Kleine Englischprüfung. Keine Sorge. Die Antwort wird nicht benotet – zumindest heute nicht.
Folgenden englischen Satz hörte ich heute am Vorbeigehen auf der Straße. Ich werde ihn nach deutscher Schreibweise wiedergeben, um die Echtzeitaussprache zu veranschaulichen.
Also. Auf den Plätzen, fertig….los:
„Eiúananakómmnamjúnitssiejasséits.“
So ungefähr war das. Was ich hier schreibe ist freilich nur approximativ. Für manche Konsonanten (das 2. und 3. „N“, z.B.) finde ich keine 100%ig passende Buchstabenentsprechung.
Ihre Aufgabe: Diesen Satz in die normale englische Schriftsprache zu übertragen. Keine Sorge. Die Wörter sind recht einfach. Und keiner, der ein bisschen Englisch in der Schule gelernt hat, wird über den Sinn des Satzes stolpern. Außerdem: Sie finden hier keine komplizierten grammatikalischen Konstruktionen.
Also los. Die Uhr tickt. Ticktickticktickticktick usw.
Nur noch 15 Sekunden. Dann werde ich die Lösung geben. Wer mehr Zeit braucht, dem empfehle ich diesen Beitrag auszudrucken, damit Sie die Lösung nach Belieben verdecken können oder bis Ihnen die Aufgabe auf die Nerven geht. Oder Sie scrollen die Lösung auf dem Monitor in die Unsichtbarkeit runter. Tickticktickticktick usw. Ping! Die Zeit ist um.
Haben Sie die Aufgabe gelöst?
Wer diese Frage bejaht, der hat erkannt, dass es sich um folgenden englischen Satz handelt:
„I wanted to come to Munich to see the sites“. Etwa: Ich wollte nach München kommen, um die Sehenswürdigkeiten zu bestaunen.
Ich gehe allerdings davon aus, dass andere Englisch Muttersprachler obigen Satz auf eine andere Weise verballhornen würden als der Sprecher, ein Amerikaner, den ich auf der Straße zufällig vernahm. Die gesprochene Sprache ist überall verschieden.
Ich wollte mit diesem Beispiel lediglich darauf hinweisen, wie sehr sich die gesprochene Sprache von der Schriftsprache unterscheiden kann. Selbstverständlich gilt die gleiche Sprechschlampigkeit auch fürs Deutsche. „Willsaumi’kommn“ ist meilenweit vom schriftdeutschen „Willst du auch mitkommen“. Hier herrscht – wie üblich – das bekannte Gesetz der Mundfaulheit, das immer am Werk ist, um die Substanz einer Sprache zu zersetzen.
Okay. Ich gebe zu. Ich teile hier nix Weltbewegendes mit. Jeder weiß, dass wir anders sprechen als schreiben und dass die Regeln der Schriftsprache anders sind als die der Umgangssprache. „Ich habe ihn gestern im Theater gesehen“ ist allein gültig in der deutschen Schriftsprache. Trotzdem darf jeder, wenn es ihm passt, sagen: „ich hab ihm g‘sehn im Theater gest‘n“. Niemand käme auf die Idee, diesen Satz als falsch zu bezeichnen.
Also bitte, lieber Schprachbloggeur-r-r, warum die heutige Unterweisung?
Nicht so ungeduldig, liebe Lesende. Manchmal hab ichs Gefühl, dass im Informationszeitalter alles zu schnell gehen muss. Wo ist die Gemütlichkeit geblieben? Ich will lediglich auf zwei Dinge hinweisen:
1.) dass Sprachen stets im Wandel sind – eine Tatsache, die erst in der gesprochenen Sprache sichtbar wird.
2.) dass die Schriftsprache den Prozess des Sprachwandels verlangsamt – bremst sogar.
Also, liebe Lesende, viel Spaß mit Ihrer neuen Spracherkennungssoftware. Ja, und schicken S‘ mir in 50 Jahren eine Postkarte – wenn Sie noch in der Lage sind, eine zu schreiben.
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