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In eigener Sache (muss mal sein)

Falls Sie sich durch Zufall auf diese Insel im großen Cybersee verirrt haben, O Besucher, willkommen in einem Land, das sowohl der Vergangenheit wie auch der Zukunft gehört.

Der Vergangenheit, weil, falls Sie es vergessen haben, das Internet einst so war: ein Paradies der kleinen „Blogs“. Nebenbei „Blog“ ist ein Kofferwort, das in den 1990er Jahren von „web log“ geprägt wurde. Der Zukunft, weil man künftig nach der verlorenen Intimität des Blogs sehnen wird. Vielleicht sind die künftigen Blogger und Leser momentan fünf Jahre alt.

Hier auf meiner exotischen Insel erwartet Sie jedenfalls kein billiger Dopaminkick, der Sie nach einem kurzen Anschwellen der Erregung und Wonne in eine Leere zurückwirft, die Sie bald süchtig nach dem nächsten Nervenkitzel machen wird. Sie befinden sich im Reich der sanften, mal ironischen Unterhaltung, wo auch Tiefgang kein Fremdwort sein muss. Hier genießt Wort, Sprache und Sprachlosigkeit höchste Priorität. Sie sind leise und laut zugleich.

Hier wird noch gesiezt. Keine falschfreundliche Anbiederung, wie Sie dies wohl täglich bei Apple, Google, Facebook, Mediamarkt, Notbookbilliger usw. usw. erleben.

Hier sind Sprachtraditionen noch lebendig. Wir sagen „Studenten“, wenn wir beide studierende Geschlechter meinen und beteuern, dass dies nicht als Geringschätzung des Egalitären gedeutet werden darf. Ein Vorteil der tradierten Sitten: Generische Termini fließen schneller über die Zunge als die politisch korrekte.

Nebenbei: Es ist Ihnen sicherlich aufgefallen, dass in den Medien Wörter wie „Verbrecher“, „Räuber“, „Schwindler“ u.v.a.m. immer noch traditionell wiedergeben werden.

Doch warum fühle ich mich heute so nachdenklich? Die Gründe sind verschieden.
Zum einen: Wenn ich die Software Statistiken dieser App lese, frage ich mich, ob sich die Leserzahlen auf Menschen oder schnell vorbeifunkende Bots beziehen. Bots. Das sind die elektronischen Signale krimineller Banden, die lediglich Interesse haben, Schwachstellen einer Webseite zu eruieren, um diese dann mit Spam oder Viren zu vermüllen.

Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe solche Angriffe mehrmals abgewehrt. Eine Bloginsel wird zunehmend zu einer Festung, um nicht von Kräften überfallen zu werden, die nur Zerstörung im Sinne haben.

Irgendwie ist das Bloginselwesen die wahre Welt in Miniatur.

Vor ein paar Tagen habe ich einen Telefonanruf bekommen. Der Anrufer wollte den Sprachbloggeur im Bezug seiner Webseite interviewen. Hat dies mir geschmeichelt? Natürlich nicht. Man wird sofort argwöhnisch.

„Kein Interesse“, sagte ich.

„In Ordnung“, sagte der andere. Den Namen – er hat einen gesagt – hatte ich ohnehin nicht mitbekommen.

Habe ich eine einmalige Gelegenheit verpasst? Das werde ich nie wissen. Ich will mit dieser Anekdote lediglich darauf hinweisen, dass der Umgang mit Fremden immer mehr befremdet. Ein Zeichen unserer Zeit.

Trotzdem wird geduzt wie noch nie zuvor.

Was will ich eigentlich mit diesem etwas nachdenklichen Beitrag? Vielleicht weiß ich’s selber nicht ganz. Ich stelle nur fest, dass ich an einem Punkt gelangt bin, wo ich mich frage: Wie geht es weiter? Bzw. geht es überhaupt weiter?

Bald kommt ohnehin eine neue Aufmachung für diese Seite. Ich erfahre, dass die Software hoffnungslos veraltet ist. Man muss updaten. Das Erscheinungsbild wird also bald anders werden. Keine Ahnung wie. Ich verstehe wenig davon. Mache ich aber weiter?

Fortsetzung folgt…

PS Vielleicht ist Ihnen aufgefallen: Die Software erlaubt seit längerer Zeit keine Antwort auf Kommentare.

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Also die veraltete Erscheinung vom sprachbloggeur stört mich nicht. Aber Sie sollten schon auf Kommentare antworten können, denn sonst schreibt auch niemand mehr welche. Kommentare mit Antworten sind eine interessante Sache! Bin aufs neue Outfit gespannt!

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