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Schnee und kein Ende

Wissen Sie, was ein "snow job“ ist?

In der amerikanischen Umgangssprache bezeichnet dieses Idiom die Überzeugungskraft eines Redners vermittels gekonnter Schmeicheleien. Dieser Begriff ist anscheinend unter GIs (einfache US-Soldaten) während des Zweiten Weltkriegs entstanden. Ein noch älterer Variant lautet "to snow someone under“, jemanden also ganz "einzuschneien“.

Im vorigen Blog hatte ich ein paar Gedanken über den "Schnee“ gemacht. Unter anderen habe ich – im Gegensatz zu der heute gängigen Meinung unter Sprachwissenschaftlern – behauptet, dass die Eskimos nicht nur über zwei Wörter für den Schnee verfügen, sondern gewiss mehrere. Siehe dort.

Daraufhin hat mir Leser (oder Leserin?) A.S. eine Mitteilung geschickt und sehr eloquent argumentiert, dass meine Beweisführung nichts anderes wäre als ein "snow job“. Natürlich hat er/sie dieses Idiom nicht angewendet. A.S. trug vor, dass die meisten Eskimovokabeln für den "Schnee“ aus Begriffskombinationen, "Synthesen“ in der Fachsprache – etwa "Schneematsch“, "Eisregen“ usw. – genau wie im Deutschen entstanden seien.

Er/sie hat sicherlich recht über die Form der Schneewörter. Dennoch habe ich mich kurz entschlossen, um der Sache noch näher auf den Grund zu gehen, nach Grönland zu telefonieren. Dort habe ich mich mit Herrn Karl Olsen (ich kann für die Buchstabierung des Namens nicht bürgen) von der grönländischen Selbstverwaltung unterhalten. Er spricht nämlich Dänisch, Englisch und Kalaallisut, die Eskimo-Sprache dieses Landes. Herr Olsen versicherte mir übrigens, dass das Inuit, die Sprache der kanadischen Eskimos, beinahe identisch mit dem Kalaallisut ist. Der Unterschied ist wohl ebenso groß wie der zwischen Bayrisch und Schwäbisch.

"Wieviele Wörter für „Schnee“ hat das Kalaallisut?“ fragte ich.

"Ach, unzählige“, antwortete er.

"Wie meinen Sie das? Fünfzig? Hundert?“

"Nein, nein“, noch viel mehr.“

Daraufhin empfahl er mir die Lektüre des Buches "Glossary of Snow and Ice“, geschrieben Anfang der 70. Jahre von Terrence Armstrong, Brian Roberts und Charles Swithinbank. In diesem Werk, so Herr Olsen, finde man die Kalaallisut-Begriffe mit Übersetzungen ins Dänische. Er versprach mir Genaueres darüber zu schicken, ist wohl nicht dazugekommen. Vielleicht hat er meine Email-Adresse nicht richtig aufgeschrieben.

Warum erzähle ich diese lange Geschichte? Weil ich glaube, dass es Nebensache ist, ob die "unzähligen“ Wörter für Schnee in der Eskimosprache aus zusammengesetzten oder Einzelstämmen bestehen. Wichtig ist lediglich die Tatsache, dass die Inuit und Grönländer viele differenzierte Begriffe für das weiße Zeug kennen. Fakt ist: Die Eskimos kennen genauso viele Begriffe für den Schnee und das Eis, wie sie aus ihrer Situation brauchen.

Übrigens: Es war gestern sehr stürmisch auf Grönland, dafür aber nicht besonders kalt, „nur“ minus fünfzehn Grad, teilte mir Herr Olsen mit. Natürlich war die Stadt Nuuk völlig verschneit.

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