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Klub der einsamen Herzen: für Papageien und Mars-Reisende

Als ich zwanzig Jahre alt war, überreichte ich die Miete für mein möbliertes Appartement wöchentlich meiner Wirtin. Bei diesen Gelegenheiten stand ich neben dem Käfig, wo ihr Papagei sein Dasein fristete, und plauderte mit der greisen Wirtin (Name vergessen). Einmal steckte ich einen Finger zwischen die Gitterstäbchen, um dem Papagei eine Streicheleinheit zu verpassen. Der Papagei hat gleich – und kräftig – zugebissen. Meine Wirtin lächelte hämisch.

Inzwischen weiß ich, warum der Vogel mich gebissen hat: Er war einsam und wahrscheinlich reichlich frustriert.

Der unspektakuläre Fakt ist: Papageien mögen gern Gesellschaft – am liebsten die von Artgenossen. Ein Mensch kann seinem Papagei nur so viel Zuwendung geben. Uns fehlen aber Federn, Flügel und sonstige Merkmale, die einen Papagei in den siebten Vogelhimmel katapultieren könnten. Für einen Papagei sind andere Papageien sympathischer als jeglicher Mensch. Ist irgendwie logisch.

Doch nun ist es einer Gruppe Wissenschaftlerinnen der Universität von Glasgow und der Northeastern Universität in Boston womöglich gelungen, eine konkrete Abhilfe für einsame Papageien zu verschaffen. Diese Tierforscherinnen haben Papageien die Kunst des Videogesprächs mit Artgenossen beigebracht. Und die Sache scheint wohl zu funktionieren!

18 Testvögel nahmen an diesem Experiment teil.

Als Erstes lernten die Papageien Mitvögel als Bilder auf dem Phone oder dem Tablet – wie bei einem Dating-Service – kennen. Wenn ein Papagei einen sympathischen Artgenossen unter den Fotos entdeckte, wurde der ausgewählte Vogel einfach angerufen. Es folgten dann ein „live“ Gespräch zwischen den zwei Vögeln.

Was heißt Gespräch? Papageien tun das, was Papageien – unter sich – immer tun: Sie kreischen, sie putzen sich in Synchro oder trillern einander Papageienlieder zu usw.

Wie gesagt. Es waren 18 Papageien. Und bald stellte sich heraus, dass die Tiere ihre Präferenzen im Punkto Freundschaft zum Ausdruck brachten. So ist es halt. Man (bzw. vogel) hat immer seine Vorlieben, was die Zuneigung betrifft. Bald wussten die Tiere genau mit welchen Artgenossen, sie „telefonieren“ wollten. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, so zeigten sie aufs Bild des Kumpels – wie eben bei einem Dating-App.

Darüber hinaus: Um den Wissenschaftlerinnen mitzuteilen, dass sie Lust hatten mit einem Artgenossen ein Gespräch zu führen, brachte das kontakthungrige Federvieh eine Glocke zum Bimmeln. Das diente als Zeichen. Und prompt kontaktierte die jeweilige Wissenschaftlerin den erwünschten Gesprächspartner.

Man möchte denken, dass diese Sache irgendwie liebenswürdig oder putzig ist. Ohnehin eine schöne Lösung, um einsame Papageien zu sympathischen Artgenossen zu führen.

Dem ist aber, wenn Sie mich fragen, nicht so. Mich hat diese traurige Geschichte ein wenig an eine Glosse erinnert, die ich im letzten Jahr auf dieser Seite veröffentlicht hatte. Die hieß „Brief eines letzten Überlebenden der Mars Mission“ (http://sprachbloggeur.de/node/837).

Mein sympathischer Raumschiffabenteurer – er heißt Bradley – schreibt an Elon Musk, und zwar mit der freundlichen Bitte, ihn, Bradley, nach Erden zurückzuholen. Ein vergeblicher Wunschtraum wohl, da – so wie wir im Brief erfahren – diese einst anspruchsvolle Mission längst auf Erden als gescheitert gilt. Und welcher Geschäftsmann schmeißt gutes nach schlechtem Geld nach?

Immerhin hat unser Gefangener auf dem Mars die Möglichkeit via „Interskype“ in Kontakt mit der Erde zu bleiben. Ebenso bekommt er Gitarrenunterricht (ohne allerdings die Möglichkeit Duetten zu spielen wegen der Entfernung, die die Signale durchqueren müssen). Bradley schaut sich auch Netflix Serien noch und nöcher an und wird ebenfalls mit Pornografie bei Laune gehalten. Dennoch ist er – wie jeder Papagei im Käfig – alles anders als glücklich.

Doch vielleicht hätte mich der Papagei meiner Wirtin nicht gebissen, wenn es damals einen Video Dating-Service für Papageien gegeben hätte. Etwas ist immer besser als gar nichts. Und wie jeder weiß: Papageien gelten ebenso wie Menschen als sehr intelligent.

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