der dirty tricks. In diesem Text geht es allerdings nur um die sprachlichen.

Will sagen: Mit knappen Floskeln vermochte Trump Menschen, Länder und Institutionen in den Schlamm zu ziehen, zu demütigen, zu beschämen, zu erniedrigen. Diese Strategie nennt man auf Englisch „sloganeering“. „Slogan“ ist übrigens eine keltische Vokabel und bedeutet „Schlachtruf“. Mit garstigen Slogans zu hantieren, ist nun mal eine Art Kriegsführung.

Auf Deutsch nennt man diese Kunst „Sprüche klopfen“. Trump war ein Meister.

Allein wegen des Slogans „Fake news“ hat er es verdient, in die Geschichte einzugehen. Mit dieser Floskel schaffte er es, jede Wahrheit als Lüge zu verkaufen – und umgekehrt! Seine Fans jubelten stets.

(By the way: „News“ auf Englisch ist trotz dem „s“ keine Mehrzahl. Richtig ist: „The news is on“ und niemals „the news are on”. Prägen Sie sich dies ein! Der Fehler ist weit verbreitet).

Noch ein dirty trick aus dem Slogankasten dieses einstigen Machthabers: Er pflegte seine Gegner bzw. Rivalen mit Spitznamen niederzumachen. Die Masche ist besonders raffiniert. Diese Slogans sind in Europa weniger bekannt als etwa „fake news“. Seine Fangemeinschaft plapperte ihm all dies jedenfalls begeistert nach.

„Sleepy Joe“, z.B., um Joe Biden als trägen Opa zu diffamieren, wobei Biden gar nicht schläfrig ist. Im Gegenteil. Der Name klebte aber wie Fliegenpapier – auch in der seriösen Presse. Das ist das Tückische. So schnell prägt man sich ein Spitzname ein. Man merkt die Einflussnahme kaum.

Oder „crooked Hillary“, die krumme bzw. korrupte Hillary oder „cheatin‘ Obama“ (betrügerisch) und „Wild Bill“ (Clinton).

Im Grunde ein einfaches Mittel, um Menschen und Dinge schwarzweiß zu malen. Schauen sie sich den Wiki-Beitrag über Trumps „Nicknames“ an. Die Beispiele sind umfangreich. In der Sprache der Philosophie heißt diese Praxis übrigens: Reduktionismus. Auch ein interessantes Thema.

Ja, der gewesene Präsident war ein Großmeister der dirty tricks. Die gute Nachricht: Nichts auf Erden hält ewig. Letztendlich haben auch Fake-News nur kurze Beine.

Plädoyer fürs Geschwätz

Vielleicht hätten Sie Interesse an einer Dreierbeziehung? Dann sind Sie hier goldrichtig. Ich könnte Ihnen nämlich einen Hinweis vermitteln, wo Sie Genaues zu diesem spannenden Thema finden: Und zwar im Spiegel…allerdings im sogenannten „Spiegel-plus“-Content, d.h. Sie müssten etwas dafür bezahlen.

Achtung: Auf Journalistisch sagt man „Content“; auf Deutsch „Inhalt“.

Falls ich Ihr Interesse erweckt habe: Das Phänomen der Dreierbeziehungen heißt „Polyamorie“. Ein hübsches Wort für die sechshändige Liebe, nicht wahr? Halb Griechisch („poly“=“viel“), halb Lateinisch („amor“, also „l’amour!“). Genau genommen, bezieht sich der Begriff „Polyamorie“ auf eine Beziehung zwischen 2+X Menschen. Wir bleiben jedoch anstandshalber bei drei. Kompliziert genug.

Um die Wahrheit zu sagen, habe ich den oben erwähnten „for-pay“-Artikel nicht gelesen, und ich habe dies auch nicht vor. Folglich vermag ich nicht zu berichten, ob es bei besagten Dreierbeziehungen um zwei Männer und eine Frau, zwei Frauen und ein Mann, drei Frauen oder drei Männer handelt. Vielleicht ist eine Mischung aus Diversen, Männer und Frauen gemeint. Bin leider überfragt.

Ist aber egal. Denn was mich im Punkto „for-pay-Content“ besonders interessiert, ist allein die Tatsache, dass es sich selten mit Themen befasst, die wir üblicherweise unter „Nachrichten“, also Weltgeschehen, verstehen, sondern mit Trivialitäten, dessen Hauptzweck nur der Unterhaltung bzw. der Ablenkung dient.

„Trivial“ sagt man auf Deutsch, um etwas zu bezeichnen, das keine wesentliche Bedeutung hat. Als Hauptwort existiert „Trivia“ im Deutschen allerdings nicht; im Englischen schon, wo es den Sinn „Belanglosigkeiten“, „Bagatellen“ „Kleinigkeiten“ hat.

Diese Vokabel „trivia“ leitet man übrigens vom lateinischen „trivia“ ab, Mehrzahl von „trivium“. Auf Latein ist ein „trivium“ der Ort, wo drei Wege (tres viae) zusammenlaufen.

Welch Zufall! Oben war die Rede von einer Dreierbeziehung. Hier nun geht es um ein Wort, dass „drei Wege“ bedeutet! So spannend kann das Leben sein!

Aber zurück zum „trivium“ bzw. „trivia“. Was tun Menschen, wenn sie in der ländlichen Öde aus drei verschiedenen Richtungen aufeinandertreffen? Sie plaudern! Auf Englisch heißt das: :“they shoot the breeze“, „die Brise schießen“. Schönes Bild – als wären die ausgetauschten Worte kleine Windstöße (gilt nur für Zeiten ohne Corona). Vielleicht redet man ein wenig über Politik, doch meistens erzählt man sich gegenseitig spannende Bagatellen.

Ich persönlich finde solche Plausche nicht nur in Ordnung. Ich behaupte, dass der Drang zu Trivialität wichtig und wertvoll ist. Er führt nämlich aus der Einsamkeit, dient also der Seelengesundheit und sogar dem Gemeinsinn! Es ist ebenso, wie wenn man mit dem Nachbar übers Wetter redet.

Notabene: Im Uni-System des Mittelalters bedeutete „Trivium“ jene drei Lehrgänge der sog. „Artes Liberales“, die sich mit der Sprachkunst befassten: Grammatik, Logik (auch „Dialekt“ genannt) und Rhetorik.

Das war damals. Heute haben wir „For-pay-Content“.

Die gute Nachricht: „For-pay“ bei Spiegel-plus ist nicht die alleinige Quelle für saftiges digitales Geschwätz. Denn im uferlosen WehWehWeh kann man sich endlos lang mit Belanglosigkeiten beköstigen, ohne einen Cent ausgeben zu müssen! Besonders beliebt sind, z.B.: „Twitter“, oder „Facebook“, „TikTok“, „Instagram“ etc. etc., die sog. „social Media“. Doch das wissen Sie schon.

Dort angelangt, ist es so, als würde man dastehen, wo sich (mindestens!) drei Wege kreuzen und, wenn Sie möchten, stundenlang dies und jenes kommentieren „to your heart’s content!“.

Wenn Sie mich fragen, ist das allemal besser als jede „für-pay“ Dreierbeziehung, und noch dazu: Es kostet Ihnen höchstens ein paar „Cookies“!

Das nennt man Fortschritt!

Auch Querdenker haben ein Verfallsdatum

Traurig aber wahr. Manche Wörter sind mit einem Verfallsdatum versehen. Wann dies passieren soll, steht nirgends auf der Verpackung. Über dieses Thema hat mein Blogista-Kollege Gorg (s. seine Seite „Lustwort“) neulich referiert. Er hat eine beeindruckende Liste der Verflossenen zusammengestellt.

Darüber hinaus besitze ich ein „Kleines Lexikon untergegangener Wörter vom Sprachforscher Nabil Osman (Was!? Schon vor etwa 50 Jahren herausgegeben?!).

Osman ist ein veritabler Impresario der exotischen Vokabeln. Kennen Sie, z.B., „Angelöbnis“ (heute: „Gelöbnis“), „Anerkenntnis“ („Anerkennung“), „Harnprophet“ („Arzt“ – Ein Scherzwort?), „Kläre“ („Klarheit“, hübsch find ich), „kleinfügig“ („geringfügig“, würde gerne verwenden), „niederträchtig“ (nein, Sie kennen das Wort nicht. Es heißt „von einer kleinen Höhe“), „säcken“ („ertränken“), „Unbelieben“ („Unzufriedenheit“)?

Kurzum: Sie finden in diesem Buch eine Kunterbuntheit vor, die von „abergläubig“ (nein, heute sagt man „abergläubisch“) bis „zwier“ (also „zweimal“. Mit Sicherheit kennen Sie Luthers „In der Woche zwier, schaden weder ihm noch ihr“. Notabene: „zwier“ wird als Plural verstanden) erstreckt.

Doch zurück zum Verfallsdatum von Wörtern. Manchmal verschwindet ein Wort nicht als Form – dies verfällt nicht – , sondern lediglich als Sinnträger.

Denken Sie, liebe Deutsche, an die Vokabel „Führer“, einst eine handelsübliche Bezeichnung für jemanden, der…ja…führt! Dann tauchte der Braunauer (passender Name) auf. Heute käme niemand (bzw., eine niedrigfügige Minderheit) auf die Idee, ein Staatsoberhaupt in Deutschland als „Führer“ (bzw. „Führerin“) zu bezeichnen. „Fremdenführer“, „Marktführer“ und „Geschäftsführer“ gehen noch allemal.

Oder „Endlösung“. Können heutige Probleme noch eine „Endlösung“ haben? Nein, natürlich nicht. Sie finden nur noch „Lösungen“ oder vielleicht „schlüssige Lösungen“. Auch eine „endgültige Lösung“ gälte m.E. als Grenzfall heute.

Fassen wir zusammen: Kaum wird ein Wort als ideologischer Dienstleister instrumentalisiert und peng! Ende der Vorstellung.

Gleiches (wenn lange nicht so abgrundtief degoutant wie bei den obigen Vokabeln) ist dem englischen „gay“, das einst „heiter“ oder „lebensfroh“ bedeutete, passiert. Im alten Sinn kann man diese altgediegene Vokabel auf keinen Fall verwenden.

Nebenbei: Französisch „gai“, das auch früher „lebensfroh“ bedeutete, gibt es nicht mehr. Heute ist die „Gaité Parisienne“ allein eine Bezeichnung für die Pariser Schwulenszene.

Oder englisch „punk“. Früher „Halbstarker“. Seit dem 1980er Jahren ist es ein terminus technicus aus der Musikbranche geworden und erschwert maßgeblich den Gebrauch des Wortes im originalen Sinn.

Und nun kommen wir endlich zu den „Querdenkern“. Über diese Bewegung habe ich auf dieser Seite erst vor kurzem geschrieben. Heute befassen wir uns nur mit dem Phänomen des Sprachwandels. Genauer gesagt: Sie, liebe Leser, sind unmittelbare Augenzeugen der Geburt eines neuen ideologischen Begriffs.

Früher war ein „Querdenker“ einer, der außerhalb von gängigen Lösungsansätzen (nie „Endlösungsansätzen“) dachte. „To think outside the box“, sagt man auf Englisch. Auch ein nettes Bild.

Das Wort wird wohl nie wieder diesen Sinn tragen. Denn, liebe Augenzeugen, das Verfallsdatum dieses Begriffs wurde erreicht, und zwar unwiderruflich. Ab jetzt bezieht sich dieser Begriff allein auf „Coronamaßnahmengegner“. Die Chancen stehen gut, dass auch jenseits dieser „Coronamaßnahmengegnerbewegung“ der Begriff künftig manche neuen Aufgaben finden wird. Müssen wir erst abwarten.

Sagen Sie also ruhig „lebe wohl“ zum alten „Querdenker“. Der neue ist schon da.

Hoppla! Es ist kurz vor Sylvester! Will ich das Jahr auf so einer düsteren Note beenden? Weit gefehlt! Ich bleibe wie immer ein kurzfristiger Pessimist, dafür aber ein langfristiger Optimist. Der Unterschied zwischen diesen zwei Einstellungen ist keinesfalls kleinfügig.

Wie dem auch sei. Seien Sie, liebe Leser (damit meine ich alle Geschlechtsrichtungen) guter Dinge. Auch Dummheiten haben ein Verfallsdatum. Schade, dass manchmal schöne Wörter mit ihnen zugrunde gehen müssen.

Empfehlung für 2021: Vertiefen Sie sich in der Geschichte. Ist immer von Nutzen.

„Cancel Culture“ = „Kerkerkultur“ (s. unten)

Schon mal von der „Cancel Culture“ gehört? Mit Sicherheit. In diesem zu Neige gehenden Jahr ist ihre Wirkung fast so sehr in Erscheinung getreten wie das Coronavirus.

Falls Ihnen aber das Glück zuteilwurde, diesen Begriff irgendwie doch verpasst oder gar im Hirn „gecancelt“ zu haben, hier nun eine kurze Zusammenfassung:

Alles, was die „Cancelnden“ für politisch unkorrekt halten (ob Menschen oder Ideen), wird von ihnen für ungültig erklärt, und zwar mit dem Ziel das Störrische radikal aus dem historischen Bewusstsein – so weit wie möglich – zu löschen. Ein kleines Beispiel aus den USA: Eine Schule in San Francisco mit dem Namen „Abraham Lincoln High School“ wurde neuerdings umbenannt, weil besagter US-Präsident einmal renitente Native Americans (früher „Indianer“) hinrichten ließ. Auch George Washington und Thomas Jefferson, genauer gesagt, jene öffentlichen Monumente, die diese Figuren darstellen, werden von denselben Cancelnden verfemt, weil diese hist. Figuren Sklaven hielten.

Zugegeben. Menschen zu versklaven ist aus unserer heutigen Sicht (zumindest in Europa) nicht mehr zeitgemäß. (In Afrika ist die Praxis komischerweise noch verbreitet!). Auch Lincolns Hinrichtungen, die im Laufe eines großen Aufstands geschahen, wirken auf uns anders als in der damaligen Zeit. In zwischen hat sich die Gesetzgebung sogar verändert.

Auch in Deutschland fasst die „Cancel Culture“ zunehmend Fuß. Proteste, z.B., gegen AfD-Gründer Bernd Lücke (notabene ein Wirtschaftskonservative kein Nazi und längst Ex-Mitglied dieser Partei) finden statt, weil er seine Lehrertätigkeit wieder aufnehmen sollte. Thilo Sarrazin, rotes Tuch für diejenigen, die an eine aus humanitären Gründen uneingeschränkte Migration nach Deutschland glauben, gelingt es kaum an öffentlichen Debatten teilzunehmen. Inzwischen schielen manche hiesige „Cancelnde“ auf Bismarckmonumente – aus Gründen, die ich vergessen habe.

Ach ja: J.K. Rowling: Sie wird von Anhängern der LGBTI etc. Bewegung boykottiert, weil sie sich über die Formulierung „menstruierende Menschen“ als Bezeichnung für „biologische Frauen“ lustig gemacht hat.

Achtung: Es gibt noch immer keine pfiffige dt. Umschreibung für „Cancel Culture“. Vorschläge?

Um gleich für Klarheit zu sorgen: Ich persönlich halte es für angebracht, dass es keine „Adolf Hitler Realschule“ oder eine Goebbels-Allee oder Heinrich Himmler Seniorenheim gibt. Gleiches gälte für Stalin, Osama bin Laden, Pol Pot, Mao, Saddam Hussein usw. also Namensstifter. Das waren aber richtige Verbrecher. Aber jeden, der irgendwie eine Sünde (notabene nach heutigen Maßstäben) begangen hat, gleich aus dem Gedächtnis löschen zu wollen…? Das würde…das Ende der Geschichte bedeuten! He! Kein schlechter Titel für ein Buch! Nebenbei: Mit gleichem Eifer hat die frühe Kirche die Errungenschaften der römischen und griechischen Antike dem Erdboden gleichgemacht – oder der ISIS und die Taliban bezüglich der Zeugnisse der Vorgängerkulturen…

Doch halt! Jetzt steig ich gleich von meiner Kanzel herab. Denn schließlich bin ich Sprachennarr und kein Pamphleten Schreiber. Mich interessiert vielmehr das Wort „cancel“ selbst. Ja, es ist Englisch, doch im ganzen annum Coronae I benutzen es eifrig und dankend jede Menge dt. Feuilletonisten und Medienfritzinnen.

By the way: Ist Ihnen was aufgefallen? Ich meine: Im vorigen Absatz habe ich das Wort „Kanzel“ und dann ein paar Sätze weiter „cancel“ geschrieben. Kann es sein, dass diese zwei Vokabeln verwandt sind?

Die Antwort lautet natürlich ja! Was eine „Kanzel“ ist, weiß jeder. Da oben steht ein Pfarrer und dröhnte eine Sonntagsrede ins gelangweilte Publikum hinein. Was Sie wahrscheinlich nicht wissen: Ursprünglich stand dieses Lesepult vor der eigentlichen „Kanzel“.

„Kanzel“ nannte man nämlich das Gitter, das in einer Kirche den Chorraum vom Mittelschiff trennte. An dieser Stelle hat man dann ein Lesepult errichtet. Im Lauf der Zeit, dem Gesetz der Sprechfaulheit folgend, bezeichneten die Leute das Pult selbst als „Kanzel“. Ein ganz normaler sprachlicher Vorgang.

Und dann gab es auch den „Kanzler“ (und heute die Kanzlerin). Dieser Kanzler war der Vorsteher einer „Kanzlei“, will sagen, einer Behörde, die – durch ein Gitter – vom Gerichtshof getrennt wurde.

Nochmals von Vorne: Die „Kanzel“ war einst lediglich ein Gitter.

Und jetzt Szenenwechsel nach England. Dort in der „chancellery“ schrieb der „chancellor“. (Das „ch“ haben die Engländer von den Franzosen übernommen). Manchmal machte der „chancellor“ einen Schreibfehler. Da er nicht einfach löschen oder mit Radiergummi wegmachen konnte, kritzelte er das falsche Wort mit einem gitterförmigen Muster durch. Das nannten die Engländer „to cancel“, also „mit einem Gitter versehen“.

Alles klar? Wir sind allerdings noch nicht ganz mit unserem Latein fertig. Dieses Wort „Kanzel“ leitet sich nämlich von einem lateinischen Wort „cancelli“ ab, das logischerweise „Gitter“ bedeutete. „Cancelli“ wiederum ist eine Verkleinerung des lat. „cancer“ (sprich „kan-ker“)…nein hat nix mit „Krebs“ zu tun.

Dieses „cancer“ ist eine spätlateinische Verballhornung einer lat. Vokabel „carcer“, „Gefängnis.“ Ja, von daher das deutsche „Kerker“.

Und jetzt wissen Sie es: Die „Cancel Culture“ ist irgendwie die Einkerkerung der Geschichte (und der Kultur) im Namen eines ideologischen Denkens!

Frohes Fest!

Boko Haram und Quarantäne: Vergleiche und Unterschiede

Sie haben es sicherlich erfahren: Boko Haram hat über 300 Schüler (Jungs, alle miteinander, liebe Sprachpolizei, also keine „*Innene) aus einer Schule im Norden Nigerias entführt. Wissen Sie, warum? Hoffentlich sitzen Sie oder eine Kotztüte vom letzten Urlaubsflug zu Hand haben …

Sie haben diese 300 Schüler deshalb entführt, weil sie…“Verbotenes“ lernen.

Was heißt „Verbotenes“? Ganz einfach: alle Errungenschaften der menschlichen Zivilisation, also Mathe, Geschichte, Naturwissenschaft, Sprachen etc. etc.

By the way: Wissen Sie, was “Boko Haram” bedeutet? Altgediente Leser dieser Seite könnten es noch wissen. Denn ich habe dieses Thema, wenn ich mich nicht täusche, vor etlichen Jahren mal erläutert. Damals hatte ich eine nette Nigerianerin kennengelernt, eine Studentin aus einer Uni irgendwo in Bayern. Sie hat mich in dieser Sache aufgeklärt.

„Boko“ ist eine Verballhornung des englischen „book“. „Haram“ ist ein arabisches Wort, das „verboten“ bedeutet.

Vielleicht kennen Sie den Begriff „Halal“. So werden bei Muslimen auf Arabisch erlaubte Lebensmittel (meistens handelt es sich um Fleisch) bezeichnet. „Haram“ ist das Gegenteil und bezeichnet unerlaubte, also „verbotene“ Lebensmittel. „Haram“ wird auch für andere Lebensbereiche verwendet. Doch für zusätzliche Details reichen meine Kenntnisse des Islam nicht aus.

By the way: „Harem“, also das Wohnquartier der Frauensammlung eines Sultans ist mit dieser Vokabel „haram“ sprachlich verwandt. „Harem“ bedeutet allerdings „Heiligtum“. Man tauscht lediglich ein Vokal aus und zack! Ein neues Wort! Denken Sie an „Hülle“ und „Hölle“.

Aber Bücher verbieten??! Und nur deshalb, weil diese das Wissen von ca. 4000 Jahren Menschengeschichte vermitteln?! Und diese Untat mit einer verkorksten Ideologie rechtfertigen, die Morden, Rauben, Vergewaltigen, Brandschatzen etc. zulässt?!

Genug der Fassungslosigkeit. Eigentlich hatte ich heute vor, über das Wort „Quarantäne“ zu referieren, ein Wort, das ebenfalls mit einem „Verbot“ zu tun hat. In diesem Fall wird einem verboten, um eine Seuche einzudämmen, einen Aufenthaltsort zu verlassen. Der Grad des Verbots kann allerdings variieren.

Neulich haben wir in Deutschland eine „Quarantäne light“ erlebt, jetzt wird dies auf „hart“ intensiviert.

Ich weiß übrigens in dieser Angelegenheit, wovon ich rede. Denn meine Frau war vorige Woche in Quarantäne, und zwar weil, wie es sich herausstellte, dass ihre Physiotherapeutin „positiv“ war. Inzwischen hatten wir beide, meine Frau und ich, den „Test“ und gelten als „negativ“. Schauen Sie, wie schnell uns dieser neue Wortschatz vereinnahmt hat!

„Bücher nein igittigitt!“ ist freilich ein anderes Kaliber des Verbots als ein vorübergehender Hausarrest, der der allgemeinen Gesundheit dient. Im ersteren Fall sind die Verbietenden im Grunde „Querdenker“, die uns ihre Meinung notfalls durch Gewalt aufoktroyieren möchten; im letzteren Fall sind es die Verbotsgegner, die die sich „Querdenker“ nennen. So kompliziert ist die Welt.

Doch nun möchte ich meine persönlichen Einwände gegen diesen Begriff Quarantäne vortragen. Es geht um Folgendes: Mich irritiert die Aussprache dieses Wortes in der deutschen Sprache: „ka-ran-tä-ne“. Als der Begriff plötzlich so allgegenwärtig wurde, bin ich des Öfteren über diese Aussprache gestolpert. Mir wäre „kwa ran-tä-ne“ lieber gewesen. Immerhin werden auf Deutsch Wörter, die mit „qua…“ anfangen, üblicherweise mit „kwa…“ ausgesprochen. „Quatsch“ und „Quark“, zum Beispiel…oder „Qualität“.

Wie kommt es, dass man ausgerechnet dieses Wort anders behandelt?
Meine Theorie: Die Deutschen haben das Wort von Franzosen übernommen.
Auf Französisch heißt es nämlich „quarantaine“ und klingt wie „ka-ran-tenn“.

Letztendlich aber entstammt die Quarantäne der italienischen Sprache, wo sie
„quarantena“, sprich „kwa-ran-te-na“, heißt. Denn so nannten die Venezianer im 15. Jh. die vierzig Tage („quaranta“ = „vierzig“), währenddessen fremde Schiffe im Hafen vor Anker lagen, um zu versichern, dass die Matrosen keine ansteckenden Krankheiten in die Inselstadt importieren.

Vor ein paar Tage rief H., ein Bayerisch sprechender Bekannte an. Wir haben ein bisschen gequatscht, und plötzlich höre ich, dass er „kwarantäne“ sagt.

Nun wurde ich verunsichert.

Gleich am nächsten Tag rief ich I. in Niederbayern an. „Sagt man bei euch „kwarantäne“? fragte ich.

„Nee“, antwortete sie. „Niemand sagt das. Es klingt auch doof.“

Ja, Sie sehen, was ich für Probleme habe, liebe Leser. Und ich wünsche auch Ihnen Probleme des gleichen Schwierigkeitsgrades. Denn diese beleben auch.

Wahre Probleme haben diejenigen, die Bewegungen beitreten, wo behauptet wird: „Bücher…nein!!“

Zu guter Letzt die Querdenker*I*nnen

Wahrscheinlich sind Sie heller als ich. Für mein Leben war ich unfähig die Redewendung „zu guter Letzt“ grammatikalisch zu enträtseln.

Ich weiß: Diese Frage klingt etwas esoterisch. Und schließlich gibt es auch Wichtigeres auf der Welt momentan…zum Beispiel die Pandemie, verhinderte Urlaubspläne oder die Querdenker*I*nnen. Aber mehr darüber unten.

Zunächst „zu guter Letzt“. Meine Frage lautet: Wieso heißt es in diesem Zusammenhang „guter“ und nicht etwa „gutem“ sprich: „zu gutem Letzten“?
Oder gibt es ein Wort „die Letzt“ auf Deutsch?

Ich hab dieses esoterische Problem recherchiert, kam aber leider nicht weiter. Zu guter Letzt musste ich in den sauren Apfel beißen und Vorsitzenden Google um Hilfe beten. Sie weiß sowieso alles…zumindest fast alles. Denn leider hatte die gütige VorsitzenderIn in diesem Fall selbst keine Ahnung. Einzig und allein wollte er mir die spannende Frage beantworten: Welches ist richtig „zu guter Letzt“ oder „zuguterletzt“. Ja, natürlich muss man „zu guter Letzt“ schreiben.

Auch meine Frau fragte ich, ob sie vielleicht als Nativespeakerin eine verbindliche Antwort auf diese Vexierfrage hätte. Sie war ebenso ahnungslos wie ich.

Schließlich kam ich ganz allein auf die gesuchte Antwort Und nun folgt sie:
„Zu guter Letzt“ ist mit der Redewendung „zuallerletzt“ verwandt und auch gleichbedeutend. – mit dem einzigen Unterschied, dass man Letzteres zusammenschreibt, ersteres nicht. (Gleiches gilt für „zuallererst“ und „zu guter Erst“).

Und nun fiel mir ein, dass das „aller“ in „zuallerletzt“ (und in „zuallererst“) ans englische „last of all“ und „first of all“ erinnert. Der Rest war easy. Das „of all“ in der engl. Version lässt an einen Genitiv denken. Aha! Dieses „aller“ ist also höchstwahrscheinlich ein dt. Genitiv! Und Gleiches gilt wohl für „guter“. „Zu guter Letzt“ bedeutete also in einem früheren Stadium der dt. Sprache etwas wie „als Letztes der guten Dinge“ oder so. Hurra! Problem gelöst. War gar nicht so schwer.

Viel schwerer ist das mit den „Querdenkern“.

Nur nebenbei: Etymologisch gesehen könnte man das Wort „Querdenker“ zu „queer thinker“ verenglischen. „Queer“ auf Englisch bedeutete – ursprünglich – „seltsam“ oder „schräg“. Heute wird es meistens im Sinn von „schwul“ verwendet. Nicht dass die heutigen Querdenker unbedingt Homosexuelle sind. Es sind aber sicherlich einige auch dabei. Warum nicht?

Doch zurück zum Thema. Fest steht: Der Begriff „Querdenker“ ist in den Medien meistens negativ besetzt. Oder bilde ich mir das nur ein?

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass all jene deutsche Begriffe, die auf einen Beruf oder personifizierte ideologische oder pathologische Richtung hinweisen, von den neu entstehenden sprachlichen Erfordernissen der Gendergleichheitsbewegung befreit sind? Das heißt: Man kommt nie auf die Idee, solche Wörter mit einem „*Innen“ zu versehen. Denken Sie an „Vergewaltiger“, „Bankräuber“, „Dieb“, „Terrorist“ etc. etc. etc. Auch „Querdenker“ gehört, so kommt es mir vor, in diese Kategorie.

Oder habe ich etwas verpasst? Schreibt man in den Medien auch manchmal „QuerdenkerInnen“ oder vielleicht „Querdenkende“?

Komisch, nicht wahr?

Aus diesem Grund stelle ich zu guter Letzt fest, dass auch ich – was die ideologische Verunstaltung der deutschen Sprache betrifft – allmählich zum Querdenkenden werde.

Ja und noch eine letzte grammatikalische Frage, liebe Deutsch Muttersprachler: Sagt man im Singular „die QuerdenkerIn“ oder „der QuerdenkerIn“? Das weiß ich für mein Leben nicht. Ich glaube, ehrlich gesagt, dass keiner es weiß.

Zu guter Letzt die Querdenker*I*nnen

Wahrscheinlich sind Sie heller als ich. Für mein Leben war ich unfähig die Redewendung „zu guter Letzt“ grammatikalisch zu enträtseln.

Ich weiß: Diese Frage klingt etwas esoterisch. Und schließlich gibt es auch Wichtigeres auf der Welt momentan…zum Beispiel die Pandemie, verhinderte Urlaubspläne oder die Querdenker*I*nnen. Aber mehr darüber unten.

Zunächst „zu guter Letzt“. Meine Frage lautet: Wieso heißt es in diesem Zusammenhang „guter“ und nicht etwa „gutem“ sprich: „zu gutem Letzten“?
Oder gibt es ein Wort „die Letzt“ auf Deutsch?

Ich hab dieses esoterische Problem recherchiert, kam aber leider nicht weiter. Zu guter Letzt musste ich in den sauren Apfel beißen und Vorsitzenden Google um Hilfe beten. Sie weiß sowieso alles…zumindest fast alles. Denn leider hatte die gütige VorsitzenderIn in diesem Fall selbst keine Ahnung. Einzig und allein wollte er mir die spannende Frage beantworten: Welches ist richtig „zu guter Letzt“ oder „zuguterletzt“. Ja, natürlich muss man „zu guter Letzt“ schreiben.

Auch meine Frau fragte ich, ob sie vielleicht als Nativespeakerin eine verbindliche Antwort auf diese Vexierfrage hätte. Sie war ebenso ahnungslos wie ich.

Schließlich kam ich ganz allein auf die gesuchte Antwort Und nun folgt sie:
„Zu guter Letzt“ ist mit der Redewendung „zuallerletzt“ verwandt und auch gleichbedeutend. – mit dem einzigen Unterschied, dass man Letzteres zusammenschreibt, ersteres nicht. (Gleiches gilt für „zuallererst“ und „zu guter Erst“).

Und nun fiel mir ein, dass das „aller“ in „zuallerletzt“ (und in „zuallererst“) ans englische „last of all“ und „first of all“ erinnert. Der Rest war easy. Das „of all“ in der engl. Version lässt an einen Genitiv denken. Aha! Dieses „aller“ ist also höchstwahrscheinlich ein dt. Genitiv! Und Gleiches gilt wohl für „guter“. „Zu guter Letzt“ bedeutete also in einem früheren Stadium der dt. Sprache etwas wie „als Letztes der guten Dinge“ oder so. Hurra! Problem gelöst. War gar nicht so schwer.

Viel schwerer ist das mit den „Querdenkern“.

Nur nebenbei: Etymologisch gesehen könnte man das Wort „Querdenker“ zu „queer thinker“ verenglischen. „Queer“ auf Englisch bedeutete – ursprünglich – „seltsam“ oder „schräg“. Heute wird es meistens im Sinn von „schwul“ verwendet. Nicht dass die heutigen Querdenker unbedingt Homosexuelle sind. Es sind aber sicherlich einige auch dabei. Warum nicht?

Doch zurück zum Thema. Fest steht: Der Begriff „Querdenker“ ist in den Medien meistens negativ besetzt. Oder bilde ich mir das nur ein?

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass all jene deutsche Begriffe, die auf einen Beruf oder personifizierte ideologische oder pathologische Richtung hinweisen, von den neu entstehenden sprachlichen Erfordernissen der Gendergleichheitsbewegung befreit sind? Das heißt: Man kommt nie auf die Idee, solche Wörter mit einem „*Innen“ zu versehen. Denken Sie an „Vergewaltiger“, „Bankräuber“, „Dieb“, „Terrorist“ etc. etc. etc. Auch „Querdenker“ gehört, so kommt es mir vor, in diese Kategorie.

Oder habe ich etwas verpasst? Schreibt man in den Medien auch manchmal „QuerdenkerInnen“ oder vielleicht „Querdenkende“?

Komisch, nicht wahr?

Aus diesem Grund stelle ich zu guter Letzt fest, dass auch ich – was die ideologische Verunstaltung der deutschen Sprache betrifft – allmählich zum Querdenkenden werde.

Ja und noch eine letzte grammatikalische Frage, liebe Deutsch Muttersprachler: Sagt man im Singular „die QuerdenkerIn“ oder „der QuerdenkerIn“? Das weiß ich für mein Leben nicht. Ich glaube, ehrlich gesagt, dass keiner es weiß.

Schon wieder ein „Wort des Jahres“! Meine Alternative finden Sie unten…

Haben Sie die Nachricht schon gehört (gääähn)? Ich meine darüber, welches Wort von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum „Wort des Jahres“ gekürt wurde (gääähn). Wahrscheinlich schon. Falls nicht: Es war…gääähn…“Corona-Pandemie“. Im Ernst. Hand aufs Herz.

He, liebe LeserInnenInnen, sind Sie noch da? Ich will Sie partout nicht einschläfern, aber mir ist gerade eingefallen, dass, wenn einer zu gähnen anfängt, fangen auch die anderen zu gähnen an.

Und? Haben Sie gerade gegähnt?

Es gibt wohl eine physiologische Erklärung für dieses Phänomen. Doch leider hab ich sie vergessen. Ich glaube meine Katze, sie hieß Catulla und ist längst im Katzenhimmel, hat auch gegähnt, wenn sie mich gähnen sah…und umgekehrt.

Anzunehmen ist, dass das Wort „gähnen“ lautmalerisch entstand. Gleiches gilt fürs englische „yawn“. Beide sind nämlich Wörter, die man ausspricht, indem der Sprecherin den Mund aufmacht, wenn er redet. „Bâiller“ heißt es auf Französisch, „bostezar“ auf Spanisch. Letzteres klingt allerdings nicht unbedingt lautmalerisch. Dafür aber das ungarische „ásít“ (sprich „aah-schiiit“).

Und da wir zufällig bei der Vokabel „gähnen“ gelandet sind, möchte ich Ihnen jetzt das Wort mitteilen, das die Gesellschaft für deutsche Sprache mit dem zweiten Platz im Wort-des-Jahres-Wettbewerb gekürt hat. Also, Mund weit auf…eins…zwei…drei… Das Wort heißt „Lockdown“. (Gääähn). Dritter Platz ging an „Verschwörungserzählung“. Leider kenne ich Letzteres nicht. Vielleicht weil ich dank social distancing“ usw. zu selten unter Menschen bin.

Für diejenigen, die besonders gern leiden, hier ein paar Erstenplatzler aus der Vergangenheit…2019: „Respektrente“; 2018: „Heißzeit“; 2017: „Jamaika-Aus“; 2016: „postfaktisch“…ich könnte auch weiter, tu es Ihnen aber nicht an…

Aber genug der Langeweile. Nun möchte ich Ihnen ein Wort vorstellen, das zweifelsohne den ersten, zweiten und dritten Platz hätte beziehen sollen und müssen. Sitzen Sie? Denn jetzt wird’s aufregend…

Das Wort des Jahres hätte lieber…“Gaslighting“ heißen sollen!

Vielleicht kennen Sie es nicht. Dict.cc zufolge ist es bereits ein deutsches Wort, und zwar erwartungsgemäß mit dem Artikel „das“ versehen. Ich persönlich hätte „Gaslichten“ bevorzugt. Es klingt schöner fürs dt. Ohr.

Für den Fall, dass Ihnen dieser Begriff doch unbekannt ist, Folgendes: „Gaslighting“ ist – hier zitiere ich Dict.cc: „jemanden an seiner Wahrnehmung der Realität zweifeln lassen“. Der Gaslighter wirkt auf die Gegaslichtete (bzw. den Gegaslichteten) so lange ein, bis das Opfer kaum weiß, ob das, was es erlebt, Wirklichkeit ist. Ein wahrhaft böses, krankhaftes und niederträchtiges Spielchen.

Beispiel: A: (die Stimme freundlich) Kannst du bitte das Licht ausmachen. B: Hab ich aber schon. A: (noch immer freundlich) Aber das Licht ist noch an. Vielleicht hast du‘s dir nur eingebildet, dass du das Licht ausgeschaltet hast. B: Ich weiß es nicht mehr…etc.

Sie sehen den Mechanismus.

Falls Sie neu auf diesem Planeten sind: Das Wort „Gaslighting“ entstammt einem Hollywoodfilm aus dem Jahr 1944 und hatte als Vorlage ein brit. Krimi. Der Regisseur hieß George Cukor. Die Hauptrollen spielten der sehr charmante Charles Boyer (als „Gaslichtler“) und die schöne und begnadete Schauspielerin Ingrid Bergman (als „Gegaslichtete“). Es ist fürwahr ein grausamer Film, der
s e h r unter die Haut geht.

Die deutsche Version (1947) wurde „Das Haus der Lady Alquist“ (gääähn) genannt.

Wieso halte ich „Gaslichten“ als geeignetes Wort des Jahres? Ganz klar! Weil das Phänomen des Gaslighting immer aktueller wird!

„Fake News“ quasi als Vehikel, die Wahrheit zu diskreditieren. Das ist auch eine Art Gaslighting. By the way: Wieso wurde „fake news” nie zum “Wort des Jahres” gekürt?

Fakt ist: In anno Coronae I führt beinahe jeder jeden hinters Licht, um aus Wahrheit einen Wirrwarr zu machen. He! „Hinters Licht führen“. Wäre auch eine schöne dt. Übertragung fürs „Gaslighting“. Schließlich ist das mit dem Licht ist in beiden Begriffen von Bedeutung.

Doch lange Rede kurzer Sinn. Schauen Sie sich selbst besagten Film von 1944 an. Ich glaube, er ist bei YouTube kostenlos zu begaffen. Bald wird es klar, wie sehr das Gaslichten zum Problem geworden ist. Ach ja: Dieser Beitrag ist ideologiefrei! Aber das wissen Sie schon…gell?

Wir beginnen mit Google und enden in der Sklaverei

Manchmal kann Vorsitzender Google ungemein dumm sein. Notabene: Ich schreibe hier „dumm“ und nicht „stumm“. Darauf komme ich weiter unten wieder zurück.

Folgendes habe ich neulich erlebt: Ich tippte den Suchbegriff „Deutsch auf Polnisch“ beim Vorsitzenden Google ein, womit ich meinte: „Ich möchte bittschön wissen, O großer Vorsitzende, wie man in der polnischen Sprache das Wort ‚deutsch‘ sagt.“ Mir schien dies eine klare Sache zu sein.

Vorsitzender Google denkt offensichtlich anders. Genauer gesagt: Unsere Operating Systems bedienen sich wohl unterschiedlicher Algorithmen. Der Vorsitzende meinte nämlich, dass ich mit meinem Suchbegriff meinte, ich will wissen, wie man deutsche Wörter ins Polnische übersetze!

Ein großer Unterschied, und daher sah das Ergebnis wie folgt aus: Oben zwei Kasten, der eine mit dem Wort „Deutsch“ kleingedruckt, der zweite mit dem Wort „Polnisch“ kleingedruckt. Das ist, wie man weiß, das Format des „Google Translator“. Unterhalb vom Translator fand ich diverse „Treffer“. In diesem Fall wurde mir lauter Wörterbuch-Webseiten angeboten, die ich konsultieren könnte, um deutsche Wörter ins Polnische zu übersetzen. Das wollte ich aber nicht.

Immerhin bin ich doch auf eine Antwort auf meine Suchfrage gekommen, allerdings nur deshalb, weil ich, anders als der Vorsitzende querzudenken vermag. Und zwar: In dem einen Google-Translator-Kasten, der mit „Deutsch“ markiert war, tippte ich das Wort „deutsch“ ein! Prompt blitzte die Antwort auf der „polnischen“ Seite auf, dass die polnische Entsprechung für „deutsch“ „niemiecki“ laute. Wäre ich gleich auf diese Idee gekommen, hätte ich jetzt kein Bedürfnis gehabt, über die Logik des Vorsitzenden G. zu schwadronieren. Ich bin aber nicht gleich auf die Idee gekommen.

Und wissen Sie warum nicht? Und jetzt kehre ich zu den oben erwähnten Wörtern „dumm“ und „stumm“ zurück.

Wissen Sie, wie man auf Polnisch „stumm“ sagt? Falls nicht, brauchen Sie nur im gewohnten „Google“ Manier den Begriff “stumm auf Polnisch“ im schmalen Suchfeld einzugeben. Notabene: Diese Frage-Formulierung ähnelt sehr das oben erwähnte „“Deutsch auf Polnisch“. Und in der Tat, wenn man „stumm auf Polnisch“ eingibt, erscheint ebenfalls in Windeseile ein Google-Translator-Doppelkasten, mit dem Unterschied allerdings, dass er schon besetzt ist, und zwar mit einer Antwort, in diesem Fall mit dem Wort „niemy“.

Vielleicht leuchtet Ihnen allmählich ein, worauf ich eigentlich hinauswill. Fakt ist: Das polnische Wort für „deutsch“, also „Niemiec“ bedeutete ursprünglich etwas wie der „Stumme“!

Eigentlich hatte mein ursprüngliches Interesse im Reich des Vors. Google nur den Zweck, die Schreibart für „niemy“ und „Niemiec“ zu bestimmen. Ich bin halt ein sehr pingeliger Mensch. So sind nun mal die Altphilologen.

Gestern nämlich hat mir Freund M., der polnischer Muttersprachler ist, die Sache mit den „stummen“ Deutschen erklärt. Diese Information wollte ich lediglich vom Vorsitzenden bestätigt bekommen. Aber Sie sehen: Im Computerzeitalter werden manchmal die einfachsten Dinge umständlich und zugleich die schwierigen Dinge bisweilen einfach.

Eigentlich hatte ich heute vor, nur das mit der Verwandtschaft zwischen dem polnischen Wort für „stumm“ und dem polnischen Wort für „Deutsch“ zu erläutern.
Fakt ist: Als die Urslawen auf die Urgermanen zum ersten Mal stießen, bezeichneten diese Urslawen die Urgermanen als „stumm“, womit die Slawen meinten, dass die Germanen der slawischen Sprache unkundig waren.

So ist es manchmal, wenn man auf fremde Stämme stößt. Man ist zunächst sehr argwöhnisch. Beispiel die Altgriechen. Sie bezeichneten alle Stämme, die keine Kenntnisse der griechischen Sprache hatten, schlichtweg als „barbaroi“, will sagen: als Menschen die nur „bar bar bar“ sagten und von daher unverständlich waren.

Und warum nannten die Deutschen die Slawen „Slawen“? Hmm? Eine Theorie besagt, dass man in den guten alten Zeiten „Slawen“ eifrig „versklavten“ und diese bisweilen auch für gutes Geld verkauften! Was lernen wir daraus? Ganz klar: Slavic lives matter!

Anleitung zum Berühmtwerden

Möchten Sie berühmt werden? Dann sind Sie bei mir richtig!

Wer es besonders eilig hat, muss selbstverständlich Kühnes wagen – zum Beispiel wie die „Clan“-RäuberInnen aus Neukölln, die nationale Schätze aus der Grünen Gewölbe in Dresden plünderten. Machen Sie so etwas, und im Nu werden alle Menschen Ihren Namen in den Medien finden – auch mit Porträtbild!

Auch ein Attentat zu verüben, wäre keine schlechte Wahl. Aber Vorsicht. Momentan geistern so viele AttentäterInnen umher, dass man manchmal Schwierigkeiten hat, sich die vielen Namen zu merken. Zudem: Manche überleben ihren Amoklauf nicht. Das muss dennoch kein Hindernis sein. Wer an ein Leben im jenseitigen Paradies glaubt, stellt sich vor, sie habe sich im Himmelreich mit dem Mord an unschuldige Menschen einen hübschen Sitzplatz in der ersten Reihe erworben. Dazu genießt sie die Gunst von 72 knackigen, himmlischen Jungs.

By the way: Kennen Sie den Namen Herostratus? Er lebte im 4. vorchristlichen Jh. in Ephesus, wo er eines Tages den Artemistempel in Brand steckte, damit er berühmt werden könnte. Im Ernst. Seinen Namen zu erwähnen oder zu schreiben, wurde deshalb in Altgriechenland als Straftat geahndet. Herostratus durfte allerdings zuletzt lachen. Bis heute kennt man den Namen dieser BrandstifterIn.

Womöglich aber sind Sie nicht kriminell veranlagt und würden Ihr Renommée lieber auf eine weniger radikale Weise ergattern. In diesem Fall habe ich für Sie eine gute und eine schlechte Nachricht.

Zuerst die gute Nachricht: Im Informationszeitalter kann jeder den eigenen Namen oder gar das eigene Konterfei in den elektronischen Medien mühelos platzieren. Das wissen Sie aber selbst. Man macht sich ein Konto bei Twitter, Facebook, Instagram, TikTok, YouTube usw. und zack! Jeder könnte Sie theoretisch bewundern! Allerdings: Es wäre hilfreich, wenn Sie auch etwas anzubieten hätten, um als, wie man sagt, „InfluencerIn“ zu gelten. Singen, Tanzen, Rumblödeln, Schwadronieren, Referieren über Produkte (Handys, Digicams, Schminke, Kleider, Frisuren, Rechner usw.) wären einige Möglichkeiten. Und: Wenn Sie genügend FanInnen ansammelten, bekämen Sie womöglich auch Werbeverträge etc., sprich: Kohle!

Kein schlechtes Leben…oder? Nur. Man muss ständig auf Trab sein, ständig fähig, mit Neuem und Unterhaltsamem aufzuwarten. Und gerade das ist die schlechte Nachricht. Denn in einer Welt mit ca. acht Milliarden Bewohnern, muss man sich richtig Mühe geben, um sich da oben im Sahnebereich des Kuchens einen Stammplatz zu sichern. Justin Bieber, Kim Kardashian, Donnie Trump, Elon Musk…das sind Namen mit Bestand. Ob deren Berühmtheit so langlebig sein wird wie die des Herostratus, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Immerhin: das WehWehWeh macht alles Mögliche möglich! Vor allem aber ermöglicht es, die altgediegenen Wege, die in die Berühmtheit führten, geschickt zu umsteuern. Damals zu Analogzeiten musste man zuerst an einem „Gatekeeper“, also eine „TorhüterIn“ vorbei. Notabene: Manchmal sagte man über diese Menschen „Vorzimmerdrache“, was komisch ist. Denn meistens waren sie „Rezeptionsdamen“. „Drache“ hingegen (wie „Hase“) ist männlich. Das nur nebenbei als Beispiel einer früheren sprachlichen Gendergleichberechtigungsweise.

Aber vielleicht möchten Sie nicht soooo „berühmt“ werden!? Vielleicht möchten Sie sich lediglich vor ein paar gleichgesinnten (oder Gegner) Ihre Gedanken und Empfindungen zum Ausdruck bringen. Ja, so was gibt es auch! Solche Menschen werden allerdings meistens „Blogger“ oder „Schriftsteller“ oder „Autoren“.

Im Infozeitalter hat diese Menschengattung echte Chancen, das Innenleben, öffentlich zu machen. Früher standen sie auf Obstkasten an einer Straßenecke oder im Park – zum Beispiel Hyde Park in London – und gaben ihr Bestes.
In der Großstadt namens WehWehWeh kann jeder, der willens ist, seine Ecke mit virtuellen Obstkasten einrichten, um Träume, Meinungen, Fantasien, Schweinereien, Nettigkeiten etc. mit Fremden Menschen zu teilen.
Hier nur ein paar Beispiele dieses Menschenschlags:

- Peter Ripotas – Notizen aus dem Schwarzen Loch
- Lennys – Sternvogelreisen
- Michaels – Onkel Michaels kleine Welt
- Rainhard Ammers – Vokalakrobat
- Zé do Rocks – zedorockpunktnet
- Gorgs – Lustwort

Die Liste ist schnell ellenlang. Falls Sie selbst das Bedürfnis haben, eine solche Plattform für eigene Wunschvorstellungen zu etablieren, kann ich hier vielleicht sogar behilflich sein. „Der schöne Titel Lustwort“ ist, wie Sie wissen, schon vergeben. Doch im Augenblick verkauft jemand ein Domain Namens „Wortlust“. Aber vielleicht wäre Ihnen ein ganz anderer Name lieber. Und ehrlich gesagt, finde ich „Lustwort“ viel schöner und witziger als „Wortlust“. Letzteres klingt einfach zu plakativ…

Egal. In der Hoffnung Ihnen gedient zu haben, verbleibe ich

Ihr
Sprachbloggeur

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