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Hadeyok murok

"Übelst fett“ kommentierte "King“ am 16. Oktober meinen Beitrag zu den "Atzen“. Damit fühlte ich mich natürlich sehr geschmeichelt. Und ich nehme die Gelegenheit wahr, mich für das Kompliment zu bedanken. Weiter hieß es "echt fette probs an dich!“ Ich kann nur mit Shakespeare reden, "My cup runneth over“.: "Mein Becher läuft über.“

"King“ schließt seine freundliche Nachricht an mich mit der Bemerkung "hadeyok murok“.

Ich ahnte zwar, dass diese Wörter Türkisch waren, den Sinn aber habe ich nicht verstanden.

"'Murok’“, klärte mich mein Sohn auf, "Ja, das bedeutet 'Dude’ oder 'Kumpel’.

Genauer gesagt "Alter Mann“ – so jedenfalls nach meinem bescheidenen Türkisch-Deutschen Wörterbuch. Mir war jetzt – fast – alles klar. "Murok“ wird gebraucht wie im Deutschen "hej Alter“. Es ist lediglich eins dieser Wörter, die man in vielen Sprachen findet, um den anderen (Mann) intim und zugleich burschikos anzusprechen. Soweit so gut, aber "hadeyok“?

Bevor ich dazu übergehe, ein ganz anderer Gedanke. Mir fiel auf, dass es trotz einer erheblichen türkischen Bevölkerungsminderheit in Deutschland kaum türkische Wörter gibt – mit Ausnahme von "Döner“ – , die in den deutschen Wortschatz eingegangen sind. "Pascha“ und "Turban“ (eigentlich aus dem Persischen) wurden vor einigen Jahrhunderten im Lauf der Auseinandersetzungen zwischen Osmanen und Europa aufgenommen. Ist "murok“ ein Beispiel eines neuen kulturellen Austausches?

"Ist Türkisch die neue Jugendsprache?“ fragte jemand neulich in einer WDR-Sendung. Diese Vorstellung mag noch etwas übertrieben sein. Aber immerhin: Türkische Jugendliche werden zunehmend sichtbarer, und schließlich hat mein Sohn das Wort "murok“ gekannt.

Minderheitssprachen haben ihre Spuren im Deutschen häufig hinterlassen. Das Rotwelsch des 19. Jahrhunderts wimmelt nur so von Sinti/Roma und jiddischen Vokabeln. Manches gelangte sogar in die Hoch- bzw. Umgangssprache, etwa "Zaster“ (in der Romasprache "Eisen“). Die Zahl der jiddischen Wörter ist besondese beachtlich – "pleite“, "mausetot“, "schmusen“ und und und. Und nicht zu vergessen: Die Städtenamen "Leipzig“ und "Berlin“ sind letztendlich rein slawischen Ursprungs.

Warum soll nicht auch das Türkische seinen Beitrag leisten? Bin gespannt auf die neuen Vokabeln der nahen Zukunft.
Aber nun zurück zum "hadeyok“. Immerhin beendete "King“ seine Bemerkungen an mich nicht nur mit "murok“, sondern mit "hadeyok murok“ Also fragte ich im Supermarkt (den Namen verrate ich nicht, keine Schleichwerbung) einen türkischen Mitarbeiter, den ich kenne, was diese zwei Wörter bedeuteten. "Es gibt nichts, Alter“, erklärte er mir geduldig.

"Es gibt was nichts?“ Mir war der Sinn immer noch nicht ganz klar. "Heißt das, es gibt keinen alten Mann? Oder das Alter existiert nicht?“

Er lächelte nur freundlich. "Es ist was Nettes. Jugendsprache.“

In der Bäckerei (auch hier keinen Namen, keine Schleichwerbung) übersetzte die Bedienerin, "Also, gibt’s nicht, Alter.“

"Gibt’s was nicht?“

"Es ist freundlich gemeint“, fügte sie hinzu, "Wirklich.“

Leider noch immer keine Klarheit. Doch nun entdeckte ich in meinem Wörterbuch, dass "yok“ auf Türkisch "es gibt nicht“ bedeutet. Soweit so gut. "Had“ wiederum hat den Sinn von „Grenze“. Vielleicht wollte er sagen, "Es gibt keine Grenze, Alter“. Nur eine Theorie. Leider muss ich passen, bis ich meine türkischen Kenntisse verbessert habe. Ich bin jedenfalls fest überzeugt, dass "King“ es mit mir gut gemeint hat, und ich sage dafür: Echt fette probs an Sie, lieber "King“.

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