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Denglisch für Fortgeschrittene

Falls Sie zu denjenigen zählen, die den folgenden denglischen Text (erschienen offenbar im März 2007 in der Süddeutschen Zeitung) noch nicht kennen, stelle ich ihn hier in voller Länge dar. Der angebliche Urheber soll Hilmar Kopper, ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank, sein. Zitat:

"…jeder muss im job permanently seine intangible assets mit high risk neu relaunchen und seine skills so posten, dass die benefits alle ratings sprengen, damit der cash-flow stimmt. Wichtig ist corporate-identity, die mit perfect customizing und eye-catchern jedes Jahr geupdatet wird!“

Alles verstanden?

Ich sage "angeblicher Urheber“, weil ich Herrn Kopper leider nicht erreichen konnte, um mich zu erkundigen, ob er die Verantwortung übernehmen kann bzw. will.

Doch bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will anhand dieser sprachlichen Verunzierung mitnichten über den Niedergang der deutschen Sprache jammern. Nein, ich bringe Ihnen lieber eine frohe Botschaft: Die deutsche Sprache ist kerngesund!

Ich gebe zu: Obiger Text klingt zwar wie der Sprach-GAU schlechthin oder wie der Albtraum eines jeden Sprachpuristen. Er ist aber meines Erachtens der Beweis, dass die Wirklichkeit nicht so schlimm ist wie die Fantasie.

Auch wenn Herr Kopper so geredet hätte, wie hier zitiert, müsste man das Bestattungsinstitut wirklich nicht gleich anrufen, um die hingeschiedene Sprache zu Grabe zu tragen. Mich würde es gar nicht überraschen, wenn in gewissen Managerkreisen tatsächlich so gesprochen wird. Es handelt sich immerhin um den Gebrauch eines Fachjargons. Die Fachsprache war für normale Sterbliche nie leicht zu verstehen. Ein anderes Beispiel:

"Entschuldigung, das haben Sie eindeutig mit viel zu viel 'rubato’ gespielt.“

"Im Gegenteil. Wenn hier 'molto espressivo’ steht, dann muss man wohl 'poco ritardando’ spielen und außerdem 'sempre legato’.“

Sie verstehen, wie ich das meine: Fachsprache bleibt Fachsprache. Dem Facharzt sein Duodenum ist mir mein Zwölffingerdarm. Begriffe wie "Relaunchings“, "cash-flow“, "high risk“ und "corporate identity“ kommen Managern so leicht über die Lippen wie der Sopranistin ihre Arien.

Außerhalb des "board-rooms“ (d.h., "Chefetage“) hört man solche Wörter ohnehin selten – höchstens bei Betriebsversammlungen, wenn ein Manager vor der Belegschaft ein bisschen angeben oder einschüchtern will oder wenn Wirtschaftsjournalisten die neuesten "Wörter“ gierig verwenden. Im Supermarkt redet kein Bonze von seiner "corporate identity“. Wirklich nicht.

Letztendlich glaube ich, dass die heutige Finanzsprache sowieso nur Modesprache ist und von daher nicht weniger mit einem Verfallsdatum versehen ist als alle Moden. Mein Fazit: Man kann getröst davon ausgehen, dass für manche "high-risk“-Spieler die Stunde des vokabelmäßigen Umformulierens bald schlagen wird.

Sie dürfen mich zitieren.

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