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Nun auch noch das „D“-Wort!!

Haben Sie schon vom „D“-Wort gehört? Ich gehe nicht davon aus. Denn es steht, soweit ich weiß, noch nicht auf der Liste der mit einem Buchstaben wiedergegebenen verbotenen Wörter. Das vermute ich jedenfalls.

Diese Fixierung mit Buchstabenkürzeln, um „gecancellte“ Begriffe zu tilgen, ist, wie jeder weiß, ein Import aus den Vereinigten Staaten (und wohl sekundär aus dem Vereinigten Königreich). Nun schlägt sie auch in Deutschland Wurzeln.

Es handelt sich stets um Begriffe, die man nicht mehr sagen oder gar ausschreiben darf, weil sie als verletzend erachtet werden.

So die Theorie.

In den USA kennt man bereits den Beruf des „sensitivity reader“. Das ist eine Person, die uns vor solchen Begriffen zu schützen hat. Leider habe ich vergessen, wie man „sensitivity reader“ auf Deutsch sagt. Vielleicht „Sensitivity-Reader*in“.
Ich erzähle Ihnen gewiss nichts Neues. Wörter wie „dick“, „kleinwuchsig“,
„zurückgeblieben“, „häßlich“ usw. werden entweder durch akzeptable Synonyme ausgetauscht, oder ein Text wird wohl abgelehnt bzw. entsprechend geändert.

Es gibt genügend Beispiele dieses Phänomens. Und Sie kennen sie ohnehin längst selbst. Am bekanntesten ist bestimmt das Hickhack um Mark Twains Figur „Nigger Jim“ in „Huckleberry Finn“. Leider habe ich vergessen, was man für eine Lösung gefunden hat. Auch Kinderbuchautor Roald Dahl wurde wegen seiner Dicken und Hässlichen u.v.a.m. als politisch äußerst unkorrekt eingestuft. Beispiele finden Sie im WehWehWeh zur Genüge.

Ich komme nun auf dieses Thema nur deshalb, weil sich in NRW, so erfahre ich, 12.000 sehr empfindliche Menschen, wahrscheinlich Abiturienten, wegen einer Abi-Prüfung-Frage beschwert haben. Der Grund: Sie sind auf das „N“-Wort in einem zu prüfenden Text von der amer. Schriftstellerin Mary-Alice Daniel gestoßen.

Folgendes aus dem „Spiegel-Online“:

„Die Verwendung des N-Worts rechtfertigte das Schulministerium damit, »dass dieser von der – selbst schwarzen – Autorin im Rahmen der Schilderung ihrer Erlebnisse bewusst selbst verwendet wird«, zudem sei er in Anführungszeichen gesetzt. »Den Begriff wegzulassen hätte die Intention der Autorin unangemessen verfälscht«, ist das Schulministerium überzeugt.“

Dennoch wurden innerhalb einer Woche 12.000 Unterschriften gesammelt und abgegeben.

By the way: In der amer. Zeitschrift “New Yorker” – sie gilt als prima-Adresse für Zeitgeist und neue Literatur – habe ich vor ein paar Jahren eine Kurzgeschichte von einem schwarzen – oder wie man heute sagt: „afro-amerikanischen“ Autor – gelesen, dessen Text mit dem Wort „nigger“ bzw. „niggah“ nur wimmelte. Das „New Yorker“-Magazin wird allerdings nicht von empfindlichen Abiturienten aus NRW gelesen, sondern von „hippen“ Literaturmenschen. Da der Autor selbst schwarz war (wie auch Mary-Alice Daniel) und die Sprache die einer schwarzen Umwelt wiedergibt, gab es auch hier keinen richtigen Bedarf, dass der Sensitivity Reader Alarm schlagen sollte.

Nebenbei: Im selben Text stößt man immer wieder auf das Schimpfwort „Whitey“, also „weißer Mensch“. Dies würde wohl in NRW nicht auffallen.

Naja. So eng sehe ich die Sache nicht. Meiner Meinung nach: Wenn eine Vokabel sinnvoll ist – und nicht die Absicht hat – andere zu verletzen, dann warum sollte man sie nicht verwenden?

Aber nun zurück zu dem oben versprochenen „D“-Wort. Wird auch er bald auf der schwarzen Liste landen? Upps! Ist es noch erlaubt, „schwarze Liste“ zu sagen? Werden wir bestimmt bald sehen.

Das „D“-Wort, falls Sie es selbst noch nicht erraten haben, steht für „dumm“.

Comments

D-Wort-heit ist die Geißel der Menschheit.Aber aktuell sehr beliebt.

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