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Eifer Sucht, was Wissen schafft (oder so)

Vor der Bundeswahl hat jeder längst verstanden, was mit der „K-Frage“ gemeint ist. Aber die „W-Frage“? Haben Sie gewusst, dass es eine „W-Frage“ überhaupt gibt?

„W“ wie in „Wissenschaft“.

Freund Wolfgang Goede – er bezeichnet sich als „Wissenschaftsjournalist“ (ein schönes Wort nicht wahr?) – hat mich überzeugt, dass die „W-Frage“ vielleicht um einiges wichtiger ist als die „K-Frage“. Was heißt „W-Frage“. Wolfgang hat mir erklärt, dass es mittlerweile eine hitzige „W-Debatte“ gebe. (Siehe: http://www.teli.de/wissenschaftsdebatte/index.html).

Ich habe die deutsche Sprache stets um ihre schöne Vokabel „Wissenschaft“ beneidet. In meinen Migrantenohren mutet das Wort ausgesprochen urwüchsig an. Haben Sie gewusst, dass dieser Begriff bereits im 14. Jahrhundert im Gebrauch war? Man benutzte es damals im Sinne von „Wissenheit“. Das war irgendwie eine Steigerungsform des „Wissens“ – ja, als handelte es sich um die allererste Sahne auf dem Gebiet des Wissens. „Wissenschaft umb ein Ding haben“, sagte man um das Jahr 1600. Man meinte damit, man könnte fundiert über etwas reden.

Im Vergleich klingt das englische „science“ absolut fade – etwa wie eine heiße Schokolade, die man mit Wasser statt mit Milch zubereitet hat. „Science“ ist ohnehin nur ein Stückchen gelehrtes Latein, das irgendwelche hochnäsige Gentlemen im 17. Jt. zu einer englischen Vokabel erklärten.

Kurzer Szenenwechsel: Einer der ersten Sprüche, die ich in der deutschen Sprache gelernt habe, war: „Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.“ Er wird übrigens, wie ich jetzt erfahren habe, dem Theologen Friedrich Schleiermacher (1768-1834) zugeschrieben. Meine damalige Freundin hat diese Redewendung ständig, beinahe in einem Singsang, rezitiert. Ich war begeistert. Diese deutsche Sprache hat es in sich, dachte ich. Mit einfachsten Mitteln kann man geistreiche Dinge ausdrücken.

Doch zurück zur „Wissenschaft-Debatte“. Vielleicht fragen Sie sich, um was für eine „W-Debatte“ es sich hier handelt. Eben diese Frage habe ich Freund Wolfgang gestellt, und er hat es mir folgendermaßen erklärt: „Der Stand der Wissenschaft hat auch eine politische Bedeutung. Denn die Politiker treffen Entscheidungen, die den Lauf der Wissenschaft beeinflüssen.“ Er hat mir auch ein paar aktuelle Themen dargelegt: ob Deutschland ein eigenes Mondprogramm brauche; die Lage der Forscher, die nur kurze Vertrage erhalten und mit 45 Jahren unvermittelbar werden; die Frage ob die Abwrackprämie im Bezug auf die Umwelt sinnvoll war. Und so weiter…

Sofort dachte ich an den griechischen Naturwissenschaftler Anaxagoras, der im 5. vorchristlichen Jahrhundert gelebt hat. Er mutmaßte damals – ohne Fernrohr, versteht sich – , dass das Glühen der Milchstraße nicht auf Sonnenlicht, sondern auf Sternenlicht zurückzuführen sei. Anaxagoras wäre im Mittelalter mit dieser Theorie nicht weit gekommen. Man hätte ihm der Gottlosigkeit bezichtigt. Sie sehen: Eine „W-Debatte“ ist – und war – zu jeder Zeit nötig.

Wie kann ich diese „Wissenschaft-Debatte“ fördern? Darüber habe ich lange nachgedacht. Und jetzt habe ich die Antwort gefunden: Ich werde ihr ein Motto schenken! Nämlich: „Streitsucht ist eine Wissenschaft, die mit Streit sucht, was Wissen schafft“.

Ist freilich nur ein Angebot. Wenn es gefällt, dann freue ich mich. So oder so aber weiß ich jedenfalls, dass ich nun auch meinen kleinen Anteil geleistet habe im Kampf der Wissenschaftler um die „W-Frage“.

Eins steht jedenfalls fest: Jeder, der diese Glosse gelesen hat, wird sich für alle Zeiten vorstellen können, was das Wissen schafft.

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