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Mit Dante in der Fahrraddiebehölle

Dante: Buona sera, caro Sprachbloggeuro.

Sprachbloggeur: Dante? Sind Sie es?

Dante: Si, amico mio, sono io. Sono qui per aiutarle.

Sprachbloggeur: Sie sind da, um mir zu helfen, sagen Sie? Aber wozu helfen? Ich meine, ich weiß, dass ich manchmal einen ziemlich hilflosen Eindruck mache, weil ich eben doch mal hilflos bin, aber dass ich momentan Hilfe brauche…das hab nicht einmal ich gewusst! Aber bevor Sie weiter erzählen, vielleicht sollten Sie zuerst unseren Lesern und Leserinnen ein wenig helfen. Ich meine: Es kann sein, dass viele kein Italienisch verstehen. Sie sind bestimmt sprachgewandt genug, um das Deutsch des frühen dritten Jahrtausends zu parlieren. Oder?

Dante: Na klar. Die Toten sprechen - und verstehen - alle Sprachen.

Sprachbloggeur: Und wie möchten Sie mir helfen?

Dante: Gentile Signor Sprachbloggeuro, ich möchte, dass Sie mich in die Hölle begleiten, aber nur kurz. Sie sollen nämlich die Fahrraddiebe kennenlernen.

Sprachbloggeur: Die Fahrraddiebe? Wie kommen Sie darauf?

Dante: Weil ich weiß, dass Sie sich neulich ein schönes Fahrrad gekauft haben und dass Sie sich nun Sorgen machen, weil Sie meinen, Fahrraddiebe überall lauern und darauf warten, Ihr Radl zu klauen. Denn Sie wissen, dass diese Leute in der Lage sind, auch die besten Schlösser zu knacken.

Sprachbloggeur: So viel wissen Sie über mich? Ich bin baff.

Dante: Schriftsteller - es sei denn sie sind eitel - helfen Kollegen immer gerne. Schließlich sind wir alle Mitglieder derselben Gewerkschaft.

Sprachbloggeur: Aber wie kommen wir in die Hölle? Ist sie nicht ganz weit weg?

Dante: Aber woher. Sie ist immer näher als man denkt. Kommen Sie, nehm Sie mich an die Hand. Augen zu, und jetzt, auf geht’s! Peng!

Sprachbloggeur: He! Wir sind schon da! Alles ist so dunkel rundherum, und es stinkt so…höllisch! Pfui! Maestro, wer sind diese Typen da - und ich meine Typen, weil es kaum Frauen gibt - ach da ist doch eine, nein zwei…drei! Sie sitzen alle auf Fahrrädern - aber hinten rum mit dem Rücken zum Lenker. Ach ja, jetzt seh ich. Immerhin ist der Sattel richtig nach hinten eingestellt. Sie strampeln, wie verrückt - als würden sie sich ein Wettrennen liefern. Und was ist das? Da langen sie nach etwas und zack! Sie stürzen vom Rad. Was soll das? Ja, und die Räder stehen auf feinkörnigem Sand und sind ständig am Rutschen - ohne vorwärts noch rückwärts weiter zu kommen.

Dante: Das, lieber Sprachbloggeuro, sind einfache Diebe. man nennt sie, glaub ich, „Gelegenheitsdiebe“. Es sind Leute, die inzwischen kapiert haben, wo sie gelandet sind und nun versuchen sie, die Räder der Zeit zurückzudrehen - was natürlich nicht klappen kann.

Sprachbloggeur: Aber wonach langen sie?

Dante: Nach dem Lenkrad, Carissimo mio! Die Idioten merken nicht, dass sie verkehrt rum auf dem Rad sitzen. Nur so viel wissen sie noch: dass sie eine Lenkstange brauchen, um steuern zu können. Also stürzen sie vom Rad und müssen jedesmal neu anfangen.

Sprachbloggeur: Kann man ihnen nicht helfen?

Dante: Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren!

Sprachbloggeur: Und sagen Sie, lieber Maestro, wer sind diese Leute da drüben in jenem finsteren See? Man sieht nur noch die Haare, die Stirn und die Augen. Sonst stehen sie unter Wasser. Es sind Tausende von Ihnen - so weit das Auge sehen kann! Ja, und man nimmt auf der Wasseroberfläche Luftblasen wahr und hört ein grauenvolles Blubbern. Beinahe höre ich meine eigene Stimme nicht mehr, so laut ist der Lärm. Und es riecht so übel! Gäääch!

Dante: Fürwahr, manche Sünden stinken besonders. Diese Leute klauten Fahrräder in großem Stil für die Fahrradmafias. Es sind alle geschickte Handwerker. Sie können jedes Schloss knacken, egal wie raffiniert es konstruiert ist. Dann transportieren sie die Räder zu einer riesigen Containeranlage, wo diese ins Ausland ausgeschaffen werden. Was Sie nicht sehen, Caro mio, ist dass man ihnen Ketten gelegt hat. Aber: Sie haben immer noch ihr Werkzeug dabei, um jedes Schloss zu knacken. Doch das hilft nicht mehr. Denn jedesmal, wenn sie ein Schloss knacken, schnappt es gleich wieder zu. Und weil sie unter Wasser so schlecht sehen, kommt es manchmal vor, dass sie sich die eigenen Beine durchsägen, durchschneiden oder durchbohren. Aber keine Sorge, die Wunden heilen wieder, stinken aber fürchterlich. Und weil sie sich damit beschäftigen, auf ihre Wunden zu pusten, wird der Gestank in den Luftblasen hochgetrieben.

Sprachbloggeur: Und wo sind die großen Mafiosi. Ich meine die Hintermänner?

Dante: Diese sieht man nie in ganzem Format - lediglich ihre Zehenspitzen. Da! Gegenüber! Schauen Sie genau hin!

Sprachbloggeur: Mensch! Da stinkt es noch fieser als bei den anderen. Was tun die da?

Dante: Sie fristen ihre Zeit - bzw. Zeitlosigkeit - tief in der Scheiße. Das wissen sie aber nicht. Im Übrigen können sie nur auf den Händen gehen. Sie verbringen ihre Zeit damit, in der Finsternis nach ihren Reichtümern zu suchen…

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