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Jean Borno und das Geheimnis der Kirschblüten

Heute habe ich ein neues Wort gelernt, und ich möchte es mit Ihnen teilen: „hanami“. Ja, kein deutsches Wort, zumindest kein traditionelles, das man bis ins Althochdeutsch zurückverfolgen könnte.

Leider weiß ich nichts über das Gender dieser exotischen Vokabel. Umso schwieriger ist die Problematik, weil „hanami“ ein Verb ist, d.h., etwas was man tut. Kein Ding also, das man irgendwie als weiblich, männlich oder neutral etikettieren könnte.

„Hanami“ bedeutet wörtlich „Blüten betrachten“. Und das tun die Japaner jedes Jahr, so wie man hört, zwischen März und Mai. Insbesondere bewundern sie die Kirschblüten. (Nebenbei: Das tut man auch jedes Jahr in Washington D.C., auch für seine Kirschbäume und seine Präsidenten bekannt). „Hanami“ ist natürlich ein japanisches Wort. Aber das haben Sie ohnehin schon angenommen – oder haben Sie gemeint, es könnte Ungarisch oder Türkisch sein? Es hat allerdings nichts mit Kirschenblüten zu tun. Diese üppigen hotpinkfarbigen Blüten nennen die Japaner „sakura“.

Schauen Sie. Vor vielleicht drei Minuten hatten Sie wahrscheinlich keine Kenntnisse der japanischen Sprache (außer vielleicht „harakiri“ und „sajonara“). Jetzt kennen Sie zwei Wörter dieser Sprache, und Sie werden sie – vielleicht – bis zum Ende Ihres langen Lebens abrufen können.

Soweit so gut, aber jetzt zur Sache.

Ich habe dieses Wort „hanami“ heute auf YouTube entdeckt. Es diente nämlich als Motto für ein nagelneues Lied mit dem Titel „Tupperware Box“. Das Motto lautete: „Happy hanami“: Englisch und Japanisch als sprachliches Gespann. Der Sinn ist klar: Viel Freude beim Blütenbetrachten.

Ich bin sicher, dass die meisten Leser dieser Seite – ach Entschuldigung, ich vergesse immer, dass ich gendern muss – also….dass die meisten Leser(Pause)Innen dieser Seite – den Begriff „Tupperware Box“ auf Anhieb verstehen. Bei „hanami“ ist es freilich anders. Denn auch in Deutschland ist „Tupperware“ so bekannt wie Schokoküsse. Wahrscheinlich müsste ich bei „Tupperware“ de jure ein „©“ aufsetzen, damit jeder wisse, dass es sich um ein geschütztes Produkt handelt.

Übrigens: Wissen Sie, woher dieses Wort „Tupperware©“ stammt? Wahrscheinlich nicht. Oder?

Das engl. „ware“ (uäärr) hat dieselbe Bedeutung wie das dt. „Ware“, wodurch man erkennt, dass diese Sprachen ziemlich verwandt sind! Denken Sie an „baking ware“ und „Backware“! Lustig, gell?

Ein gewisser Herr Earl Silas Tupper (sprich „töpper“) hat 1938 diese gläsernen Behälter mit Kunststoffdeckel erfunden, um Essbares luftdicht zu lagern. Dazu wollte er anhand dieser Erfindung den eigenen Namen verewigen. Hätte ich diese Behälter erfunden, hießen sie heute Sprachbloggeurware!

Aber zurück in die Wirklichkeit. Diese Verknüpfung zwischen Tupperware© und hanami© habe ich heute nur dank besagtem Lied, „Tupperware Box“ entdeckt.

Ein gewisser Jean Borno hat Text und Musik geschrieben, und er tritt als Sänger im Video auf. Allmählich kennen viele Fans den Namen dieses Musikers. Er scheint Belgier zu sein wie, z.B., Hercules Poirot. Im sehr geschickten Video sind er und seine Mitarbeiter – bzw., Mitarbeiter©Innen zu sehen. Allerdings erkennt man die Gesichter nicht. Alle sind kostümiert so, als ob sie der Frühjahrsschlamm oder Zombies waren, und sie agieren in einer Welt der Kirschblüten. Hut ab, sag ich. Denn diese Verquickung aus üppigen Kirschblüten, Schlammmenschen(?), Frühjahr und einem Text, der sich mit dem Thema „Tupperware Boxes“ befasst, ist ein visuelles Blumen- und Tonfest.

Ich habe aber das Gefühl, dass besagte Ton- und Wortkünstler Borno ein bisschen tiefer unter der Matte kratzt. Ja, so ist es oft mit der Kunst. (Falls Sie neugierig geworden sind:https://www.youtube.com/watch?v=17ZrVrYVdmU).

Heute haben Sie verschiedene neue Begriffe gelernt. Aber was sind meine holprigen Beschreibungen wert? Schauen Sie selber bei YouTube. Sie werden bald kapieren, worum es geht.

In eigener Sache: Achtung Achtung. Die nächste Glosse erscheint erst Ende Juni. Zum ersten Mal seit einem Jahr ist der Sprachbloggeur auf Geheimmission unterwegs…vielleicht unerkannt auf Ihrer Straße!

Die Kolumbus-Cancel-Kameradschaft

Jeder kennt die Azteken…irgendwie. Was Sie aber vielleicht nicht wissen: dass Sie etliche Wörter ihrer Sprache (Nahuatl heißt sie) – manche beinahe täglich – benutzen. Zum Beispiel:

Schokolade – auf Nahuatl heißt es „Chocolatl“. Oder Tomate – ursprünglich „Tomatl“. Oder Avokado – in der Sprache der Azteken „Ahuacatl“. Die Liste ist lang, und meistens lecker. Doch so viel zum harmlosen Teil dieser Glosse. Ab jetzt wird es würzig und scharf wie Chili (Nahuatl „Chilli“)….

Besagte Azteken waren einst das mächtigste Volk Zentralmexikos. Ihre Hauptstadt, Tenochitlan, wurde auf einer Insel mitten in einem großen See gebaut. Und das Aussehen dieser Stadt hat die ersten Besucher aus Europa – es waren Spanier – prompt ins Staunen versetzt: prächtige Paläste und Tempel, hohe Pyramiden, steinerne Häuser, Prachtstraßen und Gassen. Vielleicht ein wenig Florenz der Medici mitten in Mexiko. Notabene: Wir sprechen hier von einer Zeit ab ca. 1300 n.Chr.

Diese Azteken waren, müsste man hinzufügen, keine Chorknaben (mein lieber Freund W. – er lebt abwechselnd auch in Columbia – benutzt anstelle von „Chorknaben“, den Begriff „Säulenheilige“, um diese kultivierten Raubeine zu beschreiben – was ich schön finde).

Gemeint ist: Die Azteken war ein grausames, imperialistisches Volk, das alle Nachbarvölker, eins nach dem anderen zu erobern bzw. einzuverleiben verstanden („Hegemonisten“ würden wir heute sagen) – nicht nur um das eigene Einflussgebiet zu erweitern, sondern ebenfalls wegen der Bedürfnisse ihrer Religion. Diese Religion war nämlich auf dem Opferkult basiert – genauer gesagt: auf dem Menschenopfer. Gern schnappten sich die Azteken deshalb Nachbarkrieger, um sie dann ihren Göttern als Opfergabe zu schenken.

Der Ritus ging folgendermaßen vor sich hin. Aztekische Priester versetzten den ausgewählten Gefangenen (sorry, Girls, hier gab’s keine GefangenInnen) unter Drogen, begleiteten sie zur Gipfelplattform einer heiligen Pyramide, packten das Opfer jählings an allen Gliedern, warfen ihn auf einen steinernen Opfertisch und peng! Sie senkten dem Opfer ein Feuersteinmesser in die Brust, wobei sie unterdessen das noch schlagende Herz aus dem Leib rausrissen und das leblose Opfer die steilen Treppen herunterschubsten.

Wir wissen all dies, weil die oben erwähnten Spanier die raubeinigen Azteken 1519 unter der Führerschaft von Hernan Cortés eroberten.

Hier müsste man aber hinzufügen, dass Haudegen Cortés und Co. die Unterstützung der Nachbarvölker der Azteken genossen. Denn diese von den Azteken arg unterdrückten Stämme haben allzu gern bei der Niederlage der verhassten Imperialisten kräftig mitgemacht.

Doch nun eine traurige Ironie: All dies ist nur wegen eines Missverständnisses den Azteken zugestoßen. Fakt ist, die Azteken wartete sehnlichst auf die Rückkehr ihrer Gottheit Quezlcoatl. Er war eine Art Heilsgott. Der Legende zufolge sollte er eines Tages in Form eines hellhäutigen und- haarigen Menschen von Übersee nach Tenochitlan zurückkehren, um dann quasi ein „messianisches“ Zeitalter einzuläuten. Und siehe da! Nun erscheint der hellhäutige und -haarige Cortés auf einem Schiff. Tja. Für die Azteken dumm gelaufen. Den Rest der Geschichte kennt man.

Und jetzt noch eine traurige Ironie. Diese Geschichte vom hellhäutigen und -haarigen göttlichen „Retter“ erfuhr ein mexikanischer Einwanderer, der sich als Kind (oder junger Mensch) in München niedergelassen hat. Nur: Leider hat er die Story ein bisschen durcheinandergebracht – vielleicht weil er so jung war, als er Mexiko verlassen hat. Seinem Gedächtnis zufolge sei es nicht Cortés, der die Azteken so schrecklich traktiert hatte und das indigene Paradies kaputt gemacht habe, sondern Christoph Kolumbus. Immerhin: Beide Namen fangen mit einem „K“ (bzw. „C“) an.

Der junge Mann wuchs in München heran, heiratete und wurde Vater. Gern erzählte er seinen Kindern eben diese alte Geschichte vom grausamen „Kolumbus“, der die Idylle Altmexikos zunichte gemacht habe. Die Geschichte machte auf die Kinder offensichtlich einen großen Eindruck.

Eines Tages wurden auch seine Kinder erwachsen. Und nun geschah es. Eine Tochter war derart entsetzt, dass es eine U-Bahn-Station in München gibt, die „Kolumbusplatz“ heißt, so dass sie heftig dagegen protestiert hat.

Was machte sie? Klar! Im Zeitalter der „Cancel Culture“ hat sie einen Verein (oder eine Gruppe) gegründet. Und siehe da! Der forschen Tochter war es gelungen, Politiker in München zu überzeugen, dass man den Namen der verruchten U-Bahn-Station unbedingt ändern müsste!

So wie es aussieht, will die Stadt dem Wunsch der Gruppe nachkommen und den verhassten Namen tatsächlich verändern. In was aber?

Hmm. Gute Frage. Mein Vorschlag: Cortésplatz!

Die Kolumbus-Cancel-Kameradschaft

Jeder kennt die Azteken…irgendwie. Was Sie aber vielleicht nicht wissen: dass Sie etliche Wörter ihrer Sprache (Nahuatl heißt sie) – manche beinahe täglich – benutzen. Zum Beispiel:

Schokolade – auf Nahuatl heißt es „Chocolatl“. Oder Tomate – ursprünglich „Tomatl“. Oder Avokado – in der Sprache der Azteken „Ahuacatl“. Die Liste ist lang, und meistens lecker. Doch so viel zum harmlosen Teil dieser Glosse. Ab jetzt wird es würzig und scharf wie Chili (Nahuatl „Chilli“)….

Besagte Azteken waren einst das mächtigste Volk Zentralmexikos. Ihre Hauptstadt, Tenochitlan, wurde auf einer Insel mitten in einem großen See gebaut. Und das Aussehen dieser Stadt hat die ersten Besucher aus Europa – es waren Spanier – prompt ins Staunen versetzt: prächtige Paläste und Tempel, hohe Pyramiden, steinerne Häuser, Prachtstraßen und Gassen. Vielleicht ein wenig Florenz der Medici mitten in Mexiko. Notabene: Wir sprechen hier von einer Zeit ab ca. 1300 n.Chr.

Diese Azteken waren, müsste man hinzufügen, keine Chorknaben (mein lieber Freund W. – er lebt abwechselnd auch in Columbia – benutzt anstelle von „Chorknaben“, den Begriff „Säulenheilige“, um diese kultivierten Raubeine zu beschreiben – was ich schön finde).

Gemeint ist: Die Azteken war ein grausames, imperialistisches Volk, das alle Nachbarvölker, eins nach dem anderen zu erobern bzw. einzuverleiben verstanden („Hegemonisten“ würden wir heute sagen) – nicht nur um das eigene Einflussgebiet zu erweitern, sondern ebenfalls wegen der Bedürfnisse ihrer Religion. Diese Religion war nämlich auf dem Opferkult basiert – genauer gesagt: auf dem Menschenopfer. Gern schnappten sich die Azteken deshalb Nachbarkrieger, um sie dann ihren Göttern als Opfergabe zu schenken.

Der Ritus ging folgendermaßen vor sich hin. Aztekische Priester versetzten den ausgewählten Gefangenen (sorry, Girls, hier gab’s keine GefangenInnen) unter Drogen, begleiteten sie zur Gipfelplattform einer heiligen Pyramide, packten das Opfer jählings an allen Gliedern, warfen ihn auf einen steinernen Opfertisch und peng! Sie senkten dem Opfer ein Feuersteinmesser in die Brust, wobei sie unterdessen das noch schlagende Herz aus dem Leib rausrissen und das leblose Opfer die steilen Treppen herunterschubsten.

Wir wissen all dies, weil die oben erwähnten Spanier die raubeinigen Azteken 1519 unter der Führerschaft von Hernan Cortés eroberten.

Hier müsste man aber hinzufügen, dass Haudegen Cortés und Co. die Unterstützung der Nachbarvölker der Azteken genossen. Denn diese von den Azteken arg unterdrückten Stämme haben allzu gern bei der Niederlage der verhassten Imperialisten kräftig mitgemacht.

Doch nun eine traurige Ironie: All dies ist nur wegen eines Missverständnisses den Azteken zugestoßen. Fakt ist, die Azteken wartete sehnlichst auf die Rückkehr ihrer Gottheit Quezlcoatl. Er war eine Art Heilsgott. Der Legende zufolge sollte er eines Tages in Form eines hellhäutigen und- haarigen Menschen von Übersee nach Tenochitlan zurückkehren, um dann quasi ein „messianisches“ Zeitalter einzuläuten. Und siehe da! Nun erscheint der hellhäutige und -haarige Cortés auf einem Schiff. Tja. Für die Azteken dumm gelaufen. Den Rest der Geschichte kennt man.

Und jetzt noch eine traurige Ironie. Diese Geschichte vom hellhäutigen und -haarigen göttlichen „Retter“ erfuhr ein mexikanischer Einwanderer, der sich als Kind (oder junger Mensch) in München niedergelassen hat. Nur: Leider hat er die Story ein bisschen durcheinandergebracht – vielleicht weil er so jung war, als er Mexiko verlassen hat. Seinem Gedächtnis zufolge sei es nicht Cortés, der die Azteken so schrecklich traktiert hatte und das indigene Paradies kaputt gemacht habe, sondern Christoph Kolumbus. Immerhin: Beide Namen fangen mit einem „K“ (bzw. „C“) an.

Der junge Mann wuchs in München heran, heiratete und wurde Vater. Gern erzählte er seinen Kindern eben diese alte Geschichte vom grausamen „Kolumbus“, der die Idylle Altmexikos zunichte gemacht habe. Die Geschichte machte auf die Kinder offensichtlich einen großen Eindruck.

Eines Tages wurden auch seine Kinder erwachsen. Und nun geschah es. Eine Tochter war derart entsetzt, dass es eine U-Bahn-Station in München gibt, die „Kolumbusplatz“ heißt, so dass sie heftig dagegen protestiert hat.

Was machte sie? Klar! Im Zeitalter der „Cancel Culture“ hat sie einen Verein (oder eine Gruppe) gegründet. Und siehe da! Der forschen Tochter war es gelungen, Politiker in München zu überzeugen, dass man den Namen der verruchten U-Bahn-Station unbedingt ändern müsste!

So wie es aussieht, will die Stadt dem Wunsch der Gruppe nachkommen und den verhassten Namen tatsächlich verändern. In was aber?

Hmm. Gute Frage. Mein Vorschlag: Cortésplatz!

Neue englische Wörter zu verschenken!

Englischunterricht beim Sprachbloggeur! Heute stellen wir zwei nagelneue Wörter vor, die man sich unbedingt einprägen sollte (falls Sie sie nicht bereits kennen). Erst ein wenig vor dem Spiegel üben, um sie dann beim nächsten Treffen mit Freunden…ach Entschuldigung…ich meine natürlich „FreundInnen“…im Schanigarten – wie ja nebenbei fallen zu lassen.

„Schanigarten“ kennen Sie…oder? In München hat sich das Wort erst im anno Coronae I hören lassen. Wie aus dem Nichts. Keine neuzeitliche Erfindung allerdings. Der „Schanigarten“ hat eine lange Tradition, vor allem in Österreich und im südlichen Bayern als Bezeichnung für ein irgendwie überdachtes Freiluftrestaurant.

Keiner weiß, woher das Wort „Schani“ kommt. Manche tippen auf einen legendären ital. Wirt namens Gianni bzw. einen legendären Franzosen namens Jean. Andere meinen, dass „Schani“ Wienerisch für „Schankkellner“ ist. Oder aus „scha na hi“, Dialektwort für „schau nur hin“ entstanden ist. Fest steht: Den Schanigarten gibt es unter diesem Namen bereits seit dem 17. oder 18. Jahrhundert.

Ich wandere aber vom Thema ab.

Also zur Sache: Neulich war ich auf einer Zoomreise in Brooklyn, New York, USA. Dort verkehre ich einmal monatlich mit einer netten Gruppe amer. Schriftstellern – ach Entschuldigung – ich meine SchriftstellerInnen! – mit der ich mich über dies und jenes aus dem Reich der Schriftstellerei unterhalte.

Ein Mitglied dieser Gruppe (haha – ich habe das „*Innen“ geschickt umsteuert!) benutzte zwei Vokabeln, die mir fremd waren: „Stan“ und „Doxing“.

Spontan habe ich freilich an „Stan und Ollie“ gedacht, was mit dem Thema nix zu tun hat. Sie wissen, wer Stan und Ollie waren, oder? In Deutschland kannte man sie früher als „Dick und Doof“ – was ein schreckliches Vergehen ist. Denn Stan Laurel und Oliver Hardy waren begnadete Komiker, die zwischen ca. 1925 und 1955 als Team in zahllosen Kinofilmen zusammenarbeiteten.

Das Mitglied meinte allerdings mit „Stan“ ein gewisses, nagelneues „Kofferwort“, d.h., ein Wort, das aus zwei Begriffen zu einem neuen Begriff zusammengefügt wird, wie z.B.: „Teuro“ (von „teuer“ und „Euro“), oder „Mediathek“ (manchmal „Mediothek“ – von „Medien“ und „Bibliothek“) oder „Motel“ (von „Motor“ und „Hotel“).

„Stan“ ist die Verschmelzung von „Stalker“ (einer der einem anderen nachstellt) und „Fan“ (gekürzt von „Fanatiker“). Wenn also ein Fan – genauer gesagt „FanIn“ – einer prominenten Figur nachstellt, was unter Umständen sehr bedrohlich sein kann, bezeichnet man diese FanIn als „Stan“. Denken Sie an den Mörder von John Lennon. Heute im Internetzeitalter ist die Situation noch übler. Online-Stans sind zu einer digitalen Plage geworden.

Womöglich ist dieser Begriff „Stan“ eine Erfindung des Sängers Eminem. Und wenn von ihm keine Erfindung, hat er ihn wenigstens bekannter gemacht.

Jetzt zum zweiten Wort: „Doxing“, manchmal, zumindest auf Deutsch, „Doxxing“ geschrieben, was darauf hinweist, dass dieses Wort bereits wahlberichtigt in Deutschland ist. Es wird sogar als Verb „doxen“ (bzw. „doxxen“) verwendet.

„Doxen“ tut selbstverständlich jede(r) „StalkerIn“. Sie sammelt im Internet (Google, Facebook usw. zu Dank) Fakten bzw. Faktoiden über einen anderen Menschen, um Peinliches zu dokumentierten und dann zu veröffentlichen. Manchmal dient hier eine gute alte Erpressung als Beweggrund, manchmal hat man bzw. frau das Bedürfnis, jemandem einen Schaden zuzufügen. Ja, einfach so.

Ich hoffe, ich habe Sie mit Nützlichem aufgewartet.

Und jetzt ab in den Schanigarten, liebe Bürger und Bürgerinnen des 21. Jahrhunderts.

Harry und Bill und Jeff und Elon und…Sie!

Quizfrage! Scharf nachdenken! Also: Wenn ich den Namen „Harry“ sage und dazu auch „und“, welches Folgewort fällt Ihnen spontan ein? Wenn sie auf „Meghan“ tippen, haben Sie die Frage richtig beantwortet. Klar gibt es „Harry und Sally“ (Filmtitel) oder „Harry und Louis“ (Friseuren), doch ganz oben auf der Liste stehen Harry und Meghan.

Nächste Frage: Wenn ich „Bill“ und dann „und“ sage… Was folgt jetzt? Klar, dass die Antwort „Melinda“ heißen muss. Was sonst? Doch nun weiter…

Sage ich „Jeff und…“ „Biiiiip! Ich glaube, jemand hat gerade „Mackenzie“ gedacht. Guter Versuch, aber sorry. Diesmal liegen Sie falsch. Richtig wäre: Auf „Jeff“ folgt „Annie“. Mir leider kein Begriff. Ihnen vielleicht.

Sag ich „Jeff Bezos“ gefolgt von „und“, lande ich sofort bei „Amazon“, „Washington Post“, „Elon Musk“ oder „Lauren Sanchez“. Denn so heißt Jeffs neue Freundin.

Wie sollen wir dieses Spiel nennen? He! Wie wäre es mit „Google Suche“! Denn genau das, was wir hier machen, heißt bei Google „Suchalgorithmus“.

Und? Was hat all das für eine Bewandtnis?

Ganz einfach. Google macht täglich milliardenfach genau das, was wir täglich tausende Male mit unseren kleinen grauen Zellen machen. Wir „assoziieren“. Schönes lateinisches Wort für „Vorstellungen mit etwas verknüpfen“.

Heißt das, dass wir denken wie Google? Ne-e-e-in. Das Gegenteil ist wahr: Google denkt wie wir! Mit dem Unterschied: Google kann viel umfangreicher assoziieren als wir. Aus diesem Grund hat uns Google den Gang zur Bibliothek erspart, wo wir früher stundenlang in nach Holz riechenden Karteikartenkatalogen und in dicken nach alter Tinte riechenden Wälzern recherchierten, um diverse Trivialitäten an den Tag zu legen.

Jetzt aber noch eine Quizfrage. Wie heißt der Gründer von Google? Ha! Ich wette, dass Ihnen dieser Name weniger geläufig ist als der der oben erwähnten Promis. Außerdem gibt es den Gründer nicht, sondern nur die Gründer, und sie heißen Larry Page und Sergey Brin.

Hätte ich diese letzte Frage wie oben formuliert, also mit „Larry und…“, wären Sie nicht weitergekommen. Sie hätten vielmehr „Larry and Brady“ gegoogelt. Vielleicht kennen Sie sie nicht? Es sind zwei putzige schwule Jünglinge, die eine profitable YouTube-Karriere mit Videos aufgebaut haben mit Titeln wie „Making my boyfriend do whatever I say“ oder „We had a baby“ usw.

Oder Sie wären auf „Larry and Jenny“ gestoßen. Das sind zwei Reality Stars aus den USA, die sich auf einer einschlägigen Reality Show verlobt haben. Mehr darüber weiß ich leider nicht. Können Sie selbst googeln.

Oder „Larry und Gaby“, zwei wichtige Figuren aus einer brasilianischen Soap.

By the way: Ganz unten auf der Suchseite (oder vielleicht auf Seite zwei) wären Sie endlich bei „Larry und Sergey“ gelandet. Falls es Sie interessiert: Larry ist mit Lucinda und Sergey mit Nicole verheiratet.

Skandalöses habe ich über beide auf Anhieb nicht gefunden. Nein, stimmt nicht. Ich habe gelesen, dass die einstige Firmenlosung von Google „Don’t be evil“, also „Sei nicht böse“ lautete; dass diese aber seit 2018 vom Verhaltenskodex dieser multinationalen Krake entfernt worden war. Warum, weiß ich nicht. Google zufolge, möchte Google keine Details zu diesem Thema preisgeben.

Wie Sie sehen, liebe Sprachbloggeurist*I**nnenennin, nun hat das 21. Jahrhundert endlich begonnen. Viel Spaß! Google zufolge wird dieses neue Jahrhundert sehr spannend sein…und das 22. noch spannender!

Das Allerwichtigste über das „N-Wort“

Nein. Nicht, was Sie denken. Nicht das „N-Wort“, wie Sie vielleicht meinen. Gedanken über diese verruchte N-Vokabel werden Sie im folgenden Text nicht finden. Nicht jedenfalls heute. Vielleicht ein anderes Mal.

Das „N-Wort“, worüber hier doziert wird, lautet schlicht und einfach „Normalität“. Klingt harmlos, nicht wahr? By the way, wissen Sie, woher diese Vokabel stammt? Wahrscheinlich nicht. Ich denke, nur wenige wissen es.

Das lateinische „norma“ bedeutete „Zimmermannswinkel“, will sagen: das Werkzeug, das jeder Zimmermann seit den obskuren Anfängen der Zivilisation verwendet, um Ecken zuverlässig und genau zu errechnen.

Es ist offensichtlich! Ohne haargenaue Maßstäbe kann man keine Häuser und sonstige rechteckige Dinge zustande bringen.

Dass die Römer dieses Wort auch im übertragenen Sinne benutzten, um auf jeglichen „normierenden“ Maßstab hinzudeuten, liegt auf der Hand.

Manchmal denke ich, dass es schön wäre, wieder in einer Welt zu leben, wo eine gewisse Normalität vorherrschte.

STÖHN…höre ich. Und auf einmal sagt einer:

„Also dann bitte, Herr Sprachbloggeur, was ist denn Ihrer Meinung nach ‚normal‘?“

Gute Frage. Und jetzt folgen zwei unaussprechbare Wörter – nein, nix, was mit dem sog. N-Wort zu tun haben – , sondern zwei Perlen aus dem Wortehimmel: Kataphase und Apophase. Ich glaube, sie stammen aus der Theologie der Orthodoxen Kirche und haben mit der Gottesfrage zu tun. Kataphase bedeutet den Versuch die Eigenschaften Gottes aufzulisten. Apophase ist das Gegenteil. Man definiert Gott, indem man sagt, was er (er?) nicht ist.

Doch nun zurück zum „Normalen“ – und zwar mit Hilfe der Apophase.
Will sagen: Was ist also die Normalität nicht?

Zum Beispiel, das Leben während einer Pandemie! Oder?

Ja! Es ist wohl nicht normal, dass man unter einem Lockdown oder Lockup, mit täglichen Inzidenzzahlen, Verimpfungsnachrichten u.d.gl. lebt. Ja. Genau. Das ist einfach nicht normal.

Vielleicht deshalb behaupten manche Leute, dass unsere Pandemie keine richtige ist, und sie nennen sich „Querdenker“.

Aber Achtung! Wenn einer von sich behauptet, er sei ein „Querdenker“, dann sind die anderen, die nicht so denken wie er, automatisch „Normaldenkende“. Aber: Wenn die Pandemie das Gegenteil von Normalität ist, dann ist der „Querdenker“ derjenige, der sich für „normal“ hält. Very confusing…oder?

In den USA ist die Situation bezüglich der Normalität verworren auf eine andere Art – ich meine hier in Bezug auf die Pandemie. Dort lassen sich nur diejenigen gegen das Virus impfen, wenn sie auch gegen Trump sind; diejenigen die gegen Biden sind, lassen sich hingegen nicht impfen. Und beide halten sich für normal, und zwar in einer Zeit, die nicht normal ist.

Dazu fallen mir die islamischen Fundamentalisten in Pakistan und in Afghanistan ein. Sie verbieten jegliche Impfung gegen Kinderlähmung. Man bekomme Aids. Jungs werden impotent, Mädchen unfruchtbar etc. Das Resultat: Die Kinderlähmung grassiert noch immer in diesen Gegenden.

Sie sehen. Nun habe ich Ihnen ein paar Beispiele gegeben, die zeigen, was nicht normal ist. Irgendwie haben beide mit Krankheit und Pandemie zu tun.
Eigentlich könnte ich diese apophasische Liste um einige Gebiete ergänzen. Ich schreibe hier aber keine Doktorarbeit. Außerdem wirkt dieser Text meiner Meinung nach bereits zu polemisch. Und so einer bin ich wirklich nicht.

Kennen Sie den alten chinesischen (oder englischen) Fluch: Mögen Sie in interessanten Zeiten leben? So spannend ist es ja am Anfang des 21. Jh zu leben. Es kann nur noch normaler werden! Aber nicht vergessen: Auch in der Zukunft werden die Menschen Häuser bauen müssen.

Ein kleines Glossar zum Opfersein

Heute pauken wir den Wortschatz der Gleichberechtigung, liebe Lernende. Ich brauche nicht zu betonen, wie wichtig es ist, diesen Wortschatz zu meistern. Umso mehr, falls Sie zu den Privilegierten gehören…was ich allerdings nicht wissen kann. Denn ich sehe Sie nicht.

Aber lange Hose kurze Beine. Jetzt ans Eingemachte!

Im Grunde möchte ich lediglich das mit Ihnen teilen, was ich selber neulich gelernt habe. Ich bin nämlich in der Wochenendausgabe der Münchener Abendzeitung ( „AZ“ genannt) auf ein Interview mit der Filmemacherin Doris Dörrie gestoßen. Frau Dörrie leitet ein Seminar über „weiße Privilegiertheit“.

Es scheint wohl eine neue Vokabel zu sein, diese „Priviligiertheit“. Man hätte wahrscheinlich in Altdeutsch „Privileg“ oder noch besser „Bevorzugung“ oder „Sonderrechte“ gesagt.

Aber die Zeiten ändern sich nun mal und ebenfalls die Sprache.

Wie schon gesagt. Ich kann nicht wissen, wer meine Leser sind – erst recht nicht, ob sie privilegiert sind oder nicht…oder ob sie überhaupt Menschen sind. Manche könnten Bots sein. Kommt heute immer häufiger vor.

Hier geht es lediglich darum, Ihnen mit dem passenden Wortschatz zum Thema aufzuwarten. Denn die AZ hat nämlich mit dem erwähnten Interview ein kleines „Glossar“ des „Privilegiertheitsseins“ mitgeliefert. Da findet man alle wichtigen Termini, die „Privilegierten“ (gemeint sind „privilegierte Weißen“) verhelfen sollten, Ihrer Privilegien bewusst zu werden. Hier nun einige Beispiele:

Oben auf der Liste steht „critical Whiteness“. Ich bin mir leider nicht sicher, ob dieser Begriff bereits die Dudenaufnahmeprüfung bestanden hat. Sicherlich wird das bald der Fall sein. Im früheren Deutsch hätte man dieses Konzept vielleicht mit „Selbstkritik seitens weißhäutiger Europäer bezüglich ihrer besonderen Privilegien in der europäischen Gesellschaft“ wiedergegeben.

Zugegeben: „Critical Whiteness“ sagt all dies viel knapper. Vielleicht deshalb sind manche der Meinung, man sollte diese umständliche dt. Sprache endlich zu Grabe tragen, und stattdessen Englisch reden.

Als Gegensatz zu den privilegierten Weißen findet man im Glossar „POC“. Damit sind „people bzw. person of color” gemeint. Das sind diejenigen, die wegen der Privilegiertheit der Weißen eben unterprivilegiert bzw. unprivilegiert sind.

Die Lösung zu dieser Problematik – so das Glossar – wäre für den weißen Privilegierten „color blindness“ zu praktizieren, also Farbenblindheit.

Aber Achtung! Bevor Sie mit obigen neuen Begriffen losziehen, folgender Hinweis: Es gibt nämlich in meiner engl. Muttersprache den Begriff „colored people“ – singular: „colored person“. Diese Formulierung darf man ja nicht mit „people/person of color“ verwechseln. Das wäre ebenso tückisch wie „schwül“ mit „schwul“ zu verwechseln – was übrigens manche Menschen mit Migrationshintergrund – unabhängig von ihrer Hautfarbe – tun.

Und letztlich steht im Glossar folgender Terminus „kulturelle Aneignung“. Falls Sie mit diesem Begriff keine Erfahrung haben, hier die Erklärung. Ich zitiere: „…die Übernahme und Beschreibung fremder Kulturen und Lebenswirklichkeiten durch KünstlerInnen, die dieser Lebenswirklichkeit selbst nicht angehören.“

Ich wünschte, ich könnte obige Definition verstehen. Wenn ich mich nicht irre, bedeutet es, dass ich als Amerikaner die Werke von Goethe ins Englische nicht übersetzen dürfte, weil ich Wolfgangs Lebenswirklichkeit nicht angehöre. Oder habe ich etwas falsch verstanden?

Lustigerweise hat ein Albaner, dessen Familie viele Jahre in München lebt, einen Leserbrief zum erwähnten Interview geschrieben. Er sei zwar weißhäutig, schreibt der Münchner mit Balkan Migrantenhintergrund, habe sich aber nie als privilegiert empfunden. Im Gegenteil. Er musste ständig gegen Vorurteile kämpfen.

O o. Jetzt wird's schwierig. Was sagen Sie dazu, Frau Dörrie?

Ein kleines Glossar zum Opfersein

Heute pauken wir den Wortschatz der Gleichberechtigung, liebe Lernende. Ich brauche nicht zu betonen, wie wichtig es ist, diesen Wortschatz zu meistern. Umso mehr, falls Sie zu den Privilegierten gehören…was ich allerdings nicht wissen kann. Denn ich sehe Sie nicht.

Aber lange Hose kurze Beine. Jetzt ans Eingemachte!

Im Grunde möchte ich lediglich das mit Ihnen teilen, was ich selber neulich gelernt habe. Ich bin nämlich in der Wochenendausgabe der Münchener Abendzeitung ( „AZ“ genannt) auf ein Interview mit der Filmemacherin Doris Dörrie gestoßen. Frau Dörrie leitet ein Seminar über „weiße Privilegiertheit“.

Es scheint wohl eine neue Vokabel zu sein, diese „Priviligiertheit“. Man hätte wahrscheinlich in Altdeutsch „Privileg“ oder noch besser „Bevorzugung“ oder „Sonderrechte“ gesagt.

Aber die Zeiten ändern sich nun mal und ebenfalls die Sprache.

Wie schon gesagt. Ich kann nicht wissen, wer meine Leser sind – erst recht nicht, ob sie privilegiert sind oder nicht…oder ob sie überhaupt Menschen sind. Manche könnten Bots sein. Kommt heute immer häufiger vor.

Hier geht es lediglich darum, Ihnen mit dem passenden Wortschatz zum Thema aufzuwarten. Denn die AZ hat nämlich mit dem erwähnten Interview ein kleines „Glossar“ des „Privilegiertheitsseins“ mitgeliefert. Da findet man alle wichtigen Termini, die „Privilegierten“ (gemeint sind „privilegierte Weißen“) verhelfen sollten, Ihrer Privilegien bewusst zu werden. Hier nun einige Beispiele:

Oben auf der Liste steht „critical Whiteness“. Ich bin mir leider nicht sicher, ob dieser Begriff bereits die Dudenaufnahmeprüfung bestanden hat. Sicherlich wird das bald der Fall sein. Im früheren Deutsch hätte man dieses Konzept vielleicht mit „Selbstkritik seitens weißhäutiger Europäer bezüglich ihrer besonderen Privilegien in der europäischen Gesellschaft“ wiedergegeben.

Zugegeben: „Critical Whiteness“ sagt all dies viel knapper. Vielleicht deshalb sind manche der Meinung, man sollte diese umständliche dt. Sprache endlich zu Grabe tragen, und stattdessen Englisch reden.

Als Gegensatz zu den privilegierten Weißen findet man im Glossar „POC“. Damit sind „people bzw. person of color” gemeint. Das sind diejenigen, die wegen der Privilegiertheit der Weißen eben unterprivilegiert bzw. unprivilegiert sind.

Die Lösung zu dieser Problematik – so das Glossar – wäre für den weißen Privilegierten „color blindness“ zu praktizieren, also Farbenblindheit.

Aber Achtung! Bevor Sie mit obigen neuen Begriffen losziehen, folgender Hinweis: Es gibt nämlich in meiner engl. Muttersprache den Begriff „colored people“ – singular: „colored person“. Diese Formulierung darf man ja nicht mit „people/person of color“ verwechseln. Das wäre ebenso tückisch wie „schwül“ mit „schwul“ zu verwechseln – was übrigens manche Menschen mit Migrationshintergrund – unabhängig von ihrer Hautfarbe – tun.

Und letztlich steht im Glossar folgender Terminus „kulturelle Aneignung“. Falls Sie mit diesem Begriff keine Erfahrung haben, hier die Erklärung. Ich zitiere: „…die Übernahme und Beschreibung fremder Kulturen und Lebenswirklichkeiten durch KünstlerInnen, die dieser Lebenswirklichkeit selbst nicht angehören.“

Ich wünschte, ich könnte obige Definition verstehen. Wenn ich mich nicht irre, bedeutet es, dass ich als Amerikaner die Werke von Goethe ins Englische nicht übersetzen dürfte, weil ich Wolfgangs Lebenswirklichkeit nicht angehöre. Oder habe ich etwas falsch verstanden?

Lustigerweise hat ein Albaner, dessen Familie viele Jahre in München lebt, einen Leserbrief zum erwähnten Interview geschrieben. Er sei zwar weißhäutig, schreibt der Münchner mit Balkan Migrantenhintergrund, habe sich aber nie als privilegiert empfunden. Im Gegenteil. Er musste ständig gegen Vorurteile kämpfen.

O o. Jetzt wird's schwierig. Was sagen Sie dazu, Frau Dörrie?

Kanye Wests sauteuere Turnschuhe als Algorithmus?

Zum Beispiel Kanye Wests Turnschuhe – Genauer gesagt: seine Nike Air Yeezy 1 Prototypen. Sie wurden 2008 für den Sänger anlässlich der Grammy-Verleihung handangefertigt. Neulich wurden sie bei Sotheby‘s versteigert. Wissen Sie, wieviel bezahlt wurde?

Antwort: 1,8 mio US-Dollar. Letztes Jahr erzielte ein Paar Nike Air Jordan 1s 615.000 US-Dollar. Leider vermag ich nicht zu sagen, wie viel KW 2008 für die Sneakers ausgegeben hat.

Sie fragen sich natürlich, wer sich so etwas ersteigert, nicht wahr?

Antwort: Es war eine Internet-Plattform namens RARES, die auf seltenes („rar“) Schuhwerk spezialisiert ist. Sicherlich kann man sie im WehWehWeh finden. Denn: Falls Sie Interesse haben, könnten auch Sie einen eigenen Anteil dieser kostbaren Schuhe ergattern. Will sagen: Für den Fall, dass sie wiederverkauft werden, machen auch Sie evtl. einen Gewinn! Ein wenig wie bei der Börse.

Der Verkäufer war ein Schuhwerksammler namens Ryan Chang. Der Name des eigentlichen Käufers bei RARES bleibt selbstverständlich unbekannt. Das ist doch klar. Persönlichkeitsrecht usw.

Ach ja, beinahe vergessen: Kanye West trägt Größe 45-46 (US=12; UK=11).

„So idiotisch“, sagte meine Frau. „Die Leute haben einfach zu viel Geld. Sie sollten lieber mehr Steuer zahlen oder das Geld für den Kauf von Impfstoffen für Afrika etc. zur Verfügung stellen.“

So kann man es auch sehen.

Eigentlich wollte ich heute über Algorithmen schreiben, aber obige Geschichte hat mich unversehens ergriffen. Über Algorithmen habe ich früher mal berichtet. Doch dann gestern habe ich von einer lieben Freundin aus der Jugendzeit einen Link erhalten zur Webseite eines gewissen amer. Zeitgeistkritikers namens Seth Godin. Er ist offensichtlich sehr bekannt. Mir sagte der Name leider nichts. Nicht nur betreibt er einen Blog mit dem Namen „Seth’s Blog“, er schreibt auch unzählige Bücher, tingelt durch die Fernsehanstalten und weissagt über den Zerfall der Wirtschaftsstrukturen, wie wir sie bisher kennen. Er will uns mit anderen Worten ins 21. Jahrhundert führen, in eine Welt, wo keiner mehr mit einer Arbeit auf Lebenszeit rechnen kann.

Neulich „postete“ (notabene: Neudeutsch) Mr. Godin einen Blog über den Begriff Algorithmus, ein Thema, das auch mich in letzter Zeit wieder interessiert. Vielleicht deshalb, weil ich mich momentan frage, wieso YouTube immer weiß, a.) was ich für Videos sehen möchte…oder was dahintersteckt, wenn YouTube versucht mich b.) mit mir unbekannten Themen zu belabern – bzw. zu becircen. Die Sache ist mir unheimlich.

Das Gleiche Phänomen gilt für Amazon. Stets entscheidet Amazon – ohne mein Zutun – , welche Produkte meine „Lieblingsprodukte“ sind bzw. sein sollten.

Seth Godin liefert eine simple Antwort auf dieses verblüffende Prozedere: Alles liegt am Algorithmus. Sie wissen schon: Damit sind jene mathematischen Vorgangsweisen gemeint, die im Internet formelhaft angewendet werden, um uns mit unseren Interessen zu vereinen.

Godin zufolge haben Algorithmen nicht die Funktion, Information bzw. Wissen zu verbreiten, sondern lediglich unsere „Aufmerksamkeit“ („Attention“) willkürlich zu steuern. Ich zitiere:

“The algorithm needs to send attention somewhere, and for a while, it sent it over there. But it almost certainly won’t last. Because the ecosystem is changing, all the time.”

Zu Deutsch (dem Sinne nach): “Der Algorithmus muss diese (Ware namens) Aufmerksamkeit irgendwohin weiterbefördern, weshalb sie eine Zeitlang (quasi willkürlich) irgendwohin geschickt wird. Diese Verquickung hält allerdings nicht ewig. Denn das Ökosystem ist stets im Wandel begriffen.“

Und weiter:

“You can’t post on a same platform twice, because the second time, it’s not the same platform as it was last time.”

Neudeutsch: „Du kannst auf einer Plattform nie zweimal posten. Denn das zweite Mal ist die Plattform eine ganz andere.“

Seth stellt ebenfalls die Frage, wer die Strippenzieher sind? Facebook, Twitter usw. lautet seine Antwort. Ich möchte Google, Microsoft, Amazon etc. hinzufügen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, was all dies mit Kanye Wests sehr teuren Sportschuhen zu tun hat. Ich bin dennoch überzeugt, dass da etwas ist, was uns diese Air Yeezy Prototypen von West belehren könnten.

Wie ich, Bonobi, zum Menschen wurde

Wo soll ich anfangen? Als ich klein war, nannten mich alle Bonobi. Und wenn ich’s hier sagen darf…ich wurde…als Schimpanse geboren. Im Ernst.

Ich war ein waschechter Schimpanse und lebte in einer Schimpansenreserve in Florida in den USA. Wir waren eine lustige Gruppe von Schimpansen, und ich…ich habe einfach das gemacht, was Schimpansen üblicherweise tun: essen, blödeln, und noch wichtiger: meinen Platz lernen in der strengen Schimpansenhierarchie. So sind nun mal Schimpansen. Viel zu reden gab es bei uns nicht – außer vielleicht übers Fressen.

So weit so gut. Aber dann wurde ausgerechnet ich ausgewählt – wie soll ich’s sagen? – um einen Chip ins Hirn eingesetzt zu bekommen.

Sie wissen schon: Die Menschen sind einfach neugierig zu erfahren, was passiert, wenn man dies oder jenes ausprobiert. In meinem Fall hieß der Mensch, der diese Idee hatte, Elon Musk. Vielleicht kennen Sie den Namen.

Ich kann mich freilich nicht mehr an die Operation erinnern, außer dass ich plötzlich in einen tiefen Schlaf verfallen war. Fest steht aber: Als ich wieder zu mir kam, hatte ich plötzlich ein starkes Interesse an Computerspiele – besser gesagt, einen Drang danach. Ich war allerdings, wie ich später erfuhr, nicht der erste Schimpanse, bei dem diese Operation vorgenommen wurde. Elon hatte bereits anderen Schimpansen und Affen solche Chips ins Hirn einpflanzen lassen. Irgendwie hatte es etwas mit seiner Mars-Mission zu tun. Die ersten haben allerdings nur einfache Spiele gelernt. Zu meiner Zeit wurden die Games echt krass.

Eigentlich sollte dies das Ende der Geschichte sein…und wäre es auch wahrscheinlich…wenn es nicht für einen Zufall gewesen war, einen Zufall, mit dem keiner – nicht einmal Elon – gerechnet hat. Ich war nämlich eines Abends mit meinem Lieblingsspiel, Cyberpunk 2077, beschäftigt. Ja, ich weiß, dass es inzwischen ein bisschen aus der Mode gekommen ist. Manchmal mag man die alten Sachen trotzdem. Ich hockte draußen auf einem Baum, meiner Lieblingsdattelpalme in der Reserve. Und plötzlich nahte ein Unwetter. Nichts Ungewöhnliches in Florida. Aber dann ist es auf einmal passiert: Knall! Krach! Ein Blitz traf genau den Baum, auf dem ich saß und Cyberpunk 2077 spielte.
Ab diesem Augenblick kann mich an nichts mehr erinnern. Ich war weg…noch weiter weg, als damals nach der Chip-Implantation.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Krankenhaus in Miami. Ich machte die Augen auf. Es standen lauter Ärzte um mich rum, und ich sagte…“Was ist passiert?“

„Hab ich‘s Dir nicht gesagt?“ sagte ein Arzt zu einem zweiten. „Er redet, und zwar perfekt. Und schau, wie sich sein Aussehen verändert…Hier sind ein paar Fotos von letzter Woche.“ Nun zog er meine Decke zurück, was mir, ehrlich gesagt, irgendwie peinlich war. „…Schau dir den Körper und das Gesicht an. Sie wirken Tag für Tag immer menschenähnlicher. Wer soll so etwas erklären?“

Ich hoffe, Sie schütteln jetzt nicht mit dem Kopf, liebe Leser. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin selber nicht weniger verblüfft als Sie. Wenn ich mir aber eine Theorie erlaube: Ich vermute, dass, wenn ich’s sagen darf, die Kombination von Chip und Blitzschlag etwas…etwas…Evolutionäres in mir bewirkt hat. Denn nun war ich auf einmal ein Mensch – so wie Sie und alle Menschen sind. Und seitdem heiße ich übrigens nicht mehr Bonobi, sondern Robert Logan. Ja, so nennt man mich offiziell. Keine Ahnung, warum. Alle nennen mich aber „Bob“.

All dies eigentlich nur als Hintergrund. Denn ab jetzt fängt das an, was ich für den wichtigsten Teil meiner Geschichte halte.

Wegen der ungewöhnlichen Situation hat mich Elon oft besucht. Er war – was soll ich sagen? – fasziniert, und bald hat er mich eingeladen bei sich und seiner Familie zu wohnen.

Elon hat mehrere Kinder, und sie sind alle ganz super. Wirklich. Doch eine seiner Töchter, Q-T-π-PG-16 und ich haben uns – wie soll ich’s sagen? – ja…ineinander verliebt. Solche Dinge passieren im Leben. Und jetzt möchte ich um ihre Hand halten. Denn ohne sie wäre mein Leben eine Öde.

Seit langem möchte ich Elon darauf ansprechen. Das will auch Q-T-π-PG-16. Bloß, wir wissen beide nicht, wie er reagieren wird. Er ist zwar noch immer ein toller, kreativer Kerl, echt krass. Manchmal aber denke ich, er sieht mich in seinem Herzen immer noch als Schimpansen…obwohl er mich im Herbst nach Harvard schicken will.

Wie dem auch sei: Das Problem ist längst nicht ausgestanden. Ich hatte es jedenfalls nötig, dieses für mich äußerst wichtige Thema wenigstens kurz zu erörtern. Drücken Sie mir den Daumen. Ich werde Sie auf den Laufenden halten…

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