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Entschuldigung, Ent-schuld-ig-ung!

Zwei Ministerinnen sind in letzter Zeit wegen Versäumnisse in Bezug auf die Ahrtal-Überschwemmungen zurückgetreten. Die eine drückte ihr Bedauern aus und trat schleunigst zurück. Die andere erlaubte sich einen dramatischen öffentlichen Auftritt samt Ausrede und trat dann nicht zurück. Sie wurde allerdings bald dazu genötigt. Nicht zu vergessen der Bundespräsident, der jüngst in aller Öffentlichkeit Reue über seinen dereinstigen Putinkuschelkurs verkündete.

Lauter Bußfertige. Was mich dazu gebracht hat, folgende Überlegung anzustellen: Was ist eigentlich eine „Entschuldigung“?

Keine einfache Frage gebe ich zu. Und jede Religion setzt sich mit dieser heiklen Sache gründlich auseinander.

Zum Glück bietet uns hier die deutsche Sprache selbst Abhilfe, um diesen Begriff zu entzaubern. Da das Deutsche, wie jeder weiß, nach dem Legoprinzip bausteinartig organisiert ist, kann man ein Wort wie „Entschuldigung“ recht einfach in seine Einzelteile auseinanderpulen: „Ent-schuld-ig-ung“. Wovon der eigentliche Kern des Wortes der Begriff „Schuld“ ist. Das „ent-„ will diese „Schuld“ aufheben und entfernen.

Eine „Schuld“ ist auf Deutsch etwas, was man zurückbezahlen muss. (Notabene: „zurückbezahlen“ ist nicht identisch mit „zurückzahlen).

Achtung: Diese Vokabel „Schuld“ ist mit „sollen“ verwandt. Eigentlich logisch. Denken Sie an „Haben“ und „Soll“. Dahinter steckt die Idee von „verpflichtet sein“. Besser gesagt, „verpflichtet, etwas Gleichwertiges als Sühne zurückzubezahlen“. „Geld“, zum Beispiel, genauer gesagt, etwas „Gültiges“.

Klar:, „Geld“ und „gültig“ sind verwandt! Man leistet ein „Entgelt“ und übt „Vergeltung“ aus. (Nebenbei: „Gold“ hat mit „Geld“ nix zu tun – zumindest sprachlich nix. „Gold“ ist eine Abwandlung von „gelb“).

Wie dem auch sei: Wenn man sich „entschuldigt“, ist notgedrungen ein „Entgelt“ fällig.

Auch dies logisch. Denn eine „Entschuldigung“ sollte ein „Entschulden“ sein. Will heißen: Man befreit sich von einer Verschuldung“. Diese Formulierung habe ich meines sechsbändigen Duden entnommen.

Wenn man „schuldig“ ist, dann nur deshalb, weil man etwas hätte machen bzw. leisten sollen, was eben nicht erfolgt ist. Wer seine Schulden nicht begleicht, leidet bisweilen (außer er ist ein Unhold) an „Schuldgefühle“.
„Schuldgefühl“ bedeutet wörtlich, „das Gefühl, das man etwas zurückzubezahlen hat.

Heute benutzen wir das Wort „Schuldgefühl nur noch als psychologischer Begriff im Sinne von „Gewissensbiss“. Wahrscheinlich aber weilen die „Gewissensbisse“ längst vor den heutigen „Schuldgefühlen“ oder „Schuldbewusstsein“ unter uns.

Warum bin ich heute so fixiert auf dieses Wort „Entschuldigung“? Vielleicht deshalb, weil mir es vorkommt, dass dieses wichtige Konzept einen Bedeutungswandel durchmacht.

Früher musste man sich „ent-schuldigen“, indem man etwas geleistet hat – eine „Sühne“ zum Beispiel“ oder ein „Entgelt“. Das hat, z.B., die NRW Agrarministerin Ursula Heinen-Esser neulich getan, indem sie ihr Amt freiwillig niederlag. Für viele jedoch, z.B. die Familienministerin Spiegel, scheint das Wort „Entschuldigung“ selbst die „Sühne“ zu sein. Mit dem Zauberwort „Entschuldigung“, meinte sie, sie habe sich „ent-schuldigt“ und müsse sonst nix zurückbezahlen, um die „Schuld“ zu beheben.

Stellen Sie sich vor, in was für eine Welt wir leben. Ein einfaches Wort reicht, um alle Unbill zu entwerten.

Und nun wissen Sie alles, was es zu wissen gilt, um jegliche Entschuldigung zu verstehen.

Entschuldigung, Ent-schuld-ig-ung!

Zwei Ministerinnen sind in letzter Zeit wegen Versäumnisse in Bezug auf die Ahrtal-Überschwemmungen zurückgetreten. Die eine drückte ihr Bedauern aus und trat schleunigst zurück. Die andere erlaubte sich einen dramatischen öffentlichen Auftritt samt Ausrede und trat dann nicht zurück. Sie wurde allerdings bald dazu genötigt. Nicht zu vergessen der Bundespräsident, der jüngst in aller Öffentlichkeit Reue über seinen dereinstigen Putinkuschelkurs verkündete.

Lauter Bußfertige. Was mich dazu gebracht hat, folgende Überlegung anzustellen: Was ist eigentlich eine „Entschuldigung“?

Keine einfache Frage gebe ich zu. Und jede Religion setzt sich mit dieser heiklen Sache gründlich auseinander.

Zum Glück bietet uns hier die deutsche Sprache selbst Abhilfe, um diesen Begriff zu entzaubern. Da das Deutsche, wie jeder weiß, nach dem Legoprinzip bausteinartig organisiert ist, kann man ein Wort wie „Entschuldigung“ recht einfach in seine Einzelteile auseinanderpulen: „Ent-schuld-ig-ung“. Wovon der eigentliche Kern des Wortes der Begriff „Schuld“ ist. Das „ent-„ will diese „Schuld“ aufheben und entfernen.

Eine „Schuld“ ist auf Deutsch etwas, was man zurückbezahlen muss. (Notabene: „zurückbezahlen“ ist nicht identisch mit „zurückzahlen).

Achtung: Diese Vokabel „Schuld“ ist mit „sollen“ verwandt. Eigentlich logisch. Denken Sie an „Haben“ und „Soll“. Dahinter steckt die Idee von „verpflichtet sein“. Besser gesagt, „verpflichtet, etwas Gleichwertiges als Sühne zurückzubezahlen“. „Geld“, zum Beispiel, genauer gesagt, etwas „Gültiges“.

Klar:, „Geld“ und „gültig“ sind verwandt! Man leistet ein „Entgelt“ und übt „Vergeltung“ aus. (Nebenbei: „Gold“ hat mit „Geld“ nix zu tun – zumindest sprachlich nix. „Gold“ ist eine Abwandlung von „gelb“).

Wie dem auch sei: Wenn man sich „entschuldigt“, ist notgedrungen ein „Entgelt“ fällig.

Auch dies logisch. Denn eine „Entschuldigung“ sollte ein „Entschulden“ sein. Will heißen: Man befreit sich von einer Verschuldung“. Diese Formulierung habe ich meines sechsbändigen Duden entnommen.

Wenn man „schuldig“ ist, dann nur deshalb, weil man etwas hätte machen bzw. leisten sollen, was eben nicht erfolgt ist. Wer seine Schulden nicht begleicht, leidet bisweilen (außer er ist ein Unhold) an „Schuldgefühle“.
„Schuldgefühl“ bedeutet wörtlich, „das Gefühl, das man etwas zurückzubezahlen hat.

Heute benutzen wir das Wort „Schuldgefühl nur noch als psychologischer Begriff im Sinne von „Gewissensbiss“. Wahrscheinlich aber weilen die „Gewissensbisse“ längst vor den heutigen „Schuldgefühlen“ oder „Schuldbewusstsein“ unter uns.

Warum bin ich heute so fixiert auf dieses Wort „Entschuldigung“? Vielleicht deshalb, weil mir es vorkommt, dass dieses wichtige Konzept einen Bedeutungswandel durchmacht.

Früher musste man sich „ent-schuldigen“, indem man etwas geleistet hat – eine „Sühne“ zum Beispiel“ oder ein „Entgelt“. Das hat, z.B., die NRW Agrarministerin Ursula Heinen-Esser neulich getan, indem sie ihr Amt freiwillig niederlag. Für viele jedoch, z.B. die Familienministerin Spiegel, scheint das Wort „Entschuldigung“ selbst die „Sühne“ zu sein. Mit dem Zauberwort „Entschuldigung“, meinte sie, sie habe sich „ent-schuldigt“ und müsse sonst nix zurückbezahlen, um die „Schuld“ zu beheben.

Stellen Sie sich vor, in was für eine Welt wir leben. Ein einfaches Wort reicht, um alle Unbill zu entwerten.

Und nun wissen Sie alles, was es zu wissen gilt, um jegliche Entschuldigung zu verstehen.

Endlich Weltuntergang! Mulmigsein und Apokalypse

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie das Wort „Mulm“ kennen, bzw., schon mal gehört haben. Schließlich sind Sie Deutsche. Dennoch eine Frage: Heißt es „der“, „die“ oder „das“ Mulm. Diese Frage zu beantworten, erfordert das sprachliche Urvertrauen des Muttersprachlers.

Falls Sie auf „der“ tippen, haben Sie natürlich recht. Es heißt „der Mulm“. Dahinter steckt eine gewisse Sprachlogik des Deutschen. Es gibt nämlich eine Reihe einsilbiger dt. Vokabeln, die maskulin sind. Z.B.: „Halm“, „Helm“, „Strunk“, „Stroh“, „Klump“, „Brand“, „Kropf“ usw. usw. usw. „Mulm“ ist eine von dieser Kategorie. Wenn allerdings ein kurzes Wort zweisilbig ist, und die zweite Silbe auf „E“ auslautet, kann man dann davon ausgehen, dass es ein Femininum ist. Dies gilt freilich für „Hase“ nicht.

Und nun eine zweite Frage: Was bedeutet „Mulm“? Hier bin ich nicht so sicher, dass Sie die Antwort parat haben. Aber was weiß ich?

Dem Duden zufolge ist „Mulm“ ein „pulveriger Humusboden“ oder ein „verfaultes, getrocknetes und zu Pulver zerfallenes Holz“. Klingt auch so.
Es gibt sogar ein Verb „mulmen“ im Sinne von „zu Mulm machen“ oder „in Mulm zerfallen“.

Die Mulm-Familie ist übrigens mit „mahlen“ verwandt. Gleiches gilt für die „Malm“-Familie. (Selbstverständlich heißt es der „Malm“). „Malm“ begegnet man allerdings viel seltener als „Mulm“. Denn Ersteres wird äußerst spezialisiert verwendet. Der „Malm“ ist nämlich die „obere Abteilung des Juras“. Nebenbei: Das gleiche Wort gibt es auch auf Englisch im Sinne von „kalkreicher Lehm“.

Obwohl ich englischer Muttersprachler bin, habe ich „malm“ nie gehört.
„Malmen“ als Verb leuchtet sofort ein. Das machen die Zähne, wenn sie sich langsam aneinander reiben. Der Zahnarzt verschreibt dann eine Knirschschiene. „Zermalmen“ und „Zermahlen“ sind ähnlich, aber die kennt jeder.

Und somit kommen wir endlich zu „mulmig“. Ganz klar, dass das Wort mit „Mulm“ und „mulmen“ zu tun hat. Wenn ein Humusboden „pulverig oder locker“ (s. Duden) ist, bezeichnet man es als „mulmig“. Auch wenn etwas „faulig oder morsch“ ist, sagt man, dass es „mulmig“ ist.

Meistens aber benutze wir „mulmig“ in einem anderen Sinn. Vielleicht soll es das Gefühl vermitteln, das man hat, wenn man auf morschem Boden tritt. Sprich: unsicher, weil man keinen Halt mehr hat.

Grade dieses mulmige Gefühl macht sich z.B. momentan in Europa breit. Die Preise steigern. Ein grausamer Krieg wütet im Osten. Die Pandemie der letzten Jahre bedrückt noch immer. Wir haben uns mit ihr lediglich arrangiert. Und obendrein wuchert wie in Galopp der Tod.

He! Was habe ich da zusammengereimt!? Krieg, Pestilenz, Teuerung und Tod! Kommen Ihnen diese Vierlinge bekannt vor?

Wer bibelfest ist – und das sind heute die Wenigsten – weiß Bescheid: In Galopp trotten die vier Reiter der Apokalypse heran! Zumindest so sehen sie aus in einem Bild von Dürer.

Brrr. Da wird’s einem bei dem Gedanken richtig mulmig.
Endzeitfreunde freuen sich ob dieses düsteren Gedankens. Endlich Weltuntergang!, jauchzen sie. Höllenfeuer für die Bösen und ein irdisches Paradies für die „Guten“!

Aber halt. „Apokalypse“ wird zwar heute im Sinne von „Katastrophe“ verwendet. Auf Griechisch bedeutet dieses Wort lediglich „Enthüllung“, „Offenbarung“. Und so heißt in dt. Übersetzung das kurze und sehr faszinierende Büchlein im Neuen Testament: „Offenbarungen“. Glauben Sie mir aber: Die hehre metaphorische Sprache dieses Textes darf man aber nicht allzu wörtlich verstehen. So wenig wie man die Schöpfungsgeschichte am Anfang von Genesis im Alten Testaments (Sie wissen schon: das mit den sieben Tagen der Schöpfung) wörtlich nehmen darf. Früher hat man gern in mysteriösen Bildern die „Geheimnisse“ dargestellt.

Fazit: Die Welt geht nicht unter. Trotzdem haben wir momentan guten Grund, uns mulmig zu fühlen.

PS Alles geht vorbei – auch das Mulmigsein.

Die Fahrradwege von Mariupol

Während ich diesen Text schreibe, flattert ein frischer Wind über die Stadt Mariupol. Er kommt aus dem Südwesten mit 29 Sachen an. Die Temperatur beträgt 6°C. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 75%. Ach ja: Es ist eine Stunde später in Mariupol als in Deutschland bzw. Zentral- und Westeuropa.

Keine Sorge. Heute schreibe ich nicht über Putins totalen Krieg oder dass Mariupol heute ein Aussehen hat wie Aleppo und Grosny nach der Bearbeitung bzw. „Befreiung“ durch den russischen Diktator. Hier beschwören wir die Erinnerung an eine einst liebliche Stadt an der Küste des Asowschen Meers.

Ein kleiner Infokasten im WehWehWeh (man googelt „Mariupol“) gibt an, dass ein Zimmer in einem Dreisternhotel in dieser Stadt durchschnittlich 42 Euro pro Nacht kostet. Gar kein schlechter Preis. Will heißen: 10 Tage in Mariupol würden ca. 420 Euro kosten. Man denkt sogleich: Wäre schön hier Urlaub zu machen…Spaziergänge am Strand, Flanieren durch die Hauptstraße usw.

Ach ja! Noch etwas habe ich vergessen zu erwähnen: Am 23. Februar 2022 war das große Thema der Stadtratsitzung in Mariupol Pläne fürs neue Fahrradwegnetz in der Stadt.

Leider kann man heute nicht mehr sagen, wann diese Fahrradwege zwecks einer nachhaltigen, grünen Zukunft realisiert werden können. Noch wissen wir unter welcher Herrschaft, dies auch geschehen könnte. Denn Mariupol hat das Pech, ein geografischer Brennpunkt in einem Eroberungskrieg zu sein. Die Stadt befindet sich nämlich im sog. Donesk-Oblast. „Oblast“ bedeutet auf Russisch „Kreis“ oder „Distrikt“. Und „Donesk“ ist, wie jeder mittlerweile weiß, ein Teil des umstrittenen Gebiets der Ukraine, das Russland für sich beansprucht.

Was Sie nicht wissen: In dieser Gegend lebten früher weder Ukrainer noch Russen, sondern sog. „pontische“ Griechen. Ja Griechen, und zwar seit der Antike. Tatsache ist: bis in die Neuzeit und auch noch heute (wenn sie nicht alle mittlerweile durch den totalen Krieg abgemurkst wurden) waren Griechen in Mariupol ansässig – freilich als Minderheit.

In der Antike hieß diese Gegend „Pontos“. Der römische Dichter Ovid, seinerzeit Opfer des Zorns des Augustus Cäsars auf Grund eines skandalösen Gedichts, wurde nach Pontos ins Exil verbannt. Er hielt sich allerdings auf der anderen Seite des Schwarzen Meers auf – in einer Stadt damals „Tomis“ heute „Constanta“ (Rumänien) genannt. Nicht nur griechische Kolonisten waren in Pontos zuhause, sondern ebenfalls Skyther. Später fiel Pontos in die Hände der Kosaken und der Slawen. So ist es mit dem Lauf der Geschichte. Immer die Zugereisten…

Der Name „Mariupol“ ist aber griechischen Ursprungs. „Marioupole“, sagten die Griechen: die Betonung auf dem „ou“. Die neuzeitliche Stadt ist kaum mehr als zweihundert Jahre alt. Aber in dieser kurzen Zeit haben sowohl Kosaken wie auch Deutsche und Russen gewütet und zerstört. Ein Wunder, dass überhaupt Häuser aus früheren Zeiten noch stehen.

Ich frage mich, warum ich all dies jetzt schreibe. Vielleicht deshalb, weil ich mich wie viele in Europa – vor allem in Mittel- und Osteuropa – in einem Schockzustand befinde, wenn ich an Mariupol denke. Wir schauen momentan alle tatenlos zu, während Menschen einer verwandten Kultur (immer leichter mitzufühlen, wenn eine Kultur verwandt ist – ist leider so, hat nix mit Rassismus zu tun) aufgemischt wird. Wir lesen täglich über Kriegsverbrechen und Kriegsverbrecher, und das zermürbt.

Klar. Jeder weiß, dass das erste Opfer eines jeden Krieges die Wahrheit ist. Bewusst lügen gehört zur Werkzeugkiste der militärischen Aggression.

Im Infozeitalter läuft dieser uralte Spielplan allerdings etwas anders ab als früher. In den schlechten alten Zeiten gab es weder Instagram, Telegram, Twitter, Facebook etc. Ebenso fehlten die „Deep Fakes“, die erlauben, dass man die Identität eines Gegners meisterhaft fälschen kann, so dass es beinahe unmöglich ist, Wahrheit von Lüge zu trennen.

Ja, dies ist eine Glosse, die ich im Schockzustand schreibe. Fest steht allenfalls: Dieser Krieg geht irgendwann zu Ende. Falls die Situation noch schlimmer werden soll – Stichwort „Atombomben“ – dann gilt ohnehin die Devise: Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter. Dennoch: Wenn der Krieg vorbei ist, werden auch die Lügen in Schutt und Asche liegen, so dass die ganze Wahrheit endlich sichtbar wird – für alle.

Was mich am meisten sorgt, ist der Gedanke, dass am Tag vor der Zerstörung dieser lieblichen Stadt Mariupol, deren Stadtrat noch immer über den Bau von nachhaltigen Fahrradwegen beriet. Tja, man kann nie in die Zukunft schauen.

Was bedeutet „Putin“?

Ich gehe davon aus, dass auch Sie die Nase voll haben, wenn Sie den Namen „Putin“ hören. Die Zahl der „Putin-Versteher“ – zumindest in Deutschland aber wohl vielerorts – hält sich zusehends in Grenzen.

Aus diesem Grund möchte ich so wenig wie möglich über die Verbrechen dieses Menschen berichten. Es gibt ohnehin bessere Quellen dafür als eine Glosse des Sprachbloggeurs. Wenden uns lieber dem Namen dieses Menschen selbst zu. Wir stellen die Frage: Was bedeutet der Name „Putin“? Ja, wir möchten „Putin“ verstehen – aber wörtlich!

Jeder Name hat eine Bedeutung. Auch meiner: „P.J. Blumenthal“. Auf der Geburtskunde steht allerdings „Paul Joseph Blumenthal“. „Blumenthal“ klingt fürs deutsche Ohr absolut heimatlich. Man versteht den Namen auf Anhieb. Da hat man die „Blumen“ und das „Tal“. Zugegeben: Die Schreibart von „T(h)al“ ist nicht mehr zeitgemäß. Nach der Rechtschreibreform von 1901 ist das „H“ nach „T“ fast vollkommen aus dem sprachlichen Verkehr gezogen worden. Immerhin gibt es in Schleswig-Holstein einen Ort namens „Blumenthal“, ebenfalls einen in Luxemburg. In den Niederlanden war ich mal in „Bloemendahl“.

„Paul“ geht aufs lateinische „Paulus“ zurück und bedeutet „klein“. Der Apostel Paulus hieß ursprünglich „Saul“, wohl nach dem ersten – so der Bibel – König Israels. Vielleicht ist aus „Saulus“ „Paulus“ geworden, weil die zwei Namen irgendwie reimten. Als Teenager büffelte ich Latein und nannte mich „Paulus Maximus“, d.h. „der größte Kleine“. So denken junge Leute. „Joseph“ ist ein hebräischer Name – auch biblisch – und bedeutet der „Hinzufügende“. Was „hinzugefügt“ wird, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht hatte der Name einst mit der Zeugungskraft des Mannes zu tun.

Aber zurück zu Putin. Mir ist neulich aufgefallen, dass dieser Name Ähnlichkeiten mit dem Namen einer anderen Gruselfigur aus der russischen Geschichte aufweist: Rasputin.

Dieser Rasputin, ein Vertrauter des letzten Zaren, Nikolai II, galt als Mystiker, Lebemann und Asket. Kein Wunder, dass er auch viele Feinde zuzog und letztendlich umgebracht wurde. Die Geschichte dessen Attentat ist sehr spannend und grausam. Können Sie nachschlagen. Nebenbei: Der Großvater von „unserem“ Putin arbeitete als Koch für Rasputin. Putin kochte also für Rasputin. Es reimt sich – wenn auch ein bisschen lahm.

Ich habe beim Vorsitzenden Google nach der Bedeutung des Namen „Rasputin“ recherchiert und Folgendes entdeckt: Ein gewisser Joachim Demling hat jüngst auf einer WehWehWeh-Seite, „vorname.com“, einen kurzen, hilfreichen Aufsatz über die Etymologie des Namen „Rasputin“ verfasst. Demling zufolge hat die russische Vorsilbe „ras-„ den Sinn vom dt. „zer-“. „Putin“ hingegen könnte möglicherweise mit dem russischen Wort „put“, d.h. „Weg“, „Pfad“ in Zusammenhang gebracht werden. Nebenbei: „put“ und „Pfad“ sind mit Sicherheit sprachgeschichtliche Kusins.

Wie dem auch sei, scheint „Rasputin“ etwas wie „zerrissener Weg“ zu bedeuten – was auch immer das für einen Sinn ergibt. Herr Demling tippt deshalb auf „liederlich“. Mag stimmen und wäre auch passend zu Rasputin.

Und Putin? Klar, dass er sich für den „Weg“ hält – so wie, wenn Jesus verkündet, er sei der „Weg“. Womöglich hat der russische Diktator ohnehin eigene Jesus-Fantasien. Neulich hat er in einer Rede Jesus aus dem Johannes-Evangelium (15, 13) zitiert: "Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt". Rührend aus dem Mund von Putin.

Manche vermuten, dass der Name „Putin“ mit dem altslawischen „uputin“ bzw. “putin“ verwandt ist. Diese Vokabel bedeutet „Ratgeber“ oder „Wegweiser“.
Das würde dem russischen Alleinherrscher sicherlich gefallen.

Es gibt aber viele andere Theorien zum Namen „Putin“. Dem Vorsitzenden Google zu Dank bin ich auf eine obskure dafür aber wunderbare Webseite gestoßen: www.onamastikblog.de. Diese wird von einer mir unbekannten „Deutsche Gesellschaft für Namensforschung e.V.“ betrieben.

Dort findet man ausführliche Studien – mit Fußnoten – über den Sinn des Namens Putin. Zum Beispiel, dass der Name mit einem Verb verwandt ist, das „Fesseln anlegen“ oder „stören“, „binden“ bedeutet. Oder dass er mit einem Ortsnamen „Pinten“ zusammenhängen könnte.

Der Beitrag bei onamastik.de ist, wie gesagt, sehr umfangreich. Schauen sie selber rein.

Nebenbei: „Selenski“ ist viel einfacher zu deuten. Der Name bedeutet schlicht und einfach „grün“. Alle reden von einer „grünen Zukunft“. Und siehe da: Plötzlich steht Herr Grün auf der Weltbühne.

Dialog in der Hölle: der Neue

(Ein Raum ohne Fenster. Die Tür ist zu. Tiefe Decke. Dämmerbeleuchtung. Lauter ramponierte Sitzgelegenheiten. Keine Bilder an der Wand. Alle sitzen. Die Tür geht auf dann wieder zu.)

Mao: Na Schau wer da kommt! Der Wowka! Komm, tut nicht so auf Schüchtern, Knabe.! Du bist endlich – wie sagst Du es, Wolfi? – Heim im Reich!

Hitler: So ähnlich, mein lieber. Mit Deinem fremden Akzent klingt es wie „Heim in Leich‘“. (Er schmunzelt). Hand aufs Herz: Ist er a Jud? Zur Hölle mit ihm, wenn er einer ist!

Mao: Nein, der ist ein Russ. Sag bloß nicht, Du hast was gegen die auch. Mensch hab ich einen Durst. Wieso ist der Service hier so schlecht?
(Er steht auf, geht zur Tür und drückt mehrmals auf einer Klingel).

Hitler: Na ja, den Russ mochten wir aa nicht. So wollte es aber die Vorsehung.

Mao: Weißt Du, wie man „Vorsehung“ auf Chinesisch sagt?

Hitler: „Frühlingsrolle“ oder? (Er schmunzelt).

Mao: Ach, dieser scheiß deutsche Humor. „Tianyi“ sagen wir. Hübsch, oder? Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Du an „tianyi“ anstatt „Vorsehung“ geglaubt hättest. Gilt für Dich auch Wowkasche. Komm Kleiner, setz Dich hin. Wir warten eine gefühlte Ewigkeit auf Dich. Verdammt! Wo ist der verfluchte Service! Ich habe einen Mordsdurst!!

Putin: Entschuldigung, wo bin ich?

Stalin: Ha! Das sagen all diese Streber, wenn sie keines natürlichen Todes im eigenen Bett sterben. Gilt auch für Dich, Wolfi. Ja, hab ich auch Durst.

Hitler: Wie bitte?! Natürlich bin ich im eigenen Bett gestorben!

Mao: Im Bunker. Und Selbstmord zählt nicht. Obendrein ist das eine Sünde, sich das Leben zu nehmen. Weißt Du das nicht?

Stalin: Lass ihn in Ruhe. Du gehst mir auf den Keks mit Deiner Klugscheißerei.

Hitler: Du meinst, er geht Dir auf den „Glückskeks“. (Er schmunzelt)

Stalin: Ja ja. Dieser deutsche Humor muss man ernst nehmen. Haha. Und Du, lieber Vorsitzender a.D. mit Deiner Politik asiatischer Schlauheit aus Schmeichelei, Betrug, Treulosigkeit und grausamer Rache, bist auch nicht viel weiter gekommen.

Mao: Das sagt der Höhlenmenschmarxist. Noch immer bin ich überzeugt, dass Du „Kapital“ nie gelesen hast. Wo ist der verteufelte Service!

Stalin: Wer hat hier Marx nie gelesen! Unverschämt! (er schreit).

Mao: Ruhe, Josja. Nicht gleich ins Hemd machen.

Hitler: Du warst immer gut mit Bildern. Das bewundere ich.

Mao: Danke Wolfi.

Putin: Entschuldigung. Wo bin ich? Wer seid Ihr?

Stalin: Hab ich nicht gesagt? So reden alle, wenn sie nicht im Bett sterben. Soll ich’s ihm sagen?

Hitler: Bitte.

Stalin: Towaritsch Wowka, Du bist heim ins Reich gekommen!

Hitler: Heim und Leich! (Er lacht).

Putin: Bin ich nicht in meinem Bunker?

(Alle lachen herzhaft).

Hitler: Süß ist er.

Stalin: Nein, Kleiner. Übrigens, Ihr Nasenbohrer, ICH bin in meinem Bett tatsächlich gestorben.

Mao: Ich auch!

Putin: Heiliger Basilius! Bin ich dann im Himmel?

Stalin: Ja Wowka, Du bist im…Himmel. (Er kichert)

Putin: Hab ich die sondermilitärische Operation also doch gewonnen! Sagt. Gibt es hier Pferde und Internet? Ich mag Pferde. Ich möchte mein Hemd gleich ausziehen.

Hitler: O ja, bitte. Ich find ihn wirklich niedlich.

Mao: Ich verdurste!! Wo ist hier der Service!!

Stalin: Einen Schnaps könnte ich Dir anbieten. Du auch Wowka?

Putin: Danke, ich trinke aber nicht.

Mao: Mach keine dämmliche Witze. Warst immer Sadist. Glaub ihm kein Wort, Kleiner. Ich habe Durst!! Service!!!

Hitler: Er ist wirklich süß. Komm Bubi, setz Dich zu mir.

Krieg gegen „Krieg“

Wie heißt es so schön? „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.“ Das hat 1914 ein US-Senator namens Hiram Johnson gewitzelt. Ob er wirklich der erste war, der diese Sentenz so schön formuliert hat, vermag ich nicht zu sagen. Denn die Praxis ist uralt. Hab ich nicht vor ein paar Wochen über das „falsche-Flagge-Phänomen“ geschrieben? Das geht auf einen ähnlichen Impuls hervor.

Was den momentan wütenden Krieg in der Ukraine noch wirrer macht, ist die Tatsache, dass diese kriegerische Aggression nicht einmal als Krieg bezeichnet werden darf. Zumindest nicht in Russland (neuerdings auch – intern – bei der UNO). Das haben Sie sicherlich in der Zeitung oder in anderen Medien erfahren. In Russland heißt es: Die russischen Streitkräfte befreien die ukrainischen Brüder und Schwestern, von Nazis und Mafiosi usw.

In der Duma, dem russischen Parlament, wurden sogar jüngst eigens ein Gesetz verabschiedet, das mit bis zu 15 Jahren Gefängnis geahndet wird, wenn einer die Grausamkeiten in der Ukraine als Krieg bezeichnet.

Kein Krieg, sondern eine „Sondermilitäroperation“ wird geleistet. Ja natürlich ist das zynisch, aber es funktioniert prima. Zwischen 70 bis 90% der russischen Bevölkerung sind überzeugt, dass es so ist. Eine Mehrheit der Chinesen übrigens auch.

In der New York Times war neulich ein Artikel zu lesen, der diesen Surrealismus untermauert. Ein junger Mann in Kiew hat, nachdem der Krieg begonnen hatte, seine Familie in Russland angerufen. Der junge Mann war überrascht, dass seine Familie ihn bisher nicht kontaktiert hatte, um nach seinem Befinden zu fragen. Die Familie wusste nichts von Krieg, Bomben etc. Sein Vater warnte nur vor den Nazis und Mafiosi usw., die Lügengeschichten über Russland verbreiteten. Jeglicher Versuch seitens des Sohns, die Lage zu erklären, wurde mit Befremden entgegengenommen. Fake News beteuerte der Papa.

Nebenbei: „Fake News“ ist zu einer wichtigen Vokabel der globalen Sprache geworden. Das ist allein der Verdienst des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der bis heute behauptet, es sei „Fake News“, dass er die Wahl gegen Joe Biden 2020 verloren hat.

Ach, und noch etwas: Gestern hat die chinesische Volksversammlung ein Gesetz gegen Fake News verabschiedet.

Was will ich damit sagen? Ganz einfach: Ein Krieg gegen „Krieg“ ist ausgebrochen.

Von daher möchte ich in meiner Funktion als Sprachbloggeur, den „Krieg“ als Begriff wiederbeleben. Es folgt also ein kurzer Streifzug durch einige europäischen Sprachen, um die Etymologie des Wortes „Krieg“ im Sinne von „Krieg“ zu rehabilitieren:

Auf Russisch heißt das Phänomen, das es momentan laut der russischen Regierung nicht gibt, „wojne“. Wir schreiben das Wort hier in lateinischen und nicht in kyrillischen Buchstaben. Der gleiche Begriff heißt übrigens auf Ukrainisch „wijne“ und wird auch mit kyrillischen Buchstaben geschrieben. Auf Weißrussisch sagt man „wejne“. Es sind halt verwandte Sprachen.

In den uralten slawischen Sprachen bedeutete „woj“ „Soldat. „Wojne“ ist dann eigentlich, „was mit Soldaten zu tun hat“. Zum Beispiel Krieg! Der hat immer mit Soldaten zu tun – und momentan sind ca. 200.000 russische Soldaten beim Sondermilitäroperieren in der Ukraine.

Schön ist es, wenn eine Sprache für Klarheit sorgt!

Hier nun noch ein paar Wörter aus anderen europäischen Sprachen, die „Krieg“ bedeuten:

Wir fangen mit dem deutschen Wort „Krieg“ an. Eigentlich hatte es ursprünglich mit „Hartnäckigkeit“ zu tun. Auch der jetzige Krieg in der Ukraine ist das Resultat der Hartnäckigkeit eines Menschen. Oder?

Doch weiter. Das englische „war“, das französische „guerre“ – im Spanischen und Italienischen klingt es ähnlich – und ebenso das deutsche „wehren“, hatten ursprünglich den Sinn von „Schwierigkeiten“. Und stellen Sie sich vor: „Wehren“, „war“, „guerre“ etc. sind mit „verwirren“ verwandt. Passt.

Diese Liste lässt sich freilich viel weiter entfalten. Heute aber schreibe ich lieber keine Doktorarbeit. Das schönste Wort für Krieg, das ich kenne, ist allerdings das lateinische „bellum“. Im alten Latein hieß das Wort „duellum“. Dahinter steckt das Zahlwort „duo“. Klare Sache.

Heute jedenfalls gibt es sowohl Kriege wie auch Duelle…dazu auch viel Fake News.

„Madman-Theorie“ oder Madman?

Kann man mit einem Fanatiker, bzw., mit einem Geisteskranken diskutieren? Natürlich nicht. Das weiß jeder.

ich kannte mal vor vielen Jahren einen Gleichaltrigen. Er spielte Gitarre, konsumierte diverse Modedrogen, erhoffte sich Intimitäten mit willfährigen Mädchen – wie jedes junges männliches Wesen jener Zeit.

Dann fand er Jesus. Genauer gesagt: Er trat einer Sekte bei. Auf einmal war er in der Lage, die Welt in „gut“ und „böse“ einzuteilen. Klares Weltbild also.

Eines Tages saßen wir zusammen. Er spielte – wie so oft – auf der Gitarre, und ich hörte zu. Vielleicht hatte er Talent als Musiker, vielleicht nicht. Ich kann mich nicht mehr erinnern.

Auf einmal fing er an mit mir über seinen neuen Glauben zu reden. Was heißt reden. Er wollte mich bekehren.

Menschen, die fanatisch sind, gehen davon aus, dass sie recht haben. Auch wenn sie im Unrecht sind. Schopenhauer hat ein ganzes Buch zu diesem Thema geschrieben. Es heißt „Die Kunst, Recht zu behalten“. Schopenhauer rühmte, dass seine „Kunst“ ebenso wirksam ist, wenn einer im Unrecht ist. Es geht nur darum, den Streit bzw. die Diskussion zu gewinnen.

Und so war es an dem Tag mit unserer Diskussion.

Er redete auf mich plötzlich ein, und schließlich antwortete ich: „Ja, schön für dich, aber Jesus suche ich momentan nicht.“

„Dann bist Du des Teufels.“ Seine Antwort.

„Wieso?“ Vielleicht bist du derjenige, der im Unrecht ist, wenn du meinst, ich soll deinen Weg zu meinem machen. Vielleicht irrst du dich.“

„Wenn du meinst, dass ich mich irre, dann ist es klar, dass der Teufel in dir eingefahren ist und dass er dir Argumente in den Mund legt.“

„Nein“, antwortete ich. „Ich versuche dich zu nichts zu bewegen. Du willst, dass ich etwas akzeptiere, was ich nicht kann oder will.“

„Der Teufel spricht aus deinem Mund. Merkst du das nicht? Du bist schon verloren, und du willst mich ebenso an den Teufel ausliefern…“

Ich möchte mein Gedächtnis wegen dieses Gesprächs nicht weiter strapazieren. Aber so ging es weiter, bis ich es allmählich mit der Angst bekam. Denn ich war überzeugt, dass dieser Mensch nicht mehr ganz normal war. Dann ging ich weg.

An dem Tag schwor ich, dass ich nie wieder mit einem Fanatiker diskutieren würde. Und dieser Schwur habe ich in der Tat eingehalten.

Ja, Sie ahnen, worauf ich hinaus will. Putin redet ebenso wie der erwähnte Gitarrenspieler. Oder? Putin greift an und behauptet: „Ihr greift mich an.“

Dagegen argumentieren? Im Ernst?

Das ist die eine Möglichkeit, Putins Benehmen zu erklären. Nämlich: dass er vollkommen übergeschnappt ist. Es gebe sogar einige Indizien dafür.

Oder geschieht hier etwas völlig anders? Damit meine ich: Mal von der „Madman-Theorie – zu Deutsch „Theorie vom Verrückten“ – gehört?
Diese beschreibt eine Taktik, die Richard Nixon 1969 verwendete, um den Vietnamkrieg rasch zu beenden. Damals spielte er bewusst den Verrückten, den Politiker, der zu allem entschlossen wäre. Er stellte sich als unzurechnungsfähig, als irrational an mit dem Zweck, Angst und Bange zu verbreiten. Jeder sollte denken, er wäre zu allem fähig – inklusiv den Griff zu den Atomwaffen. Auf diese Weise wollte er Nordvietnam zur Kapitulation erzwingen. Um dieses Vorhaben Nachdruck zu verleihen, attackierte er Kambodscha: mit verheerenden Ergebnissen.

Abgesehen von der schrecklichen Zerstörung Kambodschas, war alles sonst nur Bluff. Letztendlich aber ist die Rechnung nicht aufgegangen.

Nun die Frage: Spielt Putin die „Theorie vom Verrückten“ oder ist er wirklich verrückt geworden?

Wir werden mit Sicherheit nicht lang auf eine Antwort warten müssen…

Sprechen Sie Donbass?

Auf einmal war das kleine Zeichen nicht mehr wichtig. Ich meine das Gender-Sternchen. Kaum hat Mister Putin seine Panzer und seine Soldaten – sprich „Friedenstruppen“ – gen Dombass (kurz für „Donetzbecken“ bzw. „donetzki bassejn“) abkommandiert, zerbricht keiner mehr den Kopf wegen Begriffe wie Soldat*Innen und Panzer*Innen. Die Sprache passt sich immer an.

Schwer zu sagen, wohin nun die Reise. Ich hoffe jedenfalls, Sie haben Ihren Sicherheitsgurt angeschnallt. Genügend Pullover? Eine kuschlige Daunenjacke? Denn bald werden wir uns warm anziehen müssen.

Zum Glück bin ich weder Prophet noch Polemiker, lediglich Sprachennarr.
Sagt Ihnen der 1. September 1939 etwas? An dem Tag sagte Hitler nachdem deutsche „Friedenstruppen“ in Polen marschiert waren: „Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen!“ Dieser Trick hat Tradition. Man inszeniert einen Angriff der Gegner, um einen Casus Belli zu ergründen.

Im jetzigen Fall wurden russische Propagandavideos gedreht, die einen Angriff des Feindes gegen Dombasspatrioten – mit blutigen Toten – dokumentieren. O-Ton Putin: „Die sogenannte zivilisierte Welt zieht es vor, den von Kiew begangenen Genozid im Donbass zu ignorieren.“

Notabene: „Genozid“ hat er gesagt. Und die Hintermänner dieser Mörderbande bezeichnet er als eine „Marionettenregierung“. Harter Tobak.

Okay. Zugegeben. Die Ukraine ist nicht gerade eine Musterregierung – obwohl Russland gilt als noch eine Stufe korrupter. Und nicht ganz daneben ist Putin, wenn er sich beklagt, dass er (oder meint er Russland) despektierlich vom Westen behandelt wird. Auch nicht falsch ist die Behauptung seinerseits, dass der historische Bezug zwischen Russland und der Ukraine groß ist.

Darüber hinaus reden sie zwei Sprachen, die sehr verwandt sind – so wie Niederländisch und Deutsch. Der ukrainische Präsident heißt mit Vornamen Volodymyr; Putin heißt Vladimir. Das erinnert an „Hendrik“ und „Heinrich“.
Es sind aber in der Tat zwei Sprachen, die auch Unterschiede aufweisen. „Luhansk“ heißt die umstrittene Stadt und Region im Osten der Ukraine, wo Putins „Friedenstruppen“ nun stationiert sind. Dieser Name ist aber eindeutig ukrainisch. Auf Russisch hieße es „Lugansk“. Das ukrainische „H“ wird auf Russisch zu einem „G“. Deshalb sagen Russen „Gamburg“ statt „Hamburg“. Ebenfalls wird das russische „O“ zu einem „I“ auf Ukrainisch. „Lwiw“ sagen die Ukrainer, „Lwow“ die Russen.

Ja, okay. Manchmal ist die Sache mit Grenzen und Sprachen konfus. Denken Sie an die dänische Minderheit im Südschleswig oder die ungarischen Gebiete in Rumänien, Slowakien…sogar in der Ukraine. Oder die Deutschen in Ostpreußen.

Wie dem auch sei: Taktiker Putin inszeniert momentan eine klassische „false flag operation“. „Einsatz unter falscher Flagge“ heißt das auf Deutsch. Die Taktik hat eine lange Tradition – bis zum 16. Jh wenn nicht länger. Damals hisste man „falsche Fahnen“ auf Schiffen, um aus dem Hinterhalt anzugreifen. Die CIA taufte diesen Trick in den 1950er Jahren in „plausible deviability“ um. Zu Deutsch: „glaubhafte Abstreitbarkeit“. Meisterhafte Doppeltgemoppeltkeit!

Sie wissen wahrscheinlich, dass Putin als Kind als Straßenjunge durch die Straßen Leningrad streifte und raufte für sein Leben gern. Ein bisschen kleiner gewachsen war er damals, aber er zeigte Nerven und lernte eifrig Judo.

Sein Judoka-Trainer, Anatolij Rachlin, eine Art Ersatzvater, schrieb über seinen talentierten Schüler, dass er einen Fehler hatte: „Er wollte unbedingt gewinnen und hat seine Kräfte nicht eingeschätzt. Im Sport ist das eine Schwäche.“ Über sich selbst sagt Putin, er habe einen niedrigen Instinkt für Gefahren. Dies betrachte er als ein „sehr ernster Mangel“.

(Obige Zitate stammen übrigens aus einer neu erschienenen politischen Biographie über Putin, geschrieben von Thomas Fasbender. Ich habe Auszüge dieser spannenden Lektüre in der Schweizer „Weltwoche“ gelesen).

Insofern weiß man noch nicht, inwieweit Putin bereit ist, die Weltordnung nachhaltig aufzumischen. Schließlich wählen die Russen 2024, und Putin möchte wiedergewählt werden. Wir werden es aber bald wissen.

By the way: Wenn ich Xi wäre, würde ich denken: Hmm, keine schlechte Zeit, Taiwan zu kassieren. Ja, so spricht man Dombass.

Rote Linien und müssen müssen

Fangen wir mit Aktuellem an: Vor ein paar Tagen wurde Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident wieder bestätigt! Ich gratuliere!

Falls Sie seiner Dankesrede nicht gelauscht haben, möchte ich Ihnen folgenden wichtigen Satz ins Gedächtnis rufen:

„Diese rote Linie müssen wir halten.“

Es folgte Applaus.

Was war hier wichtig? Es ging in diesem Satz des neuen alten Bundespräsidenten um Pandemie-Hooligans. Der Buprä wollte darauf hinweisen, dass Protest gegen etwas in Ordnung sei. Wie man aber protestiere, sei eine andere Sache. Noch präziser: Es gebe Regeln, genauer gesagt Grenzen fürs anständige Protestieren usw.

Das mag alles stimmen. Mich hat aber dieser kurze Satz – er zählt lediglich sechs Wörter – aus sprachlichen Gründen interessiert, und zwar aus zwei Gründen:

Erstens wegen der Floskel „rote Linie“. Dieser Begriff wurde erst seit zehn Jahren in die deutsche Sprache eingebürgert. Davor gab es lediglich rote Linsen.

Anlass für die schnelle Aufnahme: Der damalige US-Präsident Barack Obama hatte 2012 an die Adresse Syriens eine Drohung gerichtet: Falls die Regierungstruppen des Diktators Assad die Zivilbevölkerung einmal wieder mit Giftgas angreifen sollten, haben die Assadisten, , so Obama, eine „red line“ überschritten. Mit anderen Worten: Die USA würde mit „Maßnahmen“ antworten. Leider folgten damals seitens Amerika diese Worte keinen Taten. Dennoch hat das Idiom Eindruck gemacht und ging in diverse Sprachen über – inklusive ins Deutsch.

Nebenbei: Dem Vorsitzenden Google zufolge, wurde die erste rote Linie 1928 aus dem Boden gestampft. Damals gierten sowohl die USA, wie auch das UK und Frankreich nach profitablen Ölrechten im ehemaligen osmanischen Kaiserreich. Man machte sich Gedanken, wie man die Landkarte gerecht aufteilen könnte. Zu diesem Zweck konsultierten sie einen gewissen Calouste Gulbenkian, einen Geschäftsmann, der einen roten Stift in die Hand nahm und in einem Handumdrehen eine „rote Linie“ um das begehrte Gebiet zog. Erst später bekam diese Redewendung ihre neue Bedeutung.

Früher übrigens sagte man „eine Linie im Sand ziehen“. Dies hat, so die Historiker, der hellenistische König Antiochus IV bereits 164 v.Chr. gesagt. Weshalb habe ich vergessen.

Heute findet man überall die roten Linien. Auch Vladimir Putin hat neulich bezüglich der Ukraine mit einer „rote Linie“ gedroht, die man nicht überschreiten dürfe.

Die Franzosen bleiben allerding bei einer „gelben Linie“. Wieso, weiß ich nicht.

Aber genug. Ich wollte nämlich auch einen zweiten Punkt im oben zitierten Satz des Bundespräsidenten ansprechen: Er hat ebenfalls gesagt „wir müssen…“.

Wissen Sie, was es bedeutet, wenn man – nicht nur der Bundespräsident – einen Satz mit „wir müssen“ bildet? Es bedeutet, dass wir eben das nicht tun. was wir müssen!

Denken Sie an die Zehn Gebote in der Bibel. Wenn man diese zehn Gebote liest, erfährt man, wie die Wirklichkeit der damaligen Gesellschaft aussah. Will heißen: Alles, was verboten wird, wird nur deshalb verboten, weil es praktiziert wird!

Falls Sie nicht bibelfest sind, darf ich Sie auf Levitikus 18 aufmerksam machen. Dort werden Sie alles erfahren, was Sie über das Sexleben der alten Hebräer (und auch das der anderem antiken Völker im Nahen Osten) erfahren wollten. Die Liste ist so lang wie Sex in der City.

Fassen wir kurz zusammen: Jedes „wir müssen“ weist konkret auf sein Gegenteil, zeigt also die Wirklichkeit, wie sie leibt und lebt. Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal müssen. Das „müssen“ ist die einzige „rote Linie“, die es wirklich gibt.

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