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Es geht um ein Wort mit zehn Buchstaben

Eigentlich wollte ich heute, wie schon in der letzten Glosse angedeutet, das Thema Lëtzebuergisch aufgreifen. Ich muss aber leider enttäuschen. Und zwar wegen des ersten Wortes im heutigen Text: "eigentlich“.

Zugegeben: Sprachvernarrten (wie ich einer bin), die diese Vokabel thematisieren, sind, um ein abgedroschenes Sprichwort zu zitieren, so zahlreich "wie die Armen in der Kirche“. Arm sind wir allemal, weil es beileibe nichts Neues gibt, das man über dieses Wort zu berichten hätte.

Schon 1928 widmete Kurt Tucholsky ihm in der "Weltbühne“ eine ganze Seite. Natürlich war sein Aufsatz geradezu übersät mit witzig platzierten Beispielen dieser Vokabel. Diese Vorgehensweise scheint bei solchen Erläuterungen gang und gäbe zu sein. Ich werde es Tucholsky und Co. nicht nachmachen. Dennoch möchte ich Ihnen Tucholskys einfühlsames Gesamtfazit nicht vorenthalten:. Diese Vokabel sei, "überhaupt kein Wort. Das ist eine Lebensauffassung.“ Nett, nicht wahr? Sie finden den Aufsatz sicherlich im Internet. Der Titel soll jedem klar sein.

Übrigens: Wenn Sie besagtes Wort googeln, erhalten Sie sage und schreibe 71.200.000 Treffer. Das klingt vielleicht wie ganz viel, doch für den Begriff "Sex“, bietet Ihnen Google 462.000.000 Treffer. Soll das heißen, dass "Sex“ 85% beliebter ist als unser Suchbegriff? Wohl nicht. Denn: Wer seine Suche nach dem Begriff „"Sex“ lediglich auf "Seiten auf Deutsch“ beschränkt, der bekommt mickrige 9.760.000 Treffer. Das heißt: Unser Wort ist – zumindest im deutschen Sprachgebiet – ca. 750 Prozent beliebter.

Nun habe ich unser Wort aus Jux und Tollerei zwischen einem "Wehwehweh“ und einem „punkt deh-eh“ eingezwängt und auch danach gebrowst. Zu meinem großen Erstaunen habe ich nichts gefunden. Diese Domain ist also noch zu haben! Das gleiche machte ich dann mit "Wehwehweh…punkt com“. Und siehe! Man findet auf dieser Seite einen langen, wissenschaftlichen Aufsatz zum Thema – allerdings auf Englisch! – , geschrieben von einem gewissen Hans-Christian Schmitz und seinem Kollegen Bernhard Schröder von der Universität Bonn. Alles, was Sie jemals über unser Wort wissen wollten, ist hier – leider auf Englisch – zu lesen. Allerdings: Der (oder die) Betreiber dieser Seite schreiben ganz oben in dicken Buchstaben, dass der Domain-Namen zu verkaufen sei. Ich vermute, dass es sich bei dieser Seite in Wirklichkeit gar nicht um unser Wort als Sprachphänomen handelt. Man spekuliert vielmehr mit dem Geldwert des Begriffs. Sie wissen: Es gibt viele Leute, die aus Gründen der Spekulation bestimmte Domain-Namen reservieren, in der Hoffnung sie später für viel Geld zu veräußern. Bei Ebay bieten in jüngster Zeit einige Leute Domänen wie "my-iphone.com“ oder "cool-iphone.com" usw. feil. Viel Glück!

Übrigens: Schmitz und Schröder sagen etwas sehr Interessantes über die viel missbrauchte Vokabel, mit der wir uns heute befassen. Leider drücken sie sich in sehr kompliziertem Englisch aus. Doch wenn ich sie richtig verstanden habe, meinen sie Folgendes: Dieses Wort habe keine richtige Bedeutung. Es diene lediglich einem Zweck – Schlussfolgerungen zu sabotieren, damit man einen ganz anderen Schluss ziehe, als das, was man ursprünglich dem Sinne nach erwartete. Alles klar?

Wie dem auch sei. Ich bin der Meinung, man soll dieses Wort wie ein kostbares Gewürz verwenden. Das heißt: so wenig wie möglich und stets passend, damit es immer mündet.

P.S. Raten Sie mal, wie oft ich "unser Wort“ im obigen Aufsatz hätte einsetzen können!

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