Sexy Words

„Freitag der 13. Warum es heute besonders mystisch ist.“ So lautete der Werbespruch am Verkaufskasten der Boulevardzeitung bei mir um die Ecke. Ich habe die Zeitung zwar nicht gekauft, machte mir dennoch Gedanken darüber, was der vergangene 13. Oktober ausgerechnet mit der „Mystik“ zu tun hat. Meines Wissens handelt Freitag der 13. gewöhnlich vom Aberglauben, an diesem Tag eine mögliche Pechsträhne zu erleben, aber von der Mystik?

Das Wort „mystisch“ stammt aus dem Griechischen. Die „Mysten“ waren jene Kultanhänger im alten Griechenland, die durch exklusive Riten nach den Geheimnissen des Lebens forschten. Mit Pechsträhnen hatten diese „Mysten“ nicht das Geringste zu tun. Nein, liebe Surfer, das Wort „mystisch“ im obigen Werbespruch kann nur einen Sinn haben. Es soll als sexy word dienen, um Ihnen den Kauf der Zeitung schmackhafter zu machen.

Ein sexy word hat nicht unbedingt mit Sex zu tun. Es soll nur unterschwellige Erwartungen erwecken. 2003 brach in England ein Skandal vom Zaun. Damals erfuhr man, dass der britische Geheimdienst glatte Lügen angewendet hatte, um Berichte über Saddam Husseins angebliche „Massenvernichtungswaffen“ dramatischer darzustellen. „To sex up the dossiers“ hieß das Phänomen.

Wie leicht es ist, „Interesse wecken“ mit Sexualität zu verwechseln! Nicht nur die Werbung und die Geheimdienste bedienen sich dieser Taktik. Auch ich habe sie heute als Experiment ausprobiert. Ich war neugierig, ob Sie diesen Beitrag schneller anklicken, wenn das Wort „sexy“ im Titel erscheint. Hand aufs Herz: Wollten Sie unbedingt etwas über Freitag den 13. oder über Saddam Hussein erfahren?

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will über das Sexuelle nicht herziehen. Ich will lediglich darauf hinweisen, dass man es auch da findet, wo es völlig sinnlos ist. Aber seien Sie versichert: Ein anderes Mal schreibe ich bestimmt über wirkliche sexy words.