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Vergrault und vergrellt: die dumme Geschichte eines Cheddarkäses

Ist es nicht ulkig, dass die deutsche Sprache über zwei Wörter, „vergraulen“ und „vergrellen“, verfügt, die beinahe wie Zwillinge klingen und doch keine Zwillinge sind?

„Vergraulen“ ist mit „Gräuel“ verwandt. Wird einer vergrault, so wird ihm etwas zu einem Gräuel. „Vergrellen“ hat mit „Zorn“ zu tun. Man wird zornig gemacht. Übrigens: Mein großer Duden kennt das Wort „vergrellen“ nicht. „Word“ ebenso nicht. Schreib ich „vergrellen, erscheint auf dem Display ein roter Strich drunter. Immerhin steht „vergrellen“ im Grimm’schen Wörterbuch.

Doch jetzt möchte ich von einer guten Absicht erzählen, die in ein Vergraulen und Vergrellen endete.

Wie so oft im Leben fängt jede Bosheit - auch diese - mitten in der Unschuld an. Hier beim Öffnen einer Packung Cheddarkäse. Ich erspähte nämlich eine weiße Schicht auf einem Käse und dachte spontan: Hoppla: weißer Schimmel!

Inzwischen weiß ich, dass diese Schicht kein Schimmel war, sondern ein Qualitätsmerkmal. Das, was ich wahrnahm, waren nämlich Reifekristallen. Das hab ich aber derzeit leider noch nicht gewusst, obwohl es sogar im Kleingedruckten auf der Packung stand. Tja.

Weil ich aber nicht besser wusste, rief ich bei der Firma an, um sie freundlicherweise darauf hinzuweisen. Denn ich mag diesen Käse.

Man bedankte sich für die Info und bat dann um meine persönlichen Kontaktdaten. Basta. So hab ich jedenfalls gedacht.

Nach wenigen Minuten kam ein Anruf von der Firma. Eine nette Dame bat mich, den Käse zu fotografieren, was dann folgte. Ich mailte die Bilder umgehend.

Nach einer Stunde traf nun eine Mail ein: ob ich den Käse netterweise einschicken würde. Selbstverständlich würde man mir meine Unkosten erstatten. Ich stimmte zu, packte den Käse ein und bin zur Post gegangen, wo ich das Päckchen für 4,80 Euro wegschickte. Notabene: Inzwischen hatte ich einiges an Ausgaben zusammengetragen: Porto, die Kosten für den Käse und natürlich meine kostbare Zeit.

Eine Woche später fand ich ein dickes Kuvert im Briefkasten. Die Firma hatte mir einen Brief samt fünf Gutscheinen à 2,50 geschickt quasi als Dank für meine Bemühungen. Ebenfalls erfuhr ich im Brief die Sache mit den Kristallen, Qualitätsmerkmal usw. Live and learn.

Am nächsten Tag bin ich mit einem Kupon in den Supermarkt gegangen und wollte einen Cheddarkäse kaufen. Zwar hatte mir die Firma das Porto nicht de facto zurückerstattet, doch immerhin hatte ich fünf Kupons und konnte nun fünfmal den guten Cheddar kaufen.

Von wegen.

Denn der Kassierer wollte den Kupon nicht annehmen. Es hieß nämlich schwarz auf weiß, erklärte er, dass man diesen Gutschein nur beim Kauf von zwei Produkten der Firma…jetzt verrate ich auch den Namen: Kerrygold…einlösen dürfe.

Ich hatte aber vor, lediglich den Käse zu kaufen und kein zweites Produkt.
Nun verspürte ich zum ersten Mal ein leichtes Vergraulen.

Zuhause angekommen, richtete ich eine Mail an die Firma, Ich fragte, ob es wirklich stimme, dass ich allein beim Erwerb zweier Produkte in den Genuss des Gutscheins komme. Wenn dem so wäre, seien die Kupons für mich nutzlos.

Die Antwort kam prompt, streng und unterkühlt: Dem sei so, schrieb man. Man bedauere, wenn ich damit nicht zufrieden sei.

Inzwischen hat mich die Chose nicht nur vergrault, sondern vergrellt. Auch der Zwölffingerdarm zwickte.

Es war übrigens in diesem Moment, dass ich zum ersten Mal das Kleingedruckte auf der Packung erspähte. Ich meine das mit den Kristallen als Qualitätsmerkmal. Tja.

Gebranntes Kind? Naaa, eher ein geläutertes. Denn endlich verstehe ich, wie eine Firma es schafft, Kunden nicht nur zu vergraulen, sondern zu vergrellen. Guten Appetit, Kerrygold.

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