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Eine kurze Meditation über Namen

Es gab einmal in New York einen Richter namens Peter Schmuck, der für die juristische Änderung von Namen zuständig war. Man sagte über ihn, er sei in der Sache sehr streng gewesen und habe den Wunsch nach einem neuen Namen oft barsch zurückgewiesen. "Wenn ich mit dem Namen Peter Schmuck zurecht komme“, pflegte er zu sagen, "dann können auch Sie Ihren Namen behalten“.

So jedenfalls kenne ich diese Geschichte, die in meiner Jugend – und vielleicht auch schon viel früher – kursierte. Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, ob sie überhaupt wahr ist.

Was hat diese Anekdote für eine Bewandtnis? Im Deutschen klingt der Name "Peter Schmuck“ recht alltäglich. Im Englischen hingegen – zumindest in meiner Jugend – war die Sache ganz anders. "Schmuck“ ist nämlich die englische Schreibweise für ein in Amerika damals weit bekanntes Wort aus dem Jiddischen, "schmock“, das sowohl das männliche Glied wie auch "Dummkopf“ bezeichnet. "Peter“ ist auch nicht ganz ohne: Im Slang bedeutet es ebenfalls das männliche Glied. Besagter Richter war also mit einem Namen behaftet, der fast vorprogrammiert war, ihn zu einer Lachnummer zu machen. Er ließ sich aber nicht einschüchtern.

Ich komme auf diese Erinnerung, weil ich in der "International Herald Tribune“ gestern einen Artikel gelesen habe über das Vorhaben der venezolanischen Regierung, ein neues Gesetz zu verabschieden, das die Zahl der möglichen Namen für neugeborene Kinder auf 100 beschränken soll. Diese drakonische Maßnahme sei wohl eine Reaktion auf die wild grassierende Mode vieler venezolanischen Eltern, ihren Kindern besonders exotische Namen anzuhängen. Zum Beispiel: "Haynhect“, "Olmelibey“, "Yan Karll“ und "Udemixon“.

Es gebe zudem mindestens 60 Venezolaner mit dem Vornamen "Hitler“. Auch "Hochiminh“ wird als Namen gehandelt. Ein Bürger dieses südamerikanischen Landes heißt auch "Dwight Eisenhower Rojas Barboza“.

Gleiche Namenwillkür herrsche in Honduras. Dort gebe es Menschen, die den Vornamen "Ronald Reagan“, "Transfiguración“ und "Compaña Holandesa“ haben. In Panama kann man sich "Esthewoldo“ oder "Kairovan“ nennen.

Zugegeben, manche Namen ecken an, und Säuglinge sind machtlos, einen absurden Namen abzulehnen. Das heißt: Wenn künftige Eltern ins Kino gehen und von "Captain Jack Sparrow“ sehr angetan sind, kann es durchaus passieren, dass ein Kind diesen Titel Zeit seines Lebens als Vornamen trägt. Denken Sie an die Zahl der "Dylans“ und "Elvises“ und "Momos“ dadraußen.

Aber bitte. Bereits zweimal habe ich Glossen mit dem Titel "nomen est omen“ geschrieben und werde allmählich müde, diesem alten Spruch irgendeine Bedeutung beizumessen. Tatsache ist: Wer einem neugeborenen Menschen (oder einem Produkt!) einen Namen verpasst, möchte gern glauben, dass er damit etwas beeinflusst – als wäre ein Name ein Zauberspruch. Pustekuchen! Reines Wunschdenken! Ich schlage einen neuen weisen Spruch als Ersatz für "nomen est omen“ vor: "nomen est res fortuita“? Zu Deutsch: "Ein Name ist Zufall“. Allmählich verstehe ich Peter Schmuck gut. In meinem Laden gelten also alle Namen – nicht aber jedes Benehmen.

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