You are here

Ein Schwerkrankes Mobilphone

Während ich diese Zeilen schreibe, lausche ich dem Gedudel der Warteschlangemusik. Früher sagte man dazu „elevator music“ (Aufzugsmusik), weil es vor der Inforevolution keine Warteschlangen am Telefon gab. Ich müsse jedenfalls mit einer Wartezeit von zehn Minuten rechnen, meinte die Roboterstimme des „Providers“.

Grund für meinen Anruf: Ich hatte seit ca. drei Wochen ein Problem, das viele sicherlich als unerträglich erachten würden: Mein Mobiltelefon war nicht mehr in der Lage, Telefonate zu tätigen.

Ich weiß, dass das für viele wie der Albtraum (früher „Alptraum“) schlechthin klingt. Es hätte aber schlimmer kommen können. Zum Beispiel, wenn ich einen Totalschaden erlebt hätte. Tatsache ist: Ich konnte immer noch SMSe empfangen und verschicken und im WehWehWeh bis zum Vergessen surfen. Nur das Telefonieren (Neudeutsch: „die Telefonie“) war urplötzlich unmöglich geworden. Man stellt in dem Augenblick fest, wie abhängig wir von diesen tragbaren Walkie-Talkies sind.

Es gab allerdings eine Ungereimtheit: Während dieser Zeit war ich mit meiner Frau in einem fremden Land, um unbekannte Straßenzüge und Menschen auszuspionieren bzw. zu studieren. Das mache ich manchmal gern.

Ich ging freilich davon aus, dass auch in der Fremde es unmöglich sein würde, Telefonate zu tätigen. Allmählich war ich resigniert, den Rest meines Lebens ohne Handy auskommen zu müssen.

Zugegeben: Ich hätte die Möglichkeit, ein neues Phone zu kaufen. Würde das aber das Problem lösen?, erwägte ich.

Aber dann – einfach aus Jux und Gaudi – hab ich in der Fremde am Tag vor unserer Abreise eine Taxi-Firma angerufen, um ein Taxi zu bestellen. O Wunder! Ich kam plötzlich durch! Mein Phone hat seine Stimme wieder gefunden! Hoppla, dachte ich, Spontanheilung.

Leider nicht. Kaum waren wir wieder zuhause, ging das Spielchen wieder von vorne los. Sehr schmerzhaft war die Enttäuschung.

Die nächsten paar Tage hing ich endlos an der Strippe beim Kundendienst meines Providers. Nette Menschen, und jeder wollte aufrichtig helfen. Jeder hatte auch Ideen: Dreimal, z.B., schaltete ich das Telefon für 15 Minuten aus, während der Kundendienst Fernzauber mit meiner SIM-Karte zu treiben beabsichtigte. Einmal habe ich die SIM-Karte aus dem Phone entfernt, um ganz von neuem anzufangen. Nix aber hat geholfen. Gar nix. Dann wurde mir mitgeteilt, dass Techniker inzwischen die Ursache entdeckt hätten und dabei waren, sie zu beseitigen. Freudenschrei. Fehlanzeige. Nix ist geschehen. Als letzter Versuch wollte die Firma mir eine neue SIM-Karte zuschicken. Neue Karte, neues Glück wohl.

Eine Mitarbeiterin meinte besänftigend, ich müsse mich einfach gedulden, bis die Techniker ihre Arbeit beendet haben. Hilfe sei auf dem Weg.

So nun haben Sie den Hintergrund.

Und dann ist es geschehen…die Heilung! Ich, ja ich habe die Ursache des Problems entdeckt und beseitigt. Ja! Ich! Wie habe ich das getan? Aus Jux und Gaudi schaute ich – ein letztes Mal, wie ich dachte – in die Telefonnetzeinstellungen. Und siehe da! Ich stieß auf eine Einstellung, bei der ich zwischen 4G/3G, 4G/3G/2G oder lediglich 2G als Verbindungsweg für die Telefonie habe entscheiden müssen.

Mein Häkchen war bereits auf 4G/3G. Doch nun – einfach so – stellte ich das Häkchen auf 4G/3G/2G. Und o Wunder! Ich konnte plötzlich wieder telefonieren!

Und nun zurück zur oben erwähnten Warteschlange samt Gedudel.

Der nette Mitarbeiter, den ich nach einer Wartezeit von ca. 10 Minuten am Apparat hatte, freute sich mit mir und erklärte, dass man üblicherweise mit 2G telefoniert. Die höheren Einstellungen seien hauptsächlich fürs Surfen und Gaming.

Wir waren jedenfalls beide froh, dass das Problem eine so einfache Lösung gefunden hatte. Er meinte, ich sollte die neue SIM-Karte, die mir verschickt wurde, einfach sicher aufbewahren – falls ich sie mal brauche. Sie sei für ein Jahr gültig. Und so sind wir verblieben.

Fazit: Es gibt auch im Infozeitalter die Menschlichkeit. Man muss bloß nach ihr rufen.

Add new comment

Filtered HTML

  • Web page addresses and e-mail addresses turn into links automatically.
  • Allowed HTML tags: <a> <p> <span> <div> <h1> <h2> <h3> <h4> <h5> <h6> <img> <map> <area> <hr> <br> <br /> <ul> <ol> <li> <dl> <dt> <dd> <table> <tr> <td> <em> <b> <u> <i> <strong> <font> <del> <ins> <sub> <sup> <quote> <blockquote> <pre> <address> <code> <cite> <embed> <object> <param> <strike> <caption>

Plain text

  • No HTML tags allowed.
  • Web page addresses and e-mail addresses turn into links automatically.
  • Lines and paragraphs break automatically.
CAPTCHA
This question is for testing whether you are a human visitor and to prevent automated spam submissions.
Image CAPTCHA
Enter the characters shown in the image.