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Enthaupten: grammatikalische Überlegungen

Was? Noch nie jemanden enthauptet?

Höchste Zeit, sich zu informieren. Schon jetzt wittern die gewieftesten Zeitgeistbeobachter eine neue Megamode. Intimrasur, Tattoos, Selfies ade! Das Enthaupten könnte geiler werden als World of Warcraft (WoW), Netflix und Phablets zusammen. Und obendrein verdammt einfach. Um Tony Abbot, Premierminister Australiens, zu zitieren: Man brauche lediglich „ein Messer, ein iPhone und ein Opfer“. Und zack! ist man dabei.

Schon jetzt ist diese scharfe Sache ein weltweiter Event geworden. Nicht nur in Syrien oder Irak, sondern auf den Philippinen, in Australien, in Mexiko, in England, sogar in den prüden USA.

Von mir freilich keine Gebrauchsanweisungen, nur ein bisschen Sprachliches zum Thema.

Englischsprachige nennen es „beheading“. Wer ein Gefühl für die Etymologie hat, erkennt sofort, dass das englische „behead“ haargenau dem deutschen „behaupten“ entspricht – wenn auch die zwei Cousins völlig unterschiedliche Bedeutungen haben.

Oder vielleicht nicht! Immerhin: Wenn man einen anderen „einen Kopf kleiner“ macht, hat man sich gewissermaßen behauptet.
Deutschsprachige kennen – neben „behaupten“ – auch das „köpfen“. Übersetzt man diese Vokabel wörtlich ins Englische, wird es „to head“. Achtung Sprachenfans! Dringende Warnung vor„falschen Freunden“! „To head“ bedeutet „führen“. Ist man „the head“ ist er nicht nur ein Kopf, sondern ein „Führer“. Wird aber das „head“ „beheaded“, dann hört es auf zu führen.

Soweit so gut. Doch jetzt wird’s ein bisschen kniffliger. Lesen Sie also sorgfältig. Fakt ist: Wer jemanden „enthauptet“, spielt in der Sache stets die aktive Rolle. Ist doch logisch. Denn „enthaupten“ ist ein transitives Verb, und es verfügt über ein direktes Objekt, einen „Akkusativ“. Beispiel: „Der vermummte Mann enthauptete sein Opfer“.

Umgekehrt ist das „Opfer“ vom Standpunkt der Grammatik das Objekt des Verbs „enthaupten“. Aber: Das Opfer sähe die Situation vielleicht anders. Es würde behaupten, dass es Subjekt sei, weil es einem Anderen, dem Enthaupter, volkommen passiv ausgeliefert ist.

Damit will ich nur sagen, dass das Objekt beim Enthaupten zum Subjekt und das Aktive zum Passivum werden kann. Ist auch logisch.

Das Enthaupten verfügt aber nicht nur über ein Subjekt und ein Objekt, sondern ebenfalls spielt bei der Sache ein indirektes Objekt, ein Dativ also, eine erhebliche Rolle.

Denn die Enthauptung (zumindest in der momentanen Form) erfordert stets einen Zuschauer, der zwar nicht unbedingt direkt involviert, trotzdem aber dabei ist – meistens vermittels der Social Medien.

Damit will ich sagen: Das Verb „enthaupten“ ergibt einen Sinn nur, wenn Subjekt, Objekt und Dativ in Einklang stehen.

Ist das grammatikalische Gebilde unvollständig, dann verliert das Verb jegliche Bedeutung – ähnlich dem Verb „geben“. Überlegen Sie: Ohne Subjekt, Objekt und Dativ wer will noch geben?

Noch Fragen?

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