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Schäler oder Hobler?

Erster Zufall: Ich besuche einen Wiener Supermarkt und will einen Tütensalat kaufen.

Zweiter Zufall: Es gibt keine Tütensalate, lediglich eine in Folie gewickelte Schalenkombi mit Blattsalat, Gurken und Karottenschnipseln.

Dritter…kreativer…Zufall: Am nächsten Tag, komm ich nun, weil mir die im Salat beigemischten Karotten so geschmeckt haben, auf die Idee, selbst Karotten zu kaufen und diese einem eigenen Salat beizumischen. Man braucht aber zu diesem Zweck ein Gerät, mit dem man die Karotten schnippelt. Dieses Werkzeug wird von vielen Menschen als „Schäler“ bezeichnet.

Vierter Zufall: Ich entdecke in unserer Wiener Ferienwohnung den passenden Schäler. Er ist hufeisenförmig mit einer beweglichen Klinge und mit einem Stiel zum sicheren Greifen. Die Sache klappt bestens. Auch Zuhause haben wir einen Schäler. Er ist aber messerförmig, und ich mag ihn nicht, weil sich die Karottenstücke in der Klinge verhängen. Sehr ärgerlich.

In München zurückgekehrt, nehm ich mir vor, mir so einen hufeisernen Schäler, wie aus Wien, selbst zu erstehen. Und das tu ich auch. Er funktioniert tadellos. Seitdem werden meinen Salaten stets Karotten beigemischt.

Genug Hintergrund. Jetzt zum Problem…

Neulich war ich im Paradies – Sie wissen schon, mein Lieblingsobstundgemüseladen – und schwärmte von meinem neuen hufeisenförmigen Schäler. „Damit kann ich innerhalb einer Minute eine ganze Karotte mühelos schälen“, prahlte ich.

Frau M. antwortete aber nicht. Im Gegenteil. Sie hielt kurz inne und schaute mich ein bisschen skeptisch an. „Um ehrlich zu sein, Herr Sprachbloggeur“, sagte sie endlich. „halte ich es für unnötig, Karotten zu schälen. Somit gehen wertvolle Vitamine verloren, vor allem, wenn Sie sie kochen.“

„Kochen? Nein“, antwortete ich, „Ich meine Karotten für einen Salat.“

„Ach so, für den Salat. Sie meinen also, dass Sie die Karotten hobeln. Jetzt hab ich verstanden.“

Jetzt kapierte auch ich das Missverständnis. Als ich von „schälen“ redete, dachte sie ans Entfernen der äußeren Haut der Karotte. Nun aber hielt ich kurz inne. „Sagen Sie. Heißt das Ding, das ich gekauft habe ein ‚Schäler‘ oder ein ‚Hobler‘?“

„Wenn überhaupt, hieße es nicht ‚Hobler‘, sondern ‚Hobel‘. Aber ein Hobel ist auch wiederum was anders.“

„Aber ich hobel damit. Oder?“

„Eigentlich schon…“

„…denn warum wird’s nicht ‚Hobel‘ genannt?“

Sie zuckte etwas hilflos mit den Achseln.

„Wie muss man das Ding, das ich gekauft habe, denn nennen?“

„Ich würde dazu ‚Sparschäler’ sagen.“

„‘Sparschäler‘? Noch nie gehört. Warum das? Spart man etwas, wenn man es gebraucht? Oder ist das vielleicht eine Abkürzung für ‚Spargel‘?“

„Ich weiß es wirklich nicht, aber letztendlich sind Sie der Sprachbloggeur und nicht ich…“

Hier dann jetzt, liebe Frau M., die von mir recherchierte Erklärung für „Sparschäler“…

Ein gewisser Sauerländer, Herr Albert Deimel, ließ 1936 dieses Werkzeug patentieren. Er nannte es „Sparschäler“, um darauf hinzuweisen, dass die besonders fixierte Klinge „sparsame“ Karottenschnipsel lieferte. Wäre die Klinge verstellbar gewesen, hätte man auch ganz klobige Karottenstücke schneiden können. Sein Schäler sollte also ein „Spar“-Modell sein.

So viel zum „Sparschäler“. Auf eine Antwort auf meine andere Frage bleib ich aber immer noch warten. Nämlich: Warum darf ich mit dem Schäler bzw. „Sparschäler“ hobeln, mit einem Hobel aber nicht schälen? Ungehobelte, unlogische deutsche Sprache…

Wo aber gehobelt wird…

Heute erfahren Sie, wie man Hochdeutsch steigert

Es begann mit einem Zufallsfund in einem Antiquariat: ein hübsches blau-weißes Bändchen mit dem provokativen Titel „Bairisch: das echte Hochdeutsch“, ein Titel aus der Reihe „Kauderwelsch“ –meistens sehr brauchbare Sprachführer für unterwegs.

Eigentlich brauch ich als Münchner keinen Sprachführer fürs Bairische, doch der Titel hat mich neugierig gemacht. Bairisch? Das echte Hochdeutsch? Da war ich gespannt, wie der Autor – er heißt Richard H. Kölbl – diese Behauptung glaubhaft machen wollte.

Doch leider weiß ich es immer noch nicht. Denn zufälligerweise blieb ich, beim Durchblättern, im Kapitel über die bairischen Versteigerungsformen hängen. Insbesondere hat mich seine Erklärung für diejenigen Adjektiven, die im Hochdeutsch mit dem Doppelvokal „ei“ versehen sind – z.B., „klein“, „breit“ und „heiß“ - interessiert. Auf Bairisch hoaßen die: „kloa“, „broad“ und „hoaß“. Herrn Kölbl zufolge sind die Regeln für die Steigerung solcher Wörter viel komplizierter als es mir bisher bekannt war.

Um mich genauer über dieses Thema zu informieren, hastete ich nun ins Paradies. Damit mein ich freilich meinen Lieblingsobstladen, wo ich gleich auf Frau M. und Frau D. traf.

Nach kurzer Begrüßung legte ich mit meinem Anliegen los: „Eine Frage: Könnten Sie mir bitte die Steigerungsform von ‚kloa‘“ sagen?

„Hä? Wovon?“ sagte Frau M.

„Hä? Wovon?“ sagte Frau D.

„Von ‚kloa‘“ Inzwischen war mir klar, dass ich das Wort falsch betont hatte. Wie peinlich. „Ich meine das Bairische für ‚klein‘“, fuhr ich kleinlaut fort.

„Also ‚klooa‘“ antworteten beide unisono.

„Ja, genau.“

Frau D. war als erste dran: „Kloaner“, sagte sie.

Dann Frau M.: „Kleaner“.

„Aha!“ sagte ich zufrieden. „Er hat doch recht.“ Ich meinte Herrn Kölbl freili, und ich erklärte, dass meinem „Kauderwelsch“-Büchlein zufolge die Steigerungsform „kloaner“ üblicher in der Stadt ist und „kleaner“ auf dem Land. Das hat mir nun die zwei Damen bestätigt. Eigentlich wollte ich nun weiter fragen – nämlich über die Steigerung von „broad“ und „hoaß“, doch ich kam vor lauter Aufregung nicht mehr auf diese Vokabeln.

Am nächsten Tag war ich wieder im Geschäft. Diesmal war Fr. D. nicht da. Ich interviewte Frau M. dennoch über die Steigerung von „broad“.

„Breader“, erwiderte sie spontan auf ländliches Oberbairisch.

„Ja, genauso steht es im Buch!“ sagte ich. „Und „hoaß?“

„Heasser. Zum Beispiel: Heit is heasser ois gestern.“

Nun war ich zufrieden. Wäre natürlich noch schöner gewesen, wenn ich zum Vergleich Frau D.s Antworten gehört hätte. Wahrscheinlich hätte sie „broader“ und „hoaßer“ gesagt. Aber so ist das Leben. „Aber ‚weiß‘ bleibt ‚weiß‘, auch wenn es noch ‚weißer‘ wird. Gell?“ sagte ich nun. Es sollte nur zum Abschluss ein Witzchen sein, wenn auch lahm.

Doch in diesem Augenblick erschien Fr. B. (nicht mit Fr. D. zu verwechseln). Sie trug einen Eimer voll mit schönsten Sonnenblumen und hatte offensichtlich meinen letzten Satz mitgekriegt. „Stimmt nicht“, sagte sie. „Farben haben keine Steigerung.“

Hmm. Nun musste ich überlegen. „Was ist aber, wenn ich sage, diese weiße Wand ist weißer als die andere?“

„Man kann es auch anders ausdrücken. Zum Beispiel: Dieses Weiß ist intensiver als das andere. So haben wir es schon in der Grundschule gelernt.“

„Ja, aber“, sagte Frau M. „Heißt es nicht in der Werbung: ‚Wäscht weißer als die anderen‘?“ Das war lieb gemeint. Sie wollte mir meine Niederlage ein bisschen abfedern.

„Und diese Wand ist von allen die weißeste“, legte ich nach – in Wirklichkeit meiner Sache längst nicht mehr sicher.

„Ja, und unsere Politiker tragen die weißesten Westen“, lachte Frau M.

Aber egal. Letztendlich hatte Frau B. recht. Und nun versteh ich, warum Bairisch das echte Hochdeutsch ist, Herr Kölbl, auch wenn ich das Vorwort zu Ihrem Buch immer noch nicht gelesen hab. Bairisch ist nämlich in gewissen Situation nicht nur das echte Hochdeutch, sondern ein echtes höhere Deutsch. Vor allem, wenn man weiß, das weiß weiß bleibt, (und blau blau…bla bla…usw.)

Flüchtlinge und Fluchlinge (bzw.: Kevin und Alpha-Kevin)

Nein, so wahnsinnig bin ich nicht, dass ich mit obiger doofer Überschrift versuche, an einer Debatte teilzunehmen, die sich bereits mit einfachen Antworten auf schwierige Fragen ausgezeichnet hat.

Trotzdem ist es mir klar, dass mein Schlagwort „Flüchtlinge und Fluchlinge“ geradezu vorbestimmt (zeitgenössisch: „vorprogrammiert“) wäre, als Slogan missbraucht zu werden. Notabene: „Slogan“ stammt aus dem Keltischen und bedeutet „Schlachtschrei“.

Doch keine neuen Schlagworte von mir. Mein Thema ist das Schlagwort selbst.

Arme Schriftsteller, arme Journalisten. Sie spielen so gern mit der Sprache. Es fällt ihnen leicht, spritzige Schlagworte zu erzeugen. Notabene: Im „Schlagwort“ steckt das Wort schlagen.

Hab ich „spritzig“ gesagt? Als ich noch Journalist war, drängte uns die Chefredaktion stets, „schpritzig“ zu schreiben. So ein Stil galt in der Branche als höchste Tugend. Man kann sich denken: ein schpritziges Schlagwort ist, so gesehen, das Nonplusultra des medialen Wortschmieds überhaupt.

Wissen Sie, was ein gelungenes Schlagwort wirklich ist? Es bedeutet, dass ein kontroverses Thema in eine Karikatur seines Selbst verwandelt wurde, dass ein kompliziertes Thema zum schwarz/weiß Bild reduziert wurde.

Und dann passiert es. Da Schlagworte nicht weniger ansteckend sind als Ebola, verbreiten sie sich schnell. „Lügenpresse“, zum Beispiel. Leider hab ich vergessen, wer dafür verantwortlich ist. Doch man kann augenblicklich mit diesem Slogan jedes vernünftiges Gegenargument zunichte machen. Etwa: „Ach was. Du zitierst nur die Lügenpresse usw.“ Aus, Apfi, amen. Ende der Diskussion.

Aber nun kurz zu „Alpha Kevin“. Dieser Slogan mit der Bedeutung „dümmster Mensch“ stand bis vor kurzem auf einer Liste der 30 „Halbfinalisten“ eines Wettbewerbs fürs „Jugendwort des Jahres“, der vom Langenscheidt Verlag gesponsert wird. Andere Kandidaten waren, z.B., „merkeln“ (bedeutet „nichts tun, keine Entscheidung treffen“ haha), „rumoxidieren“ (bedeutet „chillen“, also „nichts tun“, wohl „merkeln“ oder? hoho). „Kompostieren“ (bedeutet „gammeln“ – niedlich aber sagen das Jugendliche wirklich?).

Zum Glück hat‘s sich der Langenscheidt Verlag kurz vor Sendeschluss die Sache anders überlegt und überraschenderweise „A-K“ von der Kandidatenliste gestrichen. Man hat nämlich rechtzeitig erkannt, dass mit der Förderung dieses Begriffs jeder Mensch in Deutschland, der „Kevin“ heißt, verunglimpft wird.

Nebenbei: 1989 zählte „Kevin“ (Notabene: vom Irischen „hübsch von Geburt“) zu den 20 beliebtesten Knabennamen in Deutschland – populär geworden wahrscheinlich durch die Verbreitung des amer. Spielfilms „Kevin – allein zuhause“ mit dem niedlichen Kind. Und dann passierte es: 2009 wurde eine Magisterarbeit der Uni Oldenburg unversehens von den Medien aufgegriffen, worin eine junge Forscherin festgestellt hatte, dass Grundschullehrer/innen (in Oldenburg?) Vorurteile gegen diesen Knabennamen hegten. Die Lehrkraft brachte ihn nämlich oft in Zusammenhang mit der sozialen Unterschicht. Keine Ahnung, ob dieser Gedanke wirklich so verbreitet war und ist, wie in besagter Arbeit behauptet. Aber egal. Dank der großen Aufmerksamkeit durch die Medien, landete der Name Kevin schnell auf der – wie wir in Amerika sagen „shitlist“. Nomen wurde Omen.

Ich geh davon aus, dass es mal wieder mit dem Namen „Kevin“ Ruhe geben wird. Namen haben schon immer ihre ups and downs gehabt. Ich will nur sagen: Mit Schlagworten kann man innerhalb kurzer Zeit viel kaputt machen. Wahrscheinlich sind sie deshalb so beliebt. Fragen Sie Dr. Joseph Goebbels. Ein gut platziertes Schlagwort kann die Möglichkeit einer vernünftigen Diskussion schnell KO machen, was wohl das Erstreben seines Erfinders war.

Beispiel „Herdprämie“ als spritziges Schlagwort für „Betreuungsgeld“. Wen hat es aber interessiert, dass das Schlagwort ein bisschen an den Haaren herbeigezogen war? Wer sich mit dem Begriff „Herdprämie“ identifiziert hat, der hat schon alles verstanden, was er verstehen wollte.

Oder „Eurorebell“. So hat man den Politiker Wolfgang Bosbach bezeichnet, weil er eine abweichende Meinung zu den Hilfspaketen für Griechenland im Vergleich zu seinen Parteigenossen und anderen geäußert hatte. Mit dem Etikett „Eurorebell“ vermochte man seine Argumente gekonnt zu simplifizieren. Das will ein Schlagwort gern.

Aber zurück zum „Fluchling“. Das Wort hab ich nur als theoretisches Beispiel für ein Schlagwort erfunden: und es darf – außer für wissenschaftliche Zwecke – ohne Genehmigung nicht weiter verwendet werden. Schließlich hab ich das Copyright. Das eigentliche Thema Flüchtlinge ist ohnehin viel zu komplex, als dass es auf ein einziges dummes Schlagwort reduzieren lässt. Und glauben Sie mir: Ich habe tatsächlich eigene, differenzierte Meinungen zu dieser kniffligen Sache. Wer trotzdem versucht ist, aus einem differenzierten Sachverhalt verbales fastfood zu machen, hat wenig Verstand und macht sich letztendlich selbst zum Fluchling.

Ende der Vorlesung.

Hui-Pfui fürs Weh-Weh-Weh

Nein, obige Überschrift ist kein Chinesisch. Heute nehmen wir das Internet unter die Lupe, und zwar wie das im Netz üblich ist: durch eine Bewertung.

Jeder weiß, wie das geht. Man kauft sich einen Fotoapparat oder einen Staubsauger und gibt dann seine Meinung ab. Das kann man verschieden bewerkstelligen – durch einen langen oder kurzen Text, durch Sternchen – oder indem man eine Liste mit Plus- und Minuspunkten aufstellt. Letzterer Form werde ich folgen.

Nebenbei: Ich komme heute auf diese Idee wegen eines Erlebnisses aus jüngster Zeit. Ich hatte etwas über Amazon bestellt und wartete auf die Zustellung, die wie üblich per Mail angekündigt wurde.

Am Tag der Zustellung fand ich aber vor der Haustür lediglich einen Zettel vor – ausgestellt vom Lieferanten, der Firma DPD. Darauf stand in etwa: „Schade, leider haben wir Sie nicht angetroffen…“usw. Weiter erfuhr ich, dass sich das erwartete Päckchen im Geschäft gegenüber befinde. Komisch, dachte ich. Ich war die ganze Zeit zuhause. Hat jemand geläutet? Hab ich nix gehört? Ich bin also ins Geschäft gegenüber gegangen, um mein Päckchen abzuholen.

„Komisch. Ich war aber zuhause…“, sagte ich zu der Dame im Geschäft.

„…Er klingelt nie“, unterbrach sie „Ist ihm zu mühsam. Er trägt die Sachen immer direkt hierher. Es dauere ihm zu lang, wenn er bei jedem klingeln müsste, hat er mir gesagt.“

Um gerecht zu sein: Ich habe von Nachbarn Ähnliches über DHL und Hermes gehört. Nur: Diese Lieferanten klingeln wenigstens. Bloß: Wenn man nicht schnell genug die Wohnungstür erreicht hat, haben sie schon die Weite gesucht. Ich weiß auch warum, es so ist: Sie bekommen wenig Geld für ihre Arbeit und stecken obendrein im Dauerstress.

Was schließe ich daraus? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Online-Dienste den Kundenschwund zu spüren bekommen. Die Zukunft heißt „Ladenverkauf“ oder im Laden bestellen und einen Termin für die Zustellung vereinbaren.

Nun zurück zu den versprochenen Plusminuspunkten zum Thema Weh-Weh-Weh im Allgemein:

- Online-Geschäft (siehe oben für die Gründe)

o Online-Nachrichten (Ja, man kann immer noch online die Nachrichten lesen. Doch wie lange noch? Immer mehr Zeitungen – und Zeitschriften – werden kostenpflichtig. Beispiele: SZ, Welt, NY Times, Wall Street Journal. Spiegel-Online bleibt noch eine Ausnahme…noch. Verständlich, dass alles mal –was kosten wird. Journalismus ist nun mal teuer, und man braucht Werbung und den Leserobolus, um das System schmeidig zu halten. Dann lieber gleich die Zeitung kaufen, sage ich. Sie ist ohnehin bequemer zu lesen – man sieht zeitgleich Überschrift und Text – , und sie ist stromfrei dazu – d.h., vielleicht umweltfreundlicher als das stromfressende Weh-Weh-Weh.)

o Online-Information (Für den schnellen Überblick ganz nett. Aber was ist, wenn man ins Detail will? Früher ging man in die Bibliothek und kehrte mit einem Stapel Bücher nach Hause. Heute arbeitet man lieber etwas oberflächlicher. Denn alles muss ohnehin schnell gehen. Okay, zugegeben: Wikipedia usw. sind wirklich nützlich und beizeiten hilfreich. Doch in die Tiefe gehen? Dazu braucht man noch…tut mir leid, aber ich muss ein Wort benutzen, das aus der Mode gekommen ist…dazu braucht man …Bücher)

Nun zu den Pluspunkten:

+ Cybercrime (Spitze! Ausgezeichnete Möglichkeiten!)

+ Cyberdschihad (Allahu akbar für dich und mich!)

+ Verschwörungstheorien (Es waren die Juden, die Amerikaner, die Schwulen…die Deutschen! Lies nur weiter)

+ Pornographie (Etwas für jeden Geschmack! Was kann man sich mehr wünschen?)

+ Hacking (for fun and profit)

+ Phishing („There’s a sucker born every minute“ – P.T. Barnum)

+ Werbung (buy buy buy buy buy buy buy buy buy buy usw.)

+ Spionage (NSA usw.)

+ Social Media (s. Verschwörungstheorien, Dschihad, Hacking usw. Außerdem bekommt man Einblick in den Urlaubsfotos alter Schulkameraden, die man seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat.)

+ Email (s. Verschwörungstheorien, Phishing, NSA usw. Immerhin: Man spart an Briefmarken und Kuverts.)

+ Google (ein Diener, der – beinahe – alle Wünsche erfüllt – und erfühlt!)

++ Sprachbloggeur (Ist das nicht schön? Jeder Heini hat nach Lust und Laune die Möglichkeit ungeniert ins eigene Horn zu blasen.)

Fazit: Nur für Risikofreudige und Selbstdarsteller geeignet.

He, Sprachbloggeur, warum gibt es so viele Sprachen auf der Welt?

Ich saß in dem „49igen“ (Straßenbahn, versteht sich) , der von Hütteldorf über die Märzstraße zur Wiener Ringstraße fährt, und schaute seelenruhig aus der Fensterscheibe auf die hübschen Gassen.

Achtung! Ist jemandem im obigen Satz ein Fehler aufgefallen? Ja, natürlich. Wieso schreibt der Sprachbloggeur „in dem 49igen“, wenn es „in der 49igen“ heißen muss?

Nicht in Wien. Dort ist die 49ige tatsächlich der 49ige.
Und zwar deshalb, weil die Wiener an „Wagen“ und nicht an „Straßenbahn“ denken, wenn sie von ihren Öffis“ reden.

Doch zurück zum 49igen. Während der Wagen um eine Kurve quietschte, tönte plötzlich eine Ansage: „Bitte seien Sie achtsam: Überlassen Sie Ihren Sitzplatz Behinderten, Schwangeren…“

„Bitte seien Sie achtsam“. Niedlich, dachte ich. Und dann las ich auf einer kleinen, bunten Anzeige neben der Fensterscheibe: „Bitte sich festzuhalten“ und daneben erspähte ich wieder eine Anzeige. Den Wortlaut hab ich leider vergessen. Es ging darum, dass Hunde „Beißkörbe“ zu tragen hätten.

Alles nur Kleinigkeiten. Vielleicht deshalb fallen sie auf. Oder Im Eingangsbereich unseres Hauses hing ein Anschlag von der Hausverwaltung: „Wir ersuchen Sie, die Kellertür zuzuschließen“. Ersuchen. Wow. Auf einem zweiten erfuhr ich, dass der „Rauchfangkehrer“ für nächste Woche bestellt sei. Zum Glück gibt es im Haus einen Lift, dachte ich, sonst muss er die „Stiege“ bis nach ganz oben erklettern.

In der Apotheke händigte ich der Apothekerin meinen „Besorgerschein“ für das Medikament, das ich abzuholen hatte. Dann erhielt ich samt Arznei den „Kassabon“.

Doch man versteht immer, was gemeint ist. Und die paar wirklich fremde Vokabeln, etwa „Powidl“ (Pflaumen), „Ribisl“ (Johannisbären), „Paradeiser“ (Tomaten), „Erdäpfel“ (Kartoffeln), „Kren“ (Meerrettich) verinnerlicht man schnell.

Lediglich wenn einer mit seinem Wiener Dialekt loslegt, kann es mit der Verständigung mal happig werden (weniger allerdings für den Bayer). Gleiches Phänomen gilt natürlich für die Schweiz und für Luxemburg (ebenso für Bayern oder fürs Schwabenland). Die Lokalsprache ist oft unverständlich für den deutschsprachigen Besucher. Trotzdem sind alle der Meinung, sie sprechen Deutsch. Und es stimmt. Denn alle teilen neben ihrer Lokalsprache eine überregionale Schriftsprache, die überall denselben Sprachregeln unterliegt und von daher vereinigt.

Es kann auch anders werden. Urdu und Hindi, zum Beispiel. Eigentlich ist das dieselbe Sprache. Nur: Urdu wird in Pakistan gesprochen, wo die meisten Menschen Muslime sind, während Hindi in Indien, wo die Mehrheit hinduistisch ist. Mittlerweile hat Urdu viele Wörter aus dem Arabischen und dem Persischen übernommen, die es im Hindi nicht gibt. Hindi Sprechende hingegen benutzen Begriffe aus dem Sanskrit. Diese verstehen die Urdu Sprecher nicht. Um die Sache weiter zu verkomplizieren: Hindi und Urdu werden mit sehr unterschiedlichen Schriften geschrieben.

Oder Serbisch und Kroatisch. Auch in diesem Fall handelt es sich um dieselbe Sprache. Nur: Die Serben gehören größtenteils der Ostkirche, während die Kroaten katholisch sind. Dazu erschwerend: Serben und Kroaten sind sich leider spinnefeind (zum Glück nicht alle). Man gibt sich dennoch Mühe, unterschiedliche Vokabeln zu verwenden, damit die Sprachen zunehmend auseinanderwachsen.

Oder Tschechisch und Slowakisch. Diese waren schon immer zwei nahverwandte Dialekte – wie’s Ober- und Niederbayrische. Jede wird trotzdem als getrennte Sprache gehandhabt. Die gleichen Wörter werden sogar unterschiedlich buchstabiert – um die Unterschiede zu betonen. Solange Tschechen und Slowaken in einem Land namens Tschechoslowakei lebten, haben sie sich gegenseitig sprachlich verstanden. Nun sind sie zwei Länder geworden und wirklich zwei Sprachen. Ich habe neulich gelesen, dass junge Tschechen und Slowaken es mittlerweile mit der gegenseitigen Verständigung viel schwerer haben als ihre Eltern.

Nun wissen Sie, warum es so viele Sprachen auf der Welt gibt.

Gesucht: pfiffige Wortschöpfer um evtl. Euro-Abgängen Namen zu schenken

Manche haben Glück. Zum Beispiel der Nationalökonom Ebrahim Rahbari. 2011 hat er ein Wort geprägt, das nun in aller Munde ist: „Grexit“.

Ein lustiger Begriff, der aus zwei miteinander fusionierten Wörtern, „Greek“ + „exit“ = „Grexit“, besteht. Sprachforscher bezeichnen eine solche Formulierung als „Kofferwort“. Auf Englisch heißt es „portmanteau“ – als würden zwei Wörter in einem einzigen Mantel verhüllt werden. Andere Beispiele sind „smog“ („smoke“ plus „fog“), „Bollywood“ („Bombay“ plus „Hollywood“), „Denglisch“ usw.

Neben dem „Grexit“ stößt man auch gelegentlich auf den (das?) „Grexident“, bzw. „Graccident“ –vom englischen „Greek“ + „accident“ (hier wohl: „Zufallsereignis“). Damit meint man, dass ein Ausscheiden der Griechen aus der Eurozone versehentlich geschehen könnte.

Würde Herr Rahbari lediglich ein Cent Benutzungsgebühr jedesmal erhalten, wenn jemand seinen Neologismus zitierte, hätte er bisher sicherlich, so viel Geld verdient, dass er selbst Griechenland vor einer Staatspleite retten könnte.

Doch hier soll keine Doktorarbeit über den Begriff „Grexit“ entstehen. Lieber frage ich mich, was geschieht, würden andere EU-Länder zum Euro-Wackelkandidaten werden oder gar aus der EU scheiden? Auch diese Länder bräuchten einen pfiffigen Slogan für die Medien.

Immerhin gibt es bereits, analog zum „Grexit“, den „Brexit“ für den Fall, dass Großbritannien die EU verlässt. Keine Ahnung, wer der Urheber dieses Wortes war. Herr Rahbari? Anyway, ist nicht wichtig.

Hier jedenfalls sind die Herrn und Frauen Journalisten gefragt. Thinking caps aufsetzen, liebe Leute. Auch kreative Laien dürfen an diesem Wettbewerb teilnehmen.

Vom Sprachbloggeur jetzt bloß ein bisschen Starthilfe…

Frankreich als ausscheidendes Land mit einem pfiffigen Slogan zu versehen, wäre ganz easy. Da ist man mit „Frexit“ bestens bedient, obschon dieses Wort – zumindest fürs dt. Ohr vielleicht ein bisschen niedlich klingen könnte (man denkt an „Frettchen“). Auch für Spanien gäbe es eine einfache Lösung: der „Spexit“. Lediglich würden sich vielleicht ein paar Lateiner aufregen. Sie hören nämlich bei diesem Wort die 3. Person singulär im Perfekt des Verbs „specere“ („beobachten“) – also „er/sie/es beobachtete“ heraus. Es sind aber nur ein paar Fuzzis.

Ein „Porexit“ für Portugal? Vielleicht bin ich es nur. Doch mir kommt dieses Wort irgendwie unanständig vor. Ich weiß nicht, warum. Wobei noch unanständiger mutet mir ein irischer Ausscheiden an. Mit einem „Irexit“ denkt man schnell an die Aufwärtsbewegung eines bekannten männlichen Körperteils – und im lateinischen Perfektum sogar.

Und wie wäre es mit einem „Bulexit“ für Bulgarien? Ist das aber nicht eine Essstörung? Oder für Italien, ein „Itexit“? Angelsachsen denken wohl ans SMSschreiben.

Man muss aber die diversen Sprachenunterschiede in Acht nehmen. Schließlich gibt es einige in der EU. Fürs dt. Ohr wäre, z.B., das Ausscheiden von Litauen und Lettland ein „Litexit“ und ein „Lettexit“. Englischsprechende hätten lieber einen „Lithexit“ (mit „th“) und „Lattexit“. Letzteres lässt an Gummihandschuhe denken.

Ich hab aber keine Lust, dieses Spielchen weiter zu treiben. Schließlich handelt es sich um 28 Länder, wovon 19 in der Eurozone sind. Dennoch eine letzte Frage: Wie hieße es, wenn Deutschland die EU bzw. die Eurozone verlassen würde?

„Gerexit“? Nein, das erinnert viel zu stark an „Grexit“. „Deuxit“? Nicht besonders pretty.

Sicherlich hätte Herr Rahbari eine pfiffigere Lösung. Oder vielleicht auch Sie, liebe Lesende, liebe Journalisten. Jeder darf mitmachen. Schließlich möchten alle unsere schöne Sprache auf Vordermann halten. Oder?

PS: Nächste Woche kein Beitrag. Ich mache einen kurzen Deuxit.

Achtung! Neue Redewendung im Anlauf: das„Angähnen“!

Ich gehe davon aus, dass Fritz Grob vom Schweizer Regensdorf diese Glosse nie zu Augen bekommen wird. Aber wer weiß?

Ebenso möglich ist, dass er seine Rolle als Sprachschöpfer niemals wahrnehmen wird. Auch das kann ich aber nicht wissen.

Wer ist Fritz Grob? Und was hat ihm Deutsch Sprechende zu verdanken?
Zufällig stieß ich in der Schweizer „Weltwoche“ (Nr. 25.15) auf einen Leserbrief, den besagter F.G. zum Thema „Fifa“ eingeschickt hatte.

Ich zitiere: „Trotz Ihrer vorzüglichen Berichterstattung über Blatter [gemeint ist Sepp B.] gähnt mich das Thema langsam an….“

„Sag mal“, fragte ich meine Frau, die Native-Speakerin in der Familie, „Kennst Du diesen Ausdruck ‚angähnen‘?“, und ich las ihr den Grob’schen Satz vor.

„Nein, noch nie gehört.“

Immerhin, wäre ja möglich, dass es sich um eine Redewendung handelte, die nur mir unbekannt war. Kommt manchmal vor. Zum Beispiel, als ich meine Frau mal über „in die Puschen kommen“ fragte. „Natürlich“, antwortete sie. „Das sagen wir bei der Arbeit immer, wenn wir uns abermals ein Kaffee holen müssen.“

Was Herr Grob mit „angähnen“ meinte, ist jedenfalls aus dem Zusammenhang klar – etwas wie „anöden“. Mir war nur nicht sicher, ob es sich um einen stehenden Begriff handelte.

Also holte ich, um die Sache auf die Spur zu kommen, meinen sechsbändigen Duden, den mir vor vielen Jahren mein seliger Sprachguru Ernst-Theo-Rohnert geschenkt hatte. Dieses wuchtige Nachschlagwerk bietet eine Bestandsaufnahme der deutschen Sprache bis ca. 1978. Unter Stichwort „angähnen“ fand ich Folgendes: „In Richtung auf jmdn, etw. gähnen“, gefolgt vom Beispiel: „Mein Gegenüber gähnte mich fortwährend an.“ War mir irgendwie klar. Als ich letztes Jahr auf einer Hochschule als Dozent tätig war, wurde ich von meinen Studenten täglich angegähnt. So was nimmt man aber in Kauf und möchte dieses Gähnen mangelndem Sauerstoff zuschreiben.

Doch der Duden kannte auch eine zweite, übertragene Bedeutung für dieses Wort und brachte sie in Form von einem Zitat: „unendliche Öde gähnt mich an“. Als Quelle wird der Roman „Mitte des Lebens“ von Luise Rinser, 16. Kapitel, angegeben.

Zugegeben, ein schöner Satz. Nur: bei Rinser wird das „Angähnen“ unmittelbar mit einer „Öde“ in Zusammenhang gebracht – was irgendwie logisch ist, weil „Öde“ und „Gähnen“ eine gewisse Ähnlichkeit haben. Umso mehr war ich nun überzeugt: Herr Grobs „angähnen“ ist gewagter als das von Fr. Rinser. Ihm zufolge gähnt ein Thema an. Das ist schon etwas anders als von einer Öde angegähnt zu werden.

Was ich aber noch immer nicht wusste: Ist dieses neu nuancierte Angähnen wirklich eine Erfindung von Herrn Grob?

Das war die Frage. Und um sie zu beantworten, googelte ich das Wort. Sofort erhielt ich 3280 Treffer. Diese Zahl ist freilich wie immer bei Google eine Fiktion. Anyway, Die Seiten, die ich unter „angähnen“ fanden, waren fast ausnahmslos belanglos: Übersetzungen des Wortes ins Afghani oder Suahili etwa. Über die Grob’sche Variante war nichts zu lesen. Schauen Sie selber hin.

Mein Fazit: Fritz Grob zählt eindeutig zu den Schöpfern der deutschen Sprache, einem Verein, dessen Mitglieder meistens anonym bleiben. Man freut sich, wenn man einen zufällig entdeckt.

Herr Grob aus Regensdorf in der Schweiz hat ein neues Wort gesät. Jetzt warten wir die Ernte ab.

Wobei wir ihm eigentlich behilflich sein könnten. Mein Vorschlag: Benutzen Sie dieses Wort so oft wie möglich. In einem Jahr kann man es dann wieder angoogeln. Seien Sie dann auf eine Überraschung gefasst…

Wie schreibt man einen Bestseller? Oder: Die älteste Geschichte der Welt

Haben Sie Lust, ein spannendes Buch oder Drehbuch zu schreiben, das das Zeug zum Bestseller oder Blockbuster hat? Dann sind Sie hier richtig. Heute erfahren Sie das Wichtigste zum Thema – kostenlos und compliments of the Sprachbloggeur.

Zuerst aber eine kurze Anekdote über einen Film, den ich, als ich vor vielen Jahren noch ein Frischling in Deutschland war, kennengelernte.

Er hieß „Fasching“ und wurde 1939 in Deutschland S/W gedreht. Die Geschichte ist äußerst simpel: Zwei Menschen, ein sympathischer junger Mann und ein hübsches Fräulein, lernen sich im Zug nach München kennen.

Es funkt heftig zwischen ihnen, und sie führen anfangs schüchterne Gespräche miteinander. Da sie beide „Preißn“ sind, kennen sie sich in München nicht aus. Das wird erhebliche Konsequenzen haben. Denn kurz vor der Ankunft in der „Hauptstadt der Bewegung“ drücken sie den Wunsch aus, sich wiederzusehen. (Von „Hauptstadt der Bewegung“ erfährt man im Film übrigens nichts. Die damaligen Unterhaltungsfilme haben es tunlichst vermieden, Hakenkreuze und dergleichen darzustellen. Das hätte wollen das große Kotzen zur Folge gehabt).

Doch zurück zu den Frischverliebten. Wo sollen sie sich verabreden? Nun erspähen sie im Zug ein nettes Lichtbild der Mariensäule am Marienplatz. Am folgenden Tag wollen sie sich dort treffen. Soweit so gut. Gell?

Leider nicht. Denn morgen ist ausgerechnet Faschingsdienstag, und am Marienplatz wird die Hölle los sein. Tausende werden rumjauchzen und umeinanderhopsen. Wir Zuschauer sehen die hübschen Verliebten, wie sie am Faschingsdienstag am Marienplatz vergeblich nach einander suchen, bis sie endlich von der Menge rumgeschoben und trotz aller Bemühungen in verkehrte Richtungen weggeschwemmt werden. Alles sehr traurig.

Nun wird’s brenzlig: Der nette junge Mann und das holde Fräulein erleben allerlei gefährliche Abenteuer – inklusive versuchte Verführungen durch herzlose Don Juans und liederliche Weibsbilder. Allem zum Trotz halten sie sich aber weiterhin wacker und keusch. Vom jeweils anderen aber: keine Spur. Trotzdem meinen es die Götter gut mit ihnen. Im Wirrwarr des Münchener Fasching verirren sie sich ins Künstlerviertel Schwabing und befinden sich beide – welch Zufall! – auf derselben wilden Feier. Dann passiert es: Kurz vor dem Kehraus (oder war es kurz danach?) finden sie sich wieder. Ein Kuss, die Liebe und natürlich Happy End.

Eine rührselige Geschichte. In Hollywood heißt sie: „boy meets girl, boy loses girl, boy finds girl.“ Nebenbei: Schon die Griechen und die Römer kannten diese Handlung. Noch heute kann man sie in lauter spannenden Romanen der Antike, z.B. „Daphne und Chloe“, „Die Waffen des Eros“ oder die „Äthiopika“, lesen. Die Geschichte geht immer gut aus, trotzdem liest man bis zum Schluss – wie gebannt. Für happy Ends sind wir wohl vorprogrammiert.

Ihr Blockbuster oder Bestseller soll aber trotzdem eine andere Basis haben, die noch spannender sein wird als boy meets girl usw. Ihr Buch soll die älteste Geschichte überhaupt erzählen: den Heldenmythos.

Was ist ein Held? Jeder ist ein Held, der in der Kindheit in irgendeiner Form gelitten hat, der auch maßgeschnittene Qualitäten hat, der diverse Widrigkeiten und Herausforderungen zu überwinden hat und der irgendwie am Ende siegt – auch wenn der Schluss traurig wird. Der Heldenmythos ist nämlich die Geschichte eines jeden Menschen. Deshalb ist er so beliebt. Übrigens: „Boy meets girl“ ist nur ein Teil des Heldenmythos.

In den 1930er Jahren nahm der englische Gelehrte Lord Raglan in einem Buch mit dem Titel „The Hero“ verschiedene Figuren aus der Mythologie und der Geschichtsbücher unter die Lupe, um ihre Qualitäten als Helden zu erforschen. Ödipus, Theseus, Joseph, Mose, Siegfried, König Arthur, sogar Jesus zählten zu ihnen, und alle bestanden die Prüfung. Wohl deshalb lesen wir sie so gern über sie! Auch Computeraktionspiele geben Heldenmythen wieder. Und denken Sie an Filme wie „Herr der Ringe“, „Superman“, „Harry Potter“, „Lara Croft“ und „Mad Max“ – alles Heldengeschichten. Verstehen Sie, was ich meine?

Nein, ich will hier keine Doktorarbeit schreiben, lediglich Ihnen ein paar Tipps geben, wie man Bestseller und Blockbuster schreibt. Weitere Details vielleicht ein anderes Mal.

Übrigens: Es gibt auch Geschichten, die nicht von Helden erzählen. Sie werden aber meistens von armen Schluckern, Idealisten und Humoristen geschrieben und werden nur selten Beststeller. A word to the wise.

Eine kurze Grammatik der Pornographie

Vielleicht haben Sie sich verirrt und lesen diese Zeilen, weil Sie sich etwas Anderes erhofft haben als das, was ich anzubieten vorhabe.

Ihnen, liebe Verirrte, drücke ich, falls ich Sie unabsichtlich in die Irre geführt habe, mein aufrichtiges Bedauern aus. Hier finden Sie weder anzügliche Bilder noch Worte, deren Ziel es ist, gewisse Fantasien anzuheizen.

Im Gegenteil. Hier bekommen Sie genau das, was im Titel versprochen wird: eine Grammatik – oder zumindest die Einleitung zu einer solchen Grammatik. What you see is what you get.

Ich betrachte Pornographie nämlich als eine Sprache – genauer gesagt: als eine Fachsprache, als ein geschlossenes System, das gewisse Inhalte symbolisch mitteilen will.

Vielleicht fragen Sie sich, was genau die Pornographie mitteilen will?
Wollten sie „Sex“ antworten? Sorry. Das ist leider falsch. Die richtige Antwort lautet: Pornographie will Sehnsüchte verständlich machen – Sehnsüchte nach einer Intimität, die man weder durch Worte noch in Bildern darstellen kann, sondern nur anhand von eigenem Erleben. Eine schwere Aufgabe also.

O o. Ich merke schon, wie kompliziert diese Sache wird. Hoffentlich hab ich mich nicht (wie so oft der Fall) übernommen. Vielleicht hilft folgende Anekdote: Ich war mit Anfang 20 unglücklich verliebt. zugleich träumte ich davon, ein unwiderstehlicher Don Juan zu werden. Um diesen Widerspruch zu überwinden, besuchte ich damals einen Seelenarzt, einen erfahrenen und väterlichen Menschen ca. Mitte 60. Eines Tages fragte er mich, nachdem ich ihm eine Weile was vorgejammert hatte: „Soll ich dir beibringen, wie man wirksam rumbumst oder lieber wie man wirksam liebt? Ich kann nämlich beides, aber ich überlasse dir die Wahl.“

Ich zögerte kurz und überlegte sehr ernsthaft. Schließlich entschied ich mich für die zweite Möglichkeit.

Heute weiß ich, dass er mir eine Fangfrage gestellt hatte. Clever, Dr. L., wherever you are.

Hätte ich mich für die erste Wahl entschieden, dann wäre es ihm nur möglich gewesen, mir eine Grammatik der Pornographie vorzulegen. Ich hätte von ihm also nur den theoretischen Ablauf des Anbaggerns erfahren, was mir mit Sicherheit nicht weiter geholfen hätte. Das ist nicht viel anders als wenn man die theoretische Struktur einer Sprache lernt.

An dieser Stelle möchte ich eingestehen, dass ich, was die Pornographie betrifft, eigentlich kein Muttersprachler bin. Meine Kenntnisse bleiben im Grunde recht theoretisch. Ich bin nämlich kein so großer Konsument von Pornographie, obwohl ich sie seit Jahrzehnten kenne und die Möglichkeit im Internetzeitalter mehr als gegeben wäre, sie noch genauer zu studieren. Wenn ich sie aber zu Sicht bekomme, dann beobachte ich ganz genau, was ich sehe. Dieses Beobachtungsvermögen hat dazu geführt, dass ich gewisse Gesetzmäßigkeiten entdeckt habe. Deshalb glaube ich, dass ich mit dem Begriff „Grammatik“ hier nicht falsch liege…

1.) Verben: Die Darsteller/innen fackeln nicht lange. Jede(r) weiß, worum es geht und macht ziemlich schnell Kontakt mit den wesentlichen Körperteilen. Nebenbei: Es gibt hier nur Gegenwart und Zukunft.

2.) Nomen: Die Agierenden werden in Zeit und Raum eingerahmt. In der Version, die ich zuletzt studiert habe, wird auf Körperhaar – weiblich und männlich – verzichtet. Die Intimrasur ist momentan „in“. Dies kann sich jederzeit ändern.

3.) Adjektiven: Mimik, Hecheln, Grunzen und dergleichen spielen wichtige Rollen: Durch sie werden die Darsteller/innen stets näher beschrieben.

4.) Adverbien: Kamerawinkel ist unabdingbar – vor allem, was die Vereinigung der primären Geschlechtsteile betrifft. Diese befinden sich stets in Aktion. Dank dem Blickwinkel wird die Vorstellung vermittelt: „Ich bin dabei“.

5.) Wortstellung I: Von Zeit zu Zeit verabreicht der männliche Darsteller seinem weiblichen Kontrapart einen Klaps auf den Sitzfleisch. Leider habe ich bisher noch keine Erklärung für diese Geste gefunden, ist sicherlich ein unregelmäßiges Verb.

6.) Wortstellung II: Höhepunkte kommen immer am Schluss! Der der Frau wird stets durch Adjektiven (s. oben) vermittelt. Über Glaubwürdigkeit darf ruhig gefragt werden. Der des Mannes (im wahren Leben üblicherweise unsichtbar) wird in voller Länge und Umfang gezeigt und reichlich von Adjektiven begleitet. Gegebenenfalls wird er mit Hilfe von Adverbien wiederholt…

Ursprünglich wollte ich dieses Thema viel detaillierter und als wissenschaftlich begründetes philosophisches Werk publizieren. Vielleicht kommt das noch. Aus Platzgründen halte ich mich heute kurz. Es gäbe viel mehr zu beschreiben und zu erklären, will man diese Grammatik noch nützlicher gestalten. Ich denke aber: Auch obige Ausführung reiche vollkommen – zumindest für den Anfang.

Das Nasher Sculpture Center – Heute buchen, morgen besuchen!

Original oder Übersetzung? Welcher ist Ihnen lieber, liebe Kulturkonsumenten?

Nie hätte ich gedacht, dass ich eine solche Frage stellen würde. Doch dann erhielt ich liebenswürdigerweise eine Einladung zu einem Konzert am Nasher.

Ein bisschen Hintergrund:

Einmal im Jahr fliege ich aus privaten und beruflichen Gründen nach Dallas, Texas. Den Namen dieser Stadt kennen Sie ganz sicher. Leser, die ein gewisses Alter erreicht haben, erinnern sich an das „Ekel“ JR, der in der Zeit von 1978 bis 1991 in der Fernsehserie „Dallas“ für Unmut sorgte. Manche junge Streaming-Junkies kennen das fesselnde Familiendrama auch heute im Netz.

Dallas ist wie viele amer. Städte. Die Wolkenkratzer ragen am Stadtkern in die Höhe. Ringsherum liegt ein Meer von Wohngegenden, Verkehrsadern (oft verstopft) und Shopping Centers.

Zum Glück aber hat Dallas – und die Nachbarstadt Fort Worth –auch anderes zu bieten: lauter Museen, die einfach Weltklasse sind. Eins davon ist das Nasher Sculpture Center.

Doch nun wieder zu der Frage: Original oder Übersetzung?

Lucia Simek, PR-Dame vom Nasher, hat uns, meine Frau und mich, während unseres Aufenthalts in Dallas zu einem Abendkonzert am Sculpture Center eingeladen. Nebenbei: Die Skulptursammlung am Nasher ist atemberaubend schön: Picasso, Moore, Gauguin, Matisse, Giacometti, Chamberlain, Judd, Stella etc. etc. Dazu immer eine höchst aktuelle Sonderausstellung. Und als besonderer Bonbon gibt es den Skulpturgarten: einen Lustgarten am Fuß des Hochhäuserdschungels mitten im Downtown.

Das Abendkonzert war ein Zweiteiler. Im ersten Teil wurde der bahnbrechende zwölftönerne Sprechgesang „Pierrot Lunaire“ von Arnold Schönberg vorgeführt – und zwar auf Deutsch. Teil zwei lockte mit einem bunten Medley Kurt Weill-Lieder – ein Teil davon aus der Zeit seiner Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht.

Ich hab mich wahnsinnig auf diesen deutschsprachigen. Liederabend mitten in Dallas gefreut. „Pierrot Lunaire“ kannte ich bisher nur namentlich. Die skurrilen Brecht-Weill-Lieder beherrsche ich gut und liebe sie leidenschaftlich. Doch nun erfuhr ich, dass manche der Brecht-Lieder auf Englisch vorgetragen werden sollten. Ein leichtes Gefühl der Enttäuschung drohte meine Vorfreude einzutrüben. Brecht galt für mich nur auf Deutsch. Aber nun zum Konzert…

Teil eins: Pierrot Lunaire. Die Darstellerin, Lucy Shelton hieß sie, war zwar Amerikanerin, hatte aber die Nuancen dieses witzigen deutschsprachigen Gesangzyklus derart perfekt und souverän beherrscht, dass ich sie für eine deutsche Muttersprachlerin hielt. Bravo.

Teil zwei: Die Weill-Lieder. Nun erwartete ich die gleiche bravuröse Leistung. Lights out. Dann erstrahlte ein Scheinwerfer den englischen Schauspieler Walter Van Dyk, der nun sang: „Und der Haifisch, der hat Zähne…“ Hmm. Leichten britischen Akzent aber so what. Doch dann passierte es. Er sang „An ‘nem schönen blauen Sonntag/liegt ein toter Mann am Strand…“ Nur: Es hieß bei ihm nicht „Strand“, sondern „Stränd“. Aua.

Als Engländerin Liza Sadovy „Ach, bedenken Sie, Herr Jakob Schmidt!/Ach, bedenken Sie, was man für dreißig Dollar kriegt…“ tönte, war ich vollends irritiert. Wieder ging es um eine Kleinigkeit. Sie sprach das Wort „Dollar“ nach englischer Art aus, also „Daller“. Damit war die witzige Stimmung futsch.

Inzwischen hatte ich mich auf eine vollkommene Enttäuschung eingestellt. Stattdessen geschah ein Wunder: Die Darsteller trugen fortan alle Brecht-Lieder in engl. Übersetzung vor. Und es hat großartig geklappt!

Ich gebe zu. Ich liebe es, wenn Lotte Lenya mault: „Nimm die Pfeife aus dem Maul, du Hund.“ Doch es klingt nicht weniger überzeugend, wenn eine engl. Muttersprachlerin, die gut schauspielt, „Take that damn pipe out of your mouth, you rat“ rezitiert. Oder wenn Seeräuberin Jenny lapidar deklariert “So I say: Shoot them all!” anstatt, “Und ich sage: Alle!”.
Van Dyk und Sadovy brillierten in Übersetzung, zogen alle Register gekonnt. Hut ab!

Fazit: Lieber eine schöne Übersetzung als ein lahmes Original.

Und vergessen Sie nicht: Auch das Museum ist ein Traum. Heute Buchen, morgen besuchen…

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