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Eine Glosse schwarz wie die Nacht

Zu Beginn ein Zitat:

„Deutschlands Städte geraten unter Druck. Die Sozialhaushalte schrumpfen, die Mittelklasse rutscht an die Armutsgrenze ab, das Nichteinbinden von Migranten schafft wachsenden Zündstoff.“

So fängt ein Informationblatt an, das ich letzte Woche von Freund Wolfgang erhielt.

Er bat mich darum, für ein wichtiges Seminar, das am 8. und 9. September in München stattfindet, auf die Werbetrommel zu pauken. Wolfgang gehört der „Community Development“-Bewegung an. Er hat sie vor vielen Jahren in Chicago kennen- und liebengelernt. Die Anhänger dieser Idee regen eine Art „Politik von unten“ an, die sie „Empowerment“, etwa „Selbstbemächtigung“ nennen. Damit sollen die Machtverhältnisse zugunsten des mündigen Bürgers anstelle der vollmundigen Politiker verlagert werden. Wer mehr darüber erfahren will, kann sich unter www.netzwerk-gemeinsinn.net weiter informieren. „Vielleicht findest du ja ein Wort, einen Satz, eine Wendung in dem Flyer, das, der, die dich zu einer Kolumne inspirieren könnte“, schrieb Wolfgang an mich.

Ich hätte auch gerne eine geschrieben, wenn am Wochenende nicht so viele verrückte Dinge  passiert wären. Fakt ist: Ich bin zu sehr durch den Wind, um im Flyer noch nach interessanten Wortbildungen  zu suchen. Heute rief ich Wolfgang an.

„Ich fürchte, ihr braucht mehr als den Sprachbloggeur, um eure Botschaft an den Mann (und an die Frau) zu bringen.“

„Schon wieder redest du in Rätseln, lieber Sprachbloggeur. Deine Stimme zählt zu den einflussreichsten in ganz Deutschland. Kaum sagst du ‚hingehen’, strömen die Neugierigen in Scharen irgendwohin. Habe ich oft erlebt.“

„Gegen einen Anders Breivik in Oslo ist kein Kraut gewachsen. Er braucht nur eine Stunde, um ein paar Häuser in die Luft zu springen und 76 unschuldige Menschen abzumurksen und paff! der Sprachbloggeur wird zu einer einsamen verstummten Stimme in der Ödnis.“

„Der ist aber ein geisteskranker Nazi.“

„Er hat es verstanden, sich der Medien zu bemächtigen, und zwar perfekt. Das ist auch eine Art „Empowerment“, wenn auch nicht die Sorte, die euch vorschwebt. Oder denk an Al-Schabaab in Somalia. Diese verrückten Ideologen haben zumindest teilweise selbst eine Hungersnot ausgelöst, lassen Millionen verhungern und behaupten das Elend sei lediglich eine antiislamische Verleumdungskampagne. Das sind Leute, die es gut verstehen, Medienpräsenz für sich zu verschaffen.“

„Und was schlägst du vor?“

„Die Strategien solcher Halunken zu erkunden.“

„Du willst hoffentlich nicht, dass auch wir Grausames begehen, damit sich die Reporter um uns scharen.“

„Nein, um Gottes willen. Man muss kein Menschenverächter sein, um die Medien um den kleinen Finger zu wickeln. Schade, dass man diese Monomanen nicht zu einem Seminar über Öffentlichkeitsarbeit einladen kann. Man würde viel von ihnen lernen. Da bin ich sicher. Ich hätte auch gerne Amy Winehouse eingeladen. Egal was sie tat, sie hat es geschafft,  schnell in den Mittelpunkt zu rücken. Stell dir vor. Eine einfache Überdosis eines Giftcocktails hat sie auf der Stelle in eine Popgöttin verwandelt, die man in hundert Jahren noch als Wundertäterin anbeten wird.“

„Und du meinst, wir könnten von denen lernen?“

„Genau. Und weil ich das meine, weiß ich auch, dass die Zeiten noch schlechter sind als ich bisher gedacht habe. Über Konstruktives will kaum mehr einer lesen. Um über Destruktives zu lesen, würden die Leute Schlange stehen. Es stimmt, was in eurem Flyer steht: Deutschland – aber nicht nur Deutschland – gerät zunehmend unter Druck. Eure Analyse ist richtig: Man müsste sich selbstverständlich den Bürger von unten bemächtigen. Nur so kann man die mediale Aufmerksamkeit von den Destruktiven zurückgewinnen. Aber wie? Das ist die Frage. Ich wünsche euch viele gute Einfälle.“

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