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Vom Chillen und Freezen

Wir schreiben das Jahr 1975. Ich befinde mich in einem Nachtklub mit meiner damaligen Lebensabschnittsgefährtin und ihrer Bekannten. Saunatemperaturen beherrschen die Szene. „Ich bin warm“, sage ich, der Neuling in der hiesigen Fremdsprache. Die Bekannte lacht spöttisch. „Nein, du meinst, ‚dir ist warm’. ‚Ich bin warm’ bedeutet, dass du schwul bist, weißt du. Noch nie von den warmen Brüdern gehört?“ Nein, ich hatte von den warmen Brüdern noch nie gehört. „Und wenn ich sage, „Ich bin kalt?“ fragte ich. „Dann bist du tot“, antwortete sie. Tja, live and learn.

Zum Thema „coole“ Wörter habe ich bereits einmal gebloggt. Über das „Chillen“ aber noch nicht. „Chill“ hat verschiedene Anwendungen auf Englisch. Als Hauptwort bedeutet es in erster Linie „Abkühlung“, „Schüttelfrost“ oder „Fieberschauer“. Als Verb wird es im Sinne von „kühlen“ oder „abkühlen“ gebraucht. Im Laufe der 80iger Jahre tauchte es in der amerikanischen Jugendsprache auf, zuerst als „chill out“, d.h. „sich entspannen“, später als „chill“ in der Bedeutung von „“rumhängen“. „Chill out!“ als Befehl sagte man für „reg dich ab“.

Inzwischen hat sich das „Chillen“ in der deutschen Jugendsprache eingebürgert – dank MTV, nehme ich an. „Chill mal!“ brüllt man, wenn man „hör auf!“ meint. „Chillen“ verwendet man für „relaxen“ oder auch, wie ich von anonymen Vertrauenspersonen erfahren habe, für „kiffen“.

Doch nun eine schrecklich traurige Geschichte über ein Temperaturwort. Halloween 1992 war der 16jährige Japaner, Yoshihiro Hattori, damals Austauschschüler im amerikanischen Bundesstaat Louisiana, auf dem Weg zu einer Halloweenfeier in einen Vorort von Baton Rouge. Gutgelaunt, maskiert und kostümiert, klingelte er leider an der falschen Tür. Der überraschte Hauseigentümer hielt ihn fälschlich für einen Einbrecher und erschien an der Türschwelle bewaffnet, was in Amerika erlaubt ist. Der Pechvogel Yoshihiro Hattori hatte die Situation immer noch nicht begriffen und ging auf den Menschen zu, in der Annahme, er wäre an die richtige Adresse gelangt. Der nervöse Hauseigentümer richtete sein Gewehr auf den maskierten Jüngling und erteilte das kalte Kommando “Freeze!”. Dieses Wort bedeutet auf Englisch nicht nur „frieren“ oder „einfrieren“, sondern auch „Stehenbleiben!“ Leider hat der Austauschschüler das Wort in diesem Sinn nie gehört. Er bezahlte seinen Fehler mit dem Leben.

Keine schöne Geschichte, dafür aber eine sehr wertvolle Lektion.

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