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Gedenken an Gerhard Peter Moosleitner – Blattmacher extraordinär

„Populär? Wissenschaftlich? Wo liegt der Widerspruch?“ Breites Lächeln (und die Augen nur noch Schlitze).

Der Satz ist O-Ton Gerhard Dietrich Marie Moosleitner, den man hierzulande als „Peter Moosleitner“ kennt, Gründer im Jahr 1978 der populärwissenschaftlichen Zeitschrift „P.M.“ – auch „Peter Moosleitners interessantes Magazin“ genannt.

Seine Frau nannte ihn Gerd.

Er ist vor wenigen Tagen in aller Stille gestorben.Trotzdem hat sich die Nachricht schnell herumgesprochen.

Ich kenne zwei Moosleitners, hab ich immer gesagt: der eine, eine bescheidene und liebenswürdige Person namens Gerhard M.; der andere, ein genialer Blattmacher namens Peter M. Doch der geniale Blattmacher war bescheiden und der bescheidene G.M. genial.

Beinahe eigenhändig stampfte er aus dem Boden die damals kaum erforschte Sparte „populäre Wissenschaft“. Vor ihm gab es entweder technische Abhandlungen, Nerdblätter oder Blabla. Innerhalb kurzer Zeit verkaufte sich sein „P.M.“ ca. 500.000 mal monatlich.

Das Geheimnis seines Erfolgs? Ganz einfach: seine unersättliche Neugier. Und sie war sehr ansteckend. Staub unter dem Sofa? P.M. zeigte, was für Dinge und Viecher in einem „dustbunny“ hausten. Man verspürt Ekel. Moosleitner wollte wissen, warum. „Das Schöne am Ekel“, hieß die Story mit Happy End. Moosleitners fleißige Autoren, ebenso neugierig wie er, berichteten über Raumschiffe, Raketen, Motoren, Demokratie oder „Wozu braucht man Philosophen?“, sogar über die Folgen eines Lebens in der räumlichen Einsamkeit. Nochmals: Moosleitners Neugier steckte an.

Als ich ihn 1978 kennenlernte, beteuerte er nach kurzer Zeit, dass ich der „geborene P.M.-Autor“ sei. Ich war mir nicht sicher, ob ich mich über diese Beobachtung freuen sollte. Doch er hatte letztendlich recht. Und bald nahm mich Gerhard Peter Moosleitner unter Vertrag. Es war die erste ernste Arbeit meines Lebens. Er selbst verabschiedete sich aus dem Geschäft 1994. Die folgenden Jahre wechselte ich zum P.M.-Ableger „History“.

G.P. Moosleitner war mein Mentor und mein Förderer. Ich, der Quereinsteiger, bekam von ihm ein persönliches On-the-Job-Training. „Der Aufhänger“, sagte er, „muss so spannend sein, dass man weiterlesen will. Auch der Schluss muss spannend sein. Der Leser sollte, wenn er fertig ist, noch mehr erfahren wollen.Und selbstverständlich, lieber Herr Blumenthal“, und hier schmunzelte er, „muss alles dazwischen ebenso spannend sein.“

Die ersten Jahre unserer Zusammenarbeit schonte er mich gewissermaßen. Ich durfte alle Texte auf Englisch schreiben. Es war ihm wichtiger, dass ich mich beim Schreiben frei fühle. Als ich ihm eines Tages die Idee für eine eigene Rubrik über Sprache (Urururahne des Sprachbloggeurs) unterbreitete, gab er mir spontan freie Hand. Und: Ich durfte diese kurzen Texte auf Deutsch schreiben. Zu meinem Entsetzen: Diese ersten Gehversuche wurden massiv mit Rotstiftbemerkungen quittiert. Aber so ist es, wenn man den Ehrgeiz hat, in der fremden Sprache zu schreiben.

Meine Rubrik hieß „Deutsche Sprache…“ Natürlich muss man hier „schwere Sprache“ ergänzen. Ein Mitarbeiter der Zeitschrift motzte: „Ausgerechnet der Ausländer darf über die deutsche Sprache schreiben.“ Ja, es waren andere Zeiten.

Ich geh davon aus, dass viele Leute in nächster Zeit an Gerhard Peter Moosleitner denken werden – vor allem diejenigen, die in den 1980er Jahre in ihrer Jugend ihr PM-Magazin gierig verschlangen.

PM-Magazin brachte die populäre Wissenschaft richtig ins Rollen. Das erkennt man auch heute an den vielen deutschsprachigen Klonen. Darüber hinaus: Ableger in Spanien, Frankreich, Russland, Südamerika, Skandinavien etc. florieren nach wie vor. Ohne Moosleitners zündende Idee wären die Kopien des Originals nie zustande gekommen. Auch das Fernsehen hat ihm viel zu verdanken.

Blattmacher Moosleitner hat stets betont: „Man darf den Leser nie allein lassen.“ Die klare Botschaft eines pflichtbewussten Medienmenschen.

Ja, lieber Gerd Peter Moosleitner, wir werden Sie/Dich dankend in Erinnerung bewahren. Populär und wissenschaftlich sein, bleibt weiterhin kein Widerspruch.

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