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Obacht: Ein Sprachkrebs ist am Wuchern…

Wie so oft schreibe ich über etwas, wovon ich keine direkten Kenntnisse habe. In diesem Fall ein Buch, das ich nicht gelesen habe: „Der große Sprachumbau – Eine gesellschaftliche Katastrophe“ von einem gewissen Matthias Heine. Ich glaube nicht, dass er mit Heinrich H. verwandt ist, aber was weiß ich?

Ich habe eine Rezension über dieses Buch in der Schweizer Weltwoche gesehen. Haben Sie gewusst, dass auch ich manchmal für die Weltwoche geschrieben habe? Wahrscheinlich nicht. Ich bin meistens viel zu dumm (oder faul), um Werbung in eigener Sache zu machen. Deshalb wissen Sie wohl auch nichts von meinem englischsprachigen Roman „Winston Hewlett’s Impotence“, der vor beinahe einem Jahr erschienen ist und bisher keine einzige Rezension bekommen hat – obwohl es sich um ein sehr unterhaltsames und auch tiefschlürfendes Buch handelt.

Ich wäre froh gewesen, wenn einer über mein Buch schreiben würde, auch wenn er es nicht gelesen hat, wie ich es hier mit einem Buch mache, das ich nicht gelesen habe. Freilich aber nur wenn er etwas Positives zu berichten hätte.

Im Fall von Matthias Heines neuem Buch, das in der Weltwoche von Wolfgang Koydl besprochen wird, gibt‘s jedenfalls einiges zu sagen.

Der Titel des Heine Buches sagt schon alles. Nämlich: das, was er als „Sprachumbau“ bezeichnet, ende in einer Katastrophe für Sprache und Gesellschaft.

Was meint er mit „Sprachumbau“? Es geht bei ihm um den „Genderismus“, um die sprachliche politische Korrektheit u.v.a.m.

Manchmal fehlt diese Seuche nicht auf, weil sie bereits allgegenwärtig geworden ist. Will heißen: Immer öfters wird streng um eine sprachliche Gerechtigkeit zwischen Männlein und Weibchen bemüht. Sie kennen das schon: „alle Lehrerinnen und Lehrer“ oder „alle Lehrer*innen“ (bzw. „LehrerInnen“). Im Rundfunk, vernimmt man, wenn man genau hinhört, einen „Glottisschlag“. Etwa: Lehrer – hikk! – Innen. Somit weiß man, falls MAN es noch nicht erraten hat, dass ein Begriff allumfassend zu verstehen ist – zumindest gendermäßig.

Soldatinnen und Soldaten eines neuen Sprachkriegs rufen zu den Waffen. Ja ladies first – auch wenn es meistens die Männer sind, die in einem Krieg sterben oder töten. Lediglich werden „Täter“, „Einbrecher“, „Räuber“ und dergleichen nicht vergegendert.

Vergessen Sie auch die „Lesenden“ und die „Radfahrenden“ nicht. Oder die „Studierendenschaft“, das Wort, das ich in der dt. Sprache am meisten hässlich finde!

Doch was tut MAN, wenn man die Bisexualität betonen will, und das zu gendernde Wort in der Einzahl ist? Für diese Frage finde ich bisher keine Antwort. Darf man, wenn man allgemein redet, „der Lesende“ sagen? Etwa: „Der Lesende wird dieses Buch spannend finden.“ Denn möglicherweise ist „der“ Lesende in Wirklichkeit eine Frau (was übrigens, bzgl. Bücher meistens der Fall ist). „Die Lesende“ klingt aber in diesem Zusammenhang nicht ganz richtig.

Vielleicht müsste man „der oder die Lesende wird dieses Buch spannend finden“ sagen. Ja, der Satz ist allemal länger als „der Leser wird dieses Buch spannend finden“, aber so ist es mit der sprachlichen Gerechtigkeit.

Die gute Nachricht: Der neue Genderismus findet man – bisher – fast ausschließlich in der Sprache der Medien. Auf der Straße reden die (meisten) Menschen noch immer recht normal. Doch wie lange noch?!

Naja, es könnte alles viel schlimmer sein. Auf Englisch sagen manche „they“, wenn sich der Subjekt eines Satzes als „binär“ versteht – also keinem Geschlecht zugehörend. Auch die New York Times erlaubt sich diesen Pronomen, um solche Menschen zu kennzeichnen.

Kurze Zwischenfrage: Wie viele binäre Menschen gibt es in der Gesamtbevölkerung? Genug um die Sprache auf den Kopf zu stellen?

Noch eine kleine Verrücktheit im Englischen: Die Vokabeln „actress“ (Schauspielerin) und „poetess“ (Lyrikerin) werden neuerdings in den angelsächsischen Medien nicht mehr verwendet. Es gibt nur mehr „actors“ und „poets“. Aufs Deutsche übertragen würde das ade Gendersternchen bedeuten!

Ja, ein Sprachkrebs ist am Wuchern. Findet FRAU eine Impfung dagegen?

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