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Ein Mensch ist kein Huhn: Hänni in memoriam

Habe ich Ihnen von meinem Huhn erzählt?

Es war ein kluges Huhn, ein sehr kluges Huhn, und wir – das heißt ich und meine Freunde – haben ihm sogar das Apportieren beigebracht. Man sollte freilich nicht erwarten, dass ein Huhn große Dinge im Schnabel tragen kann – also keine Bälle, keine Stöcke. Mein Huhn vermochte dennoch Zahnstöckerl und Plastikperlen zu apportieren. Man musste ihm bloß sagen: „Komm, Hänni“, so hieß mein Huhn, „bring die Perle, bring das Zahnstöckerl“ usw. und prompt erfüllte es das Kommando.

Hänni hat auch noch viel mehr verstanden. Sehr viel mehr. Wenn man mit ihr sprach, bewegte sie den Kopf ungelenk auf Hühnerart und schaute einen intensiv ins Gesicht. Einmal sagte ich ihr: „Ich kann meinen Handschuh nirgends finden. Hmm. Wo könnte er sein?“

Auf der Stelle flitzte Hänni in den nächsten Raum hinein, blieb irgendwo stehen und gackerte beherzt. Neben ihr war der gesuchte Handschuh.

Manchmal trug ich Hänni Gedichte vor – von allen deutschen Lyrikern schien ihr am besten Stefan George zu gefallen. Fragen Sie mich bitte nicht, warum. Wenn ich mit dem Aufsagen fertig war, blickte mich Hänni mit großen Hühneraugen an und gackerte. Gelegentlich flatterte sie mit den Flügeln und gackerte zugleich, als würde sie selbst ein Gedicht aufsagen.

Sie fragen sich vielleicht, wie das möglich sei, dass ein Huhn ein Gedicht vorträgt? Es ist nicht anders, als wenn ein Kleinkind spricht. Sagt das Kind „Nana“ statt „Mama“, ist das nie mit Absicht. Es ist überzeugt, dass es „Mama“ artikuliert hat. Es stößt lediglich an die Grenzen seiner physiologischen Möglichkeiten. Der Kopf weiß, was er will, die Zunge ist aber – noch – nicht fähig, dies auszuführen. Ähnlich ergeht es einem Huhn, das Stefan George vortragen will.

Ich gebe zu: Hänni war, was Hühner betrifft, kein nullachtfünfzehn-Federvieh. Die meisten ihrer Artgenossen interessieren sich nicht für die Lyrik. Doch auch ein so intelligentes Huhn wie Hänni, stößt bald an seine Grenzen. Es spricht nur das aus, was ihm körperlich machbar ist. Es will „Uns zuckt die hand im aufgescharrten chore/ Der leichenschändung frische Trümmer streifend“ sprechen, kann aber, weil es schließlich ein Huhn mit hartem Schnabel ist, lediglich „Gak Gak Gik-ka Gak“ oder so artikulieren.
Glauben Sie aber ja nicht, dass so etwas Hänni frustriert hätte. Im Gegenteil. Sie war stets überzeugt, dass sie „Uns zuckt die hand im usw.“ vorgesagt hatte – so wie ein Kleinkind überzeugt ist, dass es „Mama“ sagt, wenn es in Wirklichkeit eindeutig „Nana“ artikuliert.

Kinder aber schaffen es irgendwann, zwischen „Nana“ und „Mama“ zu unterscheiden. Deshalb tun wir ihnen, wenn wir sie nachmachen und selbst „Nana“ nachplappern, keinen Gefallen. Babysprache ist letztendlich disrespektierlich, weil sie einem Kleinkind ein falsches Signal vermittelt.
Wenn Eltern mit ihren Kindern Babysprache reden, dann nur um durch die Verniedlichung der Sprache ihre eigene Überlegenheit zu betonen.

Hühner schaffen es freilich nie übers Gegacker hinaus, die Menschensprache nachzumachen. Dennoch wäre es falsch, ein Huhn, das Stefan George vorträgt, mit „Gak Gak Gik-ka Gak“ zu antworten.

Der gleiche Vorgang gilt übrigens für die Literatur. Jede Kultur kann nur das in Worten ausdrücken, was ihr Wortschatz und ihr Bewusstsein erlauben. Seit mehreren Wochen lese ich ein sehr spannendes Buch über dieses Thema: „Mimesis“ von Erich Auerbach. Auerbach hat in diesem 1942-1945 geschriebenen Werk einen Streifzug durch die westliche Literatur von Homer bis ins 20. Jahrhundert verfasst, und veranschaulicht, wie jede Kultur nur das in Worten ausdrücken kann, was die Zeit, die Mentalität und der jeweilige Zustand der Sprache erlaubt. Dante als Dichter war, Auerbach zufolge, erst am Anfang des 13. Jahrhundert möglich, Gregor von Tours als Zeitzeuge nur im 6. Jahrhundert.

Immerhin: Die Schränke, die ein Zeitalter und Standort auf die menschliche Kommunikation setzen, sind zu jeder Zeit ausdehnbar. Sprache und Kultur sind folglich ständig in Bewegung – mal im Sog einer Veredelung, mal in der Dekadenz begriffen.

Hühner hingegen stoßen recht schnell an ihre Grenzen, was für Hänni übrigens fatal war. Eines Tages haben wir sie gepackt und ihr den Hals umgedreht. Sie hat natürlich lautstark gegackert, um zu protestieren. Wir haben aber leider nicht verstanden. Noch schlimmer: Wir hatten sie mit einem anderen Huhn verwechselt. Schließlich sehen für uns Menschen nun mal alle Hühner gleich aus. Es war jedenfalls das Aus für Hänni.

Wenn ich hier trotzdem zugebe, dass sie gut geschmeckt hat, meine ich dies wirklich nicht pietätlos. Bitte PETA nicht weiter sagen.

Gespräch im Jenseits mit Steve Jobs

„Hallo Steve! Wie geht es dir im Jenseits?“

„Jenseits!? So nennst du diesen verfluchten Ort? Ich denke eher, ich befinde mich im Abseits. Hier ist es so öde wie in einem Entwicklungsland. Träge sind die Leute und viel zu genügsam. Außerdem scheint hier keiner meinen Namen zu kennen.“

„Das tut mir leid. Ich wollte auch fragen, ob du schon Neues erfunden hast?“

„Na klar! Irgendwie muss man die Zeit totschlagen? Erst neulich habe ich mir ein tolles Ding ausgedacht. Ich nenne es ‚iGeist‘. Hübscher Name, oder?“

„Darunter kann ich mir nichts vorstellen.“

„Was ist da nicht zu verstehen? Der Name sagt schon alles. Du denkst viel zu eng – wie die Engel. Ha! Deshalb heißen die wahrscheinlich Engel! Weil sie nicht aus ihrem Gedankenrahmen hinaus können.“

„Vielleicht kannst du mir aber den ‚iGeist‘ ein bisschen erläutern.“

„Nur so viel werde ich verraten: Es wird das Jenseits revolutionieren. Mit dem ‚iGeist‘ wird jeder mit jedem jederzeit in Verbindung sein können. Und das Tolle daran: Hier kann man Dinge mit der eigenen Vorstellungskraft erzeugen. Das heißt: Ich, ich allein, könnte Millionen ‚iGeister‘ aus der eigenen Fantasie herstellen und verkaufen..“

„Das klingt sehr ambitioniert. Doch wie wirst du deinen ‚iGeist‘ vermarkten können?“

„Aua. Nun hast du den Finger in die Wunde gesteckt. Ich gebe zu: Das ist in der Tat das große Problem. Und ich fürchte, ich müsse, um es zu lösen, zunächst etwas ganz anders erfinden.“

„Nämlich?“

„Das Geld! Die Idioten haben keine Ahnung vom Geld. Und wenn sie einmal Bescheid gewusst haben, können sie sich nicht mehr daran erinnern. Demenzkrank sind sie da alle.“

„Ich verstehe nicht. Wie wirst du das Geld ins Jenseits einführen? Das Geld existiert nur da, wo man Bedarf hat. Gibt es etwas, was die Leute kaufen würden?“

„Aber natürlich, Dummkopf! Kaum bin ich hierher angekommen, stellte ich fest, dass hier viele an einem schlechten Gewissen leiden – wegen Dinge, die sie in deiner Welt falsch gemacht haben und die sie noch erheblich plagen.“

„Du leidest aber nicht?“

„Wieso ich?“

„Was hat ein schlechtes Gewissen mit Geld zu tun?“

„Ich sehe schon, für dich wäre kein Platz in meinem Unternehmen. Du hast ja ganz offenkundig keine funktionierende Fantasie. Hör zu, Herr Sprachbloggeur: Hier darf ich mittels meiner Vorstellungskraft so viel Geld drucken – sprich erfinden – , wie mir lustig ist. Ich meine Scheine, dicke Scheine – Dollar, Yen, Euro, Rubel – ist egal.“

„Ich verstehe nicht, wie du deine Scheine an den Mann bringen willst.“

„Hör mal zu…Ich brauche den Leuten nur zu erklären, dass diese Scheine auch das ärgste schlechte Gewissen lindern werden. Dann verteile ich das Geld – nota bene kostenlos – an alle, die es haben wollen.“

„Aber was hast du davon?“

„Zuerst gar nichts. Aber dann fange ich mit der Herstellung vom ‚iGeist‘ an und behaupte, dass der ‚iGeist‘ noch wirksamer gegen ein schlechtes Gewissen wirkt als die Scheine. Wer einen ‚iGeist‘ haben will, brauche mir dann soundso viele Scheine zurückzugeben. Verstehst du endlich? Dann werde ich reich. Genial, nicht wahr?“

„Ja, wirklich genial. Aber bist du in der Lage so viele ‚iGeister‘ selbst herzustellen?“

„Aber klar. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.“

„Trotzdem wäre das viel Arbeit?“

„Stimmt auch, und dazu ist meine Fantasie wirklich zu kostbar. Doch schon habe ich die Lösung gefunden. Ich brauche nur einen Geschäftspartner in China zu finden, und bald gibt es ‚iGeister‘ ohne Ende. Was sagst du dazu? Einmal Visionär, immer Visionär, nicht wahr?“

Wo ist meine Steuererklärung geblieben? (Mein Plädoyer für Toleranz im Zeitalter der knallharten Geschäfte)

Ein Glück, dass Sie diese Zeilen im Internet lesen. Wenn ich Ihnen diesen Beitrag per Post geschickt hätte, wäre es gut möglich, dass Sie ihn nie hätte lesen können.

Worum geht es?

Gestern bekam ich mit der Post eine „Erinnerung“ vom Finanzamt: ob ich vergessen hätte, hieß es, meine Steuererklärung abzugeben. Ich war entsetzt. Natürlich hatte ich meine Steuererklärung abgegeben. Ich rief sofort beim Finanzamt an und erklärte einer sehr sympathischen Dame, dass ich meine Steuererklärung in der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester bereits abgeschickt hätte, dass sie offensichtlich auf dem Postweg verlorengegangen sei.

„Wie verbleiben wir?“ wollte ich wissen. Das wusste sie nicht so ganz genau und meinte, ich sollte mich mit meinem Steuerberater in Verbindung setzen, um einen Rat zu holen. Das machte ich natürlich umgehend.
Heute werde ich vom Steuerberater eine Zweitschrift meiner Steuererklärung bekommen.

Ende gut, alles gut also? Nein, ich bin noch immer entsetzt. Ich habe eine Beschwerde bei der Post-Webseite abgeschickt und fragte, wie es die Post schaffe, eine Sendung von München Schwabing nach München Maxvorstadt zu verschlampen.

Wer sich in München geographisch nicht auskennt, sollte Folgendes wissen: Diese Entfernung kann man zu Fuß in etwa zehn Minuten zurücklegen.
Dann rief ich A. an und schimpfte über die Post. „Typisch“, sagte sie mir. „Stell dir vor: Letzte Woche hat ein Bekannter meines Schwiegersohns eine Bewerbung – mit Originalzeugnissen, verstehst du – an der Post per Einschreiben t abgeschickt. Die Sendung ist nie angekommen. Und: Die Post ist nicht in der Lage, den Einschreibebrief zu finden! Stell dir vor! Schlimm. Schlimm.“

„Anfang des Endes!“ sagte ich.

Dann telefonierte ich mit Robert, um wieder Dampf zu lassen.

„Halb so schlimm“, sagte er. „Immerhin: Du bekommst vom Steuerberater eine Zweitschrift.“

„Anfang des Endes“, sagte ich. „Sparmaßnahmen hin, Sparmaßnahmen her. Alles geht den Bach runter. Sauladen-Post.“

„Wieso bist du so sicher, dass die Post schuld ist?“ fragte er. „Ich habe mal einen Artikel gelesen, dass auch beim Finanzamt alles Mögliche verloren geht, weil man nicht mehr in der Lage ist, Eingänge richtig zu sortieren und zu befördern. Das geht so seit Jahren, aber die Situation wird natürlich überall vertuscht.“

„Du meinst, dass meine Steuererklärung irgendwo am Finanzamt rumgeistert und nicht bei der Post durch die Ritzen gefallen ist oder von einem faulen Briefträger in den Müll geworfen oder an die falsche Adresse zugestellt wurde? Mein Steuerberater meinte, ich soll einen Nachforschungsantrag stellen.“

„Kannst du machen, wenn du willst, und ich würde meine Hand nicht ins Feuer legen, dass die Schuld bei der Post liegt. Aber egal, wer verantwortlich ist. Du kriegst deine Steuererklärung eh nie wieder. Ein Wunder, dass Deutschland überall auf der Welt den Ruf noch hat, bestens organisiert zu sein. Nur ein Märchen, das noch immer überzeugt und ‚Standort Deutschland‘ so begehrt macht. Jeder möchte es gerne glauben.. In Wirklichkeit aber funktioniert Deutschland nicht besser als Italien oder Griechenland. Es fällt nur noch nicht auf. Und ohnehin will keiner es so genau wissen. Wenn man das realisiert, kann man wirklich vom Anfang des Endes reden. Wenn du Glück hast, wirst du bald keine Steuer zahlen müssen.“

Immerhin haben wir das Internet als Informationsträger, liebe Leser. Und da funktioniert alles noch immer wie am Schnürchen. Heute habe ich, zum Beispiel, eine Mail erhalten. Ein(e) gewisse(r) Analia Papini wollte mich informieren, dass er/sie ein Programm habe, das in der Lage ist, mich über meine Webcam auszuspionieren. Man habe Bilder, die mich nackt vor meinem Rechner zeigen. Ich brauche nur auf einen beiliegenden Link nach Kasachstan oder Russland zu klicken, um sie zu sehen.

Ich freue mich auf meinen neuen Trojaner.

Exklusiv: Neues zum Weltuntergang

Nein, hier nichts über das „Unwort“ des Jahres. Reden wir lieber über den Weltuntergang (Sie wissen schon: Maya-Kalender usw.). Ich habe nun den Beweis, dass er doch im Gange ist. Nicht wegen der Turbulenzen auf dem Finanzmarkt, nicht weil die Iraner drohen, die Straße von Hormus dicht zu machen, nicht weil Al Kaida momentan eine Stadt im Jemen belagert, nicht weil China große Probleme mit dem Grundwasser und der Arbeitslosigkeit hat, nicht weil Kim Jong Il gestorben ist, nicht weil in den USA Wahlen bevorstehen. Und erst recht nicht, weil dieses Jahr ein Schaltjahr ist, Herr Wulff zusehends in eine Zwangslage gerät und die „NSU“ Deutschland säubern wollte.

Sondern wegen der Pinguine.

Meine schlimmsten Befürchtungen wurden bestätigt, als ich vor etlichen Tagen in der „International Herald Tribune“ einen Artikel über den Maya-Kalender las.

Am 21. Dezember 2012 geht, wie jeder weiß, ein 5125 Jahre Zyklus zu Ende – zumindest nach den Berechnungen der Maya. Was dann passieren könnte, hat Reporter Eric Pfanner detailliert ausgemalt. Zum Beispiel: Die Erde könnte urplötzlich von einem schwarzen Loch verschluckt werden. Das wäre besonders schlecht für Terroristen, Ideologen und Fernsehanstalten. Die Teilnehmer der „Ich bin ein Star, hol mir hier raus“-Sendung etwa würden wohl nie mehr rauskommen. Eine Katastrophe.

Es müsse aber nicht unbedingt ein schwarzes Loch sein. Reporter Pfanner mutmaßt, dass wir auch mit Außerirdischen rechnen müssten, die unseren hübschen blauen Planeten mit exotischer Waffengewalt in die Knie zwingen könnten. Alles Leben – zumindest menschliches Leben – wäre dann schnell „Geschichte“ (wie manʼs auf Neudeutsch sagt).

Das dritte Szenario: Die Magnetpole könnten urplötzlich umschlagen. Das heißt: Der Norden wäre ab sofort der Süden und umgekehrt. Die Folgen wären verheerend.

Und jetzt komme ich wieder auf die Pinguine: Pfanner gibt ein konkretes Beispiel für die Wirkung einer solchen Umpolung: Die Pinguine würden völlig verwirrt werden.

Ich ahne, dass Eric Pfanner mit diesem konkreten Beispiel zeigen will, dass er mehr weiß als er uns verrät.

Schon von Buddy und Pedro gehört?

Es sind zwei Pinguine im Toronto Tierpark in Kanada, die neulich aus dem Toledo Tierpark (gemeint ist wohl Toledo, Ohio in den USA) nach Kanada umgesiedelt wurden. Sie scheinen nach gängiger Meinung sehr ineinander verliebt zu sein. Sie gehen, zum Beispiel, immer gemeinsam baden, haben sogar ein eigenes Nest für den Nachwuchs gebaut. Alles sehr niedlich, wenn nicht für die Tatsache, dass es sich um zwei männliche Tiere handelt: homosexuelle Pinguine also. Wohl der Grund, warum sie in einem US-Tierpark nicht mehr zu dulden waren. Manche Witzbolde scherzen schon über den „Brokeback Eisberg“.

Buddy ist 21 Jahre alt, Pedro erst 10. Keine unbekannte Alterskonstellation für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Es heißt allerdings, dass Buddy einst Frau und Kinder hatte und dass die Frau leider gestorben sei. Nun schnäbelt er jedenfalls mit seinem Toyboy-Pedro.

Die Zoo-Direktion hat eigene Pläne für diese gefiederten Urninge. Sie möchte das Federviehduo jäh trennen, um es dann mit weiblichen Tieren zu verkuppeln. Es heißt nämlich, dass B. und P. zu einer seltenen Pinguinenart gehören, wo Fortpflanzung dringend vonnöten sei. Ich meine: Ein Glück für das Pärchen, dass es in Toronto und nicht in Saudi Arabien zu Hause ist. Dort wären die türtelnden Tiere längst ein Kopf kleiner geworden. Oder im Iran, wo Homosexuelle gnadenlos aufgeknüpft werden. In Toronto übt man zwar „tough love“, wie es dort heißt, verschleiert die Maßnahme immerhin in der Sprache der Arterhaltung.

Aber zurück zum Weltuntergang: Welchen Bezug haben Buddy und Pedro zum Maya Kalender?

Falls Sie es nicht schon erraten haben, hier meine Vermutung: Diese Pinguine sind mit Sicherheit das klare Vorzeichen für die zu erwartender Umpolung am 21. Dezember, die die Pinguine und dann die ganze Welt so verwirren wird. Das klingt ja sinnvoll…oder?

Doch warten wir’s ab, und achten Sie darauf, wie das mit Buddy und Pedro weiter geht. Nächste Woche werde ich mich direkt an Eric Pfanner wenden, um mich zu erkundigen, ob er vielleicht in Kontakt mit den verborgenen Maya Hohepriestern stehe, die sicherlich Bescheid wissen.

Übrigens: Nicht „Döner-Morde“, sondern „Weltuntergang“ ist das Unwort des Jahres.

Nein, danke. Ich will nicht mehr Bundespräsident werden!

Heute weiß noch niemand, ob er bleibt oder geht.

Ich brauche den Namen nicht mal zu erwähnen. Trotzdem ist es jedem klar, um wen es sich handelt. So ist es mit dem Renommee.

Stichwort Renommee: Einmal las ich, dass Alexander der Große als erster richtig berühmter Mensch in die Geschichte geht. Ich halte das für Unfug. Schon 356 (das Geburtsjahr von Alexander übrigens) steckte ein gewisser Herostratus den Artemis-Tempel in Ephesos im Brand, weil er die Wahnidee pflegte, nur so seinen Namen verewigen zu können, was ihm auch tatsächlich gelang. Um Berühmtheit zu erlangen, braucht man lediglich ein Publikum.

Berühmt im heutigen Sinn wurde man wahrscheinlich erst im Zeitalter der Massenmedien. Als Charlie Chaplin in New York eintraf – ich denke es war um 1917 – , skandierten die Zeitungen „He is Here!“ oder ähnlich. Jeder wusste sofort, wer mit „he“ gemeint war.

1927 feierte man die „it girl“, die Schauspielerin Clara Bow. Noch nie von ihr gehört? Tja, so schnell vergeht der Glitzer des Renommees. „It-Girl“ steht übrigens seit 2009 im Duden und wird heute auf diverse Sterne und Sternchen mit einem besonderen „Etwas“ angewendet.

Aber zurück zu ihm. Und damit meine ich den Mann, dessen Schicksal noch immer ungewiss ist: Christian Wulff. Zur Erinnerung: Als er noch Kandidat Wulff hieß, habe ich auf dieser Seite („Gauck oder ich“ – Juni 2010) sein manikürtes Aussehen angemahnt. Zu sehr hat er mich damals an „Ken“, den ex-Freund von „Barbie“ erinnert. Ich gebe zu: Es ist schäbig, jemanden wegen seines Äußeren anzukreiden. Das war aber gewiss nicht meine Absicht. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass er nichts von seinem Inneren preisgab und dass ich letztendlich der bessere Bundespräsident wäre.

Inzwischen will ich aber nicht mehr Bundespräsident werden – auch wenn ich das Geld gut gebrauchen könnte. Meine Rente ist nämlich sehr klein. Als Bundespräsident hat man nie wieder finanzielle Sorgen (es sei denn, man kauft sich große Häuser). Damals habe ich sogar das Angebot gemacht, weniger Geld fürs Amt zu nehmen als meine Kontrahenten Gauck und Wulff. Billiger wäre ich gewesen aber kein Deut weniger qualifiziert. Ich bin überzeugt, dass ich ebenso in der Lage gewesen wäre, schöne Moralpredigte zu halten wie zu bester Zeit die Konkurrenz. Und ich zweifele nicht, dass mein charmanter Akzent beim Publikum gut angekommen wäre.

Natürlich hätte ich mich erst einbürgern müssen. Als „ausländische Mitbürger“ kann man verständlicherweise nicht Bundespräsident werden. Die Einbürgerung wäre aber ein Klacks gewesen. Das macht das Kreisverwaltungsreferat gerne, um einen künftigen Bundespräsidenten zu legitimieren.

Inzwischen aber will ich dieses Amt nicht mehr bekleiden. Nicht weil ich etwaige Skandale zu befürchten hätte. Unmöglich. Meine Frau und mein Steuerberater sorgen dafür, dass ich ein mehr oder weniger ehrlicher Mensch bleibe. Nein, ich interessiere mich für den Posten des Bundespräsidenten aus einem anderen Grund nicht: Zu viel Trubel und das scheußliche Renommee.

Schauen Sie: Wenn man in eine öffentliche Figur mutiert, wird das eigene Gesicht zu einem Freilandgefängnis. Auf der Straße wird man plötzlich angesprochen, nur weil man erkannt wird. Das habe ich am eigenen Leib erlebt. Vor vielen Jahren wurde ein Text von mir – mit großem Bild – in der „Münchener Abendzeitung“ veröffentlicht. Eine ganze Woche sprachen mich fremde Leute auf der Straße an.

Ich fand die Situation sehr unbehaglich. Denn auf einmal war meine Privatsphäre wie aufgehoben. Man hat es zwar nett mit mir gemeint. Dennoch wurde ich lediglich in den Menschen verwandelt, über den man in der Zeitung gelesen hatte, und ich musste mir stets Mühe geben, „nett“ zu sein.

Fazit: Käme heute der Ruf aus Berlin, müsste ich glatt ablehnen – auch wenn ich manchmal gerne in Berlin bin und meine Frau im Schloss Bellevue endlich genügend Platz für all ihre Bücher hätte.

Nein danke, diesmal ohne mich. Ich sitze lieber am Rechner und schreibe mein Leid und Freude auf den Leib.

Heute Praktisches: Wie man Spammer, Phisher und Co. Paroli bietet

Psychiater haben einen guten Riecher für Kundschaft. Das müssen sie auch. Sie wissen: Wer über sich viel redet, wird sich gleich zuhause auf der Analytikercouch fühlen. Seelensorger unter meinen Lesern warten vielleicht auch eifrig auf mich in ihren Praxen. So sehr jammere ich seit Monaten meine Probleme vor.

Zur Erinnerung aber: Es war der passionierte Zigarrenraucher Sigmund Freud, der einmal behauptete, dass nicht jede Zigarre ein Phallussymbol sei.

Seit Monaten beschwere ich mich, weil die Software dieser Seite nicht hundert Prozent funktioniert. Mal passiert es, dass Beiträge zwei- drei- ja auch vierfach erscheinen. Mal, weil das Kommentieren sehr umständlich geworden ist. Heute übrigens, dank meinem gewissenhaften Host, funktioniert alles – oder fast alles wieder. Zwar muss man auf „weiter“ klicken, um den ganzen Beitrag zu sehen…Ich bleibe jedenfalls weiterhin voller Hoffnung. Weshalb die Seite eine grüne Haut trägt. Sorry, liebe Seelensorger.

Aber da ich gerade von Problemen spreche, wie wäre es, wenn ich schon wieder über meine Spammer erzähle. Sie als Leser kennen nämlich nur die öffentlichen Geschäftsräume meines kleinen Wortladens. Sie waren noch nie im Lagerraum oder im Keller. Sie können also nicht wissen, dass ich beinahe täglich damit beschäftigt bin, Ungeziefer zu tilgen – in diesem Fall Spammer und Phisher, die versuchen, auf Teufel komm raus, meinen schnieken Laden zu verdrecken und zu verpesten.

Hier plaudere ich ein bisschen aus dem Nähkästchen, aber vielleicht kennen die Kollegen unter meinen Lesern (damit meine ich natürlich auch die Leserinnen) das Problem. Fast täglich finde ich, zum Beispiel, in meiner sog. „Benutzerliste“ neu „Benutzer“. Eine Zeitlang fühlte ich mich sehr geschmeichelt, dass so viele Leser Stammgäste werden wollten. Ich habe mich nur gewundert, dass die Namen oft so eigenartig klangen. Hier ein kleiner Auswahl: „harryschaefergw“, „chi32“, „Ugg58441“, „Sasdas321“, „Jdeplppty“, „Xrumersoftware“, „UnpagounpashY“ usw. Auch ihre Adressen muten häufig fantasievoll an – etwa @126bop.com oder @giganaga.org. Manche Namen sind freilich mit einem einfachen „@gmail“, „aol“ etc. versehen.

Es ist schon mal vorgekommen, dass diese „Benutzer“ es gelegentlich schafften, ihre Botschaften – zumindest kurzfristig – als veröffentlichte Kommentare einzuschmuggeln. Anfänglich hat es sich lediglich um Werbung für Potenzmittel, Kasinos, Ferienwohnungen, Uhren usw. gehandelt. Heute nehmen die „Kommentare“ eine ganz neue Dimension an. Ich finde nämlich als „Kommentare“ oft reihenweise Hypertextlinks , die aus reinen Nonsense-Buchstaben bestehen – etwa: „xiwpjfamntxrrrzsyhj“. Aber Vorsicht: Wer auf einen dieser Links klickt, wird sein blaues, oder besser, pechschwarzes Wunder erleben.

Hier ein kleines Interview – nicht das erste – , das ich mit einem aus der neuen Generation von Spammern geführt habe.

Ich: Warum machen Sie das?

Er: (nota bene selten sie – Spammer und Phisher sind fast ausschließlich männlich): Xsyxidehmfetuidefeyidekaf.

Ich: Sprechen Sie kein Deutsch?

Er: Riraeiarjiqwhfwhea6.

Ich werde Sie nicht weiter mit diesem Interview behelligen. Es bringt ohnehin nichts. Fakt ist aber: Die meisten dieser hartnäckigen Vertreter der Antisprache sprechen in der Tat kein Deutsch. Vielleicht Englisch (oder Gebrauchsenglisch), Russisch, Chinesisch, Polnisch, Albanisch, Urdu, Hindi und eine ganze Palette schöner und exotischen Sprachen dieser Welt.

Und natürlich interessieren sie sich nur um eins: Sie hoffen, dass Sie versehentlich – oder aus Neugier – auf so einen Nonsense-Link klicken werden. Tun Sie das, wird Ihr Rechner innerhalb von vier bis fünf Sekunden mit einem Malware-Programm, einem sogenannten Trojaner – womöglich „zeuS“ – infiziert. Es ist wie unsafe sex, kurzes Vergnügen, langes Leiden.
Die neueste Generation von Spammern, Phishern usw. möchte lediglich Ihre Passwörter stibitzen – am liebsten die, die Sie für online Banking brauchen. Kreditkartennummer werden auch gerne eingesammelt. In den USA ist die Rede von „identity thieves“. Willkommen im 21. Jahrhundert, liebe Erdbewohner.

Deshalb möchte ich hier meine geniale Lösung vortragen, um dieses Informationsungeziefer effektiv zu bekämpfen. Mein Vorschlag: Jeder, der ins Internet einloggen will, muss sich künftig einer Sicherheitskontrolle unterziehen lassen. Alle Worte, die er vorhat, auf die digitale Reise mitzunehmen, werden erst durchleuchtet, geröntgt und für Sprengstoff geprüft. Notfalls wird auch eine Vollkörperuntersuchung fällig. Nur dann darf er den Innenbereich des Internets betreten. Auch Schuhe soll er ausziehen, um auch die kontrollieren zu lassen. Spammer versuchen ihre Scheußlichkeiten auf verschiedene Weise zu schmuggeln.

Wer mit verbotenen Inhalten erwischt wird, kommt sofort in den Cybergewahrsam.: Wer dort landet, mein lieber Scholli, der findet sich schwer wieder raus.

Aufmerksamen Lesern wird es vielleicht schon aufgefallen sein, dass meine Ideen an die Flughafenkontrolle erinnert. Das ist kein Zufall.

Es geht hier um Kommunikationsnetze. Die wurden schon seit immer von Straßenräubern usw. befallen. Jedes Zeitalter lernt, Paroli zu bieten.

Oder haben Sie einen anderen Vorschlag? Bin ganz offen für Ideen.

Zähne und E-Reader – was sie gemeinsam haben

Über Zähne und E-Reader habe ich heute – vielleicht als einziger auf der Welt – Gedanken gemacht.

Vor zwei Monaten – es war an einem Sonntag – wollte ich vom karamellisierten Nougat, das meine Frau im Sommer aus Malta mitgebracht hatte, endlich einen Biss probieren. (Anmerkung für Sprachinteressierte: „Nougat“ bzw. „Nugat“ kann man als „das“ oder „der“ bezeichnen. Warum, weiß ich nicht).

Braun wie Tigerauge sah das Nougat aus, eine schöne, irgendwie mysteriöse, kaffeeartige Farbe. Ich nahm das süße Stückchen in die Hand und biss neugierig ab. Hart war es, so hart, dass ich meinte, ich habe gerade in ein Stück versüßtes Panzerglas gebissen. Dann war es schnell geschehen: Knirsch! Mein linker Schneiderzahn wurde augenblicklich demoliert. Knirsch! Ich habe die Lücke sofort mit der Zunge angetastet, und das Unbehagen kehrte ein. Nebenbei: Ich habe meine echten Schneiderzähne schon mit zehn Jahren kaputt gemacht. Ich war damals auf Rollschuhen und fuhr kopfvoran in den eisernen Pfosten eines Parkverbotsschildes. Ein dumpfes Gefühl im Mund und ich spuckte Teile meiner Zähne heraus. Ich sah mit meinen spitzen Zähnchen aus wie der junge Dracula. Meine Mutter weinte: „Mein Baby wird falsche Zähne haben!“ Der Zahnarzt, Dr. Simmel, hat uns beide schnell beruhigt und machte mir meine ersten Kronen. Diese dienten mir treu, bis mir Freund Fritz, Zahnarzt und Künstler, vor 30 Jahre einmal sagte: „Deine Kronen sind dir längst zu klein geworden. Ich mache dir neue.“ Es waren schöne Kronen, die er mir machte. Und nun hatte ich eine von ihnen an dem Stück Nougat kaputt gebissen.

Seit Ende Oktober, seit zwei Monaten also, laufe ich mit einer provisorischen Krone herum. Vielleicht fragen Sie sich, warum es so lang dauert, eine Krone zu ersetzen? Das hängt von vielen Umständen ab. Die Bürokratie der Kasse ist übrigens das wenigste Problem. Es geht vielmehr um die Ästhetik. Fakt ist: Es ist beinahe unmöglich die Farbe der neuen mit der Farbe der alten Krone, die Freund Fritz (der mittlerweile in Ruhestand ist) machte, genau abzustimmen. Bisher habe ich zwei Versuche hinter mir und war sogar zweimal im Zahntechniklabor. Man hielt diverse Farbmuster vor meinem offenen Mund; feinfühlig diskutierte man die Farbabstufungen, die mit Buchstaben und Zahlen wiedergeben werden – also A3, C2 usw. Trotz alledem hat es noch nicht geklappt. „Hier werden wir kaum sichtbare Streifen machen – genauso wie bei der anderen“, sagte mir munter und hoffnungsvoll die Zahntechnikerin –zweimal schon. Alles bisher vergebens. Denn als die neue Krone provisorisch in meinen Mund eingesetzt wurde, war nicht zu übersehen: Die Krone von Fritz hatte einen angenehmen gelben Teint. Die neben ihr, vom Labor eingesetzt, tendierte ins Graue.

Neulich habe ich mit Fritz telefoniert. Wir redeten mitunter über meinen Ärger mit der Krone. „Du, es ist fast unmöglich eine neue Krone farblich mit einer bereits bestehenden abzustimmen“, sagte er.

„Deine waren aber so schön – ein bisschen gelb, gar nicht grau wie diese.“
„Ich habe mir damals große Mühe gegeben. Wenn man es falsch macht, sieht der Zahn schrecklich künstlich aus – wie tot. Wenn man es richtig macht, wirkt sie lebendig. Sie gibt eine gewisse Transparenz her.“

Grau und gelb. Kalt und warm. Tot und lebendig. Das waren also, zumindest Fritz zufolge, die Parameter, die die gelungene von der misslungenen Krone unterschieden.

Bei diesem Gedanken fiel mir plötzlich mein neuer E-Reader ein. Ich habe ihn neulich zum Geburtstag geschenkt bekommen. Meine Einführung in das digitale Lesen sollte er werden. Ich war schon lange neugierig auf diesen neuartigen Textdatenträger und meinte, dass es vielleicht praktisch ist, mit dem gesamten Goethe oder Shakespeare in Urlaub zu gehen.

Praktisch für Brillenträger ist auch die Tatsache, dass man die Schriftgröße beliebig verändern kann. Dennoch ist das Ding sehr gewöhnungsbedürftig. Nicht von ungefähr heißt es, dass man „auf“ einem Reader liest, während man „in“ einem Buch liest. Und noch markanter: Man kann, wenn man ein Buch liest, jederzeit beliebig durchblättern oder eine Seite aufschlagen. Auf dem Reader liest man lediglich Seite für Seite. Zwar gibt es eine Suchfunktion, was sehr praktisch ist und dem Inhaltsverzeichnis eines Buches überlegen. Doch das Lesen auf dem Reader ist im Grunde wie einst die Lektüre in der Schriftrolle. Textspalte folgt Textspalte, bis das Ganze fertig ist. Bücher sind nach wie vor flexibler als Reader. Kein Wunder, dass diese Erfindung seit 2000 Jahren so unübertrefflich geblieben ist.

Und hier noch ein Unterschied: Auf dem E-Reader liest man einen Text auf einem hellgrauen Hintergrund. Papier hingegen ist immer leicht gelblich: kalt gegen warm, also, tot gegen lebendig. Wie bei meinen Kronen. Grau kann anstrengend werden.

Hoffentlich fällt dies den Herstellern bald auf. Machen Sie aber selbst die Probe aufs Exempel. Der Unterschied ist wirklich nicht zu übersehen – zumindest bei den neuesten Modellen. Ich wünschte mir einen warmen E-Reader und eine Krone, die schönes Leben ausstrahlt – und Ihnen wünsche ich einen guten Rutsch ins Neue…

Neue Besen, alte Besen – und eine sehr traurige Nachricht

Gestern Abend war ich noch überzeugt, dass dieser Beitrag „Grün ist die Hoffnung, grün ist der Neid“ heißen müsste. Damit wollte ich auf die neue Farbe, die diese Seite momentan schmückt, hinweisen. (Ob sie bleibt, weiß ich noch nicht). Hoffnung, weil ich meinte – und meine – , dass ich wieder Grund habe zu hoffen, auch wenn hier alles noch nicht ganz funktioniert wie es sein sollte. (Es hapert, zum Beispiel, noch immer mit dem Kommentarschreiben). Immerhin sind meine Spammer wieder glücklich. Sie melden sich ganz erfreut als „Benutzer“ an, in der Hoffnung, sie könnten den „Sprachbloggeur“ eines Tages voll verspammen. Aber grün ist nicht nur die Farbe der Hoffnung. Es ist auch die Farbe des Neides – zumindest ist grün eine der Neidfarben. Die deutsche Sprache kennt auch gelb in dieser Rolle. Der Gedanke dahinter: Die Galle eines „Vergällten“ färbt seine Haut gelb bzw. grün.

Aber dann habe ich das mit grün und Hoffnung verworfen und mich für das Bild des Besens entschieden. Die neuen Besen sollen, wie jeder weiß, gut kehren. Allerdings: Auch dieses Bild hat seine Kehrseite – insbesondere, wenn der Besen alt wird.

Komisch: Das Angenehme und das Unangenehme stehen häufig Seite an Seite.

Das alles nur zur Einleitung. Ab jetzt wird es persönlich. Hier nun ein kurzer Bericht von der Front – zum Thema Hoffnung und Neuigkeiten:

Erstens: Mein berufliches Leben verändert sich dramatisch. Viele Jahre habe ich unter Vertrag bei einer gewissen Zeitschrift gearbeitet. Dank dieser Arbeit konnte ich meine Rechnungen bezahlen. Am Ende dieses Jahres läuft der Vertrag aus. Das ist nicht tragisch. Ab dem 1. Januar 2012 bin ich endlich ein echter freier Schriftsteller.

Zweitens: Mein Rechner, der meine schreibende Karriere seit Jahren begleitet hat, will nicht mehr. Er stürzt immer wieder und ohne Vorwarnung ab. Auf ihn ist kein Verlass mehr. Nur: Alle meine Daten – also Dokumente, Fotos, Scans, Emails usw. habe ich auf diesem alten Rechner gespeichert. Nun galt es, alles sofort zu retten. Manches hatte ich zwar auf externen Datenträgern bereits gespeichert – nicht aber alles. Ich kam mir vor wie ein Mensch auf einer vulkanischen Insel, der alles in Sicherheit bringen muss, bevor der Vulkan in die Luft geht.

Schon jetzt schreibe ich auf dem neuen Rechner. Das Schreibprogramm ist mir noch fremd, ein neuer Besen also. Manches habe ich noch nicht beherrscht.

In solchen Augenblicken mache ich mir übrigens Gedanken darüber, ob in 50 Jahren die elektronisch gespeicherten Daten der Gegenwart immer noch griffbereit sein werden – geschweige denn in 200 Jahren. Man sehnt sich manchmal nach dem lieben, geduldigen Papier.

Drittens: Gestern haben wir eine neue Therme bekommen. Die alte hat nach 26 Jahren den Dienst verweigert. Wir mussten in den (teuren) sauren Apfel beißen. Noch dazu viel Trubel in der Wohnung. Wieder ein Umlernen – in diesem Fall im Reich der Wärme.

Viertens: Nächste Woche zieht unser Sohn in eine eigene Wohnung. Sein Bruder führt schon seit einem Jahr ein eigenes Leben. „Empty nest“ heißt das auf Englisch. Ein Lebensabschnitt geht zu Ende. Ich bin aber stolz auf meine Söhne und freue mich, dass sie selbstständig sind.

Fünftens: Alles, was ich bisher berichte, zählt letztendlich zu den ganz normalen Änderungen, Überraschungen, Widrigkeiten und Freuden eines Lebens. Die traurige Nachricht habe ich für den Schluss aufbewahrt.
Vielleicht erinnern meine Stammleser, dass ich manchmal von meinem Sprachguru erzähle. Seit Jahren liest er Woche für Woche meine Beiträge und korrigiert die gröbsten Fehler. Er wollte nie, dass ich seinen Namen verrate. Er hat es mir sogar verboten. Er blieb lieber der Schatten im Hintergrund.

Am Montag dem 19. Dezember 2011 um 10.30 ist dieser lieber Mensch eine Woche vor seinem 97. Geburtstag gestorben. Ich bin überzeugt, dass er es mir heute nicht übel nehmen würde, wenn ich seinen Namen hier endlich preisgebe: Ernst-Theo Rohnert. Woche für Woche hat er mir seine Emails mit Korrektur geschickt. Sogar vor zwei Wochen! Er hat mir viel über diese mir fremde deutsche Sprache beigebracht. Er war stets pingelig, stets streng, stets sehr genau und stets geduldig. Er hat sich immer kurz gefasst. „WS“ also „Wortstellung“ zählte zu seinen Lieblingsrügen; oder „eleganter wäre…“ Als ich vor zwei Wochen das Wort „beeindruckt“ falscherweise als „beeindrückt“ schrieb, kommentierte er: „‘beeindruckt‘ – Einprägen! Sehr wichtig!“.

Er signierte seine Mails immer mit „eteha“. Er und seine Mails werden mir sehr fehlen. Ab jetzt bin ich ganz und gar für die eigenen Fehler verantwortlich. Ab jetzt kehre ich mit dem eigenen Besen und vor der eigenen Tür…

Ich wiederhole, ich wiederhole, ich wiederhole

[Alles noch nicht ganz in Butter, liebe Leser. Als ich feststellte, dass dieser Beitrag auf dieser Seite viermal in Folge zu lesen war, nahm ich mir vor, die "Wiederholungen" zu löschen. Stattdessen habe ich den Text insgesamt gelöscht. Nun erscheint er wieder. Wiederholung. Hmmm. Übrigens: Das Jammern im Text bezog sich lediglich auf die Unmöglichkeit - von der kaputten Software des Servers verursacht - , Kommentare zu empfangen. Das sage ich hier in eigener Sache.]

Ich habe seit Wochen keine Kommentare empfangen.

Seit Wochen keine Kommentare. Ich meine hier auf dieser Webseite.

Auf dieser Webseite keine Kommentare seit Wochen.

Ich klicke auf die Webseite, und ich sehe keine neuen Kommentare. Seit Wochen keine Kommentare.

Keine Sorge, liebe Leser, ich drehe nicht durch – zumindest nicht über das übliche Maß hinaus. Ich will lediglich durch dieses konkrete Beispiel, etwas über den Erzählstil der Pirahã veranschaulichen. „Pirahã“, sollte ich vielleicht erklären, ist der Name eines Stammes im tiefsten Amazonasgebiet in Richtung bolivischer Grenze. Der ganze Stamm zählt nur wenige hundert Seelen, die in verschiedenen kleinen Dörfern entlang eines kleinen Flusses nahe dem Madeirafluss verteilt sind.

1977 ließ sich der amerikanische Missionar Daniel Everett mit Familie in einem dieser Dörfer nieder. Der Plan war, dieses Urvolk zum Christentum zu bekehren. Everett lebte bei den Pirahã über die nächsten Jahrzehnte insgesamt sieben Jahre. Dennoch vermochte er ihnen die christliche Religion nie zu vermitteln. Am Schluss legte er sein Amt als Missionar (aus Überzeugung) nieder. Er und nicht der Stamm wurde zum Bekehrten. 2008 veröffentlichte er in englischer Sprache ein sehr spannendes Buch über die Pirahã: „Don’t Sleep, There are Snakes“ (dt. Ausgabe: „Das glücklichste Volk: sieben Jahre bei den Pirahã-Indianern am Amazonas“).

Bitte erwarten Sie hier keine Bücherrezension, nicht einmal eine Analyse der seltenen Sprache der Pirahã, die, z.B., nur eine Verbalzeit kennt: die Gegenwart. Alles dreht sich für dieses Völkchen um die Gegenwart. Stirbt einer von ihnen, hört man bald auf, über ihn zu reden, als hätte es ihn nie gegeben. Everett zufolge kennen die Pirahã außerdem weder Mythen noch Riten – sie haben also praktisch keine uns nachvollziehbare Religion, eine Tatsache, die eine eventuelle Bekehrung zum Christentum zusätzlich erschwerte. Dafür erkennen sie eine Geisterwelt an, die ihnen aber stets gegenwärtig ist. Alle konnten Geister sehen, nur Everett nicht.

Doch hier möchte ich nur über den Erzählstil der Pirahã berichten. Hier dann ein Beispiel aus einer Erzählung eines gewissen Kaaboogí, der seinen Nachbarn mitteilen wollte, wie er einen schwarzen Panther erlegt hatte. Alle Leute waren lose um ihn versammelt. Die Geschichte beginnt damit, wie der Panther seinen Hund überfällt. Ich zitiere:

„Hier sprang der Jaguar auf meinen Hund und tötete ihn. Da sprang der Jaguar auf meinen Hund und tötete ihn. Es geht hier um mich. Da tötete der Jaguar meinen Hund. Er sprang auf ihn. Es geht um meinen Hund. Der Jaguar sprang auf meinen Hund. Ich dachte, ich sehe ihn. Dann ich…, also der Panther sprang auf meinen Hund. Dann sprang der Panther auf meinen Hund. Dann sprach ich. Das hat der Panther getan. Dann sprach ich über den Panther. Hierhin ist es gegangen. Ich denke, ich sehe, wo es gegangen ist…“

Das ist nur der Anfang dieser spannenden Geschichte. Zumindest für die Pirahã spannend. Uns kommt es vielleicht mit den vielen Wiederholungen wirr vor. Vielleicht. (Übrigens: Leider kann ich nicht erklären, warum Kaaboogí mal vom Jaguar mal vom Panther redet – ebenso wenig verstehe ich, wieso hier im Text Vergangenheitsformen auftauchen. Aber egal). Es ist das ständige Wiederholen, das mich hier interessiert. Das ständige Wiederholen interessiert mich.

Warum wird so massiv wiederholt? Warum so massiv?

Man braucht sich nur die Situation vor Ort zu verbildlichen: Kaaboogí steht vor der gesamten Dorfgemeinschaft und erzählt. Hört jeder aber hin? Manche sind mit anderen Dingen beschäftigt. Manche hören gar nicht zu. Manche ratschen. Der Erzähler wiederholt, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er wiederholt, damit man zuhört. Er wiederholt, weil er aufgeregt ist. Er wiederholt, damit man das Wichtigste nicht verpasst.

Als ich die Geschichte von Kaaboogí und seinem Panther zum ersten Mal las, fand ich sie sehr langatmig. Denn so wird bei uns nicht erzählt. Oder? Hmmm. Zumindest nicht in der Schriftsprache (oder selten). Doch manchmal beobachte ich mich, wie ich mich, wenn ich rede, wiederhole – vor allem, wenn es um die Pointe geht – oder wenn mir eine Idee besonders wichtig ist oder toll vorkommt, oder ich aufgeregt bin. Wirklich. Machen Sie selbst den Versuch, und dann fragen Sie sich: Bin auch ich ein Pirahã? Die Antwort mag überraschen.

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Mein Nachbar der Spammer

„Und was arbeiten Sie?“ fragt mein Gegenüber im Zug nach Hamburg. Manchmal redet man gerne mit Fremden, um die Zeit zu vertreiben.

„Ich bin Sprachbloggeur.“

Ein junger Mann, vielleicht um die 30 herum, geschmackvoll angezogen. Er schaut mich skeptisch an. Das jugendliche Gesicht wirkt fast harmonisch, wäre es nicht für die harten Züge an den Mundwinkeln. Die Haare sind blond. Gesamteindruck: jungdynamisch. „Was ist ein Sprachbloggeur?“ fragt er.

„Einer, der für die Gerechtigkeit der Sprache kämpft“, antworte ich.

„Schöne Antwort. Trotzdem hört sich das – Sie werden entschuldigen – , ein bisschen schrullig an – , als wären Sie so ein Superheld wie der Hulk oder Spiderman – bloß im Bereich der Sprache.“

„Das haben Sie schön gesagt. Und so ist es auch. Natürlich bin ich aber nicht der einzige Sprachbloggeur. Wir sind viele. Jeder nennt sich aber anders und tarnt sich hinter einer anderen Identität.“

„Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich frage, ob Sie alle Tassen im Schrank haben. Sind Sie so ein Idealist oder was?“

„So kann man es auch ausdrücken. Zumindest stehen bei mir keine ‚made-in-China-Tassen’ im Schrank. Darf ich fragen, was Sie machen?“

„Ich bin Spammer.“

„Ach“, antworte ich, „das ist ein interessanter Beruf. Vielleicht haben Sie auch meine Webseite mal mit Spam vermüllt.“

„Schon möglich“, aber wenig wahrscheinlich. Wir sind nicht auf Blogs spezialisiert. Das machen andere. Wir zielen auf Einzelmenschen.“

„Und was für Waren drehen Sie die Leute an? Gefälschte Potenzmittel? Ferienwohnungen in Polen? Fantasie Markenuhren?“

„Nein, nein, Herr Sprachbloggeur. Man merkt, dass Sie sich nicht so gut auskennen. Solche Maschen sind von gestern. Noch nie vom ‚VirtualKasinoKlub’ gehört?“

„Nein, leider nicht. Klingt wie ein online Kasino. Online Kasinos sind aber nichts Neues.“

„Das unsere schon. Wir schicken 3-4 mal täglich Mails an Millionen von potenziellen Kunden, bis wir viele mit unserem Angebot mürbe gemacht haben. Immerhin: Wir bieten 100 Euro Spielgeld kostenloses an, wenn man nur unsere Software runterlädt.“

„Das kann Ihnen aber teuer kommen, oder?“

„Aber woher, Sie verstehen unsere Kunst nicht, Herr Sprachbloggeur. Um die 100 Euro zu bekommen, muss man zuerst eigene 100 Euro einsetzen. Dann hat der Spieler 200 Euro…“

„…und wenn er gewinnt?“

„Das meinen Sie aber nicht ernst, oder? Am Schluss verliert der Spieler halt 200 Euro statt 100. Dafür sorgt unsere tolle Software – und die war nicht gerade billig. Aber das ist nur der Anfang. Nun schenken wir dem Spieler 200 Euro. Dafür muss er selbst wieder nur 100 Euro einsetzen…

„…um dann ja 300 zu verlieren.“

„Jetzt haben Sie es kapiert.“

„Und Sie können nachts schlafen?“

„Wie meinen Sie das? Ach, ich verstehe. Sie fragen, ob ich ein schlechtes Gewissen habe. Warum auch? Ich schlafe wie ein Baby. Seien wir ehrlich, Herr Sprachbloggeur: Wer ist der Dumme, der Spieler oder ich. Ich sehe, Sie möchten glauben, dass ich der Dumme bin. Sie irren sich aber. Sie leben noch im falschen Jahrhundert, wenn ich’s sagen darf.“

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