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Die passende Anredeform für einen „diversen“ Menschen

In Deutschland ist es noch nicht üblich bei einer Zoomkonferenz die eigenen Pronomina nach dem eigenen Namen in Klammern zu setzen. Beispiel: „Wanda Sorgfalt (sie, ihr)“ oder „Bernhard Basisdem (er, ihn) usw.

Diese Pronomina sollten offenbar für Klarheit sorgen. Nur so kann man sicher sein, ob man es mit einem m/w oder /d zu tun hat. „Diverse“ Pronomina gibt es übrigens auch. Ich kenne sie aber nicht, und sie scheinen noch nicht vereinheitlicht zu sein – weder auf Deutsch, Englisch usw.

Wie gesagt: In Deutschland gehört dieser Brauch nicht zum guten Ton…oder vielleicht noch nicht. Auch in England trifft man auf ihn nur gelegentlich. In den USA ist diese Sitte weit verbreitet… zumindest in gewissen Kreisen, die man heute als „woke“ bezeichnet, d.h., wo die eigene geschlechtliche Identität gewissermaßen eine freie Entscheidung ist.

Beispiel Maia Kobabe. Maia Kobabe ist ein Mensch, der sich zu keinem der uns bekannten Geschlechtern bekennt.

Maia Kobabe bezeichnet sich vielmehr als „nonbinär“. In Deutschland sagt man dazu „divers“ – wie in den Arbeitsannoncen, wo nach einer „m/w/d“-Arbeitskraft gesucht wird.

Sind Sie einem „d“-Menschen begegnet? Ich eigentlich noch nie, obwohl ich überzeugt bin, dass es sie gibt. Dafür kenne ich viele „m“- und „w“-Menschen. Ebenfalls habe ich im Lauf meines langen und abenteuerlichen Lebens die Bekanntschaft vieler homosexuellen Menschen gemacht: männlich und weiblich. Darunter waren weibliche Männer (manche standen auf Männer, manche auf Frauen) und männliche Frauen (manche, die auf Frauen, manche auf Männer standen) – mit anderen Worten das ganze Spektrum der sexuellen Diversität.

Doch wie soll ich Maia Kobabe höflich ansprechen? Weder Frau K. noch Herr K. scheint möglich zu sein. Eine diverse Anredeform kenne ich nicht.

Diese Ratlosigkeit scheint wohl weitverbreitet zu sein. Neulich habe ich in der New York Times einen Artikel über Maia Kobabe gelesen. Denn Maia Kobabe hat ein wohl skandalösen Grafikroman mit dem Titel „Gender Queer“ veröffentlicht. Maia Kobabe kann übrigens gut zeichnen. Es gibt aber ein Problem, wenn man über Maia Kobabe bzw. über Maia Kobabes Buch schreiben will. Maia Kobabe ist partout nicht pronominal zuzuordnen. Dieses Problem betrifft nicht nur mich. Die NY Times Journalistin Alexandra Alter scheint auch darunter zu leiden.

Deshalb verwenden so wohl sie wie auch ich so viele Maia Kobabes, wo man normalerweise lieber ein Fürwort einsetzen würde. Schließlich sind die Fürwörter da, damit wir nicht jedesmal ein Nomen oder Namen schreiben oder sprechen müssen.

Doch mal ehrlich: Lohnt es sich, ein neues Pronomen auszudenken, um die Diversen zu bedienen? Ich stelle diese Frage aus einem bestimmten Grund: Wie viele „Diverse“ bzw. „nonbinäre“ Menschen gibt es denn überhaupt?

Oder anders formuliert: Wie viele arbeitssuchende Menschen bezeichnen sich – zum Beispiel bei der Pizzeria gegenüber von meiner Wohnung – als „Diverse(r?)“, um in der Gastronomie zu arbeiten?

Oder noch eine Frage: Bleibt ein Mensch fürs ganze Leben „divers“? Oder haben wir es mit einer Lebenskrise zu tun, wo man Schwierigkeiten hat, sich sexuell festzulegen, etwa in der Zeit zwischen 15 und 30? Notabene: Hier ist nicht die Rede von Intersexuellen, also von Menschen, die mit physiologischen Merkmalen beider Geschlechter geboren werden. Sie haben mitunter ein ganzes Leben darunter zu leiden. Nebenbei: Maia Kobabe ist bereits 33 Jahre alt. Vielleicht eine Ausnahme? Vielleicht nicht.

Diese sind lediglich ein paar Überlegungen eines Menschen (das heißt: ich), der keine Ahnung hat. Aber bitte: Gibt es überhaupt jemanden, der auf diesem Gebiet eine Ahnung hat? Wenn ja, bitte melden, Herr, Frau oder Divers.

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