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Gezeter über die falschen Freunde

Heute nenne ich Namen, weil sie Namen nennen.

Ich nenne den Namen „E-Bay“ aber auch „Home-24“ und „Ramada“ (Hotel). Ebenfalls Amazon – zumindest manchmal (etwa beim E-Book-Verkauf). Ich mache hier allerdings keine Werbung für die genannten Firmen. Im Gegenteil.

Ich will lediglich ein bisschen Dampf ablassen. Genauer gesagt: Es geht um die Ansprechformen dieser großen Firmen. Ich hab’s satt, wenn ich Werbung von den obigen Unternehmen bekomme und ich mit „P.J.“ oder „Hey! P.J.“ angebiedert werde.

Von amer. Firmen wie „Ramada ist die Ansprechform mit Vornamen längst üblich. Auf der Ebene der Metasprache soll der Angesprochene heraushören: „Wir sind deine Freunde.“ Seit Facebook weiß man, was ein „Freund“ ist. Ehrliche Feinde zieht man deshalb vor.

Nebenbei: Ich hab Ramada eine belehrende Mail geschickt, worin ich die Firma aufforderte, die lockere Ansprache zu unterlassen. Bisher keine Reaktion.

Keine Sorge. Dieses Gezeter ist kein Versinken meinerseits in den Altersstarrsinn. Es ist vielmehr eine Warnung vor falschen Freunden, die es nur auf Ihr Geld absehen. Kulturhypnose ist eine schreckliche Krankheit. Wirklich.

Das mit den Vornamen war einst nur ein amer. Phänomen. Doch jetzt sucht es uns in Europa auch ohne TTIP heim. Ebay, zum Beispiel. So liest man seit einigen Monaten in der Betreffzeile der ebay Internet junk mail:“P.J., meist angesehene Artikel, die Sie sicher inspirieren werden.“ Immerhin wird man noch gesiezt. Ich schrieb an ebay mit der Bitte, diese Intimität zu lassen. Das Resultat: Man bat mich darum, ein Formular bei „My ebay“ auszufüllen, um mein Anliegen mitzuteilen. Die Kategorie „falsche Intimität“ fehlte.

Auch meine Freunde die Phisher und Spammer schreiben mich oft mit „P.J.“ oder mit „du“ an. Da ist es aber verständlich. Möchtegernvergewaltiger verzichten schnell auf Formalitäten. So ist die Geilheit.

Das mit den Vornamen war früher nicht einmal in den USA üblich. Ich glaube, es ist eine Folge der „Love Generation“ – also ca. 1970 oder so. Dieselbe Zeit übrigens, als die Dänen aufhörten sich gegenseitig zu siezen.

Notabene: In den USA wird der Arzt, der Polizist, der Beamte – ach ja auch der Präsident bis heute nur mit Titel und Nachnamen angesprochen. Ärzte usw. wiederum dürfen uns mit Vornamen ansprechen. Ähnlich waren die Siez/Duz-Regeln der K.U.K. Monarchie.

Ende der 1980er Jahre las ich einen Artikel in der FAZ. Es erschien auf Deutsch und auf Englisch und war ein Plädoyer für die Einführung bei deutschen Firmen der Ansprache per Vornamen (und vielleicht per Du). Eine lockere, kreative Atmosphäre sollte entstehen wie bei den amer. Firmen (haha).

Damals bat mir mein dt. Chef das Du an. Am Telefon geschah es. Ich verstand aber: „Wir sollen zueinander lieber Buh sagen.“ Es dauerte eine Weile, bis ich sein freundliches Angebot kapierte und annahm. Jahre später wollte er mich dazu zwingen, einen schlechteren Vertrag zu unterschreiben und drohte mit meiner Entlassung. Alles per Du selbstverständlich.

Doch jetzt die gute Nachricht: Es gibt Firmen, die den Kunden Siezen und zugleich einen tollen Service anbieten. Und nun folgt etwas Werbung für sie – kostenlos und nur beim Sprachbloggeur:

Beispiel eins: das Schweizer Messerfabrikat Victorinox. Nachdem die Schere meines Schweizer Messers (das ich schon acht Jahre hatte) kaputt ging, rief ich bei der Firma in der Schweiz an und fragte, ob man so etwas noch reparieren kann. „Selbstverständlich“, war die Antwort. Man sagte mir eine Anschrift in Deutschland durch – damit ich Porto spare. Ich schickte das Messer ein. Man hat nicht nur die Schere repariert. Das ganze Messer wurde rundum erneuert.

Beispiel zwei: Die Firma Hack Lederware in Köln. Nachdem mir ein Knopf von meiner wunderschönen alten Lederjacke verloren gegangen war, schickte ich ein Foto des besagten Knopfs und der Jacke an die Firma und erkundigte mich, ob es Ersatzknöpfe noch gebe. Mir wurden fünf Knöpfe kostenlos zugeschickt mit der Erklärung: Garantie auf Lebenszeit.

Beispiel drei: Firma Hohner. Nachdem meine alte Mundharmonika nicht mehr richtig funktionierte, erkundigte ich mich bei der Firma wegen einer Reparatur. Ich wurde aufgefordert, das Instrument einzuschicken. Auch sie wurde rundum erneuert – kostenlos.

Nun hab ich Namen genannt. Ende des Gezeters.

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