Etwas stimmte mit dem Satz nicht …aber was?
Tagelang studierte ich ihn immer wieder. Manchmal konnte ich mich kurz beruhigen. Er ist in Ordnung, konstatierte ich und lullte mich erneut in einen Zustand der falschen Hoffnung.
Doch bald kehrte der hartnäckige Zweifel zurück…
Liebe Leser, heute etwas Seltenes: Ich gewähre Ihnen Zutritt in den Gedankenprozess eines Menschen, der in der Fremdsprache schreibt. Willkommen in meinem geplagten Kopf. Fürwahr: Es ist ein hartes Schicksal, Schriftsteller in der Fremdsprache zu sein.
Aber zurück zum fraglichen Satz. Er lautete folgendermaßen:
„Jedesmal reichte Sie mir die Hand an der Tür zur Begrüßung.“
Wäre ich deutscher Muttersprachler, würde niemand an diesen Satz Anstoß nehmen. Muttersprachler genießen eine gewisse Narrenfreiheit. Ihre Fehler bezeichnet man als Ergebnisse des „individuellen Sprachgefühls“.
Des armen Migrantlers Worte hingegen werden mit anderen Maßstäben gemessen. Sein „Individuelles Sprachgefühl“ wird meistens schlichtweg als fehlerhaft ausgelegt. Und dagegen ist noch kein Kraut gewachsen!
Zum Beispiel der oben zitierte Satz. Wenn ich Muttersprachler wäre, würde er höchstwahrscheinlich nicht auffallen. Sie würden ihn als Resultat gewisser stilistischer Überlegungen seitens des Autors erachten. Schreibt ihn aber der Migrantler, so weiß schon jeder Muttersprachler, wie der Satz besser klingen könnte. Nur ich weiß es nicht.
Zufällig rief Ernst vor ein paar Tagen an, um Hallo zu sagen. Wie immer plauderten wir eine Weile über Gott und die Welt. Dann fiel mir mein Satz ein. „Du, Ernst, darf ich dir einen Satz vorlesen. Ich bin überzeugt, dass hier etwas nicht stimmt. Ich komme aber selber nicht drauf.“
„Na, klar.“
Ich las Ernst meinen Satz vor.
Wie aus der Pistole geschossen, antwortete er: „‘Jedesmal reichte sie mir zur Begrüßung an der Tür die Hand.‘ So muss es heißen.“
„Aha!“, sagte ich und schrieb seine Version dankend auf. „Ja, du hast recht. Es klingt jetzt wirklich viel logischer – auch viel rhythmischer.“ Das sagte ich. Bloß: Ich wäre nicht in der Lage meine neu entdeckte Begeisterung zu begründen.
Das konnte aber Ernst: „Im Deutschen“, sagte er, „will man in einem Satz das Wichtigste bis zum Schluss aufbewahren – praktisch als Bonbon. Wenn in deinem Satz bereits am Anfang die ‚Hand‘ in Erscheinung tritt, kann es vorkommen, dass dem Leser weniger die ‚Begrüßung an der Tür‘ auffällt. Diese Worte könnten dann zu Beiwerk werden. Wenn aber die Hand noch nicht erwähnt wurde, wächst die Spannung, und die anderen Elemente wirken wie heiße Spuren in einem Krimi.“
„Scheißsprache“, entgegnete ich. Das sage ich immer, wenn ich feststelle, dass ich diese Sprache nach so vielen Jahrzehnten immer noch nicht beherrscht habe. Aber Ernst hatte bestimmt recht. Und zum ersten Mal habe ich von einem native speaker eine brauchbare Regel erhalten für die knifflige Wortstellung der deutschen Sprache.
Ich will mich aber nicht zu früh freuen. Denn es gibt, wie man weiß, immer eine Ausnahme für jede Regel. Ich kenne sie nur noch nicht.
By the way: Erst nach dem Gespräch mit Ernst ist es mir eingefallen, dass die Wortstellung in meinem Satz höchstwahrscheinlich vom Sog meiner englischen Muttersprache beeinflusst wurde. Hier jetzt eine englische Übersetzung: „Each time, she extended me her hand at the door to greet me.“ Ein einwandfreier Satz auf Englisch.
Aber nun wurde ich erst recht stutzig: Auf Englisch muss die Spannung wohl nicht erst am Schluss aufgelöst werden, dachte ich. Und dennoch käme niemand auf die Idee, andere Worte im Satz als „Beiwerk“ zu erachten.
Warum geht das auf Englisch aber nicht auf Deutsch?
Im Foto war ein wunderschöner Kölner Straßenzug zu sehen: mit Straßenbahnschienen, schnieken Häusern aus der Gründerzeit, mit emsigen Rheinländern auf den Weg durch das tägliche Mühsal. Manche lächelten sogar. Das Leben halt.
Wissen Sie, dass Menschen auf Fotos, auch wenn sie in Bedrängnis oder unglücklich sind, lächeln, scheinen manchmal sogar glücklich oder zumindest friedlich zu sein?
Frau F. zeigte mir mal ein Bild von sich bei der Ankunft in Auschwitz, im Hintergrund ein Güterzug. Hat ein SS-Fotograf geknipst. Frau F. war damals vielleicht siebzehn oder achtzehn und stand mitten in einer Traube gleichaltriger junger Frauen, alle trugen lange, wallende Röcke.
„Das bin ich“, sagte sie und zeigte auf ein hübsches, freundliches Mädchen.
„Aber Sie lächeln.“
Sie reagierte auf diese Bemerkung nicht. Auch andere junge Frauen im Bild lächelten. Junge Menschen lächeln viel, weil sie meistens voller Hoffnung sind.
„Sehen Sie die Tücher, die wir am Kopf tragen? Wir mussten den Stoff vom Rocksaum abreißen. Das war uns ärgerlich. Ach, da ist die Gitta, und da die Berta. Sie waren nach einer Stunde tot…
Und die Kölner im Bild (aufgenommen 1937) wussten auch nicht, was auf sie und ihre einst so schöne Stadt zukommen würde.
Aber lassen wir jetzt das Pathos. Nur wenige Minuten, nachdem ich mir das Kölner Bild besonnen hatte – ich war nämlich in der Pinakothek der Moderne in München – hat‘s auch mich kalt erwischt.
Was heißt „kalt erwischt“? Im Vergleich zum Schicksal von Frau F. und der Stadt Köln ist das, was ich hier zu erzählen beabsichtige, eher harmlos. Dennoch…
Ich schlenderte weiter durch die Galerieräume und hielt in Raum Acht vor einem reizenden Selbstporträt der mir bisher unbekannten Malerin Fridel Dethleffs-Edelmann (1899-1982). Die Künstlerin steht im Bild vor einem eigenen Gemälde, einer Landschaft, dessen Rahmen auch das Selbstporträt umrahmt. Die von ihr gemalte Landschaft dient also als Hintergrund fürs Selfie. Die Künstlerin, mit Pinseln in der Hand, schaut uns mit ernster Miene an. Sie trägt, wenn ich mich richtig erinnere, einen Malkittel. Ein witziges Bild, es entstand 1932.
Aus lauter Begeisterung kam ich auf die Idee, das Gemälde zu fotografieren. Klar, so ein Foto verschwindet sofort in den „Archiven“. Es zu knipsen ist lediglich der Ausdruck eines momentanen Überschwangs.
Gleiches passiert im Urlaub, wo man auch ständig losschießt. Zum Glück sind Speicherkarten billiger als früher Film, Entwicklung etc.
Aber jetzt geht’s los: Kaum hatte ich meinen Fotoapparat aus der Tasche geholt und den Objektivdeckel abgenommen, ist besagter Deckel meinen Fingern entglitten und auf den Boden gefallen.
Alles verlief wie in Zeitlupe. Hmm, dachte ich: Wäre es nicht blöd, wenn der Deckel, der vor mir hinwegkugelte, durch das Lüftungsgitter fallen würde. Das Gitter säumte am Boden den ganzen Raum. Und siehe da! Genau dies ist passiert. Zwar sah ich die „Katastrophe“ kommen, ich war aber hilflos, sie zu verhindern. Lediglich versuchte ich im letzten Augenblick mit einer unbeholfenen Fußbewegung das Unvermeidbare noch abzuhalten. Vergeblich. Flutsch. Der Deckel verschwand unter dem Gitter.
Das war bloß der Anfang einer langen Geschichte, die ich hier nur im Schnellverfahren schildern werde: Der Museumswächter schickte mich zur Info-Theke, um den Putzmann (ja, so wird er genannt – ich hätte „Reinigungsmensch“ gesagt) zu Rate zu ziehen, weil nur er das Gitter entfernen darf.
„Gehen Sie runter zur Garderobe“, sagte zu mir der Mann an der Info-Theke. „Dort finden Sie den Putzmann“
„Da ist er“, sagte der Mensch an der Garderobe und zeigte mit der Hand.
Endlich konnte ich dem Putzmann mein Anliegen vortragen „Ich habe keine Zeit“, antwortete er schelmisch. Mir fiel auf: Er genießt seine Macht.
„Kommen Sie morgen wieder.“
„Aber morgen ist Montag. Das Museum ist geschlossen“, antwortete ich.
„Egal. Kommen Sie morgen und sprechen Sie mit dem Pförtner. Er wird Ihnen bestimmt weiterhelfen.“
Ich erschien am nächsten Tag. Der Pförtner holte den Wartungsmonteur, den ich in die Galerien begleiten durfte. Ein unheimliches Gefühl in einem Kunstmuseum zu sein, wenn kein Publikum da ist, und die helle Beleuchtung abgeschaltet ist. Es ist, als würden die Bilder schlafen.
Ich habe meinen Deckel wieder erhalten und freute mich riesig. Ende der Geschichte.
Und: Zum wiederholten Mal wurde mir vor Augen geführt, wie unvorhersehbar das Leben ist.
Bin deshalb gespannt auf die neue „Volksrepublik Donezk“ und auch die von Charkow….
In eigener Sache: Nächste Woche wahrscheinlich keine Glosse.
Wie wird man zum Sprachbloggeur?
Teilantwort eins: Man braucht Geld.
Teilantwort zwei: Die Not macht erfinderisch.
Teilantwort drei: Man schreibt liebend gern über Sprache.
Jetzt zu den Details. Heute also ein bisschen Autobiografisches:
1979 wurde ich von einer deutschen Publikumszeitschrift angeworben – obwohl ich keine journalistische Hochschule besucht hatte und obendrein die deutsche Schriftsprache nur ungenügend beherrschte. Mein langjähriger Status war der des festen-freien Mitarbeiters. Mein Chef war aber der Meinung, ich würde eine günstige Ergänzung für die Redaktion geben.
Dazu: Er selbst übersetzte meine in englischer Sprache geschriebenen Texte ins Deutsche. Und noch dazu: Über die Jahre wurde mein Vertrag entsprechend verändert, so dass Pauschal und Fixum regelmäßig erhöht wurden. Ich wähnte mich beinahe ein Angestellter. Das waren Zeiten. Heute kaum mehr möglich.
Die gute Behandlung erweckte in mir natürlich eine starke Loyalität der Zeitschrift gegenüber (heute auch kaum möglich). Umso mehr machte ich mir Gedanken darüber, wie ich a) der Zeitschrift Gutes tun und b) meinen Stellenwert weiter befestigen könnte. So hatte ich eines Tags den Einfall: eine Sprachkolumne aus dem Boden zu stampfen – damals gab es kaum Sprachrubriken in Deutschland. Mein Chef war von der Idee begeistert. Und da ich ehrgeizig war, wollte ich die Texte für diese Kolumne auf Deutsch schreiben. „Können wir ausprobieren“, meinte mein Chef wohlwollend.
Meine Kolumne erschien zwar unregelmäßig, wurde aber tatsächlich gern gelesen. Wir schreiben übrigens das Jahr 1985 oder so. Zugegeben: Meine Schriftdeutschkenntnisse waren alles anders als berauschend. Doch practice makes perfect.
Es hat mir großen Spaß gemacht, diese der Sprache bezogenen Texte zu entwerfen und schreiben. Hier ein paar Themen: ein Vergleich, z.B., zwischen dem Wortschatz des Hochdeutschen mit dem des Plattdeutschen und des Friesischen. Die Überschrift lautete: „Die drei Schwestern“. Einmal erläuterte den Begriff „modern“ angesichts der Tatsache, dass sich jede Generation für „modern“ hält. (Heute klingt „postmodern“ bereits altbacken). Einmal erklärte ich den „Brautlauf“, ein altertümliches Wort für „Hochzeit“. Leider habe ich den Inhalt fast vollständig vergessen. Kann man heute aber alles googeln.
Meine Rubrik hieß passenderweise „Deutsche Sprache…“ – was freilich mit „schwere Sprache“ zu ergänzen war. Sie stieß allerdings nicht nur auf Wohlwollen. Der Chef von Dienst pflegte zu nörgeln: “Ausgerechnet der Ausländer muss über die deutsche Sprache schreiben.“
Ich denke, die Kolumne erschien insgesamt ein Dutzend Male. Doch damit hatte ich meinen Stellenwert bei der Zeitschrift in der Tat befestigt und noch dazu den Werdegang der Zeitschrift sehr zum Positiven beeinflusst. Über die nächsten Jahrzehnte erschienen in der Zeitschrift regelmäßig diverse Rubriken – mit mir übrigens als Autor! Nicht also von ungefähr fragte mich 2005 der derzeitige Chefredakteur, ob ich im Infozeitalter Lust hätte, eine online Rubrik – sprich Blog – zu entwerfen. Daraus entstand „Der Sprachbloggeur“. Und stellen Sie sich vor: Jeder Beitrag wurde (bis Januar 2009) honoriert – utopische Vorstellung heute.
Doch jetzt zum Thema Abschiedsnehmen auf Deutsch: Der letzte Text, den ich für die Rubrik „Deutsche Sprache…“ verfasste, handelte vom Wort „Wiedersehen“. Dieser Begriff, so meinte ich, werde fast ausnahmslos in formellen Situationen gebraucht – eine Art Abschiedssiezen. Im täglichen Gebrauch verabschiede man sich lieber mit „ciao“, „servus“, „tschüss“ usw.
Nur im Kino – und zwar in synchronisierten Filmen – so behauptete ich, werde „Wiedersehn!“ als volkstümlicher Abschiedsgruß beinahe pauschal benutzt. Kleine Kinder im Film rufen zur Oma und zum Opa und zu Freunden beim Abschiedsnehmen „Wiedersehn!“ Geliebte, Freunde, Jugendliche ebenso.
Meine Theorie damals: Dieses „Wiedersehn“ hatte sich im Kino deshalb eingebürgert, weil es in der deutschen Hochsprache nirgends ein einheitliches Abschiedswort wie das englische „bye“ gibt. In der deutschen Sprache richtet sich der Abschiedsgruß nach dem jeweiligen an einem Ort herrschenden Dialekt. Dialekt bei der Synchro-Arbeit ist aber undzulässig.
Mein „Wiedersehen“- Text erschien übrigens nie. Später erfuhr ich, dass die Chefredaktion meine Theorie nicht unterstützte. Deshalb musste ich erst selbstständiger Sprachbloggeur werden, um sie endlich in eigener Verantwortung öffentlich zu erörtern. Das Geld wird zwar weniger aber die Freiheit! Die Freiheit!
Eine vergnügliche Unterhaltung mit Frau M. über Gott und die Welt. Sie findet passenderweise im Paradies statt, umgeben von duftenden Mangos, gelben Papayas, süßsauren Maracujas, prallroten Erdbeeren etc. etc.
Paradies. So heißt, wie manche Leser bereits wissen, mein Lieblingsobst-und-Gemüseladen, der häufig Schauplatz meiner Überlegungen über Sprache ist. Frau M., die Inhaberin, waltet souverän über diesen Lustgarten.
So viel weiß ich noch: Wir unterhielten uns sehr rege über diverse, knifflige sprachliche Probleme. Und ich erinnere mich noch, dass ich auf einmal dachte: Hmm, darüber sollte ich vielleicht etwas schreiben. Leider hatte ich aber nach nur einer Stunde beinahe das ganze Gespräch wieder vergessen.
Mit Ausnahme von einem kleinen Bruchstück: Frau M. hatte sich um das Wort „Niemand“ im Genitiv, also „Niemandes“ oder „Niemands“ Gedanken gemacht. Sie war nämlich dabei, dieses Wort in einem Satz zu benutzen, es kam ihr aber plötzlich irgendwie seltsam vor. Sie hatte auch recht. Diese Genitivform wird heute immer seltener gebraucht.
Daraufhin bemerkte Frau M., die übrigens sehr nützliche Englischkenntnisse besitzt: „Es wäre viel einfacher, das auf Englisch zu sagen. ‚Nobody’s‘ erscheint mir akzeptabler als ‚niemandes‘.“
Ich hingegen meinte, dass im Deutschen an dieser Stelle ‚keinem‘ besser passen würde.
Nur: keinem was? Niemandes was? Fakt ist: Ich hatte nach einer Stunde den Zusammenhang total vergessen.
War die Rede von „niemandes Angelegenheit“? Nein sicherlich nicht. Denn mein „keinem“ hätte sich dann auf „Keinem seine Angelegenheit“ bezogen, was man im Bayrischen sagen darf, nicht aber, wenn man „nach der Schrift“ redet. Erneut grub ich in den tiefen Kanälen meines Gedächtnisses.
Ging es vielleicht um „in niemandes Augen“? fragte ich mich. Und hat Frau M. gesagt: „Nein, das klingt viel schöner auf Englisch, also ‚in nobody’s eyes‘?“
Nein. Denn ich erinnerte mich noch ganz genau, dass ich in meinem Beispiel „keinem“ und nicht „keinen“ benutzt hatte. „In keinen Augen“ war es also nicht.
Die Sache hat mich zusehends beschäftigt. Schließlich entschloss ich mich, Frau M. am nächsten Tag zu fragen, ob sie sich noch an das Gespräch erinnerte. Ich war nämlich fest überzeugt, dass, sie dies bejahen würde. Und jetzt komme ich zu meiner Haupttheorie: Ich behaupte, dass Frauen das bessere Gedächtnis haben.
„Ja, natürlich erinnere ich mich“, sagte Frau M. zu mir. „Ich wollte ‚in niemandes Leben‘ sagen. Mir kam diese Formulierung aber irgendwie komisch vor, und ich meinte, man habe es im Englischen einfacher. ‚In nobody’s life‘ würde schöner klingen.“
„Genau“, sagte ich. „Und ich erwiderte. ‚In keinem Leben wäre heute im Deutschen gebräuchlicher‘.“
„Ja, so war es.“
„Ich war sicher, dass Sie sich erinnern würden“, sagte ich zufrieden.
„Wieso waren Sie so sicher?“ fragte Frau M.
„Weil Frauen meines Erachtens immer das bessere Gedächtnis haben.“
„Das stimmt aber nicht“, antwortete sie. „Ich habe ein sehr schlechtes Gedächtnis. Ich weiß nicht einmal, in welchem Zusammenhang ich das ganze Thema erwähnte.“
„Ich auch nicht. Aber trotzdem haben Sie sich an ‚in nobody’s life‘ erinnert. Frauen erinnern sich immer an die Details.“
„Und Männer?“
„Eigentlich sind wir die meiste Zeit froh, wenn wir die Details vergessen. Es lässt sich dann leichter Leben.“
„Aber Herr Sprachbloggeur, das wäre in niemandes Interesse…“
Ich nehme auf mich die Rolle des sexuellen Aufklärers ungern. Bin kein Fachmann.
Aber dann las ich gestern in Spiegel-Online Auszüge aus einem Interview mit dem SPD-Politiker Sebastian Edathy. Er halte sich momentan versteckt in Südeuropa auf, würde gerne nach Deutschland zurückkehren – wenn sein Haus von Journalisten und Protestierenden nicht belagert wäre.
Das gesamte Interview ist in der Printausgabe des Spiegels zu lesen. Ich bin wie viele andere „Websurfer“ und lass mich nur mit kostenfreien Inhalten verköstigen. Ich habe die Zeitschrift also nicht gekauft.
Edathy behauptet in den Auszügen jedenfalls, dass er kein Pädophiler sei. Er halte es für zulässig, Nacktaufnahmen von Knaben (Bilder, die, wie er betont, nicht kinderpornografisch sind) aus Kanada zu bestellen. O-Ton Edathy: „In der Kunstgeschichte hat der männliche Akt, auch der Kinder- und Jugendakt, übrigens eine lange Tradition. Man muss daran keinen Gefallen finden, man darf es aber, ohne darüber öffentlich Rechenschaft abzulegen zu haben.“
Er fühle sich ungerecht verfolgt und von seiner Partei, der SPD, im Stich gelassen.
Was ist von alledem zu halten?
Meine Meinung: Sebastian Edathy hat recht. Er ist kein Pädophiler.
Und jetzt würde ich gern den Begriff der Pädophilie etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Männer (und manchmal – wenn auch viel seltener –Frauen), die geschlechtsunreife Kinder (und sogar Säuglinge??!!) missbrauchen oder gar ermorden, um sich abartig zu befriedigen, sind eindeutig Pädophile. Sie vergehen sich auf „paidoi“, Griechisch für „Kinder“. Auch das Bedürfnis, Bilder oder Filme zu betrachten, in denen Kinder missbraucht werden, halte ich für sehr abartig.
Die Bilder, die Edathy aus Kanada bestellte, zeigen, wenn ich dies richtig erfasst habe, nackte Knaben im Alter vom neun bis vierzehn Jahren bei der Körperertüchtigung und nicht bei Sexspielen. (Letzteres wäre ein ganz anderes Problem). Der Fachsprache zufolge ist Edathy nicht als Pädophiler einzustufen, sondern als „Hebephiler“ (Attraktion für pubertierende Jungs und Mädchen) oder vielleicht als „Ephebophiler“ (Attraktion für Jünglingen zwischen der Pubertät und nach manchen Quellen Anfang 20).
Gerade die „Ephebophilie“ ist viel weiter verbreitet als es manchen lieb wäre, ebenfalls das weibliche Pendant, die „Parthenophilie“ (Attraktion für Mädchen zwischen Pubertät und etwa 17 Jahren).
Hier die Namen von nur einigen bekannten Ephebo/Parthenophilen: Caravaggio, Lewis Caroll, Thomas Mann, Adolf von Hildebrandt, Gustav Eberlein, Reinhold Begas, Wilhelm von Schadow und wohl beinahe jeder Maler, der jemals einen Heiligen Sebastian anfertigte. Auch der Filmemacher Pasolini zählt zu den Ephebo/Parthenophilen. Stellen Sie sich vor: Sie wären alle Mitglieder der SPD gewesen. Hätte man gegen sie ein Ausschlussverfahren angestrebt?
Fakt ist: Seit der Antike wird der geschlechtsreife jugendliche Körper bewundert und versinnlicht. Sogar in der mystischen Lyrik des islamischen Mittelalters (Al Ghazali, Rumi) wird die vorzügliche Schönheit des Mundschenks gepriesen. Maler (und Manga-Zeichner), auch diverse Fotografen heben die Reize dieses Alters auch heute hervor. Extreme Beispiele sind Will McBride, Larry Clarke und David Hamilton. Ihre Werke werden noch immer in deutschen Museen ausgestellt – und die Ausstellungen sind gut besucht.
Oder denken Sie an die Mode- und Werbefotografie. Zwar sind nackte Bilder von Jugendlichen in dieser Sparte eher die Ausnahme, doch Jünglinge und Mädchen werden mit Absicht erotisiert bzw. erotisierend dargestellt, weil sie so die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu vereinnahmen vermögen.
Über die tieferen Gründe, die hinter diesem Phänomen stecken, werde ich heute nicht spekulieren. Es genügt zu sagen: Wenn das Interesse nicht vorhanden wäre, würde man die Jugend nicht so instrumentalisieren.
Jeder beherbergt eigene erotische Geheimnisse. Ich wage nicht zu erraten, welche Bilder und Geister in den Köpfen der Millionen spuken.
Ich denke, dass die Journalisten und Protestierende, die das Edathy-Haus belagern, das Feld endlich räumen könnten. Es gibt sicherlich viel wichtigere „Affären“ als die von Edathy.
Ende der Vorlesung.
Kaum hat sich das „Selfie“ etabliert, schon steht das nächste denglische Import in den Startlöchern: das „Upskirting“.
Doch bevor ich ins Detail gehe, erst eine kurze Bemerkung zum „Selfie“. Denn diese Vokabel liefert den Beweis, dass Wortimporte nicht immer mit festem Artikel eintreffen.
Sagen Sie „das“, „der“ oder „die“ Selfie? Ich persönlich mag das „Selfie“ so wie das „Bild“ oder das „Selbstporträt“. Google kennt aber „die Selfie“ (vielleiht auf „Aufnahme“ basiert?) und ebenfalls „der Selfie“. Alle Varianten genießen – so jedenfalls Google – millionenfache Unterstützung. Bitte entscheiden Sie sich selbst. Sie sind die Muttersprachler. Ich bin bloß Migrant.
Aber jetzt zum „Upskirting“.
Ich gebe zu: Es gibt wichtigere Themen als dieses Wort zu erörtern, zumal die Spannungen zwischen Europa, den USA und Russland wegen des Krim und der Ukraine täglich wachsen. In Syrien sterben wöchentlich tausende Unschuldige in einem zynischen Proxykrieg. Und nun heißt es, dass Uli Hoeneß über 18 Millionen vor dem Fiskus versteckt hat!
Trotz alledem will ich Sie in die Geheimnisse des „Upskirting“ einweihen. Ja, es ist ein brandneues Wort, sieht allerdings aus wie eine uralte angelsächsische Wortschöpfung – mit „upbringing“ (Erziehung) oder „upload“ zu vergleichen. Betonung übrigens auf der ersten Silbe. Man könnte meinen, dass es dieses Wort seit eintausend Jahren gibt.
Weit entfernt. Das „Upskirting“ ist hundertprozentig postmodern, eine Schöpfung des digitalen Zeitalters. Ein neues Haus hinter einer alten Fassade. Zufällig ist es sogar mit dem „Selfie“ verwandt. Denn ähnlich dem digitalen Selbstporträt braucht man auch fürs „Upskirting“ ein Smartphone.
Aber jetzt wird die Sache etwas vulgär. Denn „Upskirting“ ist nämlich ein Begriff aus der Schweinkramfabrik. „Up“ bedeutet „hinauf“ und „skirt“ „Rock“. Falls Sie es noch nicht begriffen haben: „Upskirting“ ist das, was geschieht, wenn jemand (üblicherweise ein Mann) mit seinem Smartphone unter dem Rock einer fremden Frau ein Foto macht. Der Zweck: ihre Unterhose abzulichten.
Das „Upskirting“ wird, so meine Quellen, mit Vorliebe in der U-Bahn, im Bus und auch auf einer steilen Rolltreppe praktiziert, d.h. überall, wo man(n) Gelegenheit findet, eine solche kindsköpfige Handlung zu begehen.
War ich mit 14 Jahren, wenn ich ehrlich bin, anders? Damals entdeckten wir Jugendliche, dass uns auf der Rolltreppe im New Yorker Subway ein solcher intimer Blick gewährt wurde. Mit 15 waren wir allerdings schon aus diesem Stadium herausgewachsen. Das war damals.
Heute sind auch erwachsene Männer als „Upskirter“ unterwegs. Das haben wir aber dem Informationszeitalter zu verdanken. Die Pubertät hält heute dank den vielen elektronischen Spielzeugen bis zum 40. Lebensjahr an.
Aber wehe, wenn Sie im US-Bundesstaat Massachusetts beim „Upskirting“ erwischt werden. Dort droht Ihnen eine erhebliche Geld- oder Gefängnisstrafe – bis zu fünf Jahren, glaube ich.
Neue Verbrechen, neue Gesetze. Dieses neue Gesetz kam nämlich als Reaktion auf den Freispruch eines angeklagten „Upskirters“ zustande.
In Massachusetts, liebe Upskirter, empfiehlt es sich mit dem Smartphone nur zu telefonieren oder Pornoseiten zu surfen.
Kommt das „Upskirting“ auch mal nach Deutschland? Selbstverständlich. Der Wind weht meistens aus dem Westen. Doch vergessen Sie nicht: Sie haben, wenn es so weit ist, erst drüber erfahren beim Sprachbloggeur…zu Ihren Diensten.
„Mach’s gut“, sage ich zu E. Er arbeitet in der Bäckerei, ist jung, hat Träume.
„Mach’s besser“, antwortet er.
Mach’s besser? Hmm. Das kenne ich irgendwoher, dieses „mach’s besser“. Ja, das kenne ich.
Szenenwechsel. Wir befinden uns in den USA. Wahrscheinlich in den 1970er Jahren. Die Zeit jedenfalls, als wir Amerikaner anfingen, die Abschiedsfloskel „Have a nice day“ runterzuleiern. Habe sie wahrscheinlich selber damals aufgesagt – vor allem beim Verlassen eines Ladens. Die Worte klangen heiter, passten gut zum zeitgenössischen Optimismus. Sie strahlten eine nette, unverbindliche Freundlichkeit aus.
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, was wir für eine Floskel hersagten, bevor „have a nice day“ zur Mode wurde. Vielleicht: „Bye now“ oder „See you“. In den Südstaaten hieß es: „Y’all come back now“.
Ich erinnere mich nicht mehr genau, weil ich damals nach Deutschland ging und blieb, und bald tauchte ich in der Fremdsprache unter, im Deutschen also, und lernte in dieser mir fremden Sprache sogar träumen. Das mit dem „have a nice day“ verschwand mehr oder weniger aus meinem täglichen Bewusstsein. Dafür lernte ich „mach’s gut“ zu sagen – aber nur zu Menschen, mit denen ich per Du war. „Machen Sie’s gut“ sagte ich seltener. Und wenn ich ein Geschäft verließ, sagte ich ohnehin „schönen Tag“ oder an einem Freitag „Schönes Wochenende“. Immerhin ist „schönen Tag“ fast eine Übersetzung von „have a nice day“.
Aber jetzt ein bisschen Wirtschaftsgeschichte: Am Ende der 1970er Jahre, der Zeit also, als man „have a nice day“ erstmals aufsagte, ließ US-Präsident Carter die Bankgeschäfte deregulieren. Genauer gesagt: Er kapitulierte vor dem damals immer stärker gewordenen Druck der Finanzindustrie. Damit gewannen die Banken gewaltig an Macht und Einfluss. Eine Bank war fortan nicht nur der Ort, wo man seine Ersparnisse bunkerte oder vielleicht ein Darlehen beantragte, sondern auch die Stelle, wo man sich vom Bankberater immer wilder geschnürte Pakete, genannt „Instrumente“ ,„Fonds“, „Papiere“ usw., andrehen ließ.
Unter US-Präsidenten Reagan wurde diese Deregulierung noch weiter intensiviert, und bald schwappte die neue Mode auch nach Europa rüber.
Überall strebten Profitgierige nach Mehrwert. Doch komischerweise ist das Geld nicht wertvoller, sondern nur inflationärer geworden.
Können Sie sich erinnern, als Erdbeeren zwei bis vier Mark für 500g kosteten? Heute bezahlt man zwei bis fünf Euro. Zu Bedenken: Der Euro ist gleich ca. zwei Mark.
Daran dachte ich, als mir E. „Mach’s besser“ wünschte. Klar, er meinte es mit mir gut. Denn „besser“ ist immer mehr als „gut“.
Und seit den 1980er Jahren trällert der Amerikaner, wenn er sich höflich verabschieden will: „Have a great day“. „Great“ klingt größer als „nice“. Ist doch klar.
Da das Geld inflationärer wurde, warum auch die Sprache nicht?
Meine Frage: Was geschieht mit der sprachlichen Inflation, wenn die Wirtschaft einmal wieder kräftig kracht? Oder wenn die heutige Deflation schlimmer werden soll?
Kann man etwas wieder gut machen, nachdem man’s schon besser gemacht hat?
Ich weiß es nicht und wage keine Antwort. Doch Fortsetzung folgt…
Der Tod durch Erhängen erfolgt langsam oder schnell.
Wenn der Todeskandidat durch die Falltür stürzt, wird die Halswirbelsäule schleunigst durchtrennt. Der Tod tritt sofort ein. Nicht hübsch anzusehen, dafür aber schnell. Wird einer – wie zum Beispiel im Iran – rückartig von einem Kran hochgezerrt, dann kann es passieren, dass der (oder die!) Gehenkte erst nach Minuten erstickt.
Am Londoner Tyburn-Galgen, der bis 1783 am Anfang der Oxford Street nahe Hyde Park stand, wurde das verzweifelte Treten der Beine des erstickenden Gehenkten als „die Tyburn Gigue tanzen“ (dancing the Tyburn jig) beschrieben.
Ich habe keine genauen Informationen darüber, wie Hashem Shabani und Hadi Rashedi gehenkt wurden: ob vom Kran – oder ob sie auf dem Dach eines Wagens standen, und die Schlinge um den Hals an einer Ampelanlage befestigt war. Man wartet und wartet. Dann fährt Wagen ab und zack!
Fest steht: Den Berichten zufolge schieden beide aus dem Leben wegen: „moharebeh“ (Gotteshass) und „mufsid-fil-ars“ (Korruption auf Erden) – Kapitalverbrechen in ihrer iranischen Heimat.
Beide Hingerichtete zählten zur Ahwasi-Minderheit, einer Arabisch sprechenden Bevölkerungsgruppe im Iran. Offensichtlich hatte Shabani in seinem Blog die Behandlung von Minderheiten in seinem Land etwas zu leidenschaftlich kritisiert. Er war übrigens Lyriker.
Vielleicht deshalb, ich meine, weil er Lyriker war, hat mich sein Schicksal so gerührt. Lyriker hegen stets eine Schwäche für Berufskollegen. Im Iran, so habe ich im WehWehWeh gelesen, wurden in den letzten Jahren, sogar viele Lyriker als vermeintliche Umstürzler hingerichtet.
In China werden vermeintliche Umstürzler wegen des Inhalts eines kühnen Blogs – so weit wir informiert sind – nicht mehr hingerichtet, sondern ins Gefängnis gesteckt.
Übrigens: Über Shabani und Rashedi erschien arg wenig in den westlichen Medien.
Dafür hingegen sehr viel über den Tod vom Schauspieler Philip Seymour Hoffman, der wegen einer Drogenüberdosis aus dem Leben schied. Da ich seit Jahren selten ins Kino gehe, war mir Hoffman kein Begriff. Die Medien heben gern bestimmte Lieblingstote hervor: Elvis, Michael Jackson, Eisbär Knut…Publikumslieblinge halt.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Es tut mir wirklich leid, dass Elvis, Michael Jackson und Knut nicht mehr unter uns weilen. Es tut mir auch leid, dass Philip Seymour Hoffman gestorben ist.
Doch wenn Menschen hingerichtet werden, weil sie Blogger, Poeten, gewaltlose Aktivisten, Homosexuelle oder schutzlose Geiseln sind, tut es mir noch mehr leid – vor allem, wenn kaum einer davon erfährt.
Im Augenblick betreibt der Iran eine Kuschelpolitik mit dem Westen. Nichts dagegen einzuwenden. Der neue Präsident Rouhani wirkt sympathisch und pflegt dieses Image sehr. Aber wer weiß? Hätten die Medien mehr über die Ahwasi-Aktivisten berichtet, wären die zwei vielleicht noch am Leben.
Oder vielleicht ist die Zeit einfach ungünstig, um auf solchen Dingen zu beharren. Schließlich geht es um die Öffnung von neuen Märkten. Auch ein Grund, weshalb auf Regierungsebene im Okzident nur kleinlaut gegen die Verhaftung von Xu Zhiyong protestiert wird.
Wer möchte, dass ein paar Tote die Geschäfte kaputtmachen?
Okay. Ich gebe zu. Ich grantele heute ein bisschen.
Es gibt aber solche Tage. Außerdem: Mir tun die Opfer eines Unrechts immer leid. Mir tun aber gleichwohl ihre Richter und ihre Henker leid…denn sie wissen nicht, was sie tun…
In eigener Sache: Pause jetzt bis Anfang März – bin auf Weltenreise.
Glauben Sie auch, dass das Leben hauptsächlich eine Verquickung von Zufällen und Unfällen ist? Von den Abfällen nicht zu reden.
Hier ein Beispiel:
Gestern war ich auf der Bank, wo ich zum ersten Mal eine „SEPA“-Überweisung tätigte. So schlimm war die Sache nicht. Man muss nur darauf achten, dass man die schier endlosen Zahlen richtig einträgt. Sonst erhält womöglich ein Unbekannter das überwiesene Geld und darf es sogar, wenn er will, so die neuen Gesetze, auch behalten.
Am gleichen Tag entdeckte ich – ja, so wollte es der Zufall –, in meinem Sprachbloggeur-Mailkonto eine Email mit Absender „Sparkasse“ Berliner Straße 40-41 in Berlin. Die Mail lautete wie folgt:
„Sehr geehrter Kunde,
Wie Ihnen wahrscheinlich bekannt ist, tritt ab 01.Februar 2014 das neue SEPA-Zahlungssystem in Kraft. SEPA (Single Euro Payments Area) ist das neue vereinheitlichte Zahlungssystem, das europaweit gilt. Mit dem neuen SEPA-System werden Überweisungen nicht nur schneller und zuverlässiger, der Zahlungsverkehr wird durch dieses neue System auch sicherer.
Bitte folgen Sie den Anweisungen des untenstehenden Links…“ usw.
Natürlich war die Mail eine Fälschung. (SEPA macht sicherer. Das ich nicht lache).
Immerhin scheint das Deutsch korrekt zu sein – wohl brav abgeschrieben. Ganz offensichtlich das Werk eines „Phishers“, der im trüben Wasser des Internets nach Leichtgläubigen fischt.
Ich gebe zu: „Phisher“ ist ein witziges Wort. Denn es trifft den Nagel wirklich auf den Kopf. FYI (for your information) übrigens ist diese Vokabel schon seit dem Jahr 2000 im Umlauf, eine Abwandlung, wie jeder weiß, von „fishing“. Einer Quelle zufolge stammt diese cyberenglisch „PH“-Konstruktion von „phreak“. Es existiert außerdem – seit 1983 – eine Rockband namens „Phish“. Möglich auch: Das „PH“ in „Phishing“ könnte durch „phony“ (brit. „phoney“) beeinflusst gewesen sein. Das aber nur nebenbei.
Man erkennt falsche Links immer, wenn man den Kursor am Hypertextlink hält (ohne ihn freilich anzuklicken!). Dann erscheint die wahre Adresse, die leicht als Fälschung zu erkennen ist.
Doch jetzt eine Frage an Sie, liebe NSA, ich meine enn ess äää. Denn sicherlich landet auch diese meine Seite, wie jede Seite, wie auch die Phishing-Mail, die ich von der Fantasie-„Sparkasse“ erhielt, im großen Maul Ihres Rechnerkönigreichs, um dort verschlungen und verdaut zu werden.
Liebe NSA, wenn Sie in der Lage sind, alle Mails zu erfassen, alle Telefongespräche, alle SMSe usw. zu erschließen, warum können Sie um Gottes Willen mit den Phishern, den Spammern und dem restlichen Abfall im WehWehWeh nicht aufräumen? Einfach aufräumen!
Wieso wissen Sie alles über mich, Angela Merkel und über Siemens vielleicht auch, aber nichts über all jene Gangster, die bestimmt mittlerweile Milliarden verschieben und reinwaschen?
Denken Sie nicht an die Steuermilliarden, die Ihnen durch die Lappen gehen?
Wäre das vielleicht keine Motivation für Sie? Na bitte.
Oder soll ich aus ihrer Tatenlosigkeit schließen, dass Sie vielleicht kein Interesse haben, die Phisher hinter Schloss und Riegel zu bringen? Hmmm?
Nur ein paar naive Fragen eines Menschen, der die Welt immer unvollkommener versteht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Sparkasse
Vielleicht haben Sie die Nachricht schon gehört. Ich meine von dem Stein, der jüngst dem Mars-Rover „Opportunity“ über den Weg gelaufen ist.
Plötzlich war er da. Wie aus dem nichts erschienen. Einfach da, an einem Fleck Mars-Boden, der bereits zwölf Tage zuvor vom Rover befahren worden war, ohne dass vorher ein Stein zu sehen war.
Der Stein sei „mit nichts, was wir bisher gesehen haben, zu vergleichen“, beteuerte ein Sprecher der Nasa.
„Wir erblickten diesen Stein“, so Steve Squyres, einer der leitenden Wissenschaftler des Mars-Projekts. „An den Rändern erschien er weißlich auch in der Mitte. In einer dunklen Vertiefung im Mittelpunkt war die Farbe dunkelrot – wie ein Krapfen.“
Die Nasa behauptet, der Stein bestehe aus Schwefel, Magnesium und außerordentlich vielem Mangan. Was aber keiner zu wissen scheint: wieso er da ist. War hier in den letzten Tagen ein Meteorit eingeschlagen? Wurde er von einer unter Druck stehenden Bodenhöhle hoch geschleudert? Wurde er von einem Rad des Rovers in Bewegung gesetzt? So lauten die gängigsten Theorien.
Ich kenne aber eine andere Erklärung für dieses Phänomen: Dieser „Krapfen“ ist das, was gemeinhin als „Marsmensch“ genannt wird.
Nein, keine Fantasie meinerseits. Ich habe diese Info aus besten Quellen.
Und kein Einzelfall dieser „Krapfen“. Es gibt sie auf dem Mars wie Sand am Meer – und es sind im Übrigen sehr intelligente Lebewesen. Doch warum haben sie sich gerade jetzt erst blicken lassen? Mit Sicherheit haben sie ihre Gründe. Darüber aber möchte ich noch nicht spekulieren.
Mein Interesse an diesen Kreaturen, vulgo „Marsmenschen“, gilt lediglich der Sprache. Denn sie sind in der Tat der Sprache mächtig. Der Clou aber: Ihre „Sprache“ ist, wie ich neulich erfahren habe, für unsere Vorstellungen ebenso gewohnheitsbedürftig wie ihre steinige Gestalt. Genauer gesagt: Ihre ist eine Gedankensprache.
Wer jemals einen Gedanken gefasst hat, weiß, wovon ich rede: keine Nomen, Verben usw. sondern lediglich durch Willen bewegte Bilder.
Machen wir die Probe aufs Exempel: Übersetzen Sie selbst in die Gedankensprache folgende Sätze: 1.) „Ich will das erst sehen, bevor ich es glaube.” 2.) „Wenn der Mond hinter dem Horizont verschwindet, sieht man noch mehr Sterne.“
Verstehen Sie, wie ich‘s meine? Beide Sätze werden, wenn man sie in die Gedankensprache übersetzt, zu durch den Willen bewegten Bilderkomplexen. „Wörter“ im üblichen Sinn findet man in dieser Sprache nicht. Es gibt also für die Gedankensprache keine Wörterbücher.
Solche Bilderkomplexen sind die Grundlage für jede Verständigung mit anderen Wesen, die für diese Sprache empfangsbereit sind.
Auch wir Irdischen machen mitunter diese Erfahrung. Sicherlich haben Sie selbst das erlebt, was man unter „Gedankenübertragung“ versteht. Aber anders als die Marsmenschen wissen wir selten, wer der Urheber des Gedankens war: ich oder der andere. Manchmal fragen wir, ob wir beide zeitgleich das Gleiche gedacht haben.
Für „Marsmenschen“ besteht diese Unsicherheit nicht. Die Gedankenübertragung ist die einzige Sprache, die sie verstehen.
Ist Mars der Reise wert? Wenn Sie sich gern mit Steinen unterhalten, dann ja.
Schon jetzt versucht die NSA, Google und vielleicht, wie ich erfahren habe, auch Facebook dieses Verfahren zu patentieren…
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