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Des Sprachbloggeurs Weihnachtsbotschaft

Ich muss, liebe Lesende, nach Weihnachten daran denken, das Geld, das viele Geld, das mir in letzter Zeit wie durch ein Wunder zugeflogen ist, abzuholen. Doch jeden Tag vergesse ich an meine Gönner zurückzuschreiben, um die Modalitäten des Transfers zu erfahren. Dann zack! Es geht wieder los, und prompt trifft die nächste frohe, lukrative Botschaft ein. Mehr Geld!

Meistens kommen die Mails aus Afrika, Urwiege der Menschheit – oder meine ich „der Menschlichkeit“? Zum Beispiel, die Mails vom Reverend Robert David oder von Sister Edith, die mir neulich im Namen von Jesus Christus anschrieben, oder Mrs. Hala Almofty, die mir liebenswürdigerweise im Namen des allmächtigen Allah beglückwünschte. Diese Wohltäter teilen mir jedesmal dasselbe mit: dass ausgerechnet ich auserwählt wurde, um eine Unsumme zu erben. Meistens sind es Dollarbeträge.

Ja, dieses Jahr weihnachtet es bei mir besonders kräftig.

Aber wie kommen diese gütigen Menschen auf mich? Das frag ich mich oft. Keine Ahnung. Man freut sich dennoch. Geld ist schließlich Geld, gell? Und wie der römische Kaiser Vespasian einst verlautbaren ließ: pecunia non olet. Geld stinkt nicht.

Die kinderlose Juliana Desmond, zum Beispiel, lebte, nachdem ihr steinreicher Ehemann gestorben war, in Saus und Braus. Doch nun ist sie an Krebs erkrankt, und plötzlich will sie ausgerechnet mich als ihren Erben einsetzen. Ulkig. Vielleicht war sie mal Leserin des Sprachbloggeurs. Nur eine Theorie. Aber in solchen Augenblicken denke ich, dass sich der öffentliche Auftritt doch lohnt!

Und dann kam die Mail von Mrs. Joan Williams, die mich im Auftrag vom Uno-Chef Bank-ki Moon persönlich kontaktierte. (Notabene: Frau Williams schrieb tatsächlich „Bank-ki Moon“ und nicht „Ban-ki Moon“). Ich zähle, so meinte sie, zu den 5000 „Scam-Opfern“, die weltweit durch skrupellose afrikanische Phisher um eigenes Geld gebracht wurden. Nun will sie Buße tun. Von daher soll ich sage und schreibe 5 mio US-Dollar erhalten. Fakt ist: Ich war nie das Opfer skrupelloser afrikanischer Phisher. Ich sage aber nix. 5 mio sind schließlich 5 mio. Gell?

Aber was soll ich mit dem viel Geld machen?

Nur eins steht fest. So bald das amerikanische Finanzamt von der Sache Wind bekommt, wird es heftig zulangen. Vielleicht wissen Sie’s nicht. Wir amerikanische Staatsbürger werden, wenn wir mehr als 90.000 Dollar im Jahr im Ausland verdienen, doppelt besteuert. In Klartext bedeutet das, dass ich meine Millionen nicht nur mit dem deutschen Fiskus teilen muss, sondern auch mit den Amis. Komisch, nicht wahr?

Es gibt auf der ganzen Welt nur zwei Länder, die ihre im Ausland lebenden Bürger dazu zwingen, eine jährliche Steuererklärung abzugeben. Das sind die USA und Äthiopien.

Auf Englisch werden wir „Expatriates“ genannt. Früher war ich überzeugt, dass das Wort „Expatriot“ heißt – als wär ein im Ausland lebender US- Staatsbürger gleichsam ein gewesener Patriot. So einfach bekommt man auch die eigene Muttersprache in der falschen Kehle, wissenS‘.

Vielleicht ist es okay, wenn das amerikanische Finanzamt seinen Anteil meiner Millionen für sich absahnt. Denn schließlich war auch jeder Expatriot mal ein richtiger Patriot, oder? Außerdem könnte ich jederzeit, wenn ich wollte, in die alte Heimat zurückkehren und mir – da ich sowieso unbescholten bin – eine hübsche Knarre ergattern –mehrere sogar. Und mit dem vielen Geld, das mir übrigbleibt (auch nachdem der amer. und der dt. Fiskus zulangten), könnte ich mir mühelos die teuersten und geilsten Waffen gönnen, die es gibt. Selbstverständlich nur die legalen.

Irgendwie schön ein Weltbürger im 21. Jahrhundert zu sein.

Danke Afrika! Danke Deutschland! Und danke USA!

Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest.

Das wünscht mit ganzem Herzen Ihr Sprachbloggeur

Integrieren Sie sich: Schpiek Doitsch, plies

Nein danke, von mir kein passioniertes Plädoyer für oder gegen den Gebrauch der deutschen Sprache zuhause bei Familie Ausländer.

Ich hab’s jedenfalls nicht getan. Im Gegenteil. Ich habe mit meinen Kindern konsequent Englisch gesprochen. Wahrscheinlich der Grund, weshalb ich bis heute gewisse Fehler mache, wenn ich Deutsch spreche – und schreibe. Vielleicht haben die Politiker doch recht, gell?

Erst letzte Woche stellte ich fest, dass ich, obwohl ich als Migrantler Jahrzehnte lang in Deutschland lebe, das Wort „Salz“ unentwegt mit dem falschen Artikel versehe. Ich war felsenfest überzeugt, dass es der und nicht das Salz hieß. „Der Salz der Erde“ tönte ich, wenn ich meine Deutschkenntnisse zur Schau stellen wollte. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass hier der Artikel falsch ist.

Bei der Vokabel „Zucker“ war die Fehlleistung andersrum. Das Zucker sagte ich stets.

Ja, vielleicht haben die Stimmviehtreiber doch recht. Vielleicht hätte ich dahoam mit der Familie doch nur Deutsch reden müssen. Zum Glück haben es die Kinder richtig gelernt.

Zum Beispiel gestern waren wir, d.h., meine Frau und ich, zu einem leckeren und prächtigen Essen eingeladen. Pute stand zwar nicht auf der Tageskarte, trotzdem kam ich im Lauf des Gesprächs dazu, über Puten (nicht Putin) zu reden. Ich sagte aber der Pute. Meine Frau korrigierte leise. Verdammt, dachte ich. Schon wieder ein Fehler.

Und ich dachte reumütig: Wenn wir daheim bloß die Sprache der Leitkultur benutzt hätten, dann wäre meine Pute bestimmt weiblich gewesen, und jeder hätte gedacht: Mei, ist der ja integriert. Aber nein. Ich talkte stets Englisch mit Frau und Kindern.

Zugegeben: Das Englische hat irgendwie einen anderen Stellenwert als viele Migrantensprachen. Meine Sprache wird sogar als Pflichtfach in der deutschen Schule unterrichtet und ist oft unentbehrlich für den Beruf. Gleiches kann keiner behaupten, dessen Muttersprache, Bangla, Ma’alula oder Tagalog ist.

Im Nachhinein denke ich, dass Freund E. es vielleicht richtig gemanagt hat. Er, wie ich, gebürtiger Amerikaner, hat nie mit seinen Kindern English getalkt. Im Gegenteil. Jahrelang hab ich ihm eingeschärft: „Es wäre für sie eine einmalige Gelegenheit! Es wird ihnen später auch in der Schule und im Berufsleben weiterbringen!“ Seine Antwort war stets: „Yeah yeah.“

Inzwischen ist sein Sohn J. im Gymnasium. J. erzählte mir neulich von seiner Englisch Schularbeit. Eine Frage lautete: „Bitte mit der richtigen Präposition ergänzen: There are many cars parked___ the street.“ J. antwortete die Frage mit „on“, was eigentlich richtig ist. Vielleicht hat ihm sein Vater irgendwie doch durch Osmose etwas Englisch ins Ohr gesetzt. Die Lehrerin war mit J.‘s Antwort allerdings nicht einverstanden. Sie meinte, es müsse „in“ heißen.

„Welche Antwort ist denn richtig?“ fragte mich J.

„ˈOnˈ“, erwiderte ich. „Deine Lehrerin hat’s falsch im Ohr.“

„Das habe ich auch gemeint“, funkte nun E. dazwischen.

„Sag es ihr denn.“

„Sinnlos. Sie glaubt uns ohnehin nicht“, entgegnete J. resigniert.

„Sag ihr denn, dass sie sich mit dem Sprachbloggeur in Verbindung setzen sollte …“

Das hat die Lehrerin bisher leider nicht getan. Wahrscheinlich ist auch sie davon überzeugt, dass Migrantler zuhause lieber Deutsch reden sollten.
Verdammt! Ich habe irgendwie doch ein Plädoyer über dieses Thema geschrieben!

PS: Nächster Beitrag in zwei Wochen. Bin weiterhin auf Forschungsreise.

Kennen Sie den Witz mit dem Fanatiker und seinem Opfer?

Fanatiker: Mach dich fertig. Ich werde dich töten.

Zufallsopfer: Augenblick, bitte. Ich muss hier etwas fertig machen. (er werkelt weiter) Also jetzt. Tut mir leid, ich habe nicht genau aufgepasst. Was haben Sie gesagt? Ich soll etwas fertig machen? Tja, gerade das hab ich eben getan. Als würden Sie meine Gedanken lesen.

Fanatiker: Nein, nicht dass du etwas fertig machen sollst. Ich hab gesagt, du sollst dich fertig machen, denn ich werde dich töten.

Zufallsopfer: Ach soooo. Sie wollen, sozusagen, mich fertig machen. Naa?

Fanatiker: So kann man es auch sagen.

Zufallsopfer: Und warum, wenn ich fragen darf?

Fanatiker: Ich soll dir einen Grund geben?

Zufallsopfer: Ja, bitte.

Fanatiker: (er überlegt)

Zufallsopfer: Na, was ist? Hat‘s Ihnen die Sprache verschlagen?

Fanatiker: Sei nicht so frech, du Glaubensloser.

Zufallsopfer: Und wie kommen Sie ausgerechnet auf die Idee, mich umzubringen?

Fanatiker: Gott will es.

Zufallsopfer: Ach so. Gott will es. Und wie wissen Sie das, wenn ich fragen darf?

Fanatiker: Was stellst du für dumme Fragen! Er hat mit mir gesprochen.

Zufallsopfer: Soso, er hat mit Ihnen gesprochen. Äääm, tut er das oft?

Fanatiker: Ja, natürlich. Täglich. Mit dir spricht er bestimmt nicht. Solche wie du sind ihm zuwider, weil ihr ungläubig seid.

Zufallsopfer: Aber sagen Sie. Vielleicht können Sie mir verraten, was er, wenn er mit Ihnen redet, für eine Stimme hat?

Fanatiker: Wie bitte?

Zufallsopfer: Ja, was er für eine Stimme hat. Hat er eine tiefe Stimme? Eine hohe Stimme? Eine angenehme Stimme? Eine bebende Stimme? Eine sanfte Stimme? Verstehen Sie, was ich meine?

Fanatiker: Ja, schon, aber ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht.

Zufallsopfer: Versuchen Sie’s mal…bitte.

Fanatiker: Tja. Irgendwie…hmmm…irgendwie klingt
er….hmmm…ja…irgendwie klingt er wie du.

Zufallsopfer: Wie ich?

Fanatiker: Ja, wie du.

Zufallsopfer: Wenn das so ist, kann es vielleicht sein, dass…ääh… ich Gott bin. Oder?

Fanatiker: Unerhört! Frechdachs! Wie kannst du so was behaupten? Das ist pure Gotteslästerung! Außerdem ist Gott kein Mensch.

Zufallsopfer: Und wieso sind Sie so sicher, dass ich Mensch bin?

Fanatiker: Weil ich dich umbringen werde.

Zufallsopfer: Und wenn ich nicht sterbe? Was machen Sie dann? Dann stecken Sie ziemlich tief in der Klemme, mein lieber scholli.

Fanatiker: Ich mag dich nicht.

Zufallsopfer: Wenn ich aber Gott bin, dann magst du Gott wohl nicht.

Fanatiker: …………

Ja, liebe Lesende, ich will nicht verraten, wie dieser Dialog ausgeht. Fest steht nur: Es handelt sich um einen sehr traurigen Witz. Eigentlich sollte kein Witz traurig sein. Außerdem sollte kein Witz so lang sein wie dieser.

PS: Nächster Beitrag in zwei Wochen. Bin noch immer am Forschen.

"Wir tragen deine Medien zu Grabe, Mann“, sagt der Mittzwanzige

Fernsehfritze: Und? Hatten Sie och soʼn kuschliges, brennofenartiges Gefühl im Bauch, als Sie im Fernsehen die Feier zum fünfundzwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls guckten?

GlaubenS‘ mir, wir ha‘m uns große Mühe jemacht, Ihnen so ein warmes Jefühl zu vermitteln. Kann ohnehin nich jeder dort am Brandenburgtor sein, um die Prominenz zu begucken, ja die alten Legenden wie Lindenburg, ick meine Lindenberg (den Namen bring ick immer durcheinander), Barenboim, Gabriel und wie s‘ alle heißen. Is echt spitze, wat?

Mittzwanziger: Wovon redet der Typ? Was für Feier im Fernsehen?

Fernsehfritze: Sagen Sie mir bloß nicht, Sie haben die
Feierlichkeiten verpasst?

Mittzwanziger: Verpasst? Trimm dich, alter. Wie kann man etwas verpassen, wenn man gar nicht weiß, dass es war? Ich hab keinen Fernseher.

Fernsehfritze: Sie machen Witze. Oder? Jeder hat ʼnen Fernseher. Sie wollen mir nicht etwa weismachen, dass Sie nie MTV oder Viva, oder Nickelodeon, oder Comedy Central gucken?

Mittzwanziger: Was gucken?

Fernsehfritze: O je. Ich bekomme die Krise.

Mittzwanziger: Sie haben sie wohl schon lange, Mann…

Hallo, liebe Lesende, hier spricht der Sprachbloggeur. Ja, obigem Gespräch kann man überall lauschen, wo Fernsehfritze auf Mittzwanzigen trifft. Neulich hab ich eine amer. Statistik (Ofcom Annual Report 2014) gelesen, wissen Sie. Die Frage wurde gestellt: „Welches würde Ihnen am meisten fehlen: Zeitungen, Radio, PC, Handy, TV?“ Von den über 65jährigen hielten sage und schreibe ca. 70% den Fernseher für unverzichtbar. Unter 16-24jährigen waren es nur noch 13%. Dafür hätten von dieser Gruppe 47% das Handy als unentbehrlich eingestuft. Hmmm.

Übrigens: Der Fernsehfritze trägt Bluejeans und eine sehr coole Lederjacke – er ist natürlich ohne Krawatte. Sein Dreitagebart steht ihm, wenn ich ehrlich bin, recht gut, und die Armani-Brille ist durchaus geschmackvoll.

Sein Gegenüber hat ebenfalls einen Jeans an. Es sind Baggies. Man hätte gedacht, er wäre schon aus diesem Alter heraus. Die Schnursenkel seiner Sneakers sind ungebunden. Sein Bart ist schütter. Es scheint ihm nicht zu interessieren, dass die allerneuste Teenie-Auflage dazu neigt, enge Hosen und Jogginghosen zu tragen. Jedem das seine, sagt er achselzuckend unschuldig und denkt dabei nicht an Buchenwald. Fakt ist: Er weiß nur dunkel, was Buchenwald ist. Man erklärt ihm: Das war mal ein Konzentrationslager. Dort war am Schmiedeeisentor zu lesen: „Jedem das Seine“. „Ach, ja, ja, genau“, antwortet er unbeeindruckt.

„Wie wäre es“, sagt der Fernsehfritze, „wenn ich dir ein Fernsehgerät schenkte?“

„Nur, wenn Sie die Werbung wegmachen und ebenfalls das scheiß Fernsehgebühr“, antwortet der Mittzwanzige.

„Aber wovon sollen wir dann leben?“ fragt der Fernsehfritze? Man vernimmt die Verzweiflung in seiner Stimme.

„Ihre Sache“, sagt der Mittzwanzige.

„Sag mir im Ernst, was ich dir anbieten kann, damit du in die Glotze schaust?“

„Ich brauche Ihre Glotze nicht. Wenn Sie möchten, nehme ich aber gern ein Phablet an. Und wie wäre es mit einem kostenlosen Vertrag? Alles soll nix kosten – wenn’s geht.“

„Ja, aber irgendjemand muss die Zecke bezahlen. Hörst du auch Musik?“

„Ja, gern.“

„Auch Musiker müssen was verdienen.“

„Meinetwegen.“

„Und wie ist es mit den Nachrichten? Willst nicht über die Welt informiert sein?“

„Na klar.“

„Und wer, wenn ich fragen darf, soll die Journalisten bezahlen?“

„Mann, Sie stellen Fragen. Ich bezahle schon 34 Euro monatlich für mein Flatrate. Dazu muss ich Miete bezahlen und Essen kaufen. Meinen Sie, ich schwimme in Geld? Und dann soll ich mir auch das scheiß Fernsehgebühr und die Zeitung leisten? Mit 34 Euro (das ist bereits viel Kohle) sitzt man längst in der ersten Reihe. Sorry, Sie haben den Kontakt zur Wirklichkeit verloren.

In eigener Sache…wieder: Nächster Beitrag in zwei Wochen. Bin weiterhin…ummm…unterwegs.

Hallöchen, hier spricht das Infame

Liebe Leser des Sprachbloggörs. Darf ich mich vorstellen. Ich bin ein Teufel. Nein, nicht der Teufel, lediglich einer von vielen aus der teuflischen Werkstatt.

Der Sprachbloggör, der momentan, ääämmm, anderswo beschäftigt ist, wird es mir hoffentlich nicht übelnehme, wenn ich ihn kurz vertrete – auch wenn er irgendwie unentwegt gegen unsereine schwadroniert.

Bis aber er zurückkehrt, haben wir ein bisschen Zeit füreinander, gell? Zeit, in der ich Ihnen einige tolle Köstlichkeiten anbieten werde. Wer weiß? Vielleicht finden Sie etwas Interessantes! Nicht vergessen: Bald ist Weihnachten.

Wie wäre es, zum Beispiel, mit einem nagelneuen Entertänment-Päckedsch? Nur heute und nur für die ersten hundert Anrufer! Haha, nur ein Witz. Ja, lieber Leser des Sprachbloggörs, Sie bekommen, wenn Sie schnell zugreifen, einhundertfünfunddreißig spannende Fernsehkanäle plus einen superschnellen Internetanschluss fürs Striemink. Obendrein im Preis einbegriffen ist eine eigene Homepage plus dreihundert Gigabyte Speicherplatz in der Claud (klingt fast himmlisch, gell? hihi). Hinzu: Solange der Vorrat reicht, erhalten Sie vier Liter Cola wöchentlich drei Monate lang! Der Preis? Sie bekommen das gesamte Paket für sage und schreibe…neunundreißig Euro monatlich zuzüglich 19% Mehrwertsteuer. Der Vertrag gilt für zwei Jahre mit dreimonatiger Kündigungsfrist.

Ein Schnäppchen! Oder?

Aber vielleicht sind Sie keine Kautschkartoffel. Für die Sportlichen haben wir auch Interessantes – und noch dazu kostenlos. Wie wäre es, z.B., mit der Mitgliedschaft in einer Hooligangang. (Oder als Alternative in einem salafistischen Verein).

Wenn das nicht etwas für alle einsame Seelen wäre, die den Schulterschluss mit Gleichgesinnten suchen! Endlich wieder an etwas Handfestem (haha) glauben! Äkschunn noch und nöcher, sportliche Ertüchtigung. Is was, oder?

Oder Sie sind vielmehr der intellektuelle Typ. Auch für Sie haben wir Hübsches. Z.B., ein eigenes Buch schreiben – und veröffentlichen! Ja! Autor (oder Autorin) werden! Wir können Ihnen zwar keinen Bestseller versprechen – aber wer weiß? Wir verraten Ihnen – sehr preiswert – wie es geht. Lassen Sie endlich die Sau raus. Ist ohnehin gut für die Verdauung und für Sonstiges ebenfalls (haha). Und falls Ihnen Schweinkram u.d.gl. nicht liegt, erklären wir Ihnen zig andere Möglichkeiten, Worte zu Geld zu mutieren. Wie wäre es, z.B., mit einer Liebesgeschichte? Oder mit einem Krimi? Pengpeng! Oder ein Buch über Politik oder Wirtschaft? Wir bringen Ihnen das Wie bei. Sie brauchen nur Fantasie zu haben. Ja, und wir suchen ebenfalls Sofftwärentwickler. Vielleicht träumen Sie schon lange davon, Ihre Idee für ein Spiel an den Mann zu bringen, wo Helden auf Bösewichte rumhaun, bis das Blut nur noch spritzt. Macht Spaß so was. Und Sie verdienen Geld – ein Mordsgeld – wenn Sie gut sind. Wir zeigen Ihnen, wie immer, das Wie!

Im Übrigen bringen wir Ihnen bei, den perfekten Vertrag zu erstellen. Keiner jagt unsere Mitarbeiter ins Bockshorn. Nie und nimmer. Wir kennen alle Tricks.

Oder vielleicht interessieren Sie sich fürs Business. Guten Tag. Pliest tu miet ju. Wir sind die Experten schlechthin. Jawohl, Sportsfreunde, Sie sind bei uns an der richtigen Adresse gelangt. Wir sind die Profis non plus ultra. Wir machen Sie reich! R-E-I-C-H! Und mächtig! M-E-C-H-T-I-G. Gesetzt den Fall, Sie bringen das nötige Talent mit. Jeder muss sich auch selbst zu helfen wissen, gell?

Oder wie wäre es mit einem kleinen Krieg – oder meinetwegen mit einem großen? Rufen Sie an. Wir beraten Sie gern.

Doch jetzt fragen Sie sich bestimmt: Wie soll ich die erreichen?
Keine Sorge. Wenn wir Sie auf den Geschmack gebracht haben, dann werden Sie uns jederzeit finden. Ja, liebe Leser des Sprachbloggörs. Der Wunsch allein ist manchmal seine eigene Erfüllung…

Uppps. Ich muss aber jetzt weg. Ich sehe: Der Sprachbloggör regt sich wieder. Ich muss diesen Text so schnell wie möglich (asap) ins Netz befördern, bevor er ganz zu sich kommt. Er ist kein so netter Typ, wissen Sie. Das haben Sie sicherlich selbst schon festgestellt. Und der Teufel weiß, wie er reagieren wird, wenn er diesen Beitrag liest. Mein Rat: Klicken Sie sofort auf „gefällt mir“. Vielleicht fällt es ihm bei genügend Klicks nicht auf, wer hier der Autör ist…

PS - In eigener Sache: Manchmal kommt einem zum Teufel das eigene Werk fremd vor. Kennen Sie das Gefühl? Aber egal. Nächster Beitrag erscheint, wie schon letztes Mal angekündigt, erst in zwei Wochen.

Unerträgliche Dummheiten: zwei Beispiele, zum Beispiel

Zur Einstimmung ein Witz:

Die Ebola, der Isis und das Internet setzen sich in der Kneipe zusammen. Die Ebola sagt: „Ich bin mächtiger als ihr. Nicht nur kann ich tausende Menschen töten, ich kann auch Millionen in Panik versetzen.“

Der Isis sagt: „Ha. Ich bin noch viel mächtiger. Ich kann nicht nur tausende Menschen töten und Millionen verängstigen. Ich kann ebenfalls eine große Länderstrecke erobern.“

„Ha“, sagt das Internet. „Ihr zwei seid beide von gestern. Ich töte niemanden, und trotzdem bin ich in der Lage eine noch größere Panik auszulösen als ihr. Und dann werde ich durch Werbeeinnahmen so reich, dass ich alle Länder erobere – auch eure.“

Soviel zur Einstimmung, und jetzt zwei unerträgliche Dummheiten, die mich momentan beschäftigen…

Erste Dummheit

Am 24. September 2014 starb der Iraner Mohsen Amir Aslani, ein „Gewissensgefangener“, wie ihn die Presse bezeichnete, am Strang kurz nach Sonnenaufgang im Radschaei Schahr Gefängnis. Er habe Gott „beleidigt“, hieß es. Genauer gesagt: Der aufklärerische Aslani hat die Jonasgeschichte, im Koran Yunis genannt, psychologisch – sprich ketzerisch – gedeutet. Er verbrachte bereits neun Jahre im Gefängnis, bevor sie ihn hinrichteten. In jüngster Zeit rechtfertigte der iranische Staat das Todesurteil, indem er dem Angeklagten zusätzlich ein sexuelles Verbrechen ankreidete.

Ich gebe zu: Ich kenne die Version der Jonasgeschichte im Koran nicht. Dafür bin ich mit der Vorlage im Alten Testament bestens vertraut.

Dieses kurze Buch im AT hat mich schon immer sehr beeindruckt. Es erzählt die Geschichte eines widerspenstigen Propheten, Jonas, der seine prophetische Aufgabe entfliehen will: Gott hat ihn nämlich befohlen, nach Ninive zu gehen, um den Bewohnern dieser Stadt mit ernsten Konsequenzen zu drohen, falls sie nicht aufhörten zu sündigen.

Jonas will aber nicht nach Ninive. Stattdessen flüchtet er, besteigt ein Schiff und versteckt sich im Frachtraum. Auf dem hohen See aber gerät das Schiff plötzlich in einen gefährlichen Sturm. Jonas weiß, dass er die Ursache für das Unwetter ist und bittet die Matrosen ihn ins Meer zu werfen – was sie dann tun, wenn auch ungern. Das Wasser beruhigt sich sofort. Das Schiff ist gerettet, und Jonas wird von einem „großen Fisch“ verschlungen, in dessen Bauch er drei Tage verharrt und wo er schließlich Buße tut. Daraufhin spuckt ihn der große Fisch wieder raus. Jonas geht nun endlich nach Ninive und fordert die Bevölkerung auf, Buße zu tun, und siehe da. Alle hören auf ihn und zwar sofort. Ende der Geschichte? Nein. Im Gegenteil. Nun wird’s erst recht interessant. Denn Jonas schmorrt unentwegt wegen Gottes Barmherzigkeit Ninive gegenüber. Gott bemüht sich nun seinem Propheten Jonas, die Barmherzigkeit anschaulich zu machen und erklärt dem Grantler schließlich, dem Sinne nach, dass die Menschen in Ninive Hilfe brauchten – weil sie nur Menschen sind, Menschen, die kaum zwischen links und rechts zu unterscheiden vermögen.

Eine Geschichte über die Toleranz also.

Ich kenne, wie gesagt, nur die AT-Version und nicht die im Koran. 1980 verfasste ich (in englischer Sprache) eine Nacherzählung dieses schönen biblischen Buches mit dem Titel „Commentary on Jonah“. Vielleicht werde ich sie mal – entweder auf Englisch oder auf Deutsch – auf dieser Seite veröffentlichen. Wäre ich Iraner gewesen und hätte meinen „Kommentar“ auf den Text im Koran bezogen, wäre auch ich wohl Mohsen Amir Aslanis Schicksal erlegen. Das gefällt mir nicht.

Zweite Dummheit

Mich beschäftigt ebenfalls die lebenslängliche Freiheitsstrafe, die ein chinesisches Gericht dem milden, versöhnlichen uigurischen Professor Ilham Tohti verhängt hat. Tohtis Verbrechen: Er hatte sich auf sanfte, friedliche Weise für die Rechte der Uiguren eingesetzt. Die chinesische Regierung – stets den Zerfall des eigenen Machtanspruchs befürchtend – , betrachtete ihn aber als Separatisten und Staatsfeind. Man kann heutzutage vieles kaufen, das made in China ist – nur nicht die Rede- und die Gedankenfreiheit. Fazit: China ist ein Ideenfriedhof geworden.

Gute Besserung.

Ja, und was ist mit dem Witz am Anfang des Textes? Was hat er mit Dummheiten zu tun? Ja, gute Frage.

PS und in eigener Sache: Bin nächste Woche auf Weltreise. Nächster Beitrag in zwei Wochen. Bis Januar wird es einige Erscheinungsunregelmäßigkeiten geben. Bin öfters unterwegs. Nur so erfährt man Neues aus der Welt.

Halsabschneider aller Länder vereinigt euch!

(Wir befinden uns in der Mojavewüste – sprich: mo-ha-we – in Kalifornien: roter Sand, Steine und Kiesel, endlose Öde und Dünen. Der Wind wippt nonstop über die Landschaft, ist trocken und heiß, wie im Umluftherd.)

Vorstandsvorsitzender: (Er ist angezogen wie Dschihadi John, d.h., mit schwarzer Pluderhose, schwarzem Hemd und ebenfalls schwarzer Gesichtsmaske. In seiner rechten Hand trägt er ein Messer) Ich gebe zu. Es wäre realistischer gewesen, wenn wir diese Szene in Syrien oder im Irak hätten drehen können. Man gibt sich trotzdem Mühe, gell? Fangen wir also an. Verflucht, Wurm, Ihre Hände sind nicht gefesselt!

Wurm: (Er trägt einen orangefarbenen Kittel und kniet im Sand) Aber wie soll ich mit gefesselten Händen das Video tätigen, o Herr des Universums?

Vorstandsvorsitzender: Sorry, das hab ich vergessen. Tja, vielleicht war es keine so gute Idee, die Mitarbeiterzahl so drastisch zu reduzieren. Nun bleiben nur Du – ich meine Sie – und ich und müssen alles allein machen. Schade, dass wir keinen Kameramann dabei haben. Ich hätte den DHL-Zusteller bitten sollen mitzumachen.

Wurm: Aber er hätte Geld verlangt – und vergessen Sie die Flugkosten nicht, o Herr.

Vorstandsvorsitzender: Auch ein Argument. Trotzdem, Wurm, die Sache ist verdammt wichtig. Manchmal muss man was investieren, um Resultate zu kriegen. Oder? Schließlich geht es um die Zukunft der Firma! Ach, waren wir mal groß! Können Sie sich noch erinnern?

Wurm:Sie haben aber keine Firma mehr. Sie haben sie verkauft! Genauer gesagt, Sie haben den Namen verkauft. Denn viel mehr blieb nicht übrig.

Vorstandsvorsitzender: Das weiß ich, Sie Blödmann! Und für einen mickrigen Euro obendrein. Unverschämt! Die haben mich regelrecht über den Tisch gezogen! Mich, eine der einflussreichsten Personen im ganzen Geschäft. Fünfundvierzig Objekte hatten wir, Millionen von unseren Zeitschriften und Zeitungen kursierten täglich durchs Land. Wir produzierten mehr Altpapier als alle anderen zusammen. Erinnern Sie sich? Wenn das nicht umweltfreundlich ist!

Wurm:Und nun gibt es nur noch uns zwei – und eine Handykamera.

Vorstandsvorsitzender:Jawohl das Kameraauge als unsichtbares Dritte! Ha! Also, fangen wir an. Es ist unsere letzte Chance, die Geschäfte zu retten. Ist die Kamera auf uns gerichtet?

Wurm:Jawohl, o Herr!

Vorstandsvorsitzender:Dann schalten Sie das Ding mit der Blu-tuß-Fernbedienung ein und auf Los geht’s los!

Wurm: (Sein Gesichtsausdruck wird auf einmal sehr ernst. Er schaut in die Kamera. Der orangefarbene Kittel wippt um seine Schultern im Wind) Sie, Leser in Deutschland. Wegen Ihrer Untreue muss ich jetzt durch diesen Halsabschneider den äußersten Preis be…

Vorstandsvorsitzender:Halt! Stopp!

Wurm:Wieso halten? Ich war gerade in Stimmung gekommen…

Vorstandsvorsitzender: Ich mag es nicht, wenn Sie „Halsabschneider“ sagen und damit mich meinen. Das klingt äääm disrespektierlich. Wir wollen der untreuen Leserschaft ein schlechtes Gewissen einjagen, damit sie wieder nach unseren Zeitschriften und Zeitungen rufen. Wenn Sie mich als „Halsabschneider“ bezeichnen, tun wir das Gegenteil.

Wurm:: Was soll ich denn sagen? Und schauen Sie! Sie umklammern das Messer mit der falschen Hand! Die machen es, wenn ich mich entsinne, immer mit der linken Hand.

Vorstandsvorsitzender: Ich bin aber Rechtshänder. Ich kann Hälse nur mit der schönen Hand abschneiden.

Wurm:O Herr, jetzt mach ich mir ernsthaft Sorgen. Es hat mir mein letztes Geld gekostet, um uns herfliegen zu lassen…

Vorstandsvorsitzender: Tüchtig tüchtig. Sehen Sie. Der Hungerlohn, den ich Ihnen bezahlte, hat doch sein Positives. Er lehrte Sie Sparsamkeit.

Wurm: O Herr, ich fürchte, wir müssen uns die Sache nochmals überlegen. So kommen wir nie auf einen grünen Zweig.

Vorstandsvorsitzender: In der Wüste gibt es ohnehin keine grünen Zweige. Haha. Nicht verzagen, mein lieber Befehlsempfänger, wozu bezahle ich Sie? Sprich nur weiter. Es wird schon klappen…

Enthaupten: grammatikalische Überlegungen

Was? Noch nie jemanden enthauptet?

Höchste Zeit, sich zu informieren. Schon jetzt wittern die gewieftesten Zeitgeistbeobachter eine neue Megamode. Intimrasur, Tattoos, Selfies ade! Das Enthaupten könnte geiler werden als World of Warcraft (WoW), Netflix und Phablets zusammen. Und obendrein verdammt einfach. Um Tony Abbot, Premierminister Australiens, zu zitieren: Man brauche lediglich „ein Messer, ein iPhone und ein Opfer“. Und zack! ist man dabei.

Schon jetzt ist diese scharfe Sache ein weltweiter Event geworden. Nicht nur in Syrien oder Irak, sondern auf den Philippinen, in Australien, in Mexiko, in England, sogar in den prüden USA.

Von mir freilich keine Gebrauchsanweisungen, nur ein bisschen Sprachliches zum Thema.

Englischsprachige nennen es „beheading“. Wer ein Gefühl für die Etymologie hat, erkennt sofort, dass das englische „behead“ haargenau dem deutschen „behaupten“ entspricht – wenn auch die zwei Cousins völlig unterschiedliche Bedeutungen haben.

Oder vielleicht nicht! Immerhin: Wenn man einen anderen „einen Kopf kleiner“ macht, hat man sich gewissermaßen behauptet.
Deutschsprachige kennen – neben „behaupten“ – auch das „köpfen“. Übersetzt man diese Vokabel wörtlich ins Englische, wird es „to head“. Achtung Sprachenfans! Dringende Warnung vor„falschen Freunden“! „To head“ bedeutet „führen“. Ist man „the head“ ist er nicht nur ein Kopf, sondern ein „Führer“. Wird aber das „head“ „beheaded“, dann hört es auf zu führen.

Soweit so gut. Doch jetzt wird’s ein bisschen kniffliger. Lesen Sie also sorgfältig. Fakt ist: Wer jemanden „enthauptet“, spielt in der Sache stets die aktive Rolle. Ist doch logisch. Denn „enthaupten“ ist ein transitives Verb, und es verfügt über ein direktes Objekt, einen „Akkusativ“. Beispiel: „Der vermummte Mann enthauptete sein Opfer“.

Umgekehrt ist das „Opfer“ vom Standpunkt der Grammatik das Objekt des Verbs „enthaupten“. Aber: Das Opfer sähe die Situation vielleicht anders. Es würde behaupten, dass es Subjekt sei, weil es einem Anderen, dem Enthaupter, volkommen passiv ausgeliefert ist.

Damit will ich nur sagen, dass das Objekt beim Enthaupten zum Subjekt und das Aktive zum Passivum werden kann. Ist auch logisch.

Das Enthaupten verfügt aber nicht nur über ein Subjekt und ein Objekt, sondern ebenfalls spielt bei der Sache ein indirektes Objekt, ein Dativ also, eine erhebliche Rolle.

Denn die Enthauptung (zumindest in der momentanen Form) erfordert stets einen Zuschauer, der zwar nicht unbedingt direkt involviert, trotzdem aber dabei ist – meistens vermittels der Social Medien.

Damit will ich sagen: Das Verb „enthaupten“ ergibt einen Sinn nur, wenn Subjekt, Objekt und Dativ in Einklang stehen.

Ist das grammatikalische Gebilde unvollständig, dann verliert das Verb jegliche Bedeutung – ähnlich dem Verb „geben“. Überlegen Sie: Ohne Subjekt, Objekt und Dativ wer will noch geben?

Noch Fragen?

Briefe schreiben – kurze Einleitung für Unschlüssige

Sprachbloggeur: Was darf’s sein: Ebola oder ISIS?

Leser: Nein, lieber Sprachbloggeur, heute möchte ich erfahren, wie man einen Brief schreibt.

Sprachbloggeur: Einen Brief? Oder meinen Sie eine Mail?

So in etwa verlief der innere Monolog, der dieser Glosse vorausging. (Der kreative Prozess ist immer sehr verzwickt. Man kann nie wissen, woher die Impulse kommen wird).

Doch bevor ich dieses knifflige Thema angehe, zuerst ein paar Worte über meine Dauerfrust: die deutsche Sprache. Helfen Sie mir, liebe Muttersprachler: Heißt es die oder das Mail?

Seit Jahren bilde ich mir ein, dass es „die“ Mail lautet. Außer man ist Schweizer. Die sagen „das“ Mail – ebenso manche Österreicher. Doch neuerdings höre ich auch von manchen Deutschen „das“-Mail. Hilfe!
Aber zurück zum Thema: der Brief.

Es gab einmal eine Zeit, als man in der Grundschule lernte, wie man Briefe gestaltet: Oben links der Absender (in Amerika oben rechts), darunter Name und Anschrift des Angeschriebenen, darunter weit rechts Ort und Datum und darunter weit links die Ansprache. Beim geschäftlichen Brief sprach man den Angeschriebenen mit „sehr geehrter“ – die Angeschriebene mit „sehr verehrte – an. Am Schluss hieß es „Mit freundlichen Grüßen“ oder noch feudaler: „hochachtungsvoll!“. War der Brief für eine/n Freund/in, so hieß es „liebe/r soundso“. Am Schluss schrieb man: „herzliche Grüße“, „schöne Grüße“, “liebe Grüße“ oder noch inniger „Alles Liebe“ oder „herzlichst“.

(Auf Englisch: „Dear soundso“. Bei privaten Briefen durfte man Anschrift und Absender weglassen. Am Ende des Briefes empfahl man sich mit „sincerely“, „sincerely yours“ oder „with best wishes“ – und an Freunde „cheers“, „love“ oder „affectionately“). Fertig.

Ja, die Welt war viel einfacher. Es gab weder Ebola noch ISIS, dafür aber feststehende Formen beim Briefeschreiben.

Das war damals. Heute schreibt kaum jemand noch Briefe– außer an Behörden, wo die alten Formen (zumindest von älteren Beamten) noch immer verlangt werden. Heute schickt man lieber Mails. Menschen aus dem Briefzeitalter schreiben freilich – auch in ihren Mails – weiterhin „liebe/r soundso“ oder geschäftlich „sehr geehrte/r soundso“ (auf Englisch „dear so and so“). Man kann sich das alles verständlicherweise schwer abgewöhnen.

Am Schluss die übliche: „liebe Grüße“, „herzliche Grüße“, „freundliche Grüße“, „mit freundlichen Grüßen“, „Grüße“, „Gruß, usw.

Eine Regel muss man allerdings im Emailzeitalter strengsten einhalten: Man Antwortet eine Mail niemals mit dem gleichen Abschiedsfloskel der empfangenen Mail. Schreibt der andere „herzliche Grüße“, dann obliegt es einem, mit „schöne Grüße“, „einen herzlichen Gruß o.ä. zu antworten.

Wer jünger als dreißig ist, kennt das Briefeschreiben vielleicht gar nicht. Er weiß womöglich nicht, wo man wohl auf einem Briefumschlag die Anschrift platziert oder wohin mit der Briefmarke. Diese Menschen gestalten ihre Mails – wen wundert’s – nach anderen Regeln. Zum Beispiel ohne Ansprache, oder mit einem „Hallo“ oder „Hi“ – dies auch bei geschäftlichen Mails: “Hallo Herr Sprachbloggeur“. Und wenn es formell klingen soll, dann schließt man mit „mfg“ – manchmal auch mit „liebe Grüße“. Wenn es ein bisschen freundlicher (und geschäftlich) klingen soll, fügt man einen Wetterbericht hinzu: „Liebe Grüße aus dem nebligen Aachen“.

Übrigens: Auch in englischsprachigen Mails verschwindet das altgediegene „dear“. Die meisten schreiben: „Hi Sprachbloggeur“. Und am Schluss heißt es „happy trails“ (einst der Titel eines Cowboylieds).

Wie es bei Whatsapp, Facebook usw. aussieht, kann ich leider nicht sagen. Bin nicht dabei. Vielleicht wie beim Simsen, also äußerst knapp und reichlich mit Emotikönen und Kürzeln versehen. SMS- und Twitterdienste haben uns ohnehin beigebracht, dass man fast alles in weniger als 150 Zeichen erzählen kann.

Auch ernste Dinge, z.B., Ebola und ISIS – und vielleicht auch die Ukraine.

Uber über alles – oder ein Lob des Siezens

Ja, ich will mich über Uber – den „sharing economy“ Taxidienst – äußern, aber zunächst Folgendes:

In letzter Zeit wache ich – unvermittelt – mitten in der Nacht auf und kann nicht wieder einschlafen. Das Alter wohl oder die üblichen Sorgen.

Was tue ich? Ich höre Radionachrichten, ARD-Infonacht, bis ich’s nicht mehr aushalte. Während einer solchen schlaflosen Episode erfuhr ich, dass in Flensburg nur noch geduzt wird. Das Siezen sei out.

Zugegeben: Journalisten übertreiben gern, um einen Bericht interessanter zu machen. Vielleicht wird in Flensburg doch noch gelegentlich gesiezt. Ich kann’s aber nicht wissen. Ich war nur einmal dort, und ich erinnere mich an nichts – außer dass es ziemlich flach ist.

Dem Bericht zufolge aber spielt beim Flensburger Duzen die Nähe zu Dänemark die zentrale Rolle.

Vielleicht wissen Sie’s nicht: Seit den 1960er Jahren duzen sich die Dänen nur. Auch Königin, Lehrer, Beamten werden geduzt. Gesiezt werden nur noch Touristen, um sie nicht zu sehr zu verunsichern. Wie es zu dieser sprachlichen Metamorphose kam? Schuld tragen die 68er. Ulkig, gell?

Ich bin Gegner dieses Duzens. Ja, ich weiß, was Sie denken: Herr Sprachbloggeur, Sie sind Amerikaner. Im Englischen heißen alle „you“. Meine Antwort: Das ist aber kein Duzen. Die Du-Form im Englischen heißt „thou“. Englisch Sprechende sagen „you“, und damit siezen wir uns gegenseitig nur.

Muss ich Ihnen die Vorteile des Siezens erklären? Ihm zu dank kann man manche Leute auf Distanz halten – was gar nicht zu verschmähen ist.

Das Siezen ist gleichsam das Gegenteil vom „frienden“ oder wie auch immer diese ungebührliche Nähe bei Facebook heißt.

Das Du-anbieten, ist stets ein Wagnis, eine Streicheleinheit, die man vertrauten Seelen schenkt.

Dieses wichtige Unterscheiden aufzugeben, ist m.E. ein verhängnisvoller Fehler. Damit wird eine aus der frühen Menschenzeit sinnvolle und gewiss hart erarbeitete Sitte jäh über den Haufen geworfen. Und zwar im Namen des Fortschritts. Ha.

Und jetzt komme ich auf „Uber“ zu sprechen. Achtung! Man darf dieses Wort mit dem germinglischen Wort „uber“, das „sehr“ oder „absolut“ bedeutet, nicht verwechseln. Letzteres wird „ju-ber“, Ersteres „u-ber“ ausgesprochen.

Wenn ich an „Uber“ denke, fällt mir der alte Witz über Christian Schwarz-Schilling ein. Sagt Ihnen diesen Namen noch etwas? Er war vom 1982-1992 Bundesminister für Post- und Fernmeldewesen und war maßgebend für die Privatisierung der Post verantwortlich. In seiner Amtszeit kursierte der Witz: „Was Macht Schwarz-Schilling jeden Morgen?“ Antwort: „Er erledigt die Post.“

Was macht Uber? Es überrollt die Taxi-Industrie. Okay, ich gebe zu. Ich schwärme nicht für alle Taxifahrer. Aber ich weiß, dass sie krankenversichert sind, dass sie Urlaub bekommen, dass sie haftpflichtversichert sind, dass sie in Gewerkschaften organisiert sind etc. etc. – alles Errungenschaften einer langen, schweren gesellschaftlichen Entwicklung.

Der Uberfahrer hingegen hat nichts. Er ist wie der Rickshafahrer in Kalkutta. Wird er krank, verdient er nichts. Geht sein Wagen kaputt, muss er selbst für die Reparatur aufkommen. Fährt er jemanden über den Haufen, haftet nur er.

Befürworter von Uber betrachten dieses billige Menschenbeförderungssystem als Sieg der „sharing-economy“. Was heißt „share“? Zu Deutsch „sich an etwas beteiligen“. Genauer gesagt: Der Erfinder der Uber-App und seine betuchten Investoren „sharen“ 20% dessen, was der Uberflieger verdient.

Mit Sicherheit ein gutes Geschäft für den Shareholder. Deshalb mein Vorschlag: Halten Sie am Siezen fest.

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