„Weißt du“, sagte ich Freund M., „Greta ist schwanger.“
Ich gehe davon aus, liebe Leser, dass Sie wissen, von welcher Greta hier die Rede ist. Eigenartig, aber es leben gelegentlich auf diesem Planeten ausgewählte Menschen, die man kennt, auch wenn sie lediglich mit Vornamen identifiziert werden. Z.B.: „Adolf“, „Mick“, „Donald“, „Angela“, „Taylor“ (upps! beinahe hatte ich diesen Namen schon vergessen)…und eben auch „Greta“.
„Woher weißt du das?“, fragte Freund M. neugierig – und wohl sehr interessiert.
„Ich habe es in der New York Times gelesen.“
„Ach so?“ seine nachdenkende Antwort.
„Ja, Es ist auf einem Schiff in Richtung Gaza passiert.“
„Und wer ist der Vater?“
„Auch das stand im Text. Ich habe es aber vergessen. Kein Name, den man sonst kennen würde…“
…Aber nun unterbreche ich obigen Dialog. Auch das Gespräch mit M. habe ich im richtigen Leben an dieser Stelle unterbrochen, als er bereitwillig auf zusätzliche Details harrte.
Doch Ich konnte – bzw. wollte – nicht weiter. Denn nun habe ich gebeichtet, dass ich diese saftige Geschichte erfunden hatte.
„Wenn ich dir das nicht eingestehe“, sagte ich M., „dann wirst du diesen süchtig machenden Tratsch deiner Frau weitererzählen. Sie wiederum wird ihn bald ihrer Schwester weitersagen. Im Nu wird dein Schwager die Nachricht erfahren und tja – vielleicht dauert es höchstens eine Woche oder so – bevor einige Hunderte Menschen Bescheid wissen. Und was weiß ich? Bald dann wird’s auch einige Tausende! Und wer weiß, wie lange es dauern würde, bis die Geschichte allgegenwärtig wird!?...
Und auch wenn ich längst erklärt hätte, dass die Sache eine reine Erfindung von mir, quasi ein Späßchen gewesen wäre, würde dies ohnehin nur ein kleiner Prozentsatz erfahren. Der Rest wäre überzeugt, sie kennen die Wahrheit!“
Nein, liebe Leser: Lügen haben keine kurzen Beine, sondern Beine wie Giraffen! Lügen springen munter über die Landschaft wie ein Sommerregen!
Erst recht ist es so, möchte ich hinzufügen, seitdem sich die Sozialmedien all das, was wir „Kommunikation“ nennen, zu eigen gemacht haben.
Gelogen hat man schon immer! Privat, gesellschaftlich, politisch. Oder meinen Sie nicht? Der römische Politiker nannte sich im Wahlkampf „candidatus“, was „im Weiß angezogen“ bedeutet. Das sollte ein Symbol für Ehrlichkeit sein. Wir wissen aber, was das wirklich bedeutet.
Ich erzähle Ihnen aber nichts Neues. Doch die Geschwindigkeit und die Reichweite des heutigen Lügenkönnens! Das gab es noch nie zuvor.
Meine Greta Geschichte hat mir selbst die Augen aufgemacht, wie einfach es ist, Geschichten in die Welt zu setzen.
Jaja. Das machen die Geheimdienste schon immer. Aber heute ist nicht wie zuvor!
Im Grunde habe ich Ihnen hier eine kleine Anleitung geschrieben, um eigene Lügen in die Welt zu setzen. Viel Spaß damit!
Andererseits: Was weiß ich? Vielleicht ist Greta wirklich schwanger.
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