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Pimp meinen Pimpf

Vor ein paar Wochen bin ich beim Lesen der Schweizer "Weltwoche“ auf das Wort "aufgepimpt“ gestoßen. Das hat mich sehr überrascht. Ich wusste nicht, dass das „Pimpen“ schon so weit in die Schriftsprache vorgedrungen war.

Falls MTV nicht zu Ihren Lieblingsfernsehsendern zählt, eine kurze Erläuterung: Dieser Popsender strahlt seit längerer Zeit eine Sendung mit dem schrägen englischen Titel "Pimp my Ride“ aus. Zu Deutsch: "Putz meinen Schlitten fein raus“.

"Pimp“ in Englisch im Sinn von "aufmotzen“ war mir neu. Ich kenne es lediglich in der Bedeutung von "Zuhälter“. Auch das Adjektiv "pimping“ war mir ein Begriff. Es bedeutet im Englischen so viel wie "belanglos“ oder "banal“.

Was hat ein Zuhälter mit der Aufwertung eines Wagens zu tun? Bald erfuhr ich, dass besagtes Wort "pimp“ bereits 1608 in einem lustigen Theaterstück, "Your five Gallants“ (etwa "Eure fünf Schlawiner“) von einem gewissen Thomas Middleton, zu finden ist. Damals war ein "pimp“ ein "eleganter junger Mann“.

Ich vermute, dass "pimp“ in diesem Sinn mit dem altfranzösischen Verb "pimper“ (sprich "pähmpee“) "sich aufdonnern“ aber auch "schmeicheln“ und "verführen“ verwandt ist. Im heutigen Französisch bedeutet "pimpant“ "jugendfrisch“, "schick“. Womöglich war auch der Zuhälter einst nur ein "fescher Schlingel“.

Doch englisches "pimp“ hat noch eine zweite Bedeutung: Um das Jahr 1900 bezeichnete es einen unerfahrenen Jüngling, der belanglose Arbeit im Holzhackerlager, in der Zeche usw. leistete. Das Wort wurde in diesem Sinn stets abwertend gebraucht und deutete mitunter "weibische Züge“ an.

Das deutsche "Pimpf“, wie Sie wahrscheinlich schon erraten haben, ist mit dem englischen "pimp“ eng verwandt. Ende des 19. Jahrhunderts bedeutete "Pimpf“ "Halbwuchsiger“. Ursprünglich war der "Pimpf“ – so behauptet Kluge ("Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache“) – ein "Fürzchen“ und war womöglich eine Nebenform des heute wenig verwendeten "Pumpfs“ oder "Pumpers“. (Nebenbei: Der "Pumpernickel“ heißt so wegen seiner blähenden Wirkung. "Nickel“ ist ein "Kobold“).

Gegen Ende des 19. Jahrhundert gebrauchte man dieses luftige Wort als neckische Verniedlichung für einen kleinen Buben. (Im Englischen sagten wir früher im gleichen Sinn "little fart“). Aber dann kamen die Nazis. Sie nahmen das Wort für sich in Beschlag. Aus dem einst niedlichen "Pimpf“, wurde der jüngste Teilnehmer an der NS-Jugendbewegung (Hitlerjugend usw.). Heute wird "Pimpf“ dank dieser braunen Inanspruchnahme – zumindest in Deutschland – kaum mehr gehört. (In Österreich hingegen wird es noch immer als "Knirps“ verwendet).

Aber nochmals zum englischen "pimp“. Was haben ein "unerfahrender Jüngling“ und ein "Zuhälter“ gemeinsam? Absolut nichts. Das englische Wort "pimp“ schlägt mit zwei Herzen: einem französischen und einem germanischen. Der gepimpte Wagen und der Zuhälter sind reinstes Französisch.

Ach, und ein letzter Bonbon: Das erste "gepimpte Ride“ wird, sagen die Forscher, fürs Jahr 1973 belegt. Da findet man es in dem Begriff "pimpmobile“. Die Rede war damals bestimmt nicht von einer aufgepimpten Karre, vielmehr vom protzigen Wagen eines aufgetakelten Zuhälters.

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