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Wieviel Angst, Herr Markwort?

Anglizismen, nein danke. So in etwa drückte sich Focus-Chefredakteur Helmut Markwort in einem Interview mit der Münchener Abendzeitung anlässlich seines 70. Geburtstags aus. „Ich kann gar nicht so viel rausstreichen, wie in die Manuskripte reingeschrieben werden“, sagte er wörtlich. Ich pflichte ihm – mit gewissen Abstrichen freilich – bei.

Schade, dass seine Nachrichten-Zeitschrift nicht „Fokus“ heißt. Die Marktforscher waren ihm mit ihren verfluchten Leserbefragungen sicherlich zuvorgekommen.

Aber zurück zum Interview. Der stolze Lokalpatriot Markwort prahlte weiter: „Dabei ist der deutsche Wortschatz viel größer als der englische. Allein für das Wort Angst haben wir 200 Begriffe.“

Nun spitzte der Sprachbloggeur seine Ohren: Zweihundert Begriffe? Ausgerechnet für „Angst“? Dem Eskimo sein Schnee ist dem Deutschen seine Angst? Hier muss zur Kontrolle schnell eine Aufzählung erfolgen:

„Angst“, „Furcht“, „Bammel“, „Bange“, „Ängstlichkeit“, „Schiss“, „Fracksausen“, „Scheu“, „Panik“, „Beklemmung“, „Bangigkeit“, „Beängstigung“…Huii! Das sind bereits zwölf Stück. Nur noch 188. Aber hmmm…und wieder hmmmm. Ich gerate schnell ins Stocken und nehme meinen Duden „Die sinn- und sachverwandten Wörter“, zu Rat. Doch nun bekomme ich wahrlich Fracksausen: „Phobie“ finde ich in dem Nachschlagwerk. Aber bitte, die Rede ist von deutschen Wörtern. „Phobie“ ist halt griechisch…ein Fremdwort also (wie übrigens „Panik“ – doch ganz ohne Ausländer geht’s auch nicht!). Immerhin vermag ich noch „Furchtsamkeit“ und „Beklommenheit“ aufzuklauben. Bei „Hemmung“ und „Unsicherheit“ passe ich, es sei denn, dass psychologisch Bewandertere mich eines Besseren belehren.

Auf „Gänsehaut/ kalte Füße bekommen“, und „in den Knien weich werden“, verzichte ich. Das sind ohnehin Verben keine Nomina. „Kalte Füße“, „Gänsehaut“ und „weiche Kniee“ sind als Hauptwörter leider mehrdeutig. 

Also doch keine 200 Wörter für „Angst“.

Und noch dazu: Herr Markwort meinte, der deutsche Wortschatz sei größer als der englische. Das war mir, ehrlich gesagt, neu. Um diese Behauptung zu prüfen, googelte ich sogleich und prompt hatte ich ein Ergebnis, das sich sehen lässt: Laut Washington Post zählte man am 7. Dezember 2006 um 16.08 Uhr sage und schreibe 991.207 englische Wörter. Die London Times bezifferte die Zahl auf 988.974. Kaum zu fassen, gell? Und wie steht es beim Deutschen? Nach Auskunft der „Silicon Valley Chinese Engineers Association“ betrage der deutsche Wortschatz 175.000 Wörter.

Ich gebe zu, ich werde einfach zu pingelig, und das ausgerechnet an einem runden Geburtstag. Happy Birthday, Helmut! Wishing you for the future lots more candles on the cake!

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